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Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Erstes Vierteljahr.

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Auslandsstudium und Kulturpolitik

Inzwischen find die beteiligten Ressorts in Preußen und im Reiche nicht
müßig gewesen. Das Ergebnis der Vorarbeiten ist die jetzige dem Landtag
vorgelegte Denkschrift. Wie schon erwähnt, handelt es sich hierbei um ein
höchst beachtenswertes Werk, und zwar gilt das sowohl in bezug auf die Form,
als auch auf den Inhalt. Die neue Denkschrift unterscheidet sich ganz erheblich
von dem trockenen Stil, in dem sonst amtliche Schriftstücke abgefaßt sind. Es
weht ein frischer Zug in der ganzen Darstellung. Man merkt, daß dem
Verfasser die Begriffe "Kulturpolitik" und "Weltpolitik" keine Schlagworte
sind, sondern Bezeichnungen für einen Inhalt, mit dem er wohl ver¬
traut ist.

Von vornherein betont die Denkschrift, daß die Auslandskunde schon stets
innerhalb der deutschen Universitäten zu den Aufgaben der deutschen Bildungs¬
stätten gehörte, und sie beruft sich als Zeugen auf Männer, wie: Humboldt.
Savigny. Ranke. Ritter und Bopp. Freilich mußte bisher hinter den nationalen
Aufgaben der Universitäten das Auslandsstudium etwas zurücktreten. Trotzdem
ließen es sich Gelehrte wie Behörde angelegen sein, das ihrige zur Förderung
beizutragen. "Das Hineinwachsen Deutschlands in die weltwirtschaftlichen und
weltpolitischen Zusammenhänge" -- so heißt es weiter -- "rückte die Auslands¬
studien aus der Sphäre der Wissenschaft entscheidend in die, der praktischen
Staatsbedürfniffe." Es wird alsdann gezeigt, daß der Staat Beamte braucht
und zwar auslandskundige Beamte, die als Pioniere des Deutschtums im Aus¬
lande tätig sein sollen, und schließlich hat der Staat ein großes Interesse an
weltpolitisch gebildeten Staatsbürgern überhaupt. Mit den Erfordernissen der
Behörde hat nach Auffassung der Denkschrift die Organisation der Auslands¬
studien annähernd Schritt gehalten. Aber wir brauchen nicht nur Beamte,
wir brauchen die weltpolitische Kenntnis für weite Schichten unserer Bevölkerung,
und mit Recht heißt es. daß "die Auslandskenntnis ein unentbehrlicher Bestand¬
teil der nationalen Bildung sei".

Nach diesen Feststellungen bietet die Denkschrift einen kurzen geschichtlichen
Rückblick. Sie gedenkt der segensreichen Tätigkeit des Seminars für orientalische
Sprachen an der Universität zu Berlin, das schon über 25 Jahre zur Zu¬
friedenheit der Behörde und des Publikums wirkt. Eine Ausdehnung der vor¬
liegenden Ansätze hatte das Preußische Kultusministerium schon lange erstrebt
und zwar ließ es sich nicht von dem Gedanken leiten, damit nur den Interessen
der Wissenschaft zu dienen, sondern es verfolgte dabei auch die Förderung
einer deutschen Kulturpolitik im Auslande, eine Aufgabe, deren Bedeutung nicht
hoch genug veranschlagt werden kann. Die Vorarbeiten für die Ausbreitung
des Auslandsstudiums in Deutschland waren schon weit gediehen, als -der
Weltkrieg ausbrach, der aber die Arbeiten nur etwas verzögerte, dagegen nicht
zur Einstellung brachte. Jetzt ist die Bearbeitung des Materials so weit ge¬
diehen, daß das Preußische Kultusministerium bereits mit den ersten An¬
trägen an den Landtag herantreten kann.


Auslandsstudium und Kulturpolitik

Inzwischen find die beteiligten Ressorts in Preußen und im Reiche nicht
müßig gewesen. Das Ergebnis der Vorarbeiten ist die jetzige dem Landtag
vorgelegte Denkschrift. Wie schon erwähnt, handelt es sich hierbei um ein
höchst beachtenswertes Werk, und zwar gilt das sowohl in bezug auf die Form,
als auch auf den Inhalt. Die neue Denkschrift unterscheidet sich ganz erheblich
von dem trockenen Stil, in dem sonst amtliche Schriftstücke abgefaßt sind. Es
weht ein frischer Zug in der ganzen Darstellung. Man merkt, daß dem
Verfasser die Begriffe „Kulturpolitik" und „Weltpolitik" keine Schlagworte
sind, sondern Bezeichnungen für einen Inhalt, mit dem er wohl ver¬
traut ist.

Von vornherein betont die Denkschrift, daß die Auslandskunde schon stets
innerhalb der deutschen Universitäten zu den Aufgaben der deutschen Bildungs¬
stätten gehörte, und sie beruft sich als Zeugen auf Männer, wie: Humboldt.
Savigny. Ranke. Ritter und Bopp. Freilich mußte bisher hinter den nationalen
Aufgaben der Universitäten das Auslandsstudium etwas zurücktreten. Trotzdem
ließen es sich Gelehrte wie Behörde angelegen sein, das ihrige zur Förderung
beizutragen. „Das Hineinwachsen Deutschlands in die weltwirtschaftlichen und
weltpolitischen Zusammenhänge" — so heißt es weiter — „rückte die Auslands¬
studien aus der Sphäre der Wissenschaft entscheidend in die, der praktischen
Staatsbedürfniffe." Es wird alsdann gezeigt, daß der Staat Beamte braucht
und zwar auslandskundige Beamte, die als Pioniere des Deutschtums im Aus¬
lande tätig sein sollen, und schließlich hat der Staat ein großes Interesse an
weltpolitisch gebildeten Staatsbürgern überhaupt. Mit den Erfordernissen der
Behörde hat nach Auffassung der Denkschrift die Organisation der Auslands¬
studien annähernd Schritt gehalten. Aber wir brauchen nicht nur Beamte,
wir brauchen die weltpolitische Kenntnis für weite Schichten unserer Bevölkerung,
und mit Recht heißt es. daß „die Auslandskenntnis ein unentbehrlicher Bestand¬
teil der nationalen Bildung sei".

Nach diesen Feststellungen bietet die Denkschrift einen kurzen geschichtlichen
Rückblick. Sie gedenkt der segensreichen Tätigkeit des Seminars für orientalische
Sprachen an der Universität zu Berlin, das schon über 25 Jahre zur Zu¬
friedenheit der Behörde und des Publikums wirkt. Eine Ausdehnung der vor¬
liegenden Ansätze hatte das Preußische Kultusministerium schon lange erstrebt
und zwar ließ es sich nicht von dem Gedanken leiten, damit nur den Interessen
der Wissenschaft zu dienen, sondern es verfolgte dabei auch die Förderung
einer deutschen Kulturpolitik im Auslande, eine Aufgabe, deren Bedeutung nicht
hoch genug veranschlagt werden kann. Die Vorarbeiten für die Ausbreitung
des Auslandsstudiums in Deutschland waren schon weit gediehen, als -der
Weltkrieg ausbrach, der aber die Arbeiten nur etwas verzögerte, dagegen nicht
zur Einstellung brachte. Jetzt ist die Bearbeitung des Materials so weit ge¬
diehen, daß das Preußische Kultusministerium bereits mit den ersten An¬
trägen an den Landtag herantreten kann.


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[0371] Auslandsstudium und Kulturpolitik Inzwischen find die beteiligten Ressorts in Preußen und im Reiche nicht müßig gewesen. Das Ergebnis der Vorarbeiten ist die jetzige dem Landtag vorgelegte Denkschrift. Wie schon erwähnt, handelt es sich hierbei um ein höchst beachtenswertes Werk, und zwar gilt das sowohl in bezug auf die Form, als auch auf den Inhalt. Die neue Denkschrift unterscheidet sich ganz erheblich von dem trockenen Stil, in dem sonst amtliche Schriftstücke abgefaßt sind. Es weht ein frischer Zug in der ganzen Darstellung. Man merkt, daß dem Verfasser die Begriffe „Kulturpolitik" und „Weltpolitik" keine Schlagworte sind, sondern Bezeichnungen für einen Inhalt, mit dem er wohl ver¬ traut ist. Von vornherein betont die Denkschrift, daß die Auslandskunde schon stets innerhalb der deutschen Universitäten zu den Aufgaben der deutschen Bildungs¬ stätten gehörte, und sie beruft sich als Zeugen auf Männer, wie: Humboldt. Savigny. Ranke. Ritter und Bopp. Freilich mußte bisher hinter den nationalen Aufgaben der Universitäten das Auslandsstudium etwas zurücktreten. Trotzdem ließen es sich Gelehrte wie Behörde angelegen sein, das ihrige zur Förderung beizutragen. „Das Hineinwachsen Deutschlands in die weltwirtschaftlichen und weltpolitischen Zusammenhänge" — so heißt es weiter — „rückte die Auslands¬ studien aus der Sphäre der Wissenschaft entscheidend in die, der praktischen Staatsbedürfniffe." Es wird alsdann gezeigt, daß der Staat Beamte braucht und zwar auslandskundige Beamte, die als Pioniere des Deutschtums im Aus¬ lande tätig sein sollen, und schließlich hat der Staat ein großes Interesse an weltpolitisch gebildeten Staatsbürgern überhaupt. Mit den Erfordernissen der Behörde hat nach Auffassung der Denkschrift die Organisation der Auslands¬ studien annähernd Schritt gehalten. Aber wir brauchen nicht nur Beamte, wir brauchen die weltpolitische Kenntnis für weite Schichten unserer Bevölkerung, und mit Recht heißt es. daß „die Auslandskenntnis ein unentbehrlicher Bestand¬ teil der nationalen Bildung sei". Nach diesen Feststellungen bietet die Denkschrift einen kurzen geschichtlichen Rückblick. Sie gedenkt der segensreichen Tätigkeit des Seminars für orientalische Sprachen an der Universität zu Berlin, das schon über 25 Jahre zur Zu¬ friedenheit der Behörde und des Publikums wirkt. Eine Ausdehnung der vor¬ liegenden Ansätze hatte das Preußische Kultusministerium schon lange erstrebt und zwar ließ es sich nicht von dem Gedanken leiten, damit nur den Interessen der Wissenschaft zu dienen, sondern es verfolgte dabei auch die Förderung einer deutschen Kulturpolitik im Auslande, eine Aufgabe, deren Bedeutung nicht hoch genug veranschlagt werden kann. Die Vorarbeiten für die Ausbreitung des Auslandsstudiums in Deutschland waren schon weit gediehen, als -der Weltkrieg ausbrach, der aber die Arbeiten nur etwas verzögerte, dagegen nicht zur Einstellung brachte. Jetzt ist die Bearbeitung des Materials so weit ge¬ diehen, daß das Preußische Kultusministerium bereits mit den ersten An¬ trägen an den Landtag herantreten kann.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341905_331409/371>, abgerufen am 23.07.2024.