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Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Zweites Vierteljahr.

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Die wirtschaftliche Bedeutung der Jagd

gewinn zu hundelt sind. Gegner des Weidwerks haben sich sogar zu der Be¬
hauptung verstiegen, die Produktionskosten des Wildes seien höher als sein
Nutzungswert. Das trifft jedoch nur für das Schwarzwild zu, das durch Um¬
reißen der Halmfrucht und durch Brechen in den Hackfrüchten auf den Feldern
allerdings bedeutenden Schaden anrichtet, und dem der Gesetzgeber deshalb
auch keine Schonzeit zugebilligt hat. Zur Ehrenrettung unserer Schwarzkittel
sei aber erwähnt, daß sie dem Walde durch Umbrechen des Bodens und die
Vertilgung von Engerlingen, Raupen, Puppen und Mäusen entschieden nützen.

Daß das Rotwild gelegentlich das Getreide und die Kartoffeln heimsucht,
auch die Forstkulturen durch Verbiß und Winterschälung schädigt, soll ebenfalls
nicht geleugnet werden, doch ist der Bestand an diesem Wilde fast allerorten
so gering, daß der Schaden nicht allzu schwer ins Gewicht fällt. Im übrigen
äst es hauptsächlich Waldgras, Heidekraut, Beerenkräuter und Flechten, verwertet
also Naturprodukte, die sonst unbenutzt blieben.

Das Rehwild tut im Walde durch den Verbiß der jungen Laub- und
Nadelholzkulturen einigen Schaden, auf den Feldern wohl nur durch das Lagern
im Getreide und durch das Niedertreten der Halme auf Wechseln und Brunft¬
plätzen. Daß eS im Winter zur Äsung auf die junge Saat tritt, beeinträchtigt
deren Gedeihen kaum, ließ man doch früher sogar die Schafe die Wintersaat
abweiden.

Der Hase, der neben dem Rebhuhn heute den Hauptertrag der Jagd
liefert, schält bei hohem Schnee allerdings die jungen Obstbäume, doch kann
man sich hiergegen leicht durch das Umwickeln der Stämmchen mit Dornen
oder Draht schützen. Auf den Feldern tut er keinen nennenswerten Schaden,
setzt vielmehr eine Menge Ernterückstände und Pflanzen, die sonst keine Ver¬
wendung finden würden, in wertvolles Wildbret um. Entschieden schädlich,
wenigstens da, wo es in Menge vorkommt, ist das Kaninchen, da es sich bei
der Nahrungsaufnahme auf kleine Gebiete beschränkt, diese aber desto gründ¬
licher abäst. Auch kann es durch seine Wühlarbeit an Dämmen usw. lästig werden.

Beim Federwild kommt uur der Fasan als gelegentlicher Schädling in
Betracht. Er nimmt in manchen Gegenden die Saat auf, vertilgt jedoch so
eifrig Insektenlarven und Schnecken, daß bei ihm der Schaden durch den Nutze"
zum mindestens aufgewogen wird. Das Rebhuhn nimmt um die Erntezeit
ausgefallene Körner auf, die sonst von den Mäusen gefressen würden, lebt aber
sonst ausschließlich von Unkrautsamen, Insekten und Schnecken und wird dadurch
zu einem Freunde des Landwirth. Bei den Waldhühnern und den Wildenten
kann ebenso wenig von einem Schaden die Rede sein. Man sagt also nicht
zuviel, wenn man den Erlös aus der Jagd auf Hasen, Rebhühner und das
übrige Wildgeflügel, vielleicht mit einziger Ausnahme des Fasans, als einen
reinen Zuwachs zum Nationalvermögen betrachtet.

Von hoher volkswirtschaftlicher Bedeutung ist der reiche Gewinn, der den
ländlichen Gemeinden aus der Jagdverpachtung zufließt. Daß dieser, ramene-


Die wirtschaftliche Bedeutung der Jagd

gewinn zu hundelt sind. Gegner des Weidwerks haben sich sogar zu der Be¬
hauptung verstiegen, die Produktionskosten des Wildes seien höher als sein
Nutzungswert. Das trifft jedoch nur für das Schwarzwild zu, das durch Um¬
reißen der Halmfrucht und durch Brechen in den Hackfrüchten auf den Feldern
allerdings bedeutenden Schaden anrichtet, und dem der Gesetzgeber deshalb
auch keine Schonzeit zugebilligt hat. Zur Ehrenrettung unserer Schwarzkittel
sei aber erwähnt, daß sie dem Walde durch Umbrechen des Bodens und die
Vertilgung von Engerlingen, Raupen, Puppen und Mäusen entschieden nützen.

Daß das Rotwild gelegentlich das Getreide und die Kartoffeln heimsucht,
auch die Forstkulturen durch Verbiß und Winterschälung schädigt, soll ebenfalls
nicht geleugnet werden, doch ist der Bestand an diesem Wilde fast allerorten
so gering, daß der Schaden nicht allzu schwer ins Gewicht fällt. Im übrigen
äst es hauptsächlich Waldgras, Heidekraut, Beerenkräuter und Flechten, verwertet
also Naturprodukte, die sonst unbenutzt blieben.

Das Rehwild tut im Walde durch den Verbiß der jungen Laub- und
Nadelholzkulturen einigen Schaden, auf den Feldern wohl nur durch das Lagern
im Getreide und durch das Niedertreten der Halme auf Wechseln und Brunft¬
plätzen. Daß eS im Winter zur Äsung auf die junge Saat tritt, beeinträchtigt
deren Gedeihen kaum, ließ man doch früher sogar die Schafe die Wintersaat
abweiden.

Der Hase, der neben dem Rebhuhn heute den Hauptertrag der Jagd
liefert, schält bei hohem Schnee allerdings die jungen Obstbäume, doch kann
man sich hiergegen leicht durch das Umwickeln der Stämmchen mit Dornen
oder Draht schützen. Auf den Feldern tut er keinen nennenswerten Schaden,
setzt vielmehr eine Menge Ernterückstände und Pflanzen, die sonst keine Ver¬
wendung finden würden, in wertvolles Wildbret um. Entschieden schädlich,
wenigstens da, wo es in Menge vorkommt, ist das Kaninchen, da es sich bei
der Nahrungsaufnahme auf kleine Gebiete beschränkt, diese aber desto gründ¬
licher abäst. Auch kann es durch seine Wühlarbeit an Dämmen usw. lästig werden.

Beim Federwild kommt uur der Fasan als gelegentlicher Schädling in
Betracht. Er nimmt in manchen Gegenden die Saat auf, vertilgt jedoch so
eifrig Insektenlarven und Schnecken, daß bei ihm der Schaden durch den Nutze»
zum mindestens aufgewogen wird. Das Rebhuhn nimmt um die Erntezeit
ausgefallene Körner auf, die sonst von den Mäusen gefressen würden, lebt aber
sonst ausschließlich von Unkrautsamen, Insekten und Schnecken und wird dadurch
zu einem Freunde des Landwirth. Bei den Waldhühnern und den Wildenten
kann ebenso wenig von einem Schaden die Rede sein. Man sagt also nicht
zuviel, wenn man den Erlös aus der Jagd auf Hasen, Rebhühner und das
übrige Wildgeflügel, vielleicht mit einziger Ausnahme des Fasans, als einen
reinen Zuwachs zum Nationalvermögen betrachtet.

Von hoher volkswirtschaftlicher Bedeutung ist der reiche Gewinn, der den
ländlichen Gemeinden aus der Jagdverpachtung zufließt. Daß dieser, ramene-


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[0056] Die wirtschaftliche Bedeutung der Jagd gewinn zu hundelt sind. Gegner des Weidwerks haben sich sogar zu der Be¬ hauptung verstiegen, die Produktionskosten des Wildes seien höher als sein Nutzungswert. Das trifft jedoch nur für das Schwarzwild zu, das durch Um¬ reißen der Halmfrucht und durch Brechen in den Hackfrüchten auf den Feldern allerdings bedeutenden Schaden anrichtet, und dem der Gesetzgeber deshalb auch keine Schonzeit zugebilligt hat. Zur Ehrenrettung unserer Schwarzkittel sei aber erwähnt, daß sie dem Walde durch Umbrechen des Bodens und die Vertilgung von Engerlingen, Raupen, Puppen und Mäusen entschieden nützen. Daß das Rotwild gelegentlich das Getreide und die Kartoffeln heimsucht, auch die Forstkulturen durch Verbiß und Winterschälung schädigt, soll ebenfalls nicht geleugnet werden, doch ist der Bestand an diesem Wilde fast allerorten so gering, daß der Schaden nicht allzu schwer ins Gewicht fällt. Im übrigen äst es hauptsächlich Waldgras, Heidekraut, Beerenkräuter und Flechten, verwertet also Naturprodukte, die sonst unbenutzt blieben. Das Rehwild tut im Walde durch den Verbiß der jungen Laub- und Nadelholzkulturen einigen Schaden, auf den Feldern wohl nur durch das Lagern im Getreide und durch das Niedertreten der Halme auf Wechseln und Brunft¬ plätzen. Daß eS im Winter zur Äsung auf die junge Saat tritt, beeinträchtigt deren Gedeihen kaum, ließ man doch früher sogar die Schafe die Wintersaat abweiden. Der Hase, der neben dem Rebhuhn heute den Hauptertrag der Jagd liefert, schält bei hohem Schnee allerdings die jungen Obstbäume, doch kann man sich hiergegen leicht durch das Umwickeln der Stämmchen mit Dornen oder Draht schützen. Auf den Feldern tut er keinen nennenswerten Schaden, setzt vielmehr eine Menge Ernterückstände und Pflanzen, die sonst keine Ver¬ wendung finden würden, in wertvolles Wildbret um. Entschieden schädlich, wenigstens da, wo es in Menge vorkommt, ist das Kaninchen, da es sich bei der Nahrungsaufnahme auf kleine Gebiete beschränkt, diese aber desto gründ¬ licher abäst. Auch kann es durch seine Wühlarbeit an Dämmen usw. lästig werden. Beim Federwild kommt uur der Fasan als gelegentlicher Schädling in Betracht. Er nimmt in manchen Gegenden die Saat auf, vertilgt jedoch so eifrig Insektenlarven und Schnecken, daß bei ihm der Schaden durch den Nutze» zum mindestens aufgewogen wird. Das Rebhuhn nimmt um die Erntezeit ausgefallene Körner auf, die sonst von den Mäusen gefressen würden, lebt aber sonst ausschließlich von Unkrautsamen, Insekten und Schnecken und wird dadurch zu einem Freunde des Landwirth. Bei den Waldhühnern und den Wildenten kann ebenso wenig von einem Schaden die Rede sein. Man sagt also nicht zuviel, wenn man den Erlös aus der Jagd auf Hasen, Rebhühner und das übrige Wildgeflügel, vielleicht mit einziger Ausnahme des Fasans, als einen reinen Zuwachs zum Nationalvermögen betrachtet. Von hoher volkswirtschaftlicher Bedeutung ist der reiche Gewinn, der den ländlichen Gemeinden aus der Jagdverpachtung zufließt. Daß dieser, ramene-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341903_330101/56>, abgerufen am 28.07.2024.