Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Viertes Vierteljahr.Die Sparfrage vor, während und nach dem Kriege Am' schwierigsten ist die Frage, welcher Betrag als Sparbeitrag vom Lohn *) von Biederstem a. a. O. S. 34. 10*
Die Sparfrage vor, während und nach dem Kriege Am' schwierigsten ist die Frage, welcher Betrag als Sparbeitrag vom Lohn *) von Biederstem a. a. O. S. 34. 10*
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Die Sparfrage vor, während und nach dem Kriege
Am' schwierigsten ist die Frage, welcher Betrag als Sparbeitrag vom Lohn
zurückbehalten werden soll. Der Sparerlaß des Oberkommandos in den Marken
beläßt den jugendlichen Arbeitern 18 Mark wöchentlich und ein Drittel des
18 Mark übersteigenden Wochenlohnes. Alles andere muß — abgesehen von
besonderen Verhältnissen, z. B. Erfüllung von Unterhaltungspflichten — zur
Sparkasse abgeführt werden. Andere empfehlen einen Abzug von mindestens
zehn Prozent des verdienten Lohnest) Derartige Verfahren sind ziemlich will¬
kürlich und roh. Im Gesetz selbst einen Tarif für die Höhe der zwangsweise
abzuführenden Sparbeiträge festzusetzen, erscheint mir unangebracht. Der Kaufwert
des Geldes ist verschieden nach Zeit und Ort und kaufmännischer Begabung
seines Besitzers. Durchaus verschieden sind auch Lohnhöhe und Unterhalts¬
maßstäbe in den einzelnen Gegenden. Unterschiede bestehen ferner für allein¬
stehende, auf sich selbst angewiesene Personen und solche, die mit ihrer Familie
zusammenleben; für Verheiratete und Unverheiratete; für Personen, die teils
Barlohn, teils Naturallohn beziehen; schließlich für männliche und weibliche
Personen. Alle diese Verhältnisse können nur durch Errichtung besonderer, im
Reichsgesetz vorzusehender Arbeiter-Sparausschüsse genau und billig berücksichtigt
werden. Diese Ausschüsse, die als Orts', Bezirks-, Landes- und Reichsausschüsse
zu bilden wären, hätten in erster Linie periodisch die Höhe des Spartarifs für
einen bestimmten Bezirk zu bestimmen und öffentlich bekannt zu geben. Auf
Grund dessen wären alle Sparbeiträge ohne Berücksichtigung irgendwelcher
besonderer Verhältnisse erstmal zu entrichten, abgesehen von weiblichen Sparern,
denen, wie oben erwähnt, unter Umständen Spardispens zu erteilen wäre.
Ferner hätten diese Ausschüsse dann alle Anträge von den Sparern und deren
Eltern zu prüfen. Beispielsweise solche auf Unterstützung der Eltern. Ist zu
befürchten, daß die Eltern das Spargeld vergeuden, so ist der Antrag auf
Auszahlung abzulehnen; in geeigneten Fällen wären etwaige Schulden des
versorgungsberechtigten Antragstellers vermittels Zahlungsanweisung durch den
Ausschuß unmittelbar zu tilgen. In gleicher Weise wären andere Anträge zu
behandeln. Eine weibliche Spargutinhaberin wünscht Geld zur Ausstattung
wegen Verheiratung; ein anderer Spargutinhaber will sich selbständig machen
oder ein Haus bauen. Der Ausschuß prüft, ob die Verwendung des Geldes
zweckmäßig ist. Kurzum, dieser Ausschuß hat nebenher auch die Stellung eines
wirtschaftlichen Beraters der Sparpflichtigen bei Verwendung des Sparguthabens.
Zu diesem Zwecke empfiehlt es sich, eine allgemeine Klausel in das Gesetz
aufzunehmen, die dem schlichtenden und richtenden Ermessen des Ausschusses
genügenden Spielraum läßt. Auf diesen: Wege können Unzuträglichkeiten,
Härten und Schwierigkeiten leicht vermieden werden. Werden die Ausschüsse,
namentlich die Ortsausschüsse auf einen möglichst kleinen Bezirk beschränkt, so
werden sie die örtlichen und persönlichen Verhältnisse der Sparer meist aus
*) von Biederstem a. a. O. S. 34.
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