Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Erstes Vierteljahr.Innere polilik in Oesterreich und Bündnis nicht aufhört, ist nur aus demselben Umstand zu erklären, aus dem letzten Endes So ergibt sich denn das merkwürdige Bild, daß alle, die die "Verfassung" Jeder solche Handel mit den Slawen und auch und den "Sozialdemokraten Innere polilik in Oesterreich und Bündnis nicht aufhört, ist nur aus demselben Umstand zu erklären, aus dem letzten Endes So ergibt sich denn das merkwürdige Bild, daß alle, die die „Verfassung" Jeder solche Handel mit den Slawen und auch und den «Sozialdemokraten <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0331" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/333428"/> <fw type="header" place="top"> Innere polilik in Oesterreich und Bündnis</fw><lb/> <p xml:id="ID_1226" prev="#ID_1225"> nicht aufhört, ist nur aus demselben Umstand zu erklären, aus dem letzten Endes<lb/> Osterreich selbst am besten erklärt wird: man weiß nicht, was nachkommen soll.<lb/> Im Grunde genommen sind ja nicht nur die Tschechen und Südslawen, diese<lb/> Zweiten übrigens mit Maß und Vorbedacht, dauernd in der Opposition, machen<lb/> nicht nur die Polen den Bestand des Staates von der Erfüllung ihrer Wünsche<lb/> abhängig: im Grunde ist auch der k. k. Sozialdemokratie, wie steh diesmal zeigte,<lb/> die Parteidoktrin wichtiger als der Staat. Im Grunde genommen, bleiben<lb/> eigentlich nur als die ewigen „Würzen", wie der Wiener bekanntlich du; freund¬<lb/> lichen Stützen einer Schmarotzergesellschast nennt, die deutschbürgerlichen Parteien<lb/> übrig. Sie, die am wenigsten vom Parlament haben, opfern am meisten und<lb/> ausdauerndsten für die verfassungsmäßige Erledigung des Kriegshaushaltes, und<lb/> Zwar nicht aus Schwäche, die selbstverständlich einzelnen ihrer Vertreter mit Neckt<lb/> nachgesagt werden, aber doch unmöglich die dauernde Grundlage für d.le<lb/> Politik eines ganzen großen Parteiverbandes bilden kann, sondern eben aus<lb/> tieferen Gründen, aus einem Zwiespalt heraus, der nicht in ihnen, sondern in<lb/> ihrer Lage begründet ist. < . „ ^. ^. c</p><lb/> <p xml:id="ID_1227"> So ergibt sich denn das merkwürdige Bild, daß alle, die die „Verfassung"<lb/> brauchen, mit aller .Kraft gegen sie ankämpfen, in der sicheren..Voraussicht", daß<lb/> sie ja doch wieder auf Kosten des Gesamtstaates oder wenigstens der Deutschen<lb/> von ihnen gerettet wird, indes gerade das Häuflein, aus dessen Vermögen haupt¬<lb/> sächlich der Kaufpreis für die Rettung der Verfassung im letzten Augenblick be¬<lb/> zahlt wird, sein Möglichstes dazu tut, um diesen Handel zu ermöglichen. So<lb/> war es auch diesmal'<lb/> . Erst wird ein weiteres Stuck vom Ansehen des Staates<lb/> und von Volksbedürfnissen geopfert, um die Stimmen der Sozmldemokraten zu<lb/> erkaufen: man enthält sich des Einmarsches in die Ukraine. Dann, als sich<lb/> dieses Opfer als ungenügend und auch nicht durchführbar erweut. gibt man<lb/> einen Teil der Vereinbarung mit den Ukrainern preis und oeginnt aufs neue<lb/> Mit der „anhero-polnischen Lösung" zu liebäugeln, um die Polen zur Stimm-<lb/> enthaltung zubringen. Durch eine polnische Audienz deren Kaiser, der aimer<lb/> wieder von der unfähigen Regierung Seidler vorgeschoben wird, so daß die<lb/> Krone allmählich eine sehr gefährliche "Belastung mit schwer emlosbaren Wechseln<lb/> zu tragen hat, wird das Budget gerettet. Auf die Kraftprobe: ob die Opposi¬<lb/> tionsparteien wohl die Verantwortung übernehmen wurden, daß tap Parlament<lb/> gesprengt und wieder absolut regiert wird, läßt man es auch diesmal nicht an¬<lb/> kommen. Letzten Endes hätten natürlich gerade die wütendsten Oppositions¬<lb/> parteien wenig Vorteil davon, wenn sie einen solchen Zustand herbeiführten.<lb/> Aber sie wissen ja, daß es nicht so gefährlich wird, und daß es wieder nur auf<lb/> Wien Handel hinausläuft. ^ ^ - ,</p><lb/> <p xml:id="ID_1228" next="#ID_1229"> Jeder solche Handel mit den Slawen und auch und den «Sozialdemokraten<lb/> geht aber nicht bloß auf Kosten des Staatsgesüges und des innenpolitischen Besitz¬<lb/> tumes der Deutschen. Vielmehr zeigt sich bei jeder solchen Gelegenheit ga^z deutlich,was die Gegner treffen wollen, wenn sie auf diesen innerpolitischen Besitz der<lb/> Deutsche zielen. Sie sind natürlich nicht so naiv zu glauben, daß das Bündnis<lb/> iue Deutsch-Österreicher stütze, wenn sie auch so tun; ste wissen jedoch gan° genau,<lb/> soie sehr die Deutsch-Österreicher das Bündnis stützen, und das ist's, worauf es'h"en ankommt. Die Oppositionellen alle wissen dadurch ihren Kampf immer<lb/> wieder nach zwei Seiten plausibel zu machen (sowohl gegenüber ihren Wählern<lb/> !^es unten hin wie gegenüber der Krone nach oben hin), daß sie in einer Geheim-<lb/> wrache. die längst im Inlands und im feindlichen Auslande, nur in weiten Kreisen<lb/> Deutschlands noch nicht verstanden wird, versichern: wir kämpfen nicht gegen Osterreich<lb/> Menschin, sondern nur gegen ein mit Deutschland verbündetes. Neuerdings wird<lb/> ^ ja ganz unumwunden gesagt. Damit ist aber auch die eigentümliche Stellung<lb/> Deutsch-Österreicher gegeben. Obwohl dieser gegenwärtige Staat, dieses an<lb/> 5^utschland verbündete 'Osterreich seine außenpolitische Lage und seine inner-<lb/> kritischen Grundformen (die Kronlandseinteilung und eine Zentralverwaltung,°!e allerdings mehr und mehr Fassade wird), mir dadurch erhalten kann, daß es</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0331]
Innere polilik in Oesterreich und Bündnis
nicht aufhört, ist nur aus demselben Umstand zu erklären, aus dem letzten Endes
Osterreich selbst am besten erklärt wird: man weiß nicht, was nachkommen soll.
Im Grunde genommen sind ja nicht nur die Tschechen und Südslawen, diese
Zweiten übrigens mit Maß und Vorbedacht, dauernd in der Opposition, machen
nicht nur die Polen den Bestand des Staates von der Erfüllung ihrer Wünsche
abhängig: im Grunde ist auch der k. k. Sozialdemokratie, wie steh diesmal zeigte,
die Parteidoktrin wichtiger als der Staat. Im Grunde genommen, bleiben
eigentlich nur als die ewigen „Würzen", wie der Wiener bekanntlich du; freund¬
lichen Stützen einer Schmarotzergesellschast nennt, die deutschbürgerlichen Parteien
übrig. Sie, die am wenigsten vom Parlament haben, opfern am meisten und
ausdauerndsten für die verfassungsmäßige Erledigung des Kriegshaushaltes, und
Zwar nicht aus Schwäche, die selbstverständlich einzelnen ihrer Vertreter mit Neckt
nachgesagt werden, aber doch unmöglich die dauernde Grundlage für d.le
Politik eines ganzen großen Parteiverbandes bilden kann, sondern eben aus
tieferen Gründen, aus einem Zwiespalt heraus, der nicht in ihnen, sondern in
ihrer Lage begründet ist. < . „ ^. ^. c
So ergibt sich denn das merkwürdige Bild, daß alle, die die „Verfassung"
brauchen, mit aller .Kraft gegen sie ankämpfen, in der sicheren..Voraussicht", daß
sie ja doch wieder auf Kosten des Gesamtstaates oder wenigstens der Deutschen
von ihnen gerettet wird, indes gerade das Häuflein, aus dessen Vermögen haupt¬
sächlich der Kaufpreis für die Rettung der Verfassung im letzten Augenblick be¬
zahlt wird, sein Möglichstes dazu tut, um diesen Handel zu ermöglichen. So
war es auch diesmal'
. Erst wird ein weiteres Stuck vom Ansehen des Staates
und von Volksbedürfnissen geopfert, um die Stimmen der Sozmldemokraten zu
erkaufen: man enthält sich des Einmarsches in die Ukraine. Dann, als sich
dieses Opfer als ungenügend und auch nicht durchführbar erweut. gibt man
einen Teil der Vereinbarung mit den Ukrainern preis und oeginnt aufs neue
Mit der „anhero-polnischen Lösung" zu liebäugeln, um die Polen zur Stimm-
enthaltung zubringen. Durch eine polnische Audienz deren Kaiser, der aimer
wieder von der unfähigen Regierung Seidler vorgeschoben wird, so daß die
Krone allmählich eine sehr gefährliche "Belastung mit schwer emlosbaren Wechseln
zu tragen hat, wird das Budget gerettet. Auf die Kraftprobe: ob die Opposi¬
tionsparteien wohl die Verantwortung übernehmen wurden, daß tap Parlament
gesprengt und wieder absolut regiert wird, läßt man es auch diesmal nicht an¬
kommen. Letzten Endes hätten natürlich gerade die wütendsten Oppositions¬
parteien wenig Vorteil davon, wenn sie einen solchen Zustand herbeiführten.
Aber sie wissen ja, daß es nicht so gefährlich wird, und daß es wieder nur auf
Wien Handel hinausläuft. ^ ^ - ,
Jeder solche Handel mit den Slawen und auch und den «Sozialdemokraten
geht aber nicht bloß auf Kosten des Staatsgesüges und des innenpolitischen Besitz¬
tumes der Deutschen. Vielmehr zeigt sich bei jeder solchen Gelegenheit ga^z deutlich,was die Gegner treffen wollen, wenn sie auf diesen innerpolitischen Besitz der
Deutsche zielen. Sie sind natürlich nicht so naiv zu glauben, daß das Bündnis
iue Deutsch-Österreicher stütze, wenn sie auch so tun; ste wissen jedoch gan° genau,
soie sehr die Deutsch-Österreicher das Bündnis stützen, und das ist's, worauf es'h"en ankommt. Die Oppositionellen alle wissen dadurch ihren Kampf immer
wieder nach zwei Seiten plausibel zu machen (sowohl gegenüber ihren Wählern
!^es unten hin wie gegenüber der Krone nach oben hin), daß sie in einer Geheim-
wrache. die längst im Inlands und im feindlichen Auslande, nur in weiten Kreisen
Deutschlands noch nicht verstanden wird, versichern: wir kämpfen nicht gegen Osterreich
Menschin, sondern nur gegen ein mit Deutschland verbündetes. Neuerdings wird
^ ja ganz unumwunden gesagt. Damit ist aber auch die eigentümliche Stellung
Deutsch-Österreicher gegeben. Obwohl dieser gegenwärtige Staat, dieses an
5^utschland verbündete 'Osterreich seine außenpolitische Lage und seine inner-
kritischen Grundformen (die Kronlandseinteilung und eine Zentralverwaltung,°!e allerdings mehr und mehr Fassade wird), mir dadurch erhalten kann, daß es
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