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Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Zweites Vierteljahr.

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Das alte deutsche "Reichsland" in Galizien

Namen geht hervor, daß der Ort deutsche Bevölkerung hatte. Dies wird auch
durch andere Nachrichten bestätigt. '

Auschwitz gehört gewiß zu den ältesten Orten mit deutschen Bewohnern
und deutschem Rechte. Nach einer freilich verdächtigen Urkunde von 1163 soll
schon damals ein Winfried, Enkel des Lamfried aus dem Kölngau, unter
anderen die Burg von Auschwitz besessen haben. Bekanntlich fanden aus dem
Mittelfränkischen Gebiete, in dem Köln liegt, gerade damals Einwanderungen
bis nach Ungarn in reicher Zahl statt. Ein Kastellan Werner de Osvechin
erscheint schon 1232 in einer Urkunde des Herzogs Heinrich von Schlesien und
Krakau. Wann die erste Verleihung des deutschen Rechtes erfolgte, wissen wir
nicht. Am 3. September 1291 bestätigt Mieszko, Herzog von Oppeln und
Teschen, die deutschen Rechtseinrichtungen. Ebenso nennen verschiedene Urkunden
Deutsche dieses Ortes.

Zator erhielt im Jahre 1292 deutsches Recht. Am 10. November dieses
Jahres verkauft Mieszko, Herzog von Teschen, in Anerkennung der treuen
Dienste des Kapellans Arnold, dessen Brüdern Rüdiger und Peter das Recht,
das herzogliche Gut Zator nach dem Rechte der Stadt Teschen auszusetzen, die
selbst jure I^embonLNsi (Löwenberg) loziert war. Die Brüder Arnold, Rüdiger
und Peter sind uns schon in Kenty begegnet. Auch sonst ist der deutsche Charakter
des Ortes vielfach bezeugt. Im Jahre 1397 kommt für diesen Ort der Name
Newenstat (Neustadt) vor. Deutsche werden in der Folge hier oft genannt.
Schließlich sei nur noch erwähnt, daß Zator sein Löwenberger Recht bis 1596
behielt, in diesem Jahre aber statt dieses "alten herzoglichen oder schlesischen
Rechtes deutsches Magdeburger Recht" erhielt.

Bis ins dreizehnte oder doch bis in den Anfang des vierzehnten Jahr¬
hunderts gehen die Anfänge von Lipnik-Kunzendorf zurück. Die Bezeichnung
Kunzendorf rührt selbstverständlich von dem ersten Eigentümer oder Gründer
her; denn es ist eine häufig durch Urkunden erwiesene Tatsache, daß bei Gründung
von Dörfern mit deutschem Rechte in Galizien diese Orte nach den ersten
Lokatoren ihre Namen erhielten.

Mit einer Urkunde von 1302 übertrug Mieszko von Teschen und Auschwitz
dem Kloster Mogila einen Wald zwischen den Dörfern Laczany, Bachowice
und Spytkowice, sämtlich im Bezirke Wadowice, zur Gründung von Dörfern
mit deutschem Recht. Im Jahre 1314 gestattete Mieszko von Teschen der
Familie Stoß oder Stwoß die Errichtung der Schulzei in Babica bei Auschwitz;
später wurde die Bestiftung dieser Schulzei vom polnischen König Sigmund
August (1548--1572) bestätigt. Vor 1326 ist schon Wilhelmsau (Wilamowice)
entstanden; daneben werden damals "Mosgront", "Gigersdorf", Berthöldsdorf.
Schreibersdorf, Siegfriedsdorf u. a. genannt*). Auch Alzen nutz schon damals



Vgl. A. Theiner, Vetera Monuments poloniso et IlltKvsnise, I, S. 2Svf.
Das alte deutsche „Reichsland" in Galizien

Namen geht hervor, daß der Ort deutsche Bevölkerung hatte. Dies wird auch
durch andere Nachrichten bestätigt. '

Auschwitz gehört gewiß zu den ältesten Orten mit deutschen Bewohnern
und deutschem Rechte. Nach einer freilich verdächtigen Urkunde von 1163 soll
schon damals ein Winfried, Enkel des Lamfried aus dem Kölngau, unter
anderen die Burg von Auschwitz besessen haben. Bekanntlich fanden aus dem
Mittelfränkischen Gebiete, in dem Köln liegt, gerade damals Einwanderungen
bis nach Ungarn in reicher Zahl statt. Ein Kastellan Werner de Osvechin
erscheint schon 1232 in einer Urkunde des Herzogs Heinrich von Schlesien und
Krakau. Wann die erste Verleihung des deutschen Rechtes erfolgte, wissen wir
nicht. Am 3. September 1291 bestätigt Mieszko, Herzog von Oppeln und
Teschen, die deutschen Rechtseinrichtungen. Ebenso nennen verschiedene Urkunden
Deutsche dieses Ortes.

Zator erhielt im Jahre 1292 deutsches Recht. Am 10. November dieses
Jahres verkauft Mieszko, Herzog von Teschen, in Anerkennung der treuen
Dienste des Kapellans Arnold, dessen Brüdern Rüdiger und Peter das Recht,
das herzogliche Gut Zator nach dem Rechte der Stadt Teschen auszusetzen, die
selbst jure I^embonLNsi (Löwenberg) loziert war. Die Brüder Arnold, Rüdiger
und Peter sind uns schon in Kenty begegnet. Auch sonst ist der deutsche Charakter
des Ortes vielfach bezeugt. Im Jahre 1397 kommt für diesen Ort der Name
Newenstat (Neustadt) vor. Deutsche werden in der Folge hier oft genannt.
Schließlich sei nur noch erwähnt, daß Zator sein Löwenberger Recht bis 1596
behielt, in diesem Jahre aber statt dieses „alten herzoglichen oder schlesischen
Rechtes deutsches Magdeburger Recht" erhielt.

Bis ins dreizehnte oder doch bis in den Anfang des vierzehnten Jahr¬
hunderts gehen die Anfänge von Lipnik-Kunzendorf zurück. Die Bezeichnung
Kunzendorf rührt selbstverständlich von dem ersten Eigentümer oder Gründer
her; denn es ist eine häufig durch Urkunden erwiesene Tatsache, daß bei Gründung
von Dörfern mit deutschem Rechte in Galizien diese Orte nach den ersten
Lokatoren ihre Namen erhielten.

Mit einer Urkunde von 1302 übertrug Mieszko von Teschen und Auschwitz
dem Kloster Mogila einen Wald zwischen den Dörfern Laczany, Bachowice
und Spytkowice, sämtlich im Bezirke Wadowice, zur Gründung von Dörfern
mit deutschem Recht. Im Jahre 1314 gestattete Mieszko von Teschen der
Familie Stoß oder Stwoß die Errichtung der Schulzei in Babica bei Auschwitz;
später wurde die Bestiftung dieser Schulzei vom polnischen König Sigmund
August (1548—1572) bestätigt. Vor 1326 ist schon Wilhelmsau (Wilamowice)
entstanden; daneben werden damals „Mosgront", „Gigersdorf", Berthöldsdorf.
Schreibersdorf, Siegfriedsdorf u. a. genannt*). Auch Alzen nutz schon damals



Vgl. A. Theiner, Vetera Monuments poloniso et IlltKvsnise, I, S. 2Svf.
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[0070] Das alte deutsche „Reichsland" in Galizien Namen geht hervor, daß der Ort deutsche Bevölkerung hatte. Dies wird auch durch andere Nachrichten bestätigt. ' Auschwitz gehört gewiß zu den ältesten Orten mit deutschen Bewohnern und deutschem Rechte. Nach einer freilich verdächtigen Urkunde von 1163 soll schon damals ein Winfried, Enkel des Lamfried aus dem Kölngau, unter anderen die Burg von Auschwitz besessen haben. Bekanntlich fanden aus dem Mittelfränkischen Gebiete, in dem Köln liegt, gerade damals Einwanderungen bis nach Ungarn in reicher Zahl statt. Ein Kastellan Werner de Osvechin erscheint schon 1232 in einer Urkunde des Herzogs Heinrich von Schlesien und Krakau. Wann die erste Verleihung des deutschen Rechtes erfolgte, wissen wir nicht. Am 3. September 1291 bestätigt Mieszko, Herzog von Oppeln und Teschen, die deutschen Rechtseinrichtungen. Ebenso nennen verschiedene Urkunden Deutsche dieses Ortes. Zator erhielt im Jahre 1292 deutsches Recht. Am 10. November dieses Jahres verkauft Mieszko, Herzog von Teschen, in Anerkennung der treuen Dienste des Kapellans Arnold, dessen Brüdern Rüdiger und Peter das Recht, das herzogliche Gut Zator nach dem Rechte der Stadt Teschen auszusetzen, die selbst jure I^embonLNsi (Löwenberg) loziert war. Die Brüder Arnold, Rüdiger und Peter sind uns schon in Kenty begegnet. Auch sonst ist der deutsche Charakter des Ortes vielfach bezeugt. Im Jahre 1397 kommt für diesen Ort der Name Newenstat (Neustadt) vor. Deutsche werden in der Folge hier oft genannt. Schließlich sei nur noch erwähnt, daß Zator sein Löwenberger Recht bis 1596 behielt, in diesem Jahre aber statt dieses „alten herzoglichen oder schlesischen Rechtes deutsches Magdeburger Recht" erhielt. Bis ins dreizehnte oder doch bis in den Anfang des vierzehnten Jahr¬ hunderts gehen die Anfänge von Lipnik-Kunzendorf zurück. Die Bezeichnung Kunzendorf rührt selbstverständlich von dem ersten Eigentümer oder Gründer her; denn es ist eine häufig durch Urkunden erwiesene Tatsache, daß bei Gründung von Dörfern mit deutschem Rechte in Galizien diese Orte nach den ersten Lokatoren ihre Namen erhielten. Mit einer Urkunde von 1302 übertrug Mieszko von Teschen und Auschwitz dem Kloster Mogila einen Wald zwischen den Dörfern Laczany, Bachowice und Spytkowice, sämtlich im Bezirke Wadowice, zur Gründung von Dörfern mit deutschem Recht. Im Jahre 1314 gestattete Mieszko von Teschen der Familie Stoß oder Stwoß die Errichtung der Schulzei in Babica bei Auschwitz; später wurde die Bestiftung dieser Schulzei vom polnischen König Sigmund August (1548—1572) bestätigt. Vor 1326 ist schon Wilhelmsau (Wilamowice) entstanden; daneben werden damals „Mosgront", „Gigersdorf", Berthöldsdorf. Schreibersdorf, Siegfriedsdorf u. a. genannt*). Auch Alzen nutz schon damals Vgl. A. Theiner, Vetera Monuments poloniso et IlltKvsnise, I, S. 2Svf.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341905_331841/70>, abgerufen am 16.01.2025.