Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Drittes Vierteljahr.Neue Aufgaben des Unternehmertums seiner Opferwilligkeit die Wege zu höherer Kultur und höherem Lebensgenuß Vorbedingung jeder durchgreifenden Jugendpflege ist eine gesunde und Neue Aufgaben des Unternehmertums seiner Opferwilligkeit die Wege zu höherer Kultur und höherem Lebensgenuß Vorbedingung jeder durchgreifenden Jugendpflege ist eine gesunde und <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0297" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/330835"/> <fw type="header" place="top"> Neue Aufgaben des Unternehmertums</fw><lb/> <p xml:id="ID_947" prev="#ID_946"> seiner Opferwilligkeit die Wege zu höherer Kultur und höherem Lebensgenuß<lb/> ebnet. Nicht schematisch darf verfahren werden, wohl aber gebieten es mora¬<lb/> lische, politische und wirtschaftliche Rücksichten, daß dem hellen Kopf und dem<lb/> festen Willen ein freies Feld fruchtbarer Beendigung eröffnet wird. Im einzelnen<lb/> werden diese Dinge noch emsig bearbeitet werden müssen. An die Jugendpflege<lb/> hat sich aber jedenfalls die Berufsberatung anzugliedern; wieweit dann etwa<lb/> Freistellen an mittleren und höheren Lehranstalten, Stipendien oder sonstige<lb/> Unterstützungen zu schaffen sind, mag vorläufig dahingestellt bleiben.</p><lb/> <p xml:id="ID_948" next="#ID_949"> Vorbedingung jeder durchgreifenden Jugendpflege ist eine gesunde und<lb/> systematische Wohnungspflege; die beste Jugendpflege wird keine nachhaltigen<lb/> Erfolge zeitigen, wenn das Gute, das sie stiftet, sofort wieder durch unzuläng¬<lb/> liche Wohnungsverhältnisse vernichtet wird. Es wird nun ernstlicher Erwägungen<lb/> bedürfen, um festzustellen, in welcher Art die Arbeitgeberverbände sich an den<lb/> bereits vorhandenen Bestrebungen der einzelnen Arbeitgeber in Sachen der<lb/> Wohnungsfrage helfend und fördernd beteiligen können. Es liegt auf der<lb/> Hand, daß Arbeiterwohnungen, die nicht von einem einzelnen Werk errichtet<lb/> und deren Bewohner daher auch nicht im geringsten von diesem Werk abhängig<lb/> sind, große Vorteile besitzen und jedenfalls den Arbeitern selbst als eine Wohl-<lb/> fahrtseinrichtung erscheinen müssen, gegen die sich die oft erhobenen Anklagen<lb/> und Vorwürfe nicht wohl wiederholen lassen. Den örtlichen Arbeitgeber¬<lb/> verbänden aber wird es, von allen ideellen Vorzügen abgesehen, in wirtschaft¬<lb/> licher Beziehung sehr zugute kommen, wenn in ihrem Bezirk gut eingerichtete,<lb/> billige und gesunde Arbeiterwohnungen vorhanden sind, die einen Stamm<lb/> heimatstreuer Arbeiter beherbergen. Die leidige Fluktuation der Arbeiterschaft<lb/> wird auf diese Weise wirksam bekämpft werden können, die Arbeiter werden<lb/> der Willkür habgieriger Hauswirte entzogen, und wenn man auf die schon<lb/> bestehenden Arbeiterkolonien (bei Bremen, im rheinisch-westfälischen Bezirk, in<lb/> Oberschlesien und im Saargebiet) hinblickt und die Vorteile ermißt, die dein<lb/> Arbeiter aus einem Stückchen eigenen Gartenlandes und aus der Kleintierzucht<lb/> erwachsen, so wird man auch den wirtschaftlichen Wert einer solchen, großzügig<lb/> angefaßten Wohnungspolitik kaum zu hoch in Anschlag bringen können. Dabei<lb/> soll übrigens nicht gesagt werden, daß die Anlage solcher ländlichen Siedelungen<lb/> den einzigen Weg für eine sachgemäße Lösung der Wohnungsfrage bedeutet.<lb/> Eines schickt sich nicht für alle! In größeren Städten wird es oft ebenso gut<lb/> und besser sein, wenn in der Nähe der Fabrik aus genossenschaftlicher Grundlage<lb/> geräumige Wohnhäuser, mit allen Bequemlichkeiten moderner Technik aus¬<lb/> gestattet, errichtet werden. Es gibt in der Industrie zahlreiche Anhänger auch<lb/> dieses Systems, und je nach den Verhältnissen wird man sich für das mit dem<lb/> kleinen Gärtchen, dem Hühnerhof und dem Schweinekoben verbundene Eigenhaus<lb/> oder für das städtische, große Mietshaus entscheiden müssen. Aber gleichviel<lb/> auf welche Weise man eine Hebung der Wohnungszustände anstrebt, etwas<lb/> nird geschehen müssen, denn mehr und mehr bewahrheitet sich der Satz des</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0297]
Neue Aufgaben des Unternehmertums
seiner Opferwilligkeit die Wege zu höherer Kultur und höherem Lebensgenuß
ebnet. Nicht schematisch darf verfahren werden, wohl aber gebieten es mora¬
lische, politische und wirtschaftliche Rücksichten, daß dem hellen Kopf und dem
festen Willen ein freies Feld fruchtbarer Beendigung eröffnet wird. Im einzelnen
werden diese Dinge noch emsig bearbeitet werden müssen. An die Jugendpflege
hat sich aber jedenfalls die Berufsberatung anzugliedern; wieweit dann etwa
Freistellen an mittleren und höheren Lehranstalten, Stipendien oder sonstige
Unterstützungen zu schaffen sind, mag vorläufig dahingestellt bleiben.
Vorbedingung jeder durchgreifenden Jugendpflege ist eine gesunde und
systematische Wohnungspflege; die beste Jugendpflege wird keine nachhaltigen
Erfolge zeitigen, wenn das Gute, das sie stiftet, sofort wieder durch unzuläng¬
liche Wohnungsverhältnisse vernichtet wird. Es wird nun ernstlicher Erwägungen
bedürfen, um festzustellen, in welcher Art die Arbeitgeberverbände sich an den
bereits vorhandenen Bestrebungen der einzelnen Arbeitgeber in Sachen der
Wohnungsfrage helfend und fördernd beteiligen können. Es liegt auf der
Hand, daß Arbeiterwohnungen, die nicht von einem einzelnen Werk errichtet
und deren Bewohner daher auch nicht im geringsten von diesem Werk abhängig
sind, große Vorteile besitzen und jedenfalls den Arbeitern selbst als eine Wohl-
fahrtseinrichtung erscheinen müssen, gegen die sich die oft erhobenen Anklagen
und Vorwürfe nicht wohl wiederholen lassen. Den örtlichen Arbeitgeber¬
verbänden aber wird es, von allen ideellen Vorzügen abgesehen, in wirtschaft¬
licher Beziehung sehr zugute kommen, wenn in ihrem Bezirk gut eingerichtete,
billige und gesunde Arbeiterwohnungen vorhanden sind, die einen Stamm
heimatstreuer Arbeiter beherbergen. Die leidige Fluktuation der Arbeiterschaft
wird auf diese Weise wirksam bekämpft werden können, die Arbeiter werden
der Willkür habgieriger Hauswirte entzogen, und wenn man auf die schon
bestehenden Arbeiterkolonien (bei Bremen, im rheinisch-westfälischen Bezirk, in
Oberschlesien und im Saargebiet) hinblickt und die Vorteile ermißt, die dein
Arbeiter aus einem Stückchen eigenen Gartenlandes und aus der Kleintierzucht
erwachsen, so wird man auch den wirtschaftlichen Wert einer solchen, großzügig
angefaßten Wohnungspolitik kaum zu hoch in Anschlag bringen können. Dabei
soll übrigens nicht gesagt werden, daß die Anlage solcher ländlichen Siedelungen
den einzigen Weg für eine sachgemäße Lösung der Wohnungsfrage bedeutet.
Eines schickt sich nicht für alle! In größeren Städten wird es oft ebenso gut
und besser sein, wenn in der Nähe der Fabrik aus genossenschaftlicher Grundlage
geräumige Wohnhäuser, mit allen Bequemlichkeiten moderner Technik aus¬
gestattet, errichtet werden. Es gibt in der Industrie zahlreiche Anhänger auch
dieses Systems, und je nach den Verhältnissen wird man sich für das mit dem
kleinen Gärtchen, dem Hühnerhof und dem Schweinekoben verbundene Eigenhaus
oder für das städtische, große Mietshaus entscheiden müssen. Aber gleichviel
auf welche Weise man eine Hebung der Wohnungszustände anstrebt, etwas
nird geschehen müssen, denn mehr und mehr bewahrheitet sich der Satz des
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |