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Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Drittes Vierteljahr.

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Johann Friedrich August Tischbein und August Wilhelm Schlegel

Ratschläge für die Lösung des Ostseeproblems können wir hier nicht er¬
teilen. Der Vorschlag einer Vereinigung aller an die Ostsee angrenzenden
Staaten zur gemeinsamen Wahrung ihrer Interessen, also eines Ostseebundes,
ist für Deutschland ein Schädling, falls auch nur die entfernte Möglichkeit
besteht, daß England in ihm und durch ihn im Trüben fischen könnte. Die
Beherrschung der Ostsee ist für das Deutsche Reich eine Lebensfrage, zu der
wir mit unerschütterlichem Zielbewußtsein Stellung nehmen müssen.




Johann Friedrich August Tischbein und
August Wilhelm Schlegel
Zum lMjährigen Geburtstag des Dichters August Wilhelm Schlegel
von Dr. Otto Fiebiger (Schluß)

Im Frühling des Jahres 1796 ging Schlegel die erneute Aufforderung
zu, doch ja im kommenden Sommer in Dessau vorzusprechen. Der Brief, in
dem Frau Tischbein nicht nur wichtige Einzelheiten über die neue Wirksamkeit
ihres Mannes mitteilt, sondern dem Freunde auch eine köstliche Schilderung
ihres häuslichen Glückes entwirft, lautet:

Dessau den 8ten Märtz 1796.

Ob Herr Schlegel wohl noch lebt? fragte Belchen^) heut Mittag bei
Tisch. -- Das hoffe ich zu Gott mein liebes Kind. -- Ich mögte ihn doch
wohl einmal wieder sehen. -- Mögtest du mein gutes Geschöpf? Ich auch,
ich auch; ja lieber Freund der Wunsch meines Kindes ist auch der meinige:
ich würde mich unbeschreiblich freuen wenn wier einmal wieder das Vergnügen
haben würden Sie bei uns zu sehen; und diese Freude können Sie uns diesen
Sommer machen wenn Sie anders wollen, und wenn Sie eben so einen inneren
Beruf fühlen Ihre alten Freunde einmal wieder zu sehen. solle es auch nur
meiner kleinen liebenswürdigen öetti zu gefallen sein; dieß kleine muntere
Geschöpf verdient schon daß man ihr zu Gefallen eine Reise von Braunschweig
nach Dessau macht; Sie fanden sie in Amsterdam liebenswürdig; wenn ich
Ihnen nun sage daß sie es jetzt noch weit mehr ist, und das sie wie eine



') Tischbeins jüngere, damals achteinhalb Jahre alte Tochter, vgl. Anmerkung 19.
Johann Friedrich August Tischbein und August Wilhelm Schlegel

Ratschläge für die Lösung des Ostseeproblems können wir hier nicht er¬
teilen. Der Vorschlag einer Vereinigung aller an die Ostsee angrenzenden
Staaten zur gemeinsamen Wahrung ihrer Interessen, also eines Ostseebundes,
ist für Deutschland ein Schädling, falls auch nur die entfernte Möglichkeit
besteht, daß England in ihm und durch ihn im Trüben fischen könnte. Die
Beherrschung der Ostsee ist für das Deutsche Reich eine Lebensfrage, zu der
wir mit unerschütterlichem Zielbewußtsein Stellung nehmen müssen.




Johann Friedrich August Tischbein und
August Wilhelm Schlegel
Zum lMjährigen Geburtstag des Dichters August Wilhelm Schlegel
von Dr. Otto Fiebiger (Schluß)

Im Frühling des Jahres 1796 ging Schlegel die erneute Aufforderung
zu, doch ja im kommenden Sommer in Dessau vorzusprechen. Der Brief, in
dem Frau Tischbein nicht nur wichtige Einzelheiten über die neue Wirksamkeit
ihres Mannes mitteilt, sondern dem Freunde auch eine köstliche Schilderung
ihres häuslichen Glückes entwirft, lautet:

Dessau den 8ten Märtz 1796.

Ob Herr Schlegel wohl noch lebt? fragte Belchen^) heut Mittag bei
Tisch. — Das hoffe ich zu Gott mein liebes Kind. — Ich mögte ihn doch
wohl einmal wieder sehen. — Mögtest du mein gutes Geschöpf? Ich auch,
ich auch; ja lieber Freund der Wunsch meines Kindes ist auch der meinige:
ich würde mich unbeschreiblich freuen wenn wier einmal wieder das Vergnügen
haben würden Sie bei uns zu sehen; und diese Freude können Sie uns diesen
Sommer machen wenn Sie anders wollen, und wenn Sie eben so einen inneren
Beruf fühlen Ihre alten Freunde einmal wieder zu sehen. solle es auch nur
meiner kleinen liebenswürdigen öetti zu gefallen sein; dieß kleine muntere
Geschöpf verdient schon daß man ihr zu Gefallen eine Reise von Braunschweig
nach Dessau macht; Sie fanden sie in Amsterdam liebenswürdig; wenn ich
Ihnen nun sage daß sie es jetzt noch weit mehr ist, und das sie wie eine



') Tischbeins jüngere, damals achteinhalb Jahre alte Tochter, vgl. Anmerkung 19.
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[0344] Johann Friedrich August Tischbein und August Wilhelm Schlegel Ratschläge für die Lösung des Ostseeproblems können wir hier nicht er¬ teilen. Der Vorschlag einer Vereinigung aller an die Ostsee angrenzenden Staaten zur gemeinsamen Wahrung ihrer Interessen, also eines Ostseebundes, ist für Deutschland ein Schädling, falls auch nur die entfernte Möglichkeit besteht, daß England in ihm und durch ihn im Trüben fischen könnte. Die Beherrschung der Ostsee ist für das Deutsche Reich eine Lebensfrage, zu der wir mit unerschütterlichem Zielbewußtsein Stellung nehmen müssen. Johann Friedrich August Tischbein und August Wilhelm Schlegel Zum lMjährigen Geburtstag des Dichters August Wilhelm Schlegel von Dr. Otto Fiebiger (Schluß) Im Frühling des Jahres 1796 ging Schlegel die erneute Aufforderung zu, doch ja im kommenden Sommer in Dessau vorzusprechen. Der Brief, in dem Frau Tischbein nicht nur wichtige Einzelheiten über die neue Wirksamkeit ihres Mannes mitteilt, sondern dem Freunde auch eine köstliche Schilderung ihres häuslichen Glückes entwirft, lautet: Dessau den 8ten Märtz 1796. Ob Herr Schlegel wohl noch lebt? fragte Belchen^) heut Mittag bei Tisch. — Das hoffe ich zu Gott mein liebes Kind. — Ich mögte ihn doch wohl einmal wieder sehen. — Mögtest du mein gutes Geschöpf? Ich auch, ich auch; ja lieber Freund der Wunsch meines Kindes ist auch der meinige: ich würde mich unbeschreiblich freuen wenn wier einmal wieder das Vergnügen haben würden Sie bei uns zu sehen; und diese Freude können Sie uns diesen Sommer machen wenn Sie anders wollen, und wenn Sie eben so einen inneren Beruf fühlen Ihre alten Freunde einmal wieder zu sehen. solle es auch nur meiner kleinen liebenswürdigen öetti zu gefallen sein; dieß kleine muntere Geschöpf verdient schon daß man ihr zu Gefallen eine Reise von Braunschweig nach Dessau macht; Sie fanden sie in Amsterdam liebenswürdig; wenn ich Ihnen nun sage daß sie es jetzt noch weit mehr ist, und das sie wie eine ') Tischbeins jüngere, damals achteinhalb Jahre alte Tochter, vgl. Anmerkung 19.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341905_332278/344>, abgerufen am 03.07.2024.