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Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Erstes Vierteljahr.

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Über die Frage der Ualenderreform

Der Übergang vom Julianischen zum Gregorianischen Kalender, dessen
Datumunterschied gegenwärtig dreizehn Tage beträgt, würde also keine erheb¬
liche Änderung in den Kalenderangaben bedingen. Ein bißchen guter Wille und
die Überwindung nationalen, mit kulturellen Eigensinn oder Aberglauben ver¬
mischten Stolzes, würden genügen, um von der ersteren Zeitrechnung zur unbedingt
richtigeren zweiten überzugehen.

Anders verhält es sich dagegen bei der Umwandlung der mohammedanischen
in die gregorianische Zeitrechnung. Wir haben oben gesehen, daß den strengen
Anordnungen Mohammeds zufolge jene Zeitrechnung auf einem freien Mond¬
jahr beruhen soll, und daß Schaltungen, die dessen Übereinstimmung mit dem
tropischen Jahr herbeiführen können, d. h. die Monate mit den Jahreszeiten
in Übereinstimmung bringen, ausgeschlossen sein sollen. Der Beginn des moham¬
medanischen Jahres durchläuft daher im Zeitraum von etwa dreiunddreißig
Jahren wirklich alle Jahreszeiten. Außerdem beginnt die Zählung des Tages
mit Sonnenuntergang, und sowohl der Tag als die Nacht wird in je zwölf
Stunden von natürlich verschiedener Länge geteilt. Auch haben die Monate
eigentlich keine streng bestimmte Länge, sondern ihr jeweiliger Beginn ist auf
das von "mehreren glaubwürdigen Leuten" wahrgenommene erste Erscheinen
der schmalen Mondsichel nach dem Neumonde festgesetzt. Das solche ursprüng¬
lich gültige Regeln natürlich in der heutigen Zeit in der Praxis des öffentlichen
Lebens nicht mehr durchführbar sind, ist einleuchtend. Deshalb zählt man auch
dort heute nach vierundzwanzig gleich langen Stunden, und die Länge der Monate


Die Berechnung des Datums für den Ostersonntag gestaltet sich nach der Formel von
Gauß wie folgt:
Bezeichnet die Jahreszahl und bezeichnet man die Divistonsreste der Ausdrücke
-I ^ ^ ^ 19a-l-x . 2b-I-4(:-4-sa-l-7 ,
^ und s; -- mit b, -- mit c, --^-- mit 6 und -!-^--- mit e, so
erhält man das Datum des Ostersonntags als den (22-j-<t-j-e). März oder den
(6 -j- e -- 9), April, wobei den Werten von x und z? die folgenden Zahlen entsprechen
Julianischer Kalender: X---15 ^---6
1583--1SS9 x 22 y---2
1700--1799 X---23 --- 3
Gregorianischer Kalender:
1800--1899 X---23 74
1900--2099 X---24 7----S

l.
Damit erhält man z. B. für 1916:
Julianischer Kalender 6----19
Gregorianischer " ä----23
Julianischer " e-- 0
.Gregorianischer " e-- 4
Julianischer Kalender: Ostern am (19-^-0 -- 9). April et ist der 10, April
Gregorianischer. : . "(23-1-4 -- 9).. 6 "" 23. April.

Da der 10. April julianisch, dem (10 -s-13). April gregorianisch entspricht, so fallen in
diesem Jahre beide Osterfeste zusammen. Dasselbe war auch im vorigen Jahre der Fall.
Über die Frage der Ualenderreform

Der Übergang vom Julianischen zum Gregorianischen Kalender, dessen
Datumunterschied gegenwärtig dreizehn Tage beträgt, würde also keine erheb¬
liche Änderung in den Kalenderangaben bedingen. Ein bißchen guter Wille und
die Überwindung nationalen, mit kulturellen Eigensinn oder Aberglauben ver¬
mischten Stolzes, würden genügen, um von der ersteren Zeitrechnung zur unbedingt
richtigeren zweiten überzugehen.

Anders verhält es sich dagegen bei der Umwandlung der mohammedanischen
in die gregorianische Zeitrechnung. Wir haben oben gesehen, daß den strengen
Anordnungen Mohammeds zufolge jene Zeitrechnung auf einem freien Mond¬
jahr beruhen soll, und daß Schaltungen, die dessen Übereinstimmung mit dem
tropischen Jahr herbeiführen können, d. h. die Monate mit den Jahreszeiten
in Übereinstimmung bringen, ausgeschlossen sein sollen. Der Beginn des moham¬
medanischen Jahres durchläuft daher im Zeitraum von etwa dreiunddreißig
Jahren wirklich alle Jahreszeiten. Außerdem beginnt die Zählung des Tages
mit Sonnenuntergang, und sowohl der Tag als die Nacht wird in je zwölf
Stunden von natürlich verschiedener Länge geteilt. Auch haben die Monate
eigentlich keine streng bestimmte Länge, sondern ihr jeweiliger Beginn ist auf
das von „mehreren glaubwürdigen Leuten" wahrgenommene erste Erscheinen
der schmalen Mondsichel nach dem Neumonde festgesetzt. Das solche ursprüng¬
lich gültige Regeln natürlich in der heutigen Zeit in der Praxis des öffentlichen
Lebens nicht mehr durchführbar sind, ist einleuchtend. Deshalb zählt man auch
dort heute nach vierundzwanzig gleich langen Stunden, und die Länge der Monate


Die Berechnung des Datums für den Ostersonntag gestaltet sich nach der Formel von
Gauß wie folgt:
Bezeichnet die Jahreszahl und bezeichnet man die Divistonsreste der Ausdrücke
-I ^ ^ ^ 19a-l-x . 2b-I-4(:-4-sa-l-7 ,
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erhält man das Datum des Ostersonntags als den (22-j-<t-j-e). März oder den
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Julianischer Kalender: X---15 ^---6
1583—1SS9 x 22 y---2
1700—1799 X---23 --- 3
Gregorianischer Kalender:
1800—1899 X---23 74
1900—2099 X---24 7----S

l.
Damit erhält man z. B. für 1916:
Julianischer Kalender 6----19
Gregorianischer „ ä----23
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Julianischer Kalender: Ostern am (19-^-0 — 9). April et ist der 10, April
Gregorianischer. : . „(23-1-4 — 9).. 6 „„ 23. April.

Da der 10. April julianisch, dem (10 -s-13). April gregorianisch entspricht, so fallen in
diesem Jahre beide Osterfeste zusammen. Dasselbe war auch im vorigen Jahre der Fall.
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[0201] Über die Frage der Ualenderreform Der Übergang vom Julianischen zum Gregorianischen Kalender, dessen Datumunterschied gegenwärtig dreizehn Tage beträgt, würde also keine erheb¬ liche Änderung in den Kalenderangaben bedingen. Ein bißchen guter Wille und die Überwindung nationalen, mit kulturellen Eigensinn oder Aberglauben ver¬ mischten Stolzes, würden genügen, um von der ersteren Zeitrechnung zur unbedingt richtigeren zweiten überzugehen. Anders verhält es sich dagegen bei der Umwandlung der mohammedanischen in die gregorianische Zeitrechnung. Wir haben oben gesehen, daß den strengen Anordnungen Mohammeds zufolge jene Zeitrechnung auf einem freien Mond¬ jahr beruhen soll, und daß Schaltungen, die dessen Übereinstimmung mit dem tropischen Jahr herbeiführen können, d. h. die Monate mit den Jahreszeiten in Übereinstimmung bringen, ausgeschlossen sein sollen. Der Beginn des moham¬ medanischen Jahres durchläuft daher im Zeitraum von etwa dreiunddreißig Jahren wirklich alle Jahreszeiten. Außerdem beginnt die Zählung des Tages mit Sonnenuntergang, und sowohl der Tag als die Nacht wird in je zwölf Stunden von natürlich verschiedener Länge geteilt. Auch haben die Monate eigentlich keine streng bestimmte Länge, sondern ihr jeweiliger Beginn ist auf das von „mehreren glaubwürdigen Leuten" wahrgenommene erste Erscheinen der schmalen Mondsichel nach dem Neumonde festgesetzt. Das solche ursprüng¬ lich gültige Regeln natürlich in der heutigen Zeit in der Praxis des öffentlichen Lebens nicht mehr durchführbar sind, ist einleuchtend. Deshalb zählt man auch dort heute nach vierundzwanzig gleich langen Stunden, und die Länge der Monate Die Berechnung des Datums für den Ostersonntag gestaltet sich nach der Formel von Gauß wie folgt: Bezeichnet die Jahreszahl und bezeichnet man die Divistonsreste der Ausdrücke -I ^ ^ ^ 19a-l-x . 2b-I-4(:-4-sa-l-7 , ^ und s; — mit b, — mit c, —^— mit 6 und -!-^-— mit e, so erhält man das Datum des Ostersonntags als den (22-j-<t-j-e). März oder den (6 -j- e — 9), April, wobei den Werten von x und z? die folgenden Zahlen entsprechen Julianischer Kalender: X---15 ^---6 1583—1SS9 x 22 y---2 1700—1799 X---23 --- 3 Gregorianischer Kalender: 1800—1899 X---23 74 1900—2099 X---24 7----S l. Damit erhält man z. B. für 1916: [FORMEL] Julianischer Kalender 6----19 [FORMEL] Gregorianischer „ ä----23 Julianischer „ e— 0 .Gregorianischer „ e— 4 Julianischer Kalender: Ostern am (19-^-0 — 9). April et ist der 10, April Gregorianischer. : . „(23-1-4 — 9).. 6 „„ 23. April. Da der 10. April julianisch, dem (10 -s-13). April gregorianisch entspricht, so fallen in diesem Jahre beide Osterfeste zusammen. Dasselbe war auch im vorigen Jahre der Fall.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341905_331409/201>, abgerufen am 23.07.2024.