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Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Zweites Vierteljahr.

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Das Geld bleibt im Lande

englischen Blockade, welche Zufuhren an uns nicht durchläßt. Wir würden
ohne diesen Zwang jedenfalls gern auch aus dem Auslande beziehen, da wir
dem einen Zwecke der bestmöglichen Kriegsrüstung alles andere unterordnen müssen,
und rein wirtschaftliche Gesichtspunkte nicht entscheiden lassen dürfen über
die militärische Zweckmässigkeit. Wie die Dinge nun aber einmal liegen,
hat die Blockade, die uns vom Auslande abschneidet, uns in rein wirt¬
schaftlicher Hinsicht erheblich besser gestellt als unsere Gegner. Nach den im
wesentlichen übereinstmmenden Schätzungen der Dresdener Bank und Helsferichs
gibt Deutschland täglich für den Krieg 70 Millionen Mark, England aber 90 bis
100 aus; die Mittelmächte zusammen täglich 110 Millionen gegenüber einem Auf¬
wand der Feinde von täglich 240 Millionen. Der Gesamtaufwand der Mittelmächte
beträgt bisher 50--55 Milliarden, derjenige der Feinde aber 100--105 Mil¬
liarden. Wenn also der Krieg durch reine Finanzkraft entschieden würde,
wenn wirklich, wie der englische Minister Lloyd George gemeint hat, der
Krieg zu Gunsten dessen ausgehen müßte, der in der Lage wäre, die
letzte Milliarde aufzubringen, so erscheint die Zuversicht nicht unbegründet,
daß die längere wirtschaftliche Ausdauer bei uns liegen wird, und zwar
nicht zum wenigsten deshalb, weil der Erlös unserer Kriegsanleihen im Lande
bleibt, weil die ungeheuren Heeresbestellungen unsere Volksproduktivität aufs
äußerste gesteigert haben.




Das Geld bleibt im Lande

englischen Blockade, welche Zufuhren an uns nicht durchläßt. Wir würden
ohne diesen Zwang jedenfalls gern auch aus dem Auslande beziehen, da wir
dem einen Zwecke der bestmöglichen Kriegsrüstung alles andere unterordnen müssen,
und rein wirtschaftliche Gesichtspunkte nicht entscheiden lassen dürfen über
die militärische Zweckmässigkeit. Wie die Dinge nun aber einmal liegen,
hat die Blockade, die uns vom Auslande abschneidet, uns in rein wirt¬
schaftlicher Hinsicht erheblich besser gestellt als unsere Gegner. Nach den im
wesentlichen übereinstmmenden Schätzungen der Dresdener Bank und Helsferichs
gibt Deutschland täglich für den Krieg 70 Millionen Mark, England aber 90 bis
100 aus; die Mittelmächte zusammen täglich 110 Millionen gegenüber einem Auf¬
wand der Feinde von täglich 240 Millionen. Der Gesamtaufwand der Mittelmächte
beträgt bisher 50—55 Milliarden, derjenige der Feinde aber 100—105 Mil¬
liarden. Wenn also der Krieg durch reine Finanzkraft entschieden würde,
wenn wirklich, wie der englische Minister Lloyd George gemeint hat, der
Krieg zu Gunsten dessen ausgehen müßte, der in der Lage wäre, die
letzte Milliarde aufzubringen, so erscheint die Zuversicht nicht unbegründet,
daß die längere wirtschaftliche Ausdauer bei uns liegen wird, und zwar
nicht zum wenigsten deshalb, weil der Erlös unserer Kriegsanleihen im Lande
bleibt, weil die ungeheuren Heeresbestellungen unsere Volksproduktivität aufs
äußerste gesteigert haben.




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[0083] Das Geld bleibt im Lande englischen Blockade, welche Zufuhren an uns nicht durchläßt. Wir würden ohne diesen Zwang jedenfalls gern auch aus dem Auslande beziehen, da wir dem einen Zwecke der bestmöglichen Kriegsrüstung alles andere unterordnen müssen, und rein wirtschaftliche Gesichtspunkte nicht entscheiden lassen dürfen über die militärische Zweckmässigkeit. Wie die Dinge nun aber einmal liegen, hat die Blockade, die uns vom Auslande abschneidet, uns in rein wirt¬ schaftlicher Hinsicht erheblich besser gestellt als unsere Gegner. Nach den im wesentlichen übereinstmmenden Schätzungen der Dresdener Bank und Helsferichs gibt Deutschland täglich für den Krieg 70 Millionen Mark, England aber 90 bis 100 aus; die Mittelmächte zusammen täglich 110 Millionen gegenüber einem Auf¬ wand der Feinde von täglich 240 Millionen. Der Gesamtaufwand der Mittelmächte beträgt bisher 50—55 Milliarden, derjenige der Feinde aber 100—105 Mil¬ liarden. Wenn also der Krieg durch reine Finanzkraft entschieden würde, wenn wirklich, wie der englische Minister Lloyd George gemeint hat, der Krieg zu Gunsten dessen ausgehen müßte, der in der Lage wäre, die letzte Milliarde aufzubringen, so erscheint die Zuversicht nicht unbegründet, daß die längere wirtschaftliche Ausdauer bei uns liegen wird, und zwar nicht zum wenigsten deshalb, weil der Erlös unserer Kriegsanleihen im Lande bleibt, weil die ungeheuren Heeresbestellungen unsere Volksproduktivität aufs äußerste gesteigert haben.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341903_330101/83>, abgerufen am 06.10.2024.