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Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Erstes Vierteljahr.

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gedacht worden. Der Plan war damals von ukrainischen Adeligen ausgegangen;
aber Preußen vertröstete den Abgeordneten auch einen geeigneten Zeitpunkt. Zur
Zeit des Krimkrieges 18L3 dachte man andererseits in Preußen an die Schwächung
Rußlands durch die Herstellung der Ukraina. 1888 war man zur Zeit der wachsenden
Spannung zwischen Wien und Petersburg wieder darauf zurückgekommen. Hart-
mann trat damals (angeblich von Bismarck veranlaßt) in der "Gegenwart" für
die Herstellung "des Königsreiches Kijew" ein. Es war wohl nur eine Demon¬
stration, an deren Ausführung nicht gedacht wurde- hat doch Bismarck noch bis
1890 einen geheimen Neutralitätsvertrag mit Nußland gehabt und selbst 1895
noch einer Huldigungsabordnung der Odessaer Deutschen gesagt- "Rußland ist
jedenfalls ein besserer Nachbar als mancher andere. Deshalb bleiben Sie gut
deutsch, aber schädigen Sie die russische Freundschaft nicht." Mit der wachsenden
Spannung zu Rußland wuchs in Deutschland das Interesse an den Rnthenen,
was die Polen oft bitter vermerkten. Der Weltkrieg hat dann die deutsche Teil¬
nahme überaus rege gestaltet. Dem "Bund zur Befreiung der Ukraina" wurde
ein ganz außerordentliches Entgegenkommen in allen Kreisen gezeigt. Seine Arbeit
wurde überall unterstützt. Durch Vorträge, durch unzählige Zeitungsartikel und
selbständige Schriften,*) durch die "Osteuropäischen Empfangsabende" in Berlin
und durch die Gründung des "Verbandes deutscher Förderer der ukrainischen Be¬
freiungsbestrebungen" in München wurde für das Verständnis der ruthenischen
Frage,,gewirkt. In deutsch-österreichischen .Kreisen nahm man bei den Beratungen
über Österreichs Neugestaltung immer wieder ans die Ruthenen Rücksicht. Man
kann sagen, daß noch niemals die deutsche Allgemeinheit so sehr für irgendeine
Frage der östlichen Politik eingenommen wurde und man würde wünschen, daß
sie nur einigermaßen ähnlichen Eifer den Belangen der Ostdeutschen entgegen¬
bringen würde. In allen diesen Äußerungen Deutschlands und Österreichs ist
einstimmig die Nützlichkeit der Befreiung der Ukraina betont worden. Die große
Fülle dieser Äußerungen verzeichnen die "Ukrainischen Nachrichten" (Mitteilungen
des "Bundes zur Befreiung der Ukraina". Wien) und das "Ukrainische Korre¬
spondenzblatt" (herausgegeben vom Allgemeinen Ukrainischen Nationalrat, Wien).
Erwähnt sei nur, daß auch Fürst Bülow in seinem bekannten Werke "Deutsche
Politik" (1906) mit der Erstarkung des russischen Reiches rechnet, "wenn nicht
Rußland entweder politischer oder sozialer Zersetzung verfällt oder die Ukraina,
seine Kornkammer und Basis seiner Industrie verliert. Ob die Lösung von
Kongreßpolen eine Schwächung Rußlands bedeuten würde, steht dahin" (S. 86).

Diese Stimmung in Deutschland und Osterreich wurde in den Blättern des
"Bundes" und verwandten ruthenischen Veröffentlichungen stets sehr anerkennend
besprochen. Anderseits ist in den ruthenischen Blättern und zahllosen von Ruthenen
verfaßten Schriften^) immer wieder die Versicherung zu lesen, daß die Befreiung
der Ukraina nur mit unserer Hilfe zu erhoffen sei. In Rußland wurden diese,
Beziehungen der Ruthenen zu Berlin und Wien und die damit verfolgten Absichten
mit Erbitterung festgelegt. Im Frühjahr 1916 schloß ein Kampfartikel der "No-
woje Wremja" mit den Worten- "die Verhältnisse der zwischen den Deutschen und
Russen wohnenden Völker müssen geordnet werden, aber nicht nach der deutschen
Schablone". Die Besprechung dieses Artikels begleiten die "Ukrainischen Nach¬
richten" mit der Bemerkung: "Die Russen hatten vor dem Kriege Zeit genug, das
schwere, auf den nichtstaatlichen Nationen lastende Joch zu erleichtern, sie haben
das aber nicht getan; jetzt müssen andere ihre Unterlassungssünden gut zu machen
trachten." Immer wieder wird in diesen ruthenischen Schriften betont, daß die
Ukraina der einzige und beste Schutz für Österreich-Ungarn und Deutschland gegen
die anwachsende Macht Rußlands sein werde. Man erinnerte auch daran, daß
die Ukrainer schon lange den österreichischen Kaiser als ihren Herrscher gewünscht




*) Vgl. das Schriftenverzeichnis in meinem "Polen und die polnisch-ruthenische Frage",
2. Aufl."
**) Auch diese findet man zumeist in meinem "Polen verzeichnet.
Die ruthenischc Frage ;?IK und 5957

gedacht worden. Der Plan war damals von ukrainischen Adeligen ausgegangen;
aber Preußen vertröstete den Abgeordneten auch einen geeigneten Zeitpunkt. Zur
Zeit des Krimkrieges 18L3 dachte man andererseits in Preußen an die Schwächung
Rußlands durch die Herstellung der Ukraina. 1888 war man zur Zeit der wachsenden
Spannung zwischen Wien und Petersburg wieder darauf zurückgekommen. Hart-
mann trat damals (angeblich von Bismarck veranlaßt) in der „Gegenwart" für
die Herstellung „des Königsreiches Kijew" ein. Es war wohl nur eine Demon¬
stration, an deren Ausführung nicht gedacht wurde- hat doch Bismarck noch bis
1890 einen geheimen Neutralitätsvertrag mit Nußland gehabt und selbst 1895
noch einer Huldigungsabordnung der Odessaer Deutschen gesagt- „Rußland ist
jedenfalls ein besserer Nachbar als mancher andere. Deshalb bleiben Sie gut
deutsch, aber schädigen Sie die russische Freundschaft nicht." Mit der wachsenden
Spannung zu Rußland wuchs in Deutschland das Interesse an den Rnthenen,
was die Polen oft bitter vermerkten. Der Weltkrieg hat dann die deutsche Teil¬
nahme überaus rege gestaltet. Dem „Bund zur Befreiung der Ukraina" wurde
ein ganz außerordentliches Entgegenkommen in allen Kreisen gezeigt. Seine Arbeit
wurde überall unterstützt. Durch Vorträge, durch unzählige Zeitungsartikel und
selbständige Schriften,*) durch die „Osteuropäischen Empfangsabende" in Berlin
und durch die Gründung des „Verbandes deutscher Förderer der ukrainischen Be¬
freiungsbestrebungen" in München wurde für das Verständnis der ruthenischen
Frage,,gewirkt. In deutsch-österreichischen .Kreisen nahm man bei den Beratungen
über Österreichs Neugestaltung immer wieder ans die Ruthenen Rücksicht. Man
kann sagen, daß noch niemals die deutsche Allgemeinheit so sehr für irgendeine
Frage der östlichen Politik eingenommen wurde und man würde wünschen, daß
sie nur einigermaßen ähnlichen Eifer den Belangen der Ostdeutschen entgegen¬
bringen würde. In allen diesen Äußerungen Deutschlands und Österreichs ist
einstimmig die Nützlichkeit der Befreiung der Ukraina betont worden. Die große
Fülle dieser Äußerungen verzeichnen die „Ukrainischen Nachrichten" (Mitteilungen
des „Bundes zur Befreiung der Ukraina". Wien) und das „Ukrainische Korre¬
spondenzblatt" (herausgegeben vom Allgemeinen Ukrainischen Nationalrat, Wien).
Erwähnt sei nur, daß auch Fürst Bülow in seinem bekannten Werke „Deutsche
Politik" (1906) mit der Erstarkung des russischen Reiches rechnet, „wenn nicht
Rußland entweder politischer oder sozialer Zersetzung verfällt oder die Ukraina,
seine Kornkammer und Basis seiner Industrie verliert. Ob die Lösung von
Kongreßpolen eine Schwächung Rußlands bedeuten würde, steht dahin" (S. 86).

Diese Stimmung in Deutschland und Osterreich wurde in den Blättern des
„Bundes" und verwandten ruthenischen Veröffentlichungen stets sehr anerkennend
besprochen. Anderseits ist in den ruthenischen Blättern und zahllosen von Ruthenen
verfaßten Schriften^) immer wieder die Versicherung zu lesen, daß die Befreiung
der Ukraina nur mit unserer Hilfe zu erhoffen sei. In Rußland wurden diese,
Beziehungen der Ruthenen zu Berlin und Wien und die damit verfolgten Absichten
mit Erbitterung festgelegt. Im Frühjahr 1916 schloß ein Kampfartikel der „No-
woje Wremja" mit den Worten- „die Verhältnisse der zwischen den Deutschen und
Russen wohnenden Völker müssen geordnet werden, aber nicht nach der deutschen
Schablone". Die Besprechung dieses Artikels begleiten die „Ukrainischen Nach¬
richten" mit der Bemerkung: „Die Russen hatten vor dem Kriege Zeit genug, das
schwere, auf den nichtstaatlichen Nationen lastende Joch zu erleichtern, sie haben
das aber nicht getan; jetzt müssen andere ihre Unterlassungssünden gut zu machen
trachten." Immer wieder wird in diesen ruthenischen Schriften betont, daß die
Ukraina der einzige und beste Schutz für Österreich-Ungarn und Deutschland gegen
die anwachsende Macht Rußlands sein werde. Man erinnerte auch daran, daß
die Ukrainer schon lange den österreichischen Kaiser als ihren Herrscher gewünscht




*) Vgl. das Schriftenverzeichnis in meinem „Polen und die polnisch-ruthenische Frage",
2. Aufl."
**) Auch diese findet man zumeist in meinem „Polen verzeichnet.
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[0133] Die ruthenischc Frage ;?IK und 5957 gedacht worden. Der Plan war damals von ukrainischen Adeligen ausgegangen; aber Preußen vertröstete den Abgeordneten auch einen geeigneten Zeitpunkt. Zur Zeit des Krimkrieges 18L3 dachte man andererseits in Preußen an die Schwächung Rußlands durch die Herstellung der Ukraina. 1888 war man zur Zeit der wachsenden Spannung zwischen Wien und Petersburg wieder darauf zurückgekommen. Hart- mann trat damals (angeblich von Bismarck veranlaßt) in der „Gegenwart" für die Herstellung „des Königsreiches Kijew" ein. Es war wohl nur eine Demon¬ stration, an deren Ausführung nicht gedacht wurde- hat doch Bismarck noch bis 1890 einen geheimen Neutralitätsvertrag mit Nußland gehabt und selbst 1895 noch einer Huldigungsabordnung der Odessaer Deutschen gesagt- „Rußland ist jedenfalls ein besserer Nachbar als mancher andere. Deshalb bleiben Sie gut deutsch, aber schädigen Sie die russische Freundschaft nicht." Mit der wachsenden Spannung zu Rußland wuchs in Deutschland das Interesse an den Rnthenen, was die Polen oft bitter vermerkten. Der Weltkrieg hat dann die deutsche Teil¬ nahme überaus rege gestaltet. Dem „Bund zur Befreiung der Ukraina" wurde ein ganz außerordentliches Entgegenkommen in allen Kreisen gezeigt. Seine Arbeit wurde überall unterstützt. Durch Vorträge, durch unzählige Zeitungsartikel und selbständige Schriften,*) durch die „Osteuropäischen Empfangsabende" in Berlin und durch die Gründung des „Verbandes deutscher Förderer der ukrainischen Be¬ freiungsbestrebungen" in München wurde für das Verständnis der ruthenischen Frage,,gewirkt. In deutsch-österreichischen .Kreisen nahm man bei den Beratungen über Österreichs Neugestaltung immer wieder ans die Ruthenen Rücksicht. Man kann sagen, daß noch niemals die deutsche Allgemeinheit so sehr für irgendeine Frage der östlichen Politik eingenommen wurde und man würde wünschen, daß sie nur einigermaßen ähnlichen Eifer den Belangen der Ostdeutschen entgegen¬ bringen würde. In allen diesen Äußerungen Deutschlands und Österreichs ist einstimmig die Nützlichkeit der Befreiung der Ukraina betont worden. Die große Fülle dieser Äußerungen verzeichnen die „Ukrainischen Nachrichten" (Mitteilungen des „Bundes zur Befreiung der Ukraina". Wien) und das „Ukrainische Korre¬ spondenzblatt" (herausgegeben vom Allgemeinen Ukrainischen Nationalrat, Wien). Erwähnt sei nur, daß auch Fürst Bülow in seinem bekannten Werke „Deutsche Politik" (1906) mit der Erstarkung des russischen Reiches rechnet, „wenn nicht Rußland entweder politischer oder sozialer Zersetzung verfällt oder die Ukraina, seine Kornkammer und Basis seiner Industrie verliert. Ob die Lösung von Kongreßpolen eine Schwächung Rußlands bedeuten würde, steht dahin" (S. 86). Diese Stimmung in Deutschland und Osterreich wurde in den Blättern des „Bundes" und verwandten ruthenischen Veröffentlichungen stets sehr anerkennend besprochen. Anderseits ist in den ruthenischen Blättern und zahllosen von Ruthenen verfaßten Schriften^) immer wieder die Versicherung zu lesen, daß die Befreiung der Ukraina nur mit unserer Hilfe zu erhoffen sei. In Rußland wurden diese, Beziehungen der Ruthenen zu Berlin und Wien und die damit verfolgten Absichten mit Erbitterung festgelegt. Im Frühjahr 1916 schloß ein Kampfartikel der „No- woje Wremja" mit den Worten- „die Verhältnisse der zwischen den Deutschen und Russen wohnenden Völker müssen geordnet werden, aber nicht nach der deutschen Schablone". Die Besprechung dieses Artikels begleiten die „Ukrainischen Nach¬ richten" mit der Bemerkung: „Die Russen hatten vor dem Kriege Zeit genug, das schwere, auf den nichtstaatlichen Nationen lastende Joch zu erleichtern, sie haben das aber nicht getan; jetzt müssen andere ihre Unterlassungssünden gut zu machen trachten." Immer wieder wird in diesen ruthenischen Schriften betont, daß die Ukraina der einzige und beste Schutz für Österreich-Ungarn und Deutschland gegen die anwachsende Macht Rußlands sein werde. Man erinnerte auch daran, daß die Ukrainer schon lange den österreichischen Kaiser als ihren Herrscher gewünscht *) Vgl. das Schriftenverzeichnis in meinem „Polen und die polnisch-ruthenische Frage", 2. Aufl." **) Auch diese findet man zumeist in meinem „Polen verzeichnet.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333095/133>, abgerufen am 24.08.2024.