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Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Drittes Vierteljahr.

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Johann Friedrich August Tischbein und August Wilhelm Schlegel

eine so biedere und vornehm denkende Künstlernatur wie Tischbein von der
absprechender Art, die Schlegel angenommen hatte, nichts wissen. Doch blieben
die beiden nach wie vor Freunde, wenn auch mehr^°) "aus alter Gewohnheit
und angeborener Gutmütigkeit." Großes Gefallen fanden die Tischbeinschen
Mädchen an der "lieblichen" Auguste^) und schlössen innige Freundschaft
mit ihr.

Im März des Jahres 179" malte Tischbein in Jena Caroline und ihre
Tochter, um die Bilder dann in Dessau zu vollenden^). Gute Nachbildungen
derselben zieren die im Eingang erwähnte neue Ausgabe der Waitzschen Caroline.
Ihren Gegenbesuch in Jena statteten Tischbeins im Herbste dieses Jahres ab.
Denn nur sie können mit den "holländischen Gästen" gemeint sein, von denen
Caroline am 24. Oktober 1798 ihrer Freundin Luise Götter schreibt^).

Im Sommer des folgenden Jahres weilte Frau Sophie mit ihrem damals
zweieinviertel Jahre alten Sohne Carl für längere Zeit zu Besuch in Jena,
und auch ihre Töchter Karoline und Betty, die zunächst bei Bertuchs in Weimar
gewesen waren, kamen später dahin nach^). Es war ein überaus fröhliches
Beisammensein, das allen Teilen behagte. Besonders Caroline hatte, wie ihr
Brief vom 5. Oktober an Luise Götter erkennen läßt^°°), eine rechte Freude an
dem ausgelassenen Frohsinn, den die anmutigen Tischbeinschen Mädchen im
Verkehr mit Auguste zeigten,, nicht minder an ihren trefflichen Gesangsvorträgen,
welche eine schöne musikalische Begabung verrieten. Aber auch Frau Sophie
scheint sich recht wohl gefühlt zu haben. Als Tischbeins endlich von Jena
schieden, ging Auguste für zwei Monate mit den Freundinnen nach Dessau, um
sich unter ihrer Anleitung auf Carolinens Wunsch in der Musik zu vervoll¬
kommnen^). Als Weihnachten nahte, hätte Caroline es gern gesehen^),
wenn die Dessauer zu den Festtagen wieder nach Jena gekommen wären. Doch
holte Schlegel Augusten vor Weihnachten aus Dessau zurück^), und der schöne
Plan gelangte nicht zur Ausführung.

Augustens Tod am 12. Juli 1800"") versetzte die Familie Tischbein in
aufrichtige Trauer. Denn Eltern wie Kinder hatten die Heimgegangene herzlich












-°°) Stoll a. a. O. 308.
Stoll a. a. O. 801.
">2) Vgl. Caroline I 670 und Briefe an Ludw. Tieck, herausgegeben von Hotltei III 322 f.
Caroline I 466.
-<") Vgl. Caroline l 560 f, sowie Stoll a. a. O- 300 f. Ein Bild der Familie Tisch¬
bein aus diesem oder dem folgenden Jahre, das sich seit 1912 im Museum der Bittenden
Künste zu Leipzig befindet, bei Kurzwelly, Das Bildnis in Leipzig Taf. 62.
"°°) Caroline I 661.
"°) Caroline I 666--677, 741. über Augustens zweimonatlichen Aufenthalt in-
Dessau berichtet Karoline Willen nichts. Vgl. Stoll a. a. O. 306.
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Johann Friedrich August Tischbein und August Wilhelm Schlegel

eine so biedere und vornehm denkende Künstlernatur wie Tischbein von der
absprechender Art, die Schlegel angenommen hatte, nichts wissen. Doch blieben
die beiden nach wie vor Freunde, wenn auch mehr^°) „aus alter Gewohnheit
und angeborener Gutmütigkeit." Großes Gefallen fanden die Tischbeinschen
Mädchen an der „lieblichen" Auguste^) und schlössen innige Freundschaft
mit ihr.

Im März des Jahres 179» malte Tischbein in Jena Caroline und ihre
Tochter, um die Bilder dann in Dessau zu vollenden^). Gute Nachbildungen
derselben zieren die im Eingang erwähnte neue Ausgabe der Waitzschen Caroline.
Ihren Gegenbesuch in Jena statteten Tischbeins im Herbste dieses Jahres ab.
Denn nur sie können mit den „holländischen Gästen" gemeint sein, von denen
Caroline am 24. Oktober 1798 ihrer Freundin Luise Götter schreibt^).

Im Sommer des folgenden Jahres weilte Frau Sophie mit ihrem damals
zweieinviertel Jahre alten Sohne Carl für längere Zeit zu Besuch in Jena,
und auch ihre Töchter Karoline und Betty, die zunächst bei Bertuchs in Weimar
gewesen waren, kamen später dahin nach^). Es war ein überaus fröhliches
Beisammensein, das allen Teilen behagte. Besonders Caroline hatte, wie ihr
Brief vom 5. Oktober an Luise Götter erkennen läßt^°°), eine rechte Freude an
dem ausgelassenen Frohsinn, den die anmutigen Tischbeinschen Mädchen im
Verkehr mit Auguste zeigten,, nicht minder an ihren trefflichen Gesangsvorträgen,
welche eine schöne musikalische Begabung verrieten. Aber auch Frau Sophie
scheint sich recht wohl gefühlt zu haben. Als Tischbeins endlich von Jena
schieden, ging Auguste für zwei Monate mit den Freundinnen nach Dessau, um
sich unter ihrer Anleitung auf Carolinens Wunsch in der Musik zu vervoll¬
kommnen^). Als Weihnachten nahte, hätte Caroline es gern gesehen^),
wenn die Dessauer zu den Festtagen wieder nach Jena gekommen wären. Doch
holte Schlegel Augusten vor Weihnachten aus Dessau zurück^), und der schöne
Plan gelangte nicht zur Ausführung.

Augustens Tod am 12. Juli 1800"») versetzte die Familie Tischbein in
aufrichtige Trauer. Denn Eltern wie Kinder hatten die Heimgegangene herzlich












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bein aus diesem oder dem folgenden Jahre, das sich seit 1912 im Museum der Bittenden
Künste zu Leipzig befindet, bei Kurzwelly, Das Bildnis in Leipzig Taf. 62.
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Dessau berichtet Karoline Willen nichts. Vgl. Stoll a. a. O. 306.
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[0352] Johann Friedrich August Tischbein und August Wilhelm Schlegel eine so biedere und vornehm denkende Künstlernatur wie Tischbein von der absprechender Art, die Schlegel angenommen hatte, nichts wissen. Doch blieben die beiden nach wie vor Freunde, wenn auch mehr^°) „aus alter Gewohnheit und angeborener Gutmütigkeit." Großes Gefallen fanden die Tischbeinschen Mädchen an der „lieblichen" Auguste^) und schlössen innige Freundschaft mit ihr. Im März des Jahres 179» malte Tischbein in Jena Caroline und ihre Tochter, um die Bilder dann in Dessau zu vollenden^). Gute Nachbildungen derselben zieren die im Eingang erwähnte neue Ausgabe der Waitzschen Caroline. Ihren Gegenbesuch in Jena statteten Tischbeins im Herbste dieses Jahres ab. Denn nur sie können mit den „holländischen Gästen" gemeint sein, von denen Caroline am 24. Oktober 1798 ihrer Freundin Luise Götter schreibt^). Im Sommer des folgenden Jahres weilte Frau Sophie mit ihrem damals zweieinviertel Jahre alten Sohne Carl für längere Zeit zu Besuch in Jena, und auch ihre Töchter Karoline und Betty, die zunächst bei Bertuchs in Weimar gewesen waren, kamen später dahin nach^). Es war ein überaus fröhliches Beisammensein, das allen Teilen behagte. Besonders Caroline hatte, wie ihr Brief vom 5. Oktober an Luise Götter erkennen läßt^°°), eine rechte Freude an dem ausgelassenen Frohsinn, den die anmutigen Tischbeinschen Mädchen im Verkehr mit Auguste zeigten,, nicht minder an ihren trefflichen Gesangsvorträgen, welche eine schöne musikalische Begabung verrieten. Aber auch Frau Sophie scheint sich recht wohl gefühlt zu haben. Als Tischbeins endlich von Jena schieden, ging Auguste für zwei Monate mit den Freundinnen nach Dessau, um sich unter ihrer Anleitung auf Carolinens Wunsch in der Musik zu vervoll¬ kommnen^). Als Weihnachten nahte, hätte Caroline es gern gesehen^), wenn die Dessauer zu den Festtagen wieder nach Jena gekommen wären. Doch holte Schlegel Augusten vor Weihnachten aus Dessau zurück^), und der schöne Plan gelangte nicht zur Ausführung. Augustens Tod am 12. Juli 1800"») versetzte die Familie Tischbein in aufrichtige Trauer. Denn Eltern wie Kinder hatten die Heimgegangene herzlich -°°) Stoll a. a. O. 308. Stoll a. a. O. 801. ">2) Vgl. Caroline I 670 und Briefe an Ludw. Tieck, herausgegeben von Hotltei III 322 f. Caroline I 466. -<") Vgl. Caroline l 560 f, sowie Stoll a. a. O- 300 f. Ein Bild der Familie Tisch¬ bein aus diesem oder dem folgenden Jahre, das sich seit 1912 im Museum der Bittenden Künste zu Leipzig befindet, bei Kurzwelly, Das Bildnis in Leipzig Taf. 62. »°°) Caroline I 661. "°) Caroline I 666—677, 741. über Augustens zweimonatlichen Aufenthalt in- Dessau berichtet Karoline Willen nichts. Vgl. Stoll a. a. O. 306. !°?) Caroline l 667. ««1 Caroline I 677, 691. ">°) Caroline I 766.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341905_332278/352>, abgerufen am 01.07.2024.