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Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Erstes Vierteljahr.

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Die Deutsch-Russischen Handelsverträge

seine Privilegien und Freiheiten in Rußland, speziell in Nowgorod, Pskow und
Moskau wurden erneuert und den Lübeckern dieselbe Freiheit wie den Engländern
und Holländern in Einfuhr und Ausfuhr so wie in Zollzahlung zugesichert.

Danzig, im Nordischen Krieg von Rußland wie von Schweden der Be¬
günstigung des Gegners beschuldigt, hatte sich ebenfalls durch seinen Handel
mit Schweden Peters Unwillen zugezogen. Menschikow traf auch mit Danzig
am 27. Oktober 1713 eine Vereinbarung, laut der Danzig 300 000 Gulden
zahlte, wofür es dieselben "Freiheiten, Emolumente und Privilegien" wie
Hamburg und Lübeck und andere "amici88imae Nationen" erhielt, ihm auch
der Handel mit feindlichen Ländern ohne Konterbande freigegeben wurde. Bald
entstanden neue Differenzen, Danzig wurde 1716 als offener Feind Rußlands
erklärt, ein russisches Ultimatum vom April 1716 verlangte Einstellung seines
Handels mit Schweden bis zum Schluß des Krieges. Danzig sah sich genötigt,
sich dem russischen Druck und den Forderungen des Ultimatums in der am
30. September 1717 geschlossenen Konvention zu fügen. Es mußte auf den
Handel mit Schweden bis Kriegsende verzichten, russische Kriegs- und Kaper¬
schiffe aufnehmen, 140 000 Speziestaler Kontribution zahlen. Dafür erhielten
die Danziger Kaufleute in Se. Petersburg und den anderen russischen Städten
dieselben Handelsvergünstigungen, wie andere "amicas Asnte8" hatten oder in
Zukunft erlangen würden. Als während der polnischen Thronstreitigkeiten 1734
Danzig vom russischen Feldmarschall Männlich belagert wurde, bekam es in
der Kapitulationsurkunde auch wieder Freiheit seines Handels und der Seefahrt
zugesichert und mußte den fremden Negozianten jeweils ihre allen Rechte
zurückgeben.

Mit dem Herzog Karl Leopold von Mecklenburg-Schwerin schloß, nach
dessen Vermählung mit der russischen Prinzessin Katharina Jwanowna, Peter
am 3. April 1716 einen Allianzvertrag, in dem "zur Beförderung des
Commercy in der Ostsee" der Abschluß eines "ordentlichen Commercien Trak¬
tates" als Zusatz zum Allianzvertrag ins Auge gefaßt war. Der gegen Eng¬
land-Hannover gerichtete Allianz- und Freundschaftsvertrag zwischen Rußland,
Preußen und Frankreich vom 15. August 1717 beschloß, um diese Allianz
"eMlement soliäö et utile" zu machen, Vorbereitung eines Handels- und
Schiffahrtsvertrages, der den Untertanen der drei Herrscher in ihrem Handel
wechselseitig Meistbegünstigung gewähren sollte.

Unter den nächsten Nachfolgern Peters des Großen kam es zu keinem
eigentlichen preußisch-russischen Handelsvertrag.

Friedrich Wilhelm der Erste und Katharina die Erste schlössen am
21. August 1726 auf achtzehn Jahre einen Allianzvertrag. In ihm ist
die Bestimmung enthalten, daß die "Commercien zu Wasser und zu Lande"
zwischen beiden Reichen ihren "freien ungehinderten Fortgang haben sollen",
daß die beiderseitigen Kaufleute und Schiffe "in imposten und onera"
wie die "am meisten favorisierten Nationen" behandelt werden sollen. Der


Grenzboten I 1917 4
Die Deutsch-Russischen Handelsverträge

seine Privilegien und Freiheiten in Rußland, speziell in Nowgorod, Pskow und
Moskau wurden erneuert und den Lübeckern dieselbe Freiheit wie den Engländern
und Holländern in Einfuhr und Ausfuhr so wie in Zollzahlung zugesichert.

Danzig, im Nordischen Krieg von Rußland wie von Schweden der Be¬
günstigung des Gegners beschuldigt, hatte sich ebenfalls durch seinen Handel
mit Schweden Peters Unwillen zugezogen. Menschikow traf auch mit Danzig
am 27. Oktober 1713 eine Vereinbarung, laut der Danzig 300 000 Gulden
zahlte, wofür es dieselben „Freiheiten, Emolumente und Privilegien" wie
Hamburg und Lübeck und andere „amici88imae Nationen" erhielt, ihm auch
der Handel mit feindlichen Ländern ohne Konterbande freigegeben wurde. Bald
entstanden neue Differenzen, Danzig wurde 1716 als offener Feind Rußlands
erklärt, ein russisches Ultimatum vom April 1716 verlangte Einstellung seines
Handels mit Schweden bis zum Schluß des Krieges. Danzig sah sich genötigt,
sich dem russischen Druck und den Forderungen des Ultimatums in der am
30. September 1717 geschlossenen Konvention zu fügen. Es mußte auf den
Handel mit Schweden bis Kriegsende verzichten, russische Kriegs- und Kaper¬
schiffe aufnehmen, 140 000 Speziestaler Kontribution zahlen. Dafür erhielten
die Danziger Kaufleute in Se. Petersburg und den anderen russischen Städten
dieselben Handelsvergünstigungen, wie andere „amicas Asnte8" hatten oder in
Zukunft erlangen würden. Als während der polnischen Thronstreitigkeiten 1734
Danzig vom russischen Feldmarschall Männlich belagert wurde, bekam es in
der Kapitulationsurkunde auch wieder Freiheit seines Handels und der Seefahrt
zugesichert und mußte den fremden Negozianten jeweils ihre allen Rechte
zurückgeben.

Mit dem Herzog Karl Leopold von Mecklenburg-Schwerin schloß, nach
dessen Vermählung mit der russischen Prinzessin Katharina Jwanowna, Peter
am 3. April 1716 einen Allianzvertrag, in dem „zur Beförderung des
Commercy in der Ostsee" der Abschluß eines „ordentlichen Commercien Trak¬
tates" als Zusatz zum Allianzvertrag ins Auge gefaßt war. Der gegen Eng¬
land-Hannover gerichtete Allianz- und Freundschaftsvertrag zwischen Rußland,
Preußen und Frankreich vom 15. August 1717 beschloß, um diese Allianz
„eMlement soliäö et utile" zu machen, Vorbereitung eines Handels- und
Schiffahrtsvertrages, der den Untertanen der drei Herrscher in ihrem Handel
wechselseitig Meistbegünstigung gewähren sollte.

Unter den nächsten Nachfolgern Peters des Großen kam es zu keinem
eigentlichen preußisch-russischen Handelsvertrag.

Friedrich Wilhelm der Erste und Katharina die Erste schlössen am
21. August 1726 auf achtzehn Jahre einen Allianzvertrag. In ihm ist
die Bestimmung enthalten, daß die „Commercien zu Wasser und zu Lande"
zwischen beiden Reichen ihren „freien ungehinderten Fortgang haben sollen",
daß die beiderseitigen Kaufleute und Schiffe »in imposten und onera"
wie die „am meisten favorisierten Nationen" behandelt werden sollen. Der


Grenzboten I 1917 4
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[0061] Die Deutsch-Russischen Handelsverträge seine Privilegien und Freiheiten in Rußland, speziell in Nowgorod, Pskow und Moskau wurden erneuert und den Lübeckern dieselbe Freiheit wie den Engländern und Holländern in Einfuhr und Ausfuhr so wie in Zollzahlung zugesichert. Danzig, im Nordischen Krieg von Rußland wie von Schweden der Be¬ günstigung des Gegners beschuldigt, hatte sich ebenfalls durch seinen Handel mit Schweden Peters Unwillen zugezogen. Menschikow traf auch mit Danzig am 27. Oktober 1713 eine Vereinbarung, laut der Danzig 300 000 Gulden zahlte, wofür es dieselben „Freiheiten, Emolumente und Privilegien" wie Hamburg und Lübeck und andere „amici88imae Nationen" erhielt, ihm auch der Handel mit feindlichen Ländern ohne Konterbande freigegeben wurde. Bald entstanden neue Differenzen, Danzig wurde 1716 als offener Feind Rußlands erklärt, ein russisches Ultimatum vom April 1716 verlangte Einstellung seines Handels mit Schweden bis zum Schluß des Krieges. Danzig sah sich genötigt, sich dem russischen Druck und den Forderungen des Ultimatums in der am 30. September 1717 geschlossenen Konvention zu fügen. Es mußte auf den Handel mit Schweden bis Kriegsende verzichten, russische Kriegs- und Kaper¬ schiffe aufnehmen, 140 000 Speziestaler Kontribution zahlen. Dafür erhielten die Danziger Kaufleute in Se. Petersburg und den anderen russischen Städten dieselben Handelsvergünstigungen, wie andere „amicas Asnte8" hatten oder in Zukunft erlangen würden. Als während der polnischen Thronstreitigkeiten 1734 Danzig vom russischen Feldmarschall Männlich belagert wurde, bekam es in der Kapitulationsurkunde auch wieder Freiheit seines Handels und der Seefahrt zugesichert und mußte den fremden Negozianten jeweils ihre allen Rechte zurückgeben. Mit dem Herzog Karl Leopold von Mecklenburg-Schwerin schloß, nach dessen Vermählung mit der russischen Prinzessin Katharina Jwanowna, Peter am 3. April 1716 einen Allianzvertrag, in dem „zur Beförderung des Commercy in der Ostsee" der Abschluß eines „ordentlichen Commercien Trak¬ tates" als Zusatz zum Allianzvertrag ins Auge gefaßt war. Der gegen Eng¬ land-Hannover gerichtete Allianz- und Freundschaftsvertrag zwischen Rußland, Preußen und Frankreich vom 15. August 1717 beschloß, um diese Allianz „eMlement soliäö et utile" zu machen, Vorbereitung eines Handels- und Schiffahrtsvertrages, der den Untertanen der drei Herrscher in ihrem Handel wechselseitig Meistbegünstigung gewähren sollte. Unter den nächsten Nachfolgern Peters des Großen kam es zu keinem eigentlichen preußisch-russischen Handelsvertrag. Friedrich Wilhelm der Erste und Katharina die Erste schlössen am 21. August 1726 auf achtzehn Jahre einen Allianzvertrag. In ihm ist die Bestimmung enthalten, daß die „Commercien zu Wasser und zu Lande" zwischen beiden Reichen ihren „freien ungehinderten Fortgang haben sollen", daß die beiderseitigen Kaufleute und Schiffe »in imposten und onera" wie die „am meisten favorisierten Nationen" behandelt werden sollen. Der Grenzboten I 1917 4

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341905_331409/61>, abgerufen am 23.07.2024.