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Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Erstes Vierteljahr.

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Deutschland und England in Afrika

liebe Macht Englands in Afrika nicht noch weiter um sich greifen zu lassen.
Noch schieben sich als selbständige politische Gebilde Belgisch-Kongo und Deutsch-
Ostafrika zwischen Kap und Kairo. Das politische Ziel für England steht dem¬
nach fest: eines von beiden zu beseitigen, Deutsch-Ostafrika mit Gewalt oder
Belgisch-Kongo, durch wirtschaftliche Knebelung gefügig gemacht,, durch Verträge.
Eines muß nach Englands Meinung zum Ziele führen, je nach dem die Gelegen¬
heit sich bietet. Ein für England glücklicher Ausgang des Krieges würde voraus¬
sichtlich diesen Wunsch zur Erfüllung bringen, ja England hätte voraussichtlich
die Genugtuung, beides auf einmal zu erreichen: Deutsch-Ostafrika als Eroberung
und einen seinen Wünschen entsprechenden Teil von Belgisch-Kongo aus Dank
für das tapfere Eintreten zugunsten der so schnöde von uns verletzten bel¬
gischen "Neutralität". Mit Begleichung dieser so einfachen, in England wohl
allgemein anerkannten Rechnung würde Englands imperialistische Politik ihre
höchsten Triumpfe feiern -- auf Kosten und zum Hohne der englischen Ver¬
bündeten freilich. Es ist begreiflich, daß England angesichts dieses hohen Zieles
seine ganze Kraft für ein glückliches Ende des Krieges zu seinem Gunsten ein¬
setzt; denn mit Englands Niederlage würde der Gedanke eines britischen Afrika¬
reiches mit einem Schlage voraussichlich für immer vernichtet sein.

Wie sicher aber England schon während des Krieges seiner Sache ist und
wie weit es sein imperialistisches Ziel eines Afrikareichs schon verwirklicht sieht,
zeigt der oben erwähnte am 24. Februar 1915 von Johnston gehaltene Vortrag
über die künftige Gestaltung Afrikas. Wenn ich hier einige Worte darüber
einschalte, so geschieht es, weil der Inhalt sich im wesentlichen mit ähnlichen
Betrachtungen beschäftigt, wie sie die vorliegenden Abschnitte bieten, vor allem
aber deshalb, weil dieser Vortrag ein krasses Beispiel dafür ist, mit welchem
Neid England jeden deutschen Fortschritt verfolgt, mit welchen verwerflichen
Mitteln es arbeitet, mit welcher Heuchelei es jahrzehntelang zu täuschen wußte.
Ist doch der Satz recht bezeichnend, der im Anfang jener Betrachtungen steht:
"Wir taten, was in unsern Kräften stand, um Deutschland den Weg für seine
kolonialen Bestrebungen zu ebnen!" Die Ausführungen dieses Vortrages fallen
um so schwerer ins Gewicht, als sie von einem sonst so klarschauenden und
urteilsfähigen Manne stammen wie Sir Harm Johnston und vor dem Forum
eiuer so angesehenen Vereinigung, wie die Königliche geographische Gesellschaft
in London ist, gesprochen sind. Es wäre freilich nutzlos und zeitverschwendend,
auch nur zu versuchen, diesen Wust von unsinnigen, heuchlerischen Phrasen zu
widerlegen. Aber es lohnt sich im Zusammenhange der gegenwärtigen Be¬
trachtungen, das mit so außerordentlicher Sicherheit von Sir Johnston voraus¬
geahnte Ergebnis des Krieges in Afrika mit einigen Worten zu streifen.

Dem Vortrag sind drei Karten beigegeben: Ur. 1: "Die politische Karte
von Afrika im Juli 1914". Ur. 2: "Wie Afrika im Jahre 1916 ausgesehen
haben könnte", Ur. 3: "Wie Afrika nach Beendigung des Krieges voraussichtlich
aussehen wird." Nur die beiden letzten kommen hier in Betracht.


Deutschland und England in Afrika

liebe Macht Englands in Afrika nicht noch weiter um sich greifen zu lassen.
Noch schieben sich als selbständige politische Gebilde Belgisch-Kongo und Deutsch-
Ostafrika zwischen Kap und Kairo. Das politische Ziel für England steht dem¬
nach fest: eines von beiden zu beseitigen, Deutsch-Ostafrika mit Gewalt oder
Belgisch-Kongo, durch wirtschaftliche Knebelung gefügig gemacht,, durch Verträge.
Eines muß nach Englands Meinung zum Ziele führen, je nach dem die Gelegen¬
heit sich bietet. Ein für England glücklicher Ausgang des Krieges würde voraus¬
sichtlich diesen Wunsch zur Erfüllung bringen, ja England hätte voraussichtlich
die Genugtuung, beides auf einmal zu erreichen: Deutsch-Ostafrika als Eroberung
und einen seinen Wünschen entsprechenden Teil von Belgisch-Kongo aus Dank
für das tapfere Eintreten zugunsten der so schnöde von uns verletzten bel¬
gischen „Neutralität". Mit Begleichung dieser so einfachen, in England wohl
allgemein anerkannten Rechnung würde Englands imperialistische Politik ihre
höchsten Triumpfe feiern — auf Kosten und zum Hohne der englischen Ver¬
bündeten freilich. Es ist begreiflich, daß England angesichts dieses hohen Zieles
seine ganze Kraft für ein glückliches Ende des Krieges zu seinem Gunsten ein¬
setzt; denn mit Englands Niederlage würde der Gedanke eines britischen Afrika¬
reiches mit einem Schlage voraussichlich für immer vernichtet sein.

Wie sicher aber England schon während des Krieges seiner Sache ist und
wie weit es sein imperialistisches Ziel eines Afrikareichs schon verwirklicht sieht,
zeigt der oben erwähnte am 24. Februar 1915 von Johnston gehaltene Vortrag
über die künftige Gestaltung Afrikas. Wenn ich hier einige Worte darüber
einschalte, so geschieht es, weil der Inhalt sich im wesentlichen mit ähnlichen
Betrachtungen beschäftigt, wie sie die vorliegenden Abschnitte bieten, vor allem
aber deshalb, weil dieser Vortrag ein krasses Beispiel dafür ist, mit welchem
Neid England jeden deutschen Fortschritt verfolgt, mit welchen verwerflichen
Mitteln es arbeitet, mit welcher Heuchelei es jahrzehntelang zu täuschen wußte.
Ist doch der Satz recht bezeichnend, der im Anfang jener Betrachtungen steht:
„Wir taten, was in unsern Kräften stand, um Deutschland den Weg für seine
kolonialen Bestrebungen zu ebnen!" Die Ausführungen dieses Vortrages fallen
um so schwerer ins Gewicht, als sie von einem sonst so klarschauenden und
urteilsfähigen Manne stammen wie Sir Harm Johnston und vor dem Forum
eiuer so angesehenen Vereinigung, wie die Königliche geographische Gesellschaft
in London ist, gesprochen sind. Es wäre freilich nutzlos und zeitverschwendend,
auch nur zu versuchen, diesen Wust von unsinnigen, heuchlerischen Phrasen zu
widerlegen. Aber es lohnt sich im Zusammenhange der gegenwärtigen Be¬
trachtungen, das mit so außerordentlicher Sicherheit von Sir Johnston voraus¬
geahnte Ergebnis des Krieges in Afrika mit einigen Worten zu streifen.

Dem Vortrag sind drei Karten beigegeben: Ur. 1: „Die politische Karte
von Afrika im Juli 1914". Ur. 2: „Wie Afrika im Jahre 1916 ausgesehen
haben könnte", Ur. 3: „Wie Afrika nach Beendigung des Krieges voraussichtlich
aussehen wird." Nur die beiden letzten kommen hier in Betracht.


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[0354] Deutschland und England in Afrika liebe Macht Englands in Afrika nicht noch weiter um sich greifen zu lassen. Noch schieben sich als selbständige politische Gebilde Belgisch-Kongo und Deutsch- Ostafrika zwischen Kap und Kairo. Das politische Ziel für England steht dem¬ nach fest: eines von beiden zu beseitigen, Deutsch-Ostafrika mit Gewalt oder Belgisch-Kongo, durch wirtschaftliche Knebelung gefügig gemacht,, durch Verträge. Eines muß nach Englands Meinung zum Ziele führen, je nach dem die Gelegen¬ heit sich bietet. Ein für England glücklicher Ausgang des Krieges würde voraus¬ sichtlich diesen Wunsch zur Erfüllung bringen, ja England hätte voraussichtlich die Genugtuung, beides auf einmal zu erreichen: Deutsch-Ostafrika als Eroberung und einen seinen Wünschen entsprechenden Teil von Belgisch-Kongo aus Dank für das tapfere Eintreten zugunsten der so schnöde von uns verletzten bel¬ gischen „Neutralität". Mit Begleichung dieser so einfachen, in England wohl allgemein anerkannten Rechnung würde Englands imperialistische Politik ihre höchsten Triumpfe feiern — auf Kosten und zum Hohne der englischen Ver¬ bündeten freilich. Es ist begreiflich, daß England angesichts dieses hohen Zieles seine ganze Kraft für ein glückliches Ende des Krieges zu seinem Gunsten ein¬ setzt; denn mit Englands Niederlage würde der Gedanke eines britischen Afrika¬ reiches mit einem Schlage voraussichlich für immer vernichtet sein. Wie sicher aber England schon während des Krieges seiner Sache ist und wie weit es sein imperialistisches Ziel eines Afrikareichs schon verwirklicht sieht, zeigt der oben erwähnte am 24. Februar 1915 von Johnston gehaltene Vortrag über die künftige Gestaltung Afrikas. Wenn ich hier einige Worte darüber einschalte, so geschieht es, weil der Inhalt sich im wesentlichen mit ähnlichen Betrachtungen beschäftigt, wie sie die vorliegenden Abschnitte bieten, vor allem aber deshalb, weil dieser Vortrag ein krasses Beispiel dafür ist, mit welchem Neid England jeden deutschen Fortschritt verfolgt, mit welchen verwerflichen Mitteln es arbeitet, mit welcher Heuchelei es jahrzehntelang zu täuschen wußte. Ist doch der Satz recht bezeichnend, der im Anfang jener Betrachtungen steht: „Wir taten, was in unsern Kräften stand, um Deutschland den Weg für seine kolonialen Bestrebungen zu ebnen!" Die Ausführungen dieses Vortrages fallen um so schwerer ins Gewicht, als sie von einem sonst so klarschauenden und urteilsfähigen Manne stammen wie Sir Harm Johnston und vor dem Forum eiuer so angesehenen Vereinigung, wie die Königliche geographische Gesellschaft in London ist, gesprochen sind. Es wäre freilich nutzlos und zeitverschwendend, auch nur zu versuchen, diesen Wust von unsinnigen, heuchlerischen Phrasen zu widerlegen. Aber es lohnt sich im Zusammenhange der gegenwärtigen Be¬ trachtungen, das mit so außerordentlicher Sicherheit von Sir Johnston voraus¬ geahnte Ergebnis des Krieges in Afrika mit einigen Worten zu streifen. Dem Vortrag sind drei Karten beigegeben: Ur. 1: „Die politische Karte von Afrika im Juli 1914". Ur. 2: „Wie Afrika im Jahre 1916 ausgesehen haben könnte", Ur. 3: „Wie Afrika nach Beendigung des Krieges voraussichtlich aussehen wird." Nur die beiden letzten kommen hier in Betracht.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341905_331409/354>, abgerufen am 23.07.2024.