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Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Drittes Vierteljahr.

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Der deutsche Katholizismus im lvelittieg

lehren, daß die Neutralität nicht ein "Zauberwort ist, das die Feinde be¬
schwört" -- um Reventlows kluges Buch "Kriegsursachen und Kampfziele" zu
zitieren --, auch kein friedliches Gehege, hinter dem sie in Ruhe und Behagen
den Goldrausch ausschlafen können. Und es ist nur gesund für sie, daran
erinnert zu werden, daß bei dem Verkehr der Staaten untereinander jeder
sich selbst der nächste ist, und daß dieser Verkehr, am wenigsten in Kriegs¬
zeiten, sich nicht nach zufälligen Sympathien oder weichlicher Gefühlsamkeit
richtet, sondern allein nach dem eigenen Bedürfnis.




Der deutsche Aatholizismus im Weltkrieg
Professor Albert lverminghoff von

ir lieben die Erde, auf der unsere Väter wohnten; wir lieben
die Sprache, die uns die Mutter lehrte; wir lieben das Volk,
zu dessen Stämmen wir gehören; wir lieben den Anteil an der
Kultur, den der Schöpfer und Weltregierer uns gab. Niemand
kann es uns verargen. Wir freuen uns des Vaterlandes, weil
es nach langer Zerrissenheit Einigkeit und Leben wieder gewann und den Platz
in Europa einnahm, auf dem es nach Größe und Kraft ein Anrecht hat. Wir
wollen festhalten an der nationalen und staatlichen Einheit, wie sie andere
Völker des Erdteils besitzen und Frankreich am frühesten besaß und mit Eifer¬
sucht hütet. Wir schauen mit Treue und Ehrfurcht und Stolz auf den, der
die kaiserliche Krone trägt, und vertrauen seinem Gerechtigkeitssinn und seinem
großen Charakter. Vom Standpunkte der christlichen Weltordnung aus darf
keiner es uns mißgönnen.

So gut wie Deutsche, sind wir auch Söhne der katholischen Kirche. Wir sind
es mit der ganzen Stärke unserer Überzeugung und der vollen Inbrunst unseres
Herzens. Eine lange Geschichte hat es erprobt. Den Glauben, den die Boten
des Evangeliums den Vorfahren brachten, hat das katholische Volk Deutsch¬
lands heilig bewahrt in Leiden und Kämpfen und Sichbehaupten, denen keine
andere Nation Ähnliches an die Seite zu stellen hat. In ihm ist auch jetzt
noch ein wahrhaft lebendiges Christentum wirksam. Unerschüttert und ^un¬
erschütterlich steht es zu dem erhabenen Sitze, auf dem der Statthalter Christi
thront und der der Mittelpunkt der ora, Lancia et ^postolica ist. Dürfen
wir daher nicht verlangen, als vollberechtigte I^lui kamilias im Vaterhause der
Kirche betrachtet und behandelt zu werden neben den Brüdern aus anderen
Ländern und -- ich wage es hinzuzufügen -- neben denen aus Frankreich?"


Der deutsche Katholizismus im lvelittieg

lehren, daß die Neutralität nicht ein „Zauberwort ist, das die Feinde be¬
schwört" — um Reventlows kluges Buch „Kriegsursachen und Kampfziele" zu
zitieren —, auch kein friedliches Gehege, hinter dem sie in Ruhe und Behagen
den Goldrausch ausschlafen können. Und es ist nur gesund für sie, daran
erinnert zu werden, daß bei dem Verkehr der Staaten untereinander jeder
sich selbst der nächste ist, und daß dieser Verkehr, am wenigsten in Kriegs¬
zeiten, sich nicht nach zufälligen Sympathien oder weichlicher Gefühlsamkeit
richtet, sondern allein nach dem eigenen Bedürfnis.




Der deutsche Aatholizismus im Weltkrieg
Professor Albert lverminghoff von

ir lieben die Erde, auf der unsere Väter wohnten; wir lieben
die Sprache, die uns die Mutter lehrte; wir lieben das Volk,
zu dessen Stämmen wir gehören; wir lieben den Anteil an der
Kultur, den der Schöpfer und Weltregierer uns gab. Niemand
kann es uns verargen. Wir freuen uns des Vaterlandes, weil
es nach langer Zerrissenheit Einigkeit und Leben wieder gewann und den Platz
in Europa einnahm, auf dem es nach Größe und Kraft ein Anrecht hat. Wir
wollen festhalten an der nationalen und staatlichen Einheit, wie sie andere
Völker des Erdteils besitzen und Frankreich am frühesten besaß und mit Eifer¬
sucht hütet. Wir schauen mit Treue und Ehrfurcht und Stolz auf den, der
die kaiserliche Krone trägt, und vertrauen seinem Gerechtigkeitssinn und seinem
großen Charakter. Vom Standpunkte der christlichen Weltordnung aus darf
keiner es uns mißgönnen.

So gut wie Deutsche, sind wir auch Söhne der katholischen Kirche. Wir sind
es mit der ganzen Stärke unserer Überzeugung und der vollen Inbrunst unseres
Herzens. Eine lange Geschichte hat es erprobt. Den Glauben, den die Boten
des Evangeliums den Vorfahren brachten, hat das katholische Volk Deutsch¬
lands heilig bewahrt in Leiden und Kämpfen und Sichbehaupten, denen keine
andere Nation Ähnliches an die Seite zu stellen hat. In ihm ist auch jetzt
noch ein wahrhaft lebendiges Christentum wirksam. Unerschüttert und ^un¬
erschütterlich steht es zu dem erhabenen Sitze, auf dem der Statthalter Christi
thront und der der Mittelpunkt der ora, Lancia et ^postolica ist. Dürfen
wir daher nicht verlangen, als vollberechtigte I^lui kamilias im Vaterhause der
Kirche betrachtet und behandelt zu werden neben den Brüdern aus anderen
Ländern und — ich wage es hinzuzufügen — neben denen aus Frankreich?"


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[0164] Der deutsche Katholizismus im lvelittieg lehren, daß die Neutralität nicht ein „Zauberwort ist, das die Feinde be¬ schwört" — um Reventlows kluges Buch „Kriegsursachen und Kampfziele" zu zitieren —, auch kein friedliches Gehege, hinter dem sie in Ruhe und Behagen den Goldrausch ausschlafen können. Und es ist nur gesund für sie, daran erinnert zu werden, daß bei dem Verkehr der Staaten untereinander jeder sich selbst der nächste ist, und daß dieser Verkehr, am wenigsten in Kriegs¬ zeiten, sich nicht nach zufälligen Sympathien oder weichlicher Gefühlsamkeit richtet, sondern allein nach dem eigenen Bedürfnis. Der deutsche Aatholizismus im Weltkrieg Professor Albert lverminghoff von ir lieben die Erde, auf der unsere Väter wohnten; wir lieben die Sprache, die uns die Mutter lehrte; wir lieben das Volk, zu dessen Stämmen wir gehören; wir lieben den Anteil an der Kultur, den der Schöpfer und Weltregierer uns gab. Niemand kann es uns verargen. Wir freuen uns des Vaterlandes, weil es nach langer Zerrissenheit Einigkeit und Leben wieder gewann und den Platz in Europa einnahm, auf dem es nach Größe und Kraft ein Anrecht hat. Wir wollen festhalten an der nationalen und staatlichen Einheit, wie sie andere Völker des Erdteils besitzen und Frankreich am frühesten besaß und mit Eifer¬ sucht hütet. Wir schauen mit Treue und Ehrfurcht und Stolz auf den, der die kaiserliche Krone trägt, und vertrauen seinem Gerechtigkeitssinn und seinem großen Charakter. Vom Standpunkte der christlichen Weltordnung aus darf keiner es uns mißgönnen. So gut wie Deutsche, sind wir auch Söhne der katholischen Kirche. Wir sind es mit der ganzen Stärke unserer Überzeugung und der vollen Inbrunst unseres Herzens. Eine lange Geschichte hat es erprobt. Den Glauben, den die Boten des Evangeliums den Vorfahren brachten, hat das katholische Volk Deutsch¬ lands heilig bewahrt in Leiden und Kämpfen und Sichbehaupten, denen keine andere Nation Ähnliches an die Seite zu stellen hat. In ihm ist auch jetzt noch ein wahrhaft lebendiges Christentum wirksam. Unerschüttert und ^un¬ erschütterlich steht es zu dem erhabenen Sitze, auf dem der Statthalter Christi thront und der der Mittelpunkt der ora, Lancia et ^postolica ist. Dürfen wir daher nicht verlangen, als vollberechtigte I^lui kamilias im Vaterhause der Kirche betrachtet und behandelt zu werden neben den Brüdern aus anderen Ländern und — ich wage es hinzuzufügen — neben denen aus Frankreich?"

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341903_330533/164>, abgerufen am 23.07.2024.