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Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Erstes Vierteljahr.

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Unser N?eg zum Frieden

die Weltstraße Gibraltar--Suez--Aden fest in unseren Besitz zu nehmen, ob wir
schließlich gezwungen sein werden, der englischen Flotte den Garaus zu machen,
das steht nur insofern bei uns, als wir fest und unerschüttert in unserem Willen
bleiben, England zu werfen.

Es wird also der Standpunkt vertreten, daß wir zu einem Frieden, der
unseren bisherigen Opfern entspräche, nur kommen können durch die Niederwerfung
Englands. Gelingt solches mit diplomatischen Mitteln, um so besser, -- für alle
Fälle aber ist es sicher, auch alle die Machtmittel bereit zu stellen, die notwendig
sind, das Ziel zu erreichen, sofern die Kunst unserer Diplomaten doch nicht aus¬
reichen sollte, Macht ist eine Summe aus eigener sittlicher, wirtschaftlicher
und militärischer Kraft und aus dem Vertrauen, das uns Freunde und Nach¬
barn, das sind unsere Bundesgenossen von heute und unsere Geschäftsfreunde
in der Welt von morgen, entgegenbringen. Vertrauen können im Völker¬
leben nur die Nationen und Staaten auf die Dauer bewahren, deren Regierungen
stark genug sind, ihre Rechte wahrzunehmen. England genoß dies Vertrauen in
der Welt. Das auf Preußens starken Schultern errichtete Deutsche Reich genoß
das Vertrauen seiner kontinentalen Nachbarn so lange, bis es nicht zu Englands
Wettbewerber in der Weltpolitik wurde und durch die Notwendigkeit in Fragen der
Weltwirtschaft hinter England zurücktreten zu müssen, dessen Rbermachtanerkannthatte.
Weisen wir jetzt unsere Überlegenheit nach über England, wie wir sie seinerzeit
über Frankreich bewiesen hatten, so werden wir ohne weiteres Vertrauen bei allen
Völkern der Erde finden, die heute in der Gefahr der Bedrohung durch England
und Nordamerika schweben. Erbringen wir ihnen den Nachweis, daß sie sich
an uns anlehnen können zum eigenen Nutzen, so werden sie uns lieben und uns
vertrauen.

Kraft gebiert Vertrauen!

Mag der Krieg noch so günstig für uns verlausen, unser erster Schritt zur
Festigung des Friedens und zur Vermeidung von neuen Kriegen wird sein der
Wiederaufbau unserer Macht. Keine internationale Idee, weder die sozialistische
noch die römische, haben sich als eine solche Autorität unter den Völkern er
wiesen, stark genug, den Nationen, dem Nationalismus, dem wirtschaftlichen
Egoismus zu gebieten. Die Wurzeln unserer Kraft, die Sterne unserer Zukunft,
unser Alles liegt im Schoße der arbeitstüchtigen Nation. Nur diese Lehre hat
den Krieg überdauert, - alle andern sind zusammengebrochen und verweht beim
ersten Hauch des Auguststurmes von 1914. Dem deutschen Volke den Kampf
unter den Weltvölkern zu erleichtern und darum beim Friedensschluß eine breite
Basis für den Kampf um das Selbstbestimmungsrecht zu bauen, das ist in Fort¬
setzung der Tätigkeit der Armee die Kernaufgabe der deutschen Diplomatie nach
außen, mit der sie nach Brest-Litowsk gereist ist, den Frieden mit Nußland in
ti-e Form einer völkerrechtlich gültigen Urkunde zu gießen.

Der Weg zum Frieden, wie ich ihn für gangbar halte, ist sicher nicht frei
von Verzichten; ohne Ausgleich gegensätzlicher Interessen ist kein Zusammenleben
von Enzelindividuen, geschweige denn von ganzen Völkern möglich. Die Verzichte
haben aber ihre Grenzen, und die ergeben sich aus unseren Lebensnotwendigkeiten.




Unser N?eg zum Frieden

die Weltstraße Gibraltar—Suez—Aden fest in unseren Besitz zu nehmen, ob wir
schließlich gezwungen sein werden, der englischen Flotte den Garaus zu machen,
das steht nur insofern bei uns, als wir fest und unerschüttert in unserem Willen
bleiben, England zu werfen.

Es wird also der Standpunkt vertreten, daß wir zu einem Frieden, der
unseren bisherigen Opfern entspräche, nur kommen können durch die Niederwerfung
Englands. Gelingt solches mit diplomatischen Mitteln, um so besser, — für alle
Fälle aber ist es sicher, auch alle die Machtmittel bereit zu stellen, die notwendig
sind, das Ziel zu erreichen, sofern die Kunst unserer Diplomaten doch nicht aus¬
reichen sollte, Macht ist eine Summe aus eigener sittlicher, wirtschaftlicher
und militärischer Kraft und aus dem Vertrauen, das uns Freunde und Nach¬
barn, das sind unsere Bundesgenossen von heute und unsere Geschäftsfreunde
in der Welt von morgen, entgegenbringen. Vertrauen können im Völker¬
leben nur die Nationen und Staaten auf die Dauer bewahren, deren Regierungen
stark genug sind, ihre Rechte wahrzunehmen. England genoß dies Vertrauen in
der Welt. Das auf Preußens starken Schultern errichtete Deutsche Reich genoß
das Vertrauen seiner kontinentalen Nachbarn so lange, bis es nicht zu Englands
Wettbewerber in der Weltpolitik wurde und durch die Notwendigkeit in Fragen der
Weltwirtschaft hinter England zurücktreten zu müssen, dessen Rbermachtanerkannthatte.
Weisen wir jetzt unsere Überlegenheit nach über England, wie wir sie seinerzeit
über Frankreich bewiesen hatten, so werden wir ohne weiteres Vertrauen bei allen
Völkern der Erde finden, die heute in der Gefahr der Bedrohung durch England
und Nordamerika schweben. Erbringen wir ihnen den Nachweis, daß sie sich
an uns anlehnen können zum eigenen Nutzen, so werden sie uns lieben und uns
vertrauen.

Kraft gebiert Vertrauen!

Mag der Krieg noch so günstig für uns verlausen, unser erster Schritt zur
Festigung des Friedens und zur Vermeidung von neuen Kriegen wird sein der
Wiederaufbau unserer Macht. Keine internationale Idee, weder die sozialistische
noch die römische, haben sich als eine solche Autorität unter den Völkern er
wiesen, stark genug, den Nationen, dem Nationalismus, dem wirtschaftlichen
Egoismus zu gebieten. Die Wurzeln unserer Kraft, die Sterne unserer Zukunft,
unser Alles liegt im Schoße der arbeitstüchtigen Nation. Nur diese Lehre hat
den Krieg überdauert, - alle andern sind zusammengebrochen und verweht beim
ersten Hauch des Auguststurmes von 1914. Dem deutschen Volke den Kampf
unter den Weltvölkern zu erleichtern und darum beim Friedensschluß eine breite
Basis für den Kampf um das Selbstbestimmungsrecht zu bauen, das ist in Fort¬
setzung der Tätigkeit der Armee die Kernaufgabe der deutschen Diplomatie nach
außen, mit der sie nach Brest-Litowsk gereist ist, den Frieden mit Nußland in
ti-e Form einer völkerrechtlich gültigen Urkunde zu gießen.

Der Weg zum Frieden, wie ich ihn für gangbar halte, ist sicher nicht frei
von Verzichten; ohne Ausgleich gegensätzlicher Interessen ist kein Zusammenleben
von Enzelindividuen, geschweige denn von ganzen Völkern möglich. Die Verzichte
haben aber ihre Grenzen, und die ergeben sich aus unseren Lebensnotwendigkeiten.




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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333095/20>, abgerufen am 24.08.2024.