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Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Drittes Vierteljahr.

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Johann Friedrich August Tischbein und August Wilhelm Schlegel

dabey hergegangen seyn, und so eben erzählt man das nehmliche von Mastricht").
Ein so eben angekommener Lxpre^el- soll diese Zeitung gebracht haben. Wenigstens
schallen diese Nachrichten an allen Ecken wieder. Hier erwartet man noch heute
Abend Verstärkung der Garnison. Dem seye wie ihm wolle, nicht ohne Be-
Mmmerung entferne ich ^michZ von dem Schauplatz ernsthafter Auftritte. Gebe
der Himmel, daß alle unsere Besorgnisse sich bald ungegründet befinden mögen.

So viel ich auch gegen Amsterdam einzuwenden hatte und noch habe, so
that es mir doch wehe, sehr wehe, da ich noch vom Schiff einen letzten Rück-
Blik auf dessen schönen Hafen warf. Ernst und traurig wie ich, war auch
nieine Frau. Zu dieser Stimmung trug die Erinnerung der freundschaftlich
Mit Ihnen lieber Freund zugebrachten Stunden nicht wenig bey. Freundschaft
auf Achtung gegründet bleibt die nehmliche auch bey Entbehrung persönlichen
Umgangs. Sie sind also der unseligen gewiß. Gerne fügte meine Frau selbst
einiges hinzu. Sie liegt aber mit schwerem Haupte auf dem Bette: Empfiehlt
sich aber mit mir und den Kindern Ihrer Freundschaft, wie ihrem Andenken,
auf das herzlichste. Nun denn auf einige Zeit lebewohl. Mit künftiger Dienstags
Post schreiben sie doch wohl einige Zeilen Ihrem mit der wahrsten Achtung


ergebenen Freund
Tischbein.

Sagen Sie doch ja Herrn Ploch^) viel Freundschaft von uns, und theilen ihm
auch die kleinen Katastrophen unserer Reise mit.

Im Herbst des Jahres 1795 war Aussicht vorhanden, daß die Freunde
N) nach fast einjähriger Trennung wiedersahen. Tischbein hielt sich damals,
von Schloß Arolsen kommend, wo er auf Wunsch seines langjährigen Gönners,
des Fürsten Christian August von Waldeck, ein halbes Jahr lang gearbeitet
hatte, im Begriff, in den Dienst des kunstliebenden Fürsten Leopold des Dritten
Friedrich Franz von Anhalt-Dessau zu treten, für einige Monate in Weimar")
auf. Beglückt durch die freundliche Aufnahme, welche er hier fand, und durch
die verdiente Beachtung, welche der Weimarer Hof und die maßgebenden Kreise
der Gesellschaft seiner Kunst schenkten-"), hatte Tischbein den lebhaften Wunsch,
vor seinem Weggang nach Dessau Freund Schlegel, der im Sommer des
Jahres 1795 von Holland um Carolinens willen nach Braunschweig übergesiedelt
war°i) und zu derselben Zeit eine vielverheißende Verbindung mit Schiller an-






") Mastricht war bereits am 4. November dem französischen General Klöber in die
Hände gefallen, vgl. l^sgrsnä a. a. O-
4°) Unbekannt.
4°) Stoll a. a. O. 279 f. und 283 ff.
°°) Die Herzogin Amalia ließ sich damals von Tischbein malen (vgl. über dieses im
Gleimhcmse zu Halberstadt befindliche Bildnis - Ur. S4 - W. Körte, Gleims Leben 450.
Becker, Der Freundschaftstempel im Gleimhause zu Halberstadt 36, Stoll a. a. O. 237
und Kurzwelly, das Bildnis in Leipzig 26 und Tafel 59), ferner Herder, Wieland und
Böttiger, wie wir sehen werden.
") Vgl. Caroline l 703,
2V*
Johann Friedrich August Tischbein und August Wilhelm Schlegel

dabey hergegangen seyn, und so eben erzählt man das nehmliche von Mastricht").
Ein so eben angekommener Lxpre^el- soll diese Zeitung gebracht haben. Wenigstens
schallen diese Nachrichten an allen Ecken wieder. Hier erwartet man noch heute
Abend Verstärkung der Garnison. Dem seye wie ihm wolle, nicht ohne Be-
Mmmerung entferne ich ^michZ von dem Schauplatz ernsthafter Auftritte. Gebe
der Himmel, daß alle unsere Besorgnisse sich bald ungegründet befinden mögen.

So viel ich auch gegen Amsterdam einzuwenden hatte und noch habe, so
that es mir doch wehe, sehr wehe, da ich noch vom Schiff einen letzten Rück-
Blik auf dessen schönen Hafen warf. Ernst und traurig wie ich, war auch
nieine Frau. Zu dieser Stimmung trug die Erinnerung der freundschaftlich
Mit Ihnen lieber Freund zugebrachten Stunden nicht wenig bey. Freundschaft
auf Achtung gegründet bleibt die nehmliche auch bey Entbehrung persönlichen
Umgangs. Sie sind also der unseligen gewiß. Gerne fügte meine Frau selbst
einiges hinzu. Sie liegt aber mit schwerem Haupte auf dem Bette: Empfiehlt
sich aber mit mir und den Kindern Ihrer Freundschaft, wie ihrem Andenken,
auf das herzlichste. Nun denn auf einige Zeit lebewohl. Mit künftiger Dienstags
Post schreiben sie doch wohl einige Zeilen Ihrem mit der wahrsten Achtung


ergebenen Freund
Tischbein.

Sagen Sie doch ja Herrn Ploch^) viel Freundschaft von uns, und theilen ihm
auch die kleinen Katastrophen unserer Reise mit.

Im Herbst des Jahres 1795 war Aussicht vorhanden, daß die Freunde
N) nach fast einjähriger Trennung wiedersahen. Tischbein hielt sich damals,
von Schloß Arolsen kommend, wo er auf Wunsch seines langjährigen Gönners,
des Fürsten Christian August von Waldeck, ein halbes Jahr lang gearbeitet
hatte, im Begriff, in den Dienst des kunstliebenden Fürsten Leopold des Dritten
Friedrich Franz von Anhalt-Dessau zu treten, für einige Monate in Weimar")
auf. Beglückt durch die freundliche Aufnahme, welche er hier fand, und durch
die verdiente Beachtung, welche der Weimarer Hof und die maßgebenden Kreise
der Gesellschaft seiner Kunst schenkten-"), hatte Tischbein den lebhaften Wunsch,
vor seinem Weggang nach Dessau Freund Schlegel, der im Sommer des
Jahres 1795 von Holland um Carolinens willen nach Braunschweig übergesiedelt
war°i) und zu derselben Zeit eine vielverheißende Verbindung mit Schiller an-






") Mastricht war bereits am 4. November dem französischen General Klöber in die
Hände gefallen, vgl. l^sgrsnä a. a. O-
4°) Unbekannt.
4°) Stoll a. a. O. 279 f. und 283 ff.
°°) Die Herzogin Amalia ließ sich damals von Tischbein malen (vgl. über dieses im
Gleimhcmse zu Halberstadt befindliche Bildnis - Ur. S4 - W. Körte, Gleims Leben 450.
Becker, Der Freundschaftstempel im Gleimhause zu Halberstadt 36, Stoll a. a. O. 237
und Kurzwelly, das Bildnis in Leipzig 26 und Tafel 59), ferner Herder, Wieland und
Böttiger, wie wir sehen werden.
") Vgl. Caroline l 703,
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[0319] Johann Friedrich August Tischbein und August Wilhelm Schlegel dabey hergegangen seyn, und so eben erzählt man das nehmliche von Mastricht"). Ein so eben angekommener Lxpre^el- soll diese Zeitung gebracht haben. Wenigstens schallen diese Nachrichten an allen Ecken wieder. Hier erwartet man noch heute Abend Verstärkung der Garnison. Dem seye wie ihm wolle, nicht ohne Be- Mmmerung entferne ich ^michZ von dem Schauplatz ernsthafter Auftritte. Gebe der Himmel, daß alle unsere Besorgnisse sich bald ungegründet befinden mögen. So viel ich auch gegen Amsterdam einzuwenden hatte und noch habe, so that es mir doch wehe, sehr wehe, da ich noch vom Schiff einen letzten Rück- Blik auf dessen schönen Hafen warf. Ernst und traurig wie ich, war auch nieine Frau. Zu dieser Stimmung trug die Erinnerung der freundschaftlich Mit Ihnen lieber Freund zugebrachten Stunden nicht wenig bey. Freundschaft auf Achtung gegründet bleibt die nehmliche auch bey Entbehrung persönlichen Umgangs. Sie sind also der unseligen gewiß. Gerne fügte meine Frau selbst einiges hinzu. Sie liegt aber mit schwerem Haupte auf dem Bette: Empfiehlt sich aber mit mir und den Kindern Ihrer Freundschaft, wie ihrem Andenken, auf das herzlichste. Nun denn auf einige Zeit lebewohl. Mit künftiger Dienstags Post schreiben sie doch wohl einige Zeilen Ihrem mit der wahrsten Achtung ergebenen Freund Tischbein. Sagen Sie doch ja Herrn Ploch^) viel Freundschaft von uns, und theilen ihm auch die kleinen Katastrophen unserer Reise mit. Im Herbst des Jahres 1795 war Aussicht vorhanden, daß die Freunde N) nach fast einjähriger Trennung wiedersahen. Tischbein hielt sich damals, von Schloß Arolsen kommend, wo er auf Wunsch seines langjährigen Gönners, des Fürsten Christian August von Waldeck, ein halbes Jahr lang gearbeitet hatte, im Begriff, in den Dienst des kunstliebenden Fürsten Leopold des Dritten Friedrich Franz von Anhalt-Dessau zu treten, für einige Monate in Weimar") auf. Beglückt durch die freundliche Aufnahme, welche er hier fand, und durch die verdiente Beachtung, welche der Weimarer Hof und die maßgebenden Kreise der Gesellschaft seiner Kunst schenkten-"), hatte Tischbein den lebhaften Wunsch, vor seinem Weggang nach Dessau Freund Schlegel, der im Sommer des Jahres 1795 von Holland um Carolinens willen nach Braunschweig übergesiedelt war°i) und zu derselben Zeit eine vielverheißende Verbindung mit Schiller an- ") Mastricht war bereits am 4. November dem französischen General Klöber in die Hände gefallen, vgl. l^sgrsnä a. a. O- 4°) Unbekannt. 4°) Stoll a. a. O. 279 f. und 283 ff. °°) Die Herzogin Amalia ließ sich damals von Tischbein malen (vgl. über dieses im Gleimhcmse zu Halberstadt befindliche Bildnis - Ur. S4 - W. Körte, Gleims Leben 450. Becker, Der Freundschaftstempel im Gleimhause zu Halberstadt 36, Stoll a. a. O. 237 und Kurzwelly, das Bildnis in Leipzig 26 und Tafel 59), ferner Herder, Wieland und Böttiger, wie wir sehen werden. ") Vgl. Caroline l 703, 2V*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341905_332278/319>, abgerufen am 03.07.2024.