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Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Erstes Vierteljahr.

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Der Kampf um das kommunale Mahlrecht

endlich den Treueid für König und Vaterland schätzen, so würde doch -- von
anderem abgesehen (an böhmische Verhältnisse wollen wir gar nicht einmal er-
innern) -- der Treueid in vorliegendem Fall kein Schutzmittel sein, da es doch
darauf ankommt, was die Regierung künftig noch verlangen und was sie durch-
gehen lassen würde. . ^ .

Über Einzelheiten der preußischen Polenpolitik mag man streiten. Die
beiden Hauptpunkte müssen festgehalten werden: die deutsche Bauernanstedlung
und die deutsche Schule. Was der Herausgeber der "Grenzboten" über die Aus-
Ueferung der Schule im bisher russischen Polen gesagt hat. das trifft in erhöhtem
Maß für die preußischen Grenzprovinzen zu. Hinzu kommt die Frage der all¬
gemeinen Steigerung des polnischen Einflusses durch du-, geplante Verfassungs¬
änderung. Warum sollen wir das Wahlrecht so ändern, daß den Polen in
Provinz und Gemeinde das Übergewicht verschafft wird? I)r. Reiche sagt Mit
Recht: "Handelt es sich doch darum, ob der schwarze oder weiße Adler über
Posen und vielleicht auch über Westpreußen und Schlesien herrschen soll". Und
ebenso: "Fest müssen die Dämme gegen die slawische Flut sein". Gerade weil ich
hier vollkommen mit Dr. Reiche übereinstimme, bin ich Gegner der geplanten
Verfassungsänderung. So wenig ich behaupten will, daß die Verfassungseinnch-
wngeu die einzigen in Betracht kommenden "Dämme" sind, so sehr ich davon
überzeugt bin. daß auch auf die Stimmung, die Anschauungen des Volks Gewicht
5u legen ist. so darf man doch die Verfnssuugseinrichtungen als Dämme nicht gering
schätzen. Es handelt sich vielmehr darum, die Dämme festzuhalten, die das
Deutschtum schützen. Und überdies liegen die Dinge noch so, daß die Gegner
des Deutschtums Dämme zu dessen Bekämpfung aufrichten wollen.

Wir haben bisher von den vielen und großen Gefahren der völligen
Demokratisierung unserer Verhältnisse gesprochen- Stehen ihnen nun etwa erhebliche
Vorteile gegenüber? Wir wüßten keinen - einzigen zu nennen. Der Stadtrat Dr.
Luther, einer der angesehensten Männer der deutschen Selbstverwaltung, hat nach¬
drücklich hervorgehoben, daß die Stadtverwaltungen unter der Herrschaft des
Dreiklassenwahlrechts durchaus sozial gehandelt haben und handeln. Durch freie
Entschließungen haben sie -- sagt er ("Deutschland und der Weltkneg"^Sette WK)
-- in mehrfacher Richtung die 'sozialen Leistungen der Reichsgesetzgebung sogar
überboten, und zwar in großem Umfang. Ist da also eme große ^Änderung
nötig? Stadtrat Luther spricht von der preußischen Stadtverfassung. >M Baden,
dessen Staatsangehöriger ich bin. hat das abgestufte Wahlrecht der Gemeinoen
sich ebenfalls durchaus bewährt. Niemand wird gegetz eme badische Stadtver¬
waltung den Vorwurf erheben können, daß sie sich von einem engherzigen
Klassenstllndpnnkt leiten lasse.

Das einzige, was sich für die völlige Demokratisierung der Gemeinden anführen
Ueße, wäre der Hinweis auf den "Zug der Zeit", der aber oft nur der Herren
eigener Geist ist. Und man weiß ja zur Genüge, daß sich hinter der angeblichen
großen Volksstimmung recht viel internationale Beziehungen mannigfaltiger Art
verbergen. Wenn es sich um das wahre Wohl des ganzen deutschen Volks
handelte, so wären wir der geforderten Neuerung natürlich geneigt. Indessen
gerade aus dem Eifer für das Volkswohl widersprechen wir ihr. .

^ Da, wie wir gesehen, Gemeindewahl und Wahl für den Landtag in nahem
Zusammenhang miteinander flehen, so mögen hier zum Schluß noch ein paar
Worte über die zweckmäßigste Art der Änderung der Landtagswahl Platz finden.
>w den "Grenzboten" ist von ihrem Herausgeber kürzlich mit Recht betont worden,daß es hente für unser Vaterland vor allem darauf ankomme, die Kräfte nach
Ma zusammenfassen, und daß dahinter die inneren Fragen zurücktreten müßten.
^>cum sich aus diesem Gesichtspunkt die Notwendigkeit ergibt, die Wahlrechtssrage
?naht um jeden Preis jetzt rasch zu erledigen, so spricht der rein sachliche Grund
Mer hohen Wichtigkeit ebenfalls dafür, sie nicht übers Knie zu brechen. Eine
gründliche und darum etwas längere Beratung bedeutet wahrlich keinen Verlust,
ist hier besonders auch in Betracht zu ziehen, daß neue Probleme für die


Der Kampf um das kommunale Mahlrecht

endlich den Treueid für König und Vaterland schätzen, so würde doch — von
anderem abgesehen (an böhmische Verhältnisse wollen wir gar nicht einmal er-
innern) — der Treueid in vorliegendem Fall kein Schutzmittel sein, da es doch
darauf ankommt, was die Regierung künftig noch verlangen und was sie durch-
gehen lassen würde. . ^ .

Über Einzelheiten der preußischen Polenpolitik mag man streiten. Die
beiden Hauptpunkte müssen festgehalten werden: die deutsche Bauernanstedlung
und die deutsche Schule. Was der Herausgeber der „Grenzboten" über die Aus-
Ueferung der Schule im bisher russischen Polen gesagt hat. das trifft in erhöhtem
Maß für die preußischen Grenzprovinzen zu. Hinzu kommt die Frage der all¬
gemeinen Steigerung des polnischen Einflusses durch du-, geplante Verfassungs¬
änderung. Warum sollen wir das Wahlrecht so ändern, daß den Polen in
Provinz und Gemeinde das Übergewicht verschafft wird? I)r. Reiche sagt Mit
Recht: „Handelt es sich doch darum, ob der schwarze oder weiße Adler über
Posen und vielleicht auch über Westpreußen und Schlesien herrschen soll". Und
ebenso: „Fest müssen die Dämme gegen die slawische Flut sein". Gerade weil ich
hier vollkommen mit Dr. Reiche übereinstimme, bin ich Gegner der geplanten
Verfassungsänderung. So wenig ich behaupten will, daß die Verfassungseinnch-
wngeu die einzigen in Betracht kommenden „Dämme" sind, so sehr ich davon
überzeugt bin. daß auch auf die Stimmung, die Anschauungen des Volks Gewicht
5u legen ist. so darf man doch die Verfnssuugseinrichtungen als Dämme nicht gering
schätzen. Es handelt sich vielmehr darum, die Dämme festzuhalten, die das
Deutschtum schützen. Und überdies liegen die Dinge noch so, daß die Gegner
des Deutschtums Dämme zu dessen Bekämpfung aufrichten wollen.

Wir haben bisher von den vielen und großen Gefahren der völligen
Demokratisierung unserer Verhältnisse gesprochen- Stehen ihnen nun etwa erhebliche
Vorteile gegenüber? Wir wüßten keinen - einzigen zu nennen. Der Stadtrat Dr.
Luther, einer der angesehensten Männer der deutschen Selbstverwaltung, hat nach¬
drücklich hervorgehoben, daß die Stadtverwaltungen unter der Herrschaft des
Dreiklassenwahlrechts durchaus sozial gehandelt haben und handeln. Durch freie
Entschließungen haben sie — sagt er („Deutschland und der Weltkneg"^Sette WK)
— in mehrfacher Richtung die 'sozialen Leistungen der Reichsgesetzgebung sogar
überboten, und zwar in großem Umfang. Ist da also eme große ^Änderung
nötig? Stadtrat Luther spricht von der preußischen Stadtverfassung. >M Baden,
dessen Staatsangehöriger ich bin. hat das abgestufte Wahlrecht der Gemeinoen
sich ebenfalls durchaus bewährt. Niemand wird gegetz eme badische Stadtver¬
waltung den Vorwurf erheben können, daß sie sich von einem engherzigen
Klassenstllndpnnkt leiten lasse.

Das einzige, was sich für die völlige Demokratisierung der Gemeinden anführen
Ueße, wäre der Hinweis auf den „Zug der Zeit", der aber oft nur der Herren
eigener Geist ist. Und man weiß ja zur Genüge, daß sich hinter der angeblichen
großen Volksstimmung recht viel internationale Beziehungen mannigfaltiger Art
verbergen. Wenn es sich um das wahre Wohl des ganzen deutschen Volks
handelte, so wären wir der geforderten Neuerung natürlich geneigt. Indessen
gerade aus dem Eifer für das Volkswohl widersprechen wir ihr. .

^ Da, wie wir gesehen, Gemeindewahl und Wahl für den Landtag in nahem
Zusammenhang miteinander flehen, so mögen hier zum Schluß noch ein paar
Worte über die zweckmäßigste Art der Änderung der Landtagswahl Platz finden.
>w den „Grenzboten" ist von ihrem Herausgeber kürzlich mit Recht betont worden,daß es hente für unser Vaterland vor allem darauf ankomme, die Kräfte nach
Ma zusammenfassen, und daß dahinter die inneren Fragen zurücktreten müßten.
^>cum sich aus diesem Gesichtspunkt die Notwendigkeit ergibt, die Wahlrechtssrage
?naht um jeden Preis jetzt rasch zu erledigen, so spricht der rein sachliche Grund
Mer hohen Wichtigkeit ebenfalls dafür, sie nicht übers Knie zu brechen. Eine
gründliche und darum etwas längere Beratung bedeutet wahrlich keinen Verlust,
ist hier besonders auch in Betracht zu ziehen, daß neue Probleme für die


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[0297] Der Kampf um das kommunale Mahlrecht endlich den Treueid für König und Vaterland schätzen, so würde doch — von anderem abgesehen (an böhmische Verhältnisse wollen wir gar nicht einmal er- innern) — der Treueid in vorliegendem Fall kein Schutzmittel sein, da es doch darauf ankommt, was die Regierung künftig noch verlangen und was sie durch- gehen lassen würde. . ^ . Über Einzelheiten der preußischen Polenpolitik mag man streiten. Die beiden Hauptpunkte müssen festgehalten werden: die deutsche Bauernanstedlung und die deutsche Schule. Was der Herausgeber der „Grenzboten" über die Aus- Ueferung der Schule im bisher russischen Polen gesagt hat. das trifft in erhöhtem Maß für die preußischen Grenzprovinzen zu. Hinzu kommt die Frage der all¬ gemeinen Steigerung des polnischen Einflusses durch du-, geplante Verfassungs¬ änderung. Warum sollen wir das Wahlrecht so ändern, daß den Polen in Provinz und Gemeinde das Übergewicht verschafft wird? I)r. Reiche sagt Mit Recht: „Handelt es sich doch darum, ob der schwarze oder weiße Adler über Posen und vielleicht auch über Westpreußen und Schlesien herrschen soll". Und ebenso: „Fest müssen die Dämme gegen die slawische Flut sein". Gerade weil ich hier vollkommen mit Dr. Reiche übereinstimme, bin ich Gegner der geplanten Verfassungsänderung. So wenig ich behaupten will, daß die Verfassungseinnch- wngeu die einzigen in Betracht kommenden „Dämme" sind, so sehr ich davon überzeugt bin. daß auch auf die Stimmung, die Anschauungen des Volks Gewicht 5u legen ist. so darf man doch die Verfnssuugseinrichtungen als Dämme nicht gering schätzen. Es handelt sich vielmehr darum, die Dämme festzuhalten, die das Deutschtum schützen. Und überdies liegen die Dinge noch so, daß die Gegner des Deutschtums Dämme zu dessen Bekämpfung aufrichten wollen. Wir haben bisher von den vielen und großen Gefahren der völligen Demokratisierung unserer Verhältnisse gesprochen- Stehen ihnen nun etwa erhebliche Vorteile gegenüber? Wir wüßten keinen - einzigen zu nennen. Der Stadtrat Dr. Luther, einer der angesehensten Männer der deutschen Selbstverwaltung, hat nach¬ drücklich hervorgehoben, daß die Stadtverwaltungen unter der Herrschaft des Dreiklassenwahlrechts durchaus sozial gehandelt haben und handeln. Durch freie Entschließungen haben sie — sagt er („Deutschland und der Weltkneg"^Sette WK) — in mehrfacher Richtung die 'sozialen Leistungen der Reichsgesetzgebung sogar überboten, und zwar in großem Umfang. Ist da also eme große ^Änderung nötig? Stadtrat Luther spricht von der preußischen Stadtverfassung. >M Baden, dessen Staatsangehöriger ich bin. hat das abgestufte Wahlrecht der Gemeinoen sich ebenfalls durchaus bewährt. Niemand wird gegetz eme badische Stadtver¬ waltung den Vorwurf erheben können, daß sie sich von einem engherzigen Klassenstllndpnnkt leiten lasse. Das einzige, was sich für die völlige Demokratisierung der Gemeinden anführen Ueße, wäre der Hinweis auf den „Zug der Zeit", der aber oft nur der Herren eigener Geist ist. Und man weiß ja zur Genüge, daß sich hinter der angeblichen großen Volksstimmung recht viel internationale Beziehungen mannigfaltiger Art verbergen. Wenn es sich um das wahre Wohl des ganzen deutschen Volks handelte, so wären wir der geforderten Neuerung natürlich geneigt. Indessen gerade aus dem Eifer für das Volkswohl widersprechen wir ihr. . ^ Da, wie wir gesehen, Gemeindewahl und Wahl für den Landtag in nahem Zusammenhang miteinander flehen, so mögen hier zum Schluß noch ein paar Worte über die zweckmäßigste Art der Änderung der Landtagswahl Platz finden. >w den „Grenzboten" ist von ihrem Herausgeber kürzlich mit Recht betont worden,daß es hente für unser Vaterland vor allem darauf ankomme, die Kräfte nach Ma zusammenfassen, und daß dahinter die inneren Fragen zurücktreten müßten. ^>cum sich aus diesem Gesichtspunkt die Notwendigkeit ergibt, die Wahlrechtssrage ?naht um jeden Preis jetzt rasch zu erledigen, so spricht der rein sachliche Grund Mer hohen Wichtigkeit ebenfalls dafür, sie nicht übers Knie zu brechen. Eine gründliche und darum etwas längere Beratung bedeutet wahrlich keinen Verlust, ist hier besonders auch in Betracht zu ziehen, daß neue Probleme für die

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333095/297>, abgerufen am 22.07.2024.