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Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Drittes Vierteljahr.

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Die Industrialisierung des Landes

3. sie würde eine Art Auskunftsstelle für Jndustrieanstedlung bilden. Die
Kreise, Bezirke, Gemeinden und Privatleute, die sich für Anstedlung interessieren,
könnten hier ihr Material niederlegen, und die Fabrikanten, die die Verlegung
oder Neugründung eines Betriebes planen, könnten sich hier leicht und sicher
orientieren; 4. die wichtigste Aufgabe der Kommission wäre die Schaffung
neuer Jndustriesiedlungen. Dadurch, daß alle Fäden, die sich an industrielle
Anstedlungsprojekte knüpfen, in der Kommission zusammenlaufen, die mit allen
beteiligten Kreisen in reger Fühlung steht, kann sie sich besser und eher als
irgendein anderer Klarheit darüber verschaffen, wo die Gründung neuer Jn¬
dustriesiedlungen zweckmäßig und notwendig ist.

Wie bei der landwirtschaftlichen, so könnten auch bei der industriellen
Jnnenkolonisation Erwerbsgesellschaften und gemeinnützige Organisationen tätig
sein. Es könnte z. B. Erwerbsgesellschaften, die sich ebenso wie die erwähnte
Landbank einer behördlichen Kontrolle unterwerfen, billiger staatlicher Kredit
zugestanden werden. Die Kontrolle hätte sich auf die Regelung der Gemeinde
Verhältnisse, auf den Verkaufspreis des Geländes und auf die Verkaufsbedin¬
gungen zu erstrecken. Noch wichtiger als die Jnnenkolonisation durch Erwerbs¬
gesellschaften wäre vielleicht die von gemeinnützigen Organisationen. Ähnlich
wie durch Gutsbesitzer die Pommersche Anstedlungsbank gegründet wurde, um
die Schädigungen der privaten Güteraufteilunz zu beseitigen, so sollten sich auch
die Industriellen zusammenschließen, um mit gemeinsamen Mitteln die Schaffung
mustergültiger Jndustriesiedlungen zu fördern. Derartige private Anstedlungs-
gesellschaften hätten gegenüber dem etwas schwerfälligen Apparat einer staat¬
lichen Anstedlungskommisston den Vorteil der größeren Beweglichkeit. Bei
genügendem Interesse ließe sich so ein Zusammenarbeiten zwischen dem Staat
bzw. der erwähnten staatlichen Kommisston und privaten und gemeinnützigen
Gesellschaften in der Form denken, daß sich der Staat mit einem bestimmten
Kapital beteiligt und sich dadurch einen entsprechenden Einfluß sichert. Dadurch
würde die Kapitalbeschaffung erleichtert, der die Beweglichkeit lähmende büreau¬
kratische Geist würde ferngehalten, und der Staat hätte weitgehende Garantien
dafür, daß die Gemeinnützigkeit erhalten, also das allgemeine Interesse ge¬
wahrt bleibt.




Die Industrialisierung des Landes

3. sie würde eine Art Auskunftsstelle für Jndustrieanstedlung bilden. Die
Kreise, Bezirke, Gemeinden und Privatleute, die sich für Anstedlung interessieren,
könnten hier ihr Material niederlegen, und die Fabrikanten, die die Verlegung
oder Neugründung eines Betriebes planen, könnten sich hier leicht und sicher
orientieren; 4. die wichtigste Aufgabe der Kommission wäre die Schaffung
neuer Jndustriesiedlungen. Dadurch, daß alle Fäden, die sich an industrielle
Anstedlungsprojekte knüpfen, in der Kommission zusammenlaufen, die mit allen
beteiligten Kreisen in reger Fühlung steht, kann sie sich besser und eher als
irgendein anderer Klarheit darüber verschaffen, wo die Gründung neuer Jn¬
dustriesiedlungen zweckmäßig und notwendig ist.

Wie bei der landwirtschaftlichen, so könnten auch bei der industriellen
Jnnenkolonisation Erwerbsgesellschaften und gemeinnützige Organisationen tätig
sein. Es könnte z. B. Erwerbsgesellschaften, die sich ebenso wie die erwähnte
Landbank einer behördlichen Kontrolle unterwerfen, billiger staatlicher Kredit
zugestanden werden. Die Kontrolle hätte sich auf die Regelung der Gemeinde
Verhältnisse, auf den Verkaufspreis des Geländes und auf die Verkaufsbedin¬
gungen zu erstrecken. Noch wichtiger als die Jnnenkolonisation durch Erwerbs¬
gesellschaften wäre vielleicht die von gemeinnützigen Organisationen. Ähnlich
wie durch Gutsbesitzer die Pommersche Anstedlungsbank gegründet wurde, um
die Schädigungen der privaten Güteraufteilunz zu beseitigen, so sollten sich auch
die Industriellen zusammenschließen, um mit gemeinsamen Mitteln die Schaffung
mustergültiger Jndustriesiedlungen zu fördern. Derartige private Anstedlungs-
gesellschaften hätten gegenüber dem etwas schwerfälligen Apparat einer staat¬
lichen Anstedlungskommisston den Vorteil der größeren Beweglichkeit. Bei
genügendem Interesse ließe sich so ein Zusammenarbeiten zwischen dem Staat
bzw. der erwähnten staatlichen Kommisston und privaten und gemeinnützigen
Gesellschaften in der Form denken, daß sich der Staat mit einem bestimmten
Kapital beteiligt und sich dadurch einen entsprechenden Einfluß sichert. Dadurch
würde die Kapitalbeschaffung erleichtert, der die Beweglichkeit lähmende büreau¬
kratische Geist würde ferngehalten, und der Staat hätte weitgehende Garantien
dafür, daß die Gemeinnützigkeit erhalten, also das allgemeine Interesse ge¬
wahrt bleibt.




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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341903_330533/158>, abgerufen am 23.07.2024.