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Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Erstes Vierteljahr.

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Mehmet Lenin als Volkserzieher

in seinen Verpflichtungen gegen sich selber und gegen das Ganze, und indem er dabei
alle akademische Belehrung des Nationalökonomen und alle gelehrte Theorie der
Sozialpolitik glücklich vermeidet und statt dessen die schlichten, allen ver¬
ständlichen Herzenstöne wärmsten sozialen Gefühls findet, darf er und dürfen
wir mit ihm hoffen, daß er das.Ohr und mehr noch das Herz seiner Volks¬
genossen finden, und daß reicher Segen aus seiner gottbegnadeter Leier auf das
Land strömen wird. Ist Mehmet Emin doch heute fraglos der gefeiertste Dichter
in der neuen Türkei und dazu so volkstümlich, daß auf ihn jener abgewandelte
Sinvspruch keine Anwendung finden dürfte:

Man reißt sich um seine Gedichte; höchstens könnte man die letzte Zeile
dahin abwandeln:

Denn nicht zum Preis und zur Unterhaltung, erst recht nicht für ein unfrucht¬
bares Genießertum führt dieser siebenundvierziqjährige Mann seine Feder,
sondern zur sittlichen Veredelung seiner Leser und zur praktischen Beherzigung
sür seine Mitmenschen. Darum liegt auch seine "Rebe" letztlich gar nicht auf
dem Felde der Lyrik oder Poetik, fo gewiß er ein echter, großer Dichter ist, an
dessen Sangesmund schon in der Wiege eine gütige Fee gerührt hat, sondern
auf dem der Menschenbehandlung: Menschen zu Menschen bilden und sein Volk
durch sittliche Erneuerung zur Größe erziehen, das ist die tiefste Kraft und Trieb¬
feder in Mehmet Emins Wirken. Die Türken aber haben Grund, für diesen
Volkserzieher und Menschheitspropheten gerade in der gegenwärtigen Stunde
dankbar zu sein. Denn zuletzt sind es doch nicht Ideen, sondern kraftvolle,
die Ideen verkörpernde Persönlichkeiten, die an der Zukunft bauen und die
Geschichte eines Volkes gestalten helfen.






Alle" Manuskripten ist Porto hinzuzufügen, da andernfalls bei Ablehnung eine Rücksendung
nicht verbürgt werden kann.




Nachdruck sämtlicher Aufsätze nur mit ausdrücklicher Erlaubnis de" Berlags geht-et-t.
verantwortlich: der Herausgeber Beorg Cleino" in Berlin-Lichlerselde West. -- Wanusttiptsendilnie" ni>,d
Briefe werden erbeten unter der Abreu-:
"" be" Herausgeber der Grruzioten i" Berlin-Lichterl-ita West, Erernftraße 5K.
Fernsprecher des Herausgeber": Amt Lichterfelde "98, des Verlags und der Schristleiriuig- Amt Lützow SS1V.
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Druck: "Der Reichsbote" ". in> b. H. in Berlin SV/ 11. D-ssauer Stroh- 8S/S7.
Mehmet Lenin als Volkserzieher

in seinen Verpflichtungen gegen sich selber und gegen das Ganze, und indem er dabei
alle akademische Belehrung des Nationalökonomen und alle gelehrte Theorie der
Sozialpolitik glücklich vermeidet und statt dessen die schlichten, allen ver¬
ständlichen Herzenstöne wärmsten sozialen Gefühls findet, darf er und dürfen
wir mit ihm hoffen, daß er das.Ohr und mehr noch das Herz seiner Volks¬
genossen finden, und daß reicher Segen aus seiner gottbegnadeter Leier auf das
Land strömen wird. Ist Mehmet Emin doch heute fraglos der gefeiertste Dichter
in der neuen Türkei und dazu so volkstümlich, daß auf ihn jener abgewandelte
Sinvspruch keine Anwendung finden dürfte:

Man reißt sich um seine Gedichte; höchstens könnte man die letzte Zeile
dahin abwandeln:

Denn nicht zum Preis und zur Unterhaltung, erst recht nicht für ein unfrucht¬
bares Genießertum führt dieser siebenundvierziqjährige Mann seine Feder,
sondern zur sittlichen Veredelung seiner Leser und zur praktischen Beherzigung
sür seine Mitmenschen. Darum liegt auch seine „Rebe" letztlich gar nicht auf
dem Felde der Lyrik oder Poetik, fo gewiß er ein echter, großer Dichter ist, an
dessen Sangesmund schon in der Wiege eine gütige Fee gerührt hat, sondern
auf dem der Menschenbehandlung: Menschen zu Menschen bilden und sein Volk
durch sittliche Erneuerung zur Größe erziehen, das ist die tiefste Kraft und Trieb¬
feder in Mehmet Emins Wirken. Die Türken aber haben Grund, für diesen
Volkserzieher und Menschheitspropheten gerade in der gegenwärtigen Stunde
dankbar zu sein. Denn zuletzt sind es doch nicht Ideen, sondern kraftvolle,
die Ideen verkörpernde Persönlichkeiten, die an der Zukunft bauen und die
Geschichte eines Volkes gestalten helfen.






Alle« Manuskripten ist Porto hinzuzufügen, da andernfalls bei Ablehnung eine Rücksendung
nicht verbürgt werden kann.




Nachdruck sämtlicher Aufsätze nur mit ausdrücklicher Erlaubnis de« Berlags geht-et-t.
verantwortlich: der Herausgeber Beorg Cleino« in Berlin-Lichlerselde West. — Wanusttiptsendilnie« ni>,d
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[0268] Mehmet Lenin als Volkserzieher in seinen Verpflichtungen gegen sich selber und gegen das Ganze, und indem er dabei alle akademische Belehrung des Nationalökonomen und alle gelehrte Theorie der Sozialpolitik glücklich vermeidet und statt dessen die schlichten, allen ver¬ ständlichen Herzenstöne wärmsten sozialen Gefühls findet, darf er und dürfen wir mit ihm hoffen, daß er das.Ohr und mehr noch das Herz seiner Volks¬ genossen finden, und daß reicher Segen aus seiner gottbegnadeter Leier auf das Land strömen wird. Ist Mehmet Emin doch heute fraglos der gefeiertste Dichter in der neuen Türkei und dazu so volkstümlich, daß auf ihn jener abgewandelte Sinvspruch keine Anwendung finden dürfte: Man reißt sich um seine Gedichte; höchstens könnte man die letzte Zeile dahin abwandeln: Denn nicht zum Preis und zur Unterhaltung, erst recht nicht für ein unfrucht¬ bares Genießertum führt dieser siebenundvierziqjährige Mann seine Feder, sondern zur sittlichen Veredelung seiner Leser und zur praktischen Beherzigung sür seine Mitmenschen. Darum liegt auch seine „Rebe" letztlich gar nicht auf dem Felde der Lyrik oder Poetik, fo gewiß er ein echter, großer Dichter ist, an dessen Sangesmund schon in der Wiege eine gütige Fee gerührt hat, sondern auf dem der Menschenbehandlung: Menschen zu Menschen bilden und sein Volk durch sittliche Erneuerung zur Größe erziehen, das ist die tiefste Kraft und Trieb¬ feder in Mehmet Emins Wirken. Die Türken aber haben Grund, für diesen Volkserzieher und Menschheitspropheten gerade in der gegenwärtigen Stunde dankbar zu sein. Denn zuletzt sind es doch nicht Ideen, sondern kraftvolle, die Ideen verkörpernde Persönlichkeiten, die an der Zukunft bauen und die Geschichte eines Volkes gestalten helfen. Alle« Manuskripten ist Porto hinzuzufügen, da andernfalls bei Ablehnung eine Rücksendung nicht verbürgt werden kann. Nachdruck sämtlicher Aufsätze nur mit ausdrücklicher Erlaubnis de« Berlags geht-et-t. verantwortlich: der Herausgeber Beorg Cleino« in Berlin-Lichlerselde West. — Wanusttiptsendilnie« ni>,d Briefe werden erbeten unter der Abreu-: «« be» Herausgeber der Grruzioten i» Berlin-Lichterl-ita West, Erernftraße 5K. Fernsprecher des Herausgeber«: Amt Lichterfelde «98, des Verlags und der Schristleiriuig- Amt Lützow SS1V. »erlag: Berlag der Grenzboten T. in. b.H. in Berlin SV II. Tempelhof-r Ufer SS» Druck: „Der Reichsbote" «. in> b. H. in Berlin SV/ 11. D-ssauer Stroh- 8S/S7.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341905_331409/268>, abgerufen am 23.07.2024.