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Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Drittes Vierteljahr.

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Ist England stcucrmüde geworden?

nahmen -- erfahren; ihr Ertrag ist von 27,36 Millionen während 1913/14
auf 28,38, 31,03 und 31,23 Millionen Pfund Sterling in den folgenden Jahren
gestiegen.

Die Kriegsgewinnsteuer, mit 6 Millionen Pfund Sterling in den Vor¬
anschlag für 1915/16 eingesetzt, brachte damals noch nichts, weil man nicht
mehr zu ihrer EinHebung gekommen ist. Für 1916/17 wurde sie auf 86 Mil¬
lionen Pfund Sterling veranschlagt; sie hat 140 Millionen Pfund Sterling
gebracht. Für das laufende Finanzjahr verspricht sich der Schatzkanzler nicht
weniger als 200 Millionen.

Und die Einkommensteuer?

Diese Quelle wurde während des Krieges dreimal angebohrt. Nachdem
sie dem Schatzkanzler im Jahre 1913/14 47,23 Millionen Pfund Sterling
gebracht hatte, standen sich gegenüber ein

Soll Ist
von Millionen Pfund Sterling
im Jahre 1914/15 .... 53.92 69.40
" " 1915/16 .... 116,42 128.32
" " 1916/17 .... 195,00 205.03
" " 1917/18 .... 224.00 ?

England brachte also letzthin reichlich 4 Milliarden Mark Einkommensteuer
auf, gegen noch nicht 1 Milliarde Mark im letzten Friedensjahre. Man holt
jetzt -- es würde unglaublich erscheinen, wenn es nicht Tatsache wäre! -- mit
der Einkommensteuer den vierfachen Betrag von früher aus dem englischen Volke
heraus -- das Großartigste, was bisher von einer (auch schon in Friedens¬
zeiten stark auftragenden) Steuergesetzgebung geleistet worden ist. Um sich ein
Bild machen zu können von dem Koloß, den die englische Einkommensteuer
jetzt darstellt, sei vergleichsweise erwähnt:

1. daß ihr gegenwärtiger jährlicher Ertrag hinreichen würde, um
nahezu die volle Vorkriegsschuld des Deutschen Reiches auf einem Brette zu
begleichen;

2. daß England die 4 Milliarden Mark, welche Frankreich seinerzeit als
Kriegsentschädigung an Deutschland leisten mußte, mit einer einzigen, jährlich
wiederkehrenden Steuer aufbringt;

3. daß England den von uns im Jahre 1913 ausgeschriebenen Wehr¬
beitrag, eine einmalige Vermögenssteuer, die in drei Jahren geleistet werden
sollte, und von der man insgesamt 1 Milliarde Mark erwartete -- was
taten wir uns auf diese Steuerleistung und auf unseren Opfermut damals zu¬
gute! --, in vierfacher Höhe als jährlich wiederkehrende Einkommensteuer
leistet. -- Und noch viele Jahre nach dem Kriege leisten wird.

Was mußte ein Mann von (nach britischer Auffassung) "einigem Ein¬
kommen", z. B. von 3000 Pfund Sterling (60 000 Mary, in England früher
Einkommensteuer entrichten? Und wie viel jetzt? Er hatte zu zahlen im Jahre


Ist England stcucrmüde geworden?

nahmen — erfahren; ihr Ertrag ist von 27,36 Millionen während 1913/14
auf 28,38, 31,03 und 31,23 Millionen Pfund Sterling in den folgenden Jahren
gestiegen.

Die Kriegsgewinnsteuer, mit 6 Millionen Pfund Sterling in den Vor¬
anschlag für 1915/16 eingesetzt, brachte damals noch nichts, weil man nicht
mehr zu ihrer EinHebung gekommen ist. Für 1916/17 wurde sie auf 86 Mil¬
lionen Pfund Sterling veranschlagt; sie hat 140 Millionen Pfund Sterling
gebracht. Für das laufende Finanzjahr verspricht sich der Schatzkanzler nicht
weniger als 200 Millionen.

Und die Einkommensteuer?

Diese Quelle wurde während des Krieges dreimal angebohrt. Nachdem
sie dem Schatzkanzler im Jahre 1913/14 47,23 Millionen Pfund Sterling
gebracht hatte, standen sich gegenüber ein

Soll Ist
von Millionen Pfund Sterling
im Jahre 1914/15 .... 53.92 69.40
„ „ 1915/16 .... 116,42 128.32
„ „ 1916/17 .... 195,00 205.03
„ „ 1917/18 .... 224.00 ?

England brachte also letzthin reichlich 4 Milliarden Mark Einkommensteuer
auf, gegen noch nicht 1 Milliarde Mark im letzten Friedensjahre. Man holt
jetzt — es würde unglaublich erscheinen, wenn es nicht Tatsache wäre! — mit
der Einkommensteuer den vierfachen Betrag von früher aus dem englischen Volke
heraus — das Großartigste, was bisher von einer (auch schon in Friedens¬
zeiten stark auftragenden) Steuergesetzgebung geleistet worden ist. Um sich ein
Bild machen zu können von dem Koloß, den die englische Einkommensteuer
jetzt darstellt, sei vergleichsweise erwähnt:

1. daß ihr gegenwärtiger jährlicher Ertrag hinreichen würde, um
nahezu die volle Vorkriegsschuld des Deutschen Reiches auf einem Brette zu
begleichen;

2. daß England die 4 Milliarden Mark, welche Frankreich seinerzeit als
Kriegsentschädigung an Deutschland leisten mußte, mit einer einzigen, jährlich
wiederkehrenden Steuer aufbringt;

3. daß England den von uns im Jahre 1913 ausgeschriebenen Wehr¬
beitrag, eine einmalige Vermögenssteuer, die in drei Jahren geleistet werden
sollte, und von der man insgesamt 1 Milliarde Mark erwartete — was
taten wir uns auf diese Steuerleistung und auf unseren Opfermut damals zu¬
gute! —, in vierfacher Höhe als jährlich wiederkehrende Einkommensteuer
leistet. — Und noch viele Jahre nach dem Kriege leisten wird.

Was mußte ein Mann von (nach britischer Auffassung) „einigem Ein¬
kommen", z. B. von 3000 Pfund Sterling (60 000 Mary, in England früher
Einkommensteuer entrichten? Und wie viel jetzt? Er hatte zu zahlen im Jahre


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[0038] Ist England stcucrmüde geworden? nahmen — erfahren; ihr Ertrag ist von 27,36 Millionen während 1913/14 auf 28,38, 31,03 und 31,23 Millionen Pfund Sterling in den folgenden Jahren gestiegen. Die Kriegsgewinnsteuer, mit 6 Millionen Pfund Sterling in den Vor¬ anschlag für 1915/16 eingesetzt, brachte damals noch nichts, weil man nicht mehr zu ihrer EinHebung gekommen ist. Für 1916/17 wurde sie auf 86 Mil¬ lionen Pfund Sterling veranschlagt; sie hat 140 Millionen Pfund Sterling gebracht. Für das laufende Finanzjahr verspricht sich der Schatzkanzler nicht weniger als 200 Millionen. Und die Einkommensteuer? Diese Quelle wurde während des Krieges dreimal angebohrt. Nachdem sie dem Schatzkanzler im Jahre 1913/14 47,23 Millionen Pfund Sterling gebracht hatte, standen sich gegenüber ein Soll Ist von Millionen Pfund Sterling im Jahre 1914/15 .... 53.92 69.40 „ „ 1915/16 .... 116,42 128.32 „ „ 1916/17 .... 195,00 205.03 „ „ 1917/18 .... 224.00 ? England brachte also letzthin reichlich 4 Milliarden Mark Einkommensteuer auf, gegen noch nicht 1 Milliarde Mark im letzten Friedensjahre. Man holt jetzt — es würde unglaublich erscheinen, wenn es nicht Tatsache wäre! — mit der Einkommensteuer den vierfachen Betrag von früher aus dem englischen Volke heraus — das Großartigste, was bisher von einer (auch schon in Friedens¬ zeiten stark auftragenden) Steuergesetzgebung geleistet worden ist. Um sich ein Bild machen zu können von dem Koloß, den die englische Einkommensteuer jetzt darstellt, sei vergleichsweise erwähnt: 1. daß ihr gegenwärtiger jährlicher Ertrag hinreichen würde, um nahezu die volle Vorkriegsschuld des Deutschen Reiches auf einem Brette zu begleichen; 2. daß England die 4 Milliarden Mark, welche Frankreich seinerzeit als Kriegsentschädigung an Deutschland leisten mußte, mit einer einzigen, jährlich wiederkehrenden Steuer aufbringt; 3. daß England den von uns im Jahre 1913 ausgeschriebenen Wehr¬ beitrag, eine einmalige Vermögenssteuer, die in drei Jahren geleistet werden sollte, und von der man insgesamt 1 Milliarde Mark erwartete — was taten wir uns auf diese Steuerleistung und auf unseren Opfermut damals zu¬ gute! —, in vierfacher Höhe als jährlich wiederkehrende Einkommensteuer leistet. — Und noch viele Jahre nach dem Kriege leisten wird. Was mußte ein Mann von (nach britischer Auffassung) „einigem Ein¬ kommen", z. B. von 3000 Pfund Sterling (60 000 Mary, in England früher Einkommensteuer entrichten? Und wie viel jetzt? Er hatte zu zahlen im Jahre

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341905_332278/38>, abgerufen am 29.06.2024.