Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Zweites Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Vereinigung der Schwarzburgische" Fürstentümer

Durch die Verschmelzung würde eine bedeutende Arbeitsersparnis (Wegfall
der doppelten Ausführung von Reichsgesetzen und Verordnungen, der doppelten
Anweisungen an den Bundesratsbevollmächtigten usw. s. oben) und eine
nicht unbedeutende Ersparnis an Verwaltungskosten erzielt werden. Zu sparen,
wo es angeht, ist jetzt geradezu die höchste vaterländische Pflicht und wird nach
dem Kriege zu einer Notwendigkeit. Und hier kann gespart werden. Allein
durch den Wegfall eines Ministeriums kann im Laufe der Zeit -- zunächst
werden wohl die meisten bisherigen Beamten, um die sehr schwierigen und um¬
fangreichen Arbeiten zur Anbahnung gleicher Gesetzgebung zu erledigen, mit
übernommen werden müssen -- jährlich gegen 100 000 Mark gespart werden.
Man wird aber sicher auch weitergehen und die Landratsämter und Gerichte
praktischer einteilen können. Die Verlegung des Sitzes der Regierung unter¬
steht nur der Entschließung des Fürsten, da das Grundgesetz den Regierungssitz
nicht festgelegt hat. Bei Beratung des Staatsgrundgesetzes im Ausschusse wird
zu berücksichtigen sein, daß der allgemeine Wunsch der Bevölkerung dahin zu
gehen scheint, ganze Arbeit zu leisten und nicht auf halbem Wege stehen zu
bleiben und außer den beiden Sonderlandtagen einen durch ihre Zusammen¬
legung gebildeten gemeinschaftlichen Landtag für die alsdann staatsrechtlich
selbständig bleibenden zwei Fürstentümer einzusetzen, wie es die Herzogtümer
Coburg und Gotha mit dem Staatsgrundgesetz vom 3. Mai 1852 eingerichtet
haben. Zu einer völligen Verschmelzung, die doch das allein Ersterbenswerte
ist, würde es dann wohl nie kommen, und der Verwaltungs-Apparat von
drei Landtagen ist kostspieliger als der jetzige und zudem ein äußerst schwerfälliger.
Der Negierungsantrag auf Wahl des Ausschusses geht zwar dahin, daß gegebenen¬
falls nur eine teilweise Vereinigung der Ministerien vorerst beschlossen werden
möchte (s. den Eingang). Die Rede des Staatsministers vom 2. März
1916 führte aber bereits aus, daß das bisherige gemeinsame Aus¬
arbeiten der Gesetzesvorlagen durch die Ministerien einen Erfolg nicht zeitigen
könnte, da die Landtage keine gemeinsame Arbeit geleistet haben. So würde
es sicher weitergehen und man hätte durch Bildung einer neuen Verwaltungs¬
behörde nur die Kosten erhöht. Will man nur ein Ministerium und einen
Landtag für das vereinigte Fürstentum Schwarzburg bilden, so wird man sich
bei der Überlegung, wie der neue Landtag zusammengesetzt werden soll, zu¬
nächst entscheiden müssen, ob man lebenslängliche Abgeordnete, die der Fürst
ernennt, mit im Landtage haben möchte, wie es in Sondershausen (s. oben)
bisher der Fall ist. Da man in den kleinen Thüringischen Staaten ein Zwei¬
kammersystem wie in Preußen und den Mittelstaaten schon im Hinblick auf
die hohen Kosten nicht gut wird durchführen können, so erschien bisher die
Lösung, wie sie in Sondershausen gefunden worden war, als eine ideale, die
sich auch unbestrittenermaßen über ein halbes Jahrhundert hindurch gut be¬
währt hat. Diese Einrichtung aufzugeben, liegt deshalb kein Grund vor, wen"
nicht in der Notwendigkeit des gegenseitigen Nachgebens, durch welches die Mit-


Die Vereinigung der Schwarzburgische» Fürstentümer

Durch die Verschmelzung würde eine bedeutende Arbeitsersparnis (Wegfall
der doppelten Ausführung von Reichsgesetzen und Verordnungen, der doppelten
Anweisungen an den Bundesratsbevollmächtigten usw. s. oben) und eine
nicht unbedeutende Ersparnis an Verwaltungskosten erzielt werden. Zu sparen,
wo es angeht, ist jetzt geradezu die höchste vaterländische Pflicht und wird nach
dem Kriege zu einer Notwendigkeit. Und hier kann gespart werden. Allein
durch den Wegfall eines Ministeriums kann im Laufe der Zeit — zunächst
werden wohl die meisten bisherigen Beamten, um die sehr schwierigen und um¬
fangreichen Arbeiten zur Anbahnung gleicher Gesetzgebung zu erledigen, mit
übernommen werden müssen — jährlich gegen 100 000 Mark gespart werden.
Man wird aber sicher auch weitergehen und die Landratsämter und Gerichte
praktischer einteilen können. Die Verlegung des Sitzes der Regierung unter¬
steht nur der Entschließung des Fürsten, da das Grundgesetz den Regierungssitz
nicht festgelegt hat. Bei Beratung des Staatsgrundgesetzes im Ausschusse wird
zu berücksichtigen sein, daß der allgemeine Wunsch der Bevölkerung dahin zu
gehen scheint, ganze Arbeit zu leisten und nicht auf halbem Wege stehen zu
bleiben und außer den beiden Sonderlandtagen einen durch ihre Zusammen¬
legung gebildeten gemeinschaftlichen Landtag für die alsdann staatsrechtlich
selbständig bleibenden zwei Fürstentümer einzusetzen, wie es die Herzogtümer
Coburg und Gotha mit dem Staatsgrundgesetz vom 3. Mai 1852 eingerichtet
haben. Zu einer völligen Verschmelzung, die doch das allein Ersterbenswerte
ist, würde es dann wohl nie kommen, und der Verwaltungs-Apparat von
drei Landtagen ist kostspieliger als der jetzige und zudem ein äußerst schwerfälliger.
Der Negierungsantrag auf Wahl des Ausschusses geht zwar dahin, daß gegebenen¬
falls nur eine teilweise Vereinigung der Ministerien vorerst beschlossen werden
möchte (s. den Eingang). Die Rede des Staatsministers vom 2. März
1916 führte aber bereits aus, daß das bisherige gemeinsame Aus¬
arbeiten der Gesetzesvorlagen durch die Ministerien einen Erfolg nicht zeitigen
könnte, da die Landtage keine gemeinsame Arbeit geleistet haben. So würde
es sicher weitergehen und man hätte durch Bildung einer neuen Verwaltungs¬
behörde nur die Kosten erhöht. Will man nur ein Ministerium und einen
Landtag für das vereinigte Fürstentum Schwarzburg bilden, so wird man sich
bei der Überlegung, wie der neue Landtag zusammengesetzt werden soll, zu¬
nächst entscheiden müssen, ob man lebenslängliche Abgeordnete, die der Fürst
ernennt, mit im Landtage haben möchte, wie es in Sondershausen (s. oben)
bisher der Fall ist. Da man in den kleinen Thüringischen Staaten ein Zwei¬
kammersystem wie in Preußen und den Mittelstaaten schon im Hinblick auf
die hohen Kosten nicht gut wird durchführen können, so erschien bisher die
Lösung, wie sie in Sondershausen gefunden worden war, als eine ideale, die
sich auch unbestrittenermaßen über ein halbes Jahrhundert hindurch gut be¬
währt hat. Diese Einrichtung aufzugeben, liegt deshalb kein Grund vor, wen«
nicht in der Notwendigkeit des gegenseitigen Nachgebens, durch welches die Mit-


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0248" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/330348"/>
            <fw type="header" place="top"> Die Vereinigung der Schwarzburgische» Fürstentümer</fw><lb/>
            <p xml:id="ID_908" next="#ID_909"> Durch die Verschmelzung würde eine bedeutende Arbeitsersparnis (Wegfall<lb/>
der doppelten Ausführung von Reichsgesetzen und Verordnungen, der doppelten<lb/>
Anweisungen an den Bundesratsbevollmächtigten usw. s. oben) und eine<lb/>
nicht unbedeutende Ersparnis an Verwaltungskosten erzielt werden. Zu sparen,<lb/>
wo es angeht, ist jetzt geradezu die höchste vaterländische Pflicht und wird nach<lb/>
dem Kriege zu einer Notwendigkeit. Und hier kann gespart werden. Allein<lb/>
durch den Wegfall eines Ministeriums kann im Laufe der Zeit &#x2014; zunächst<lb/>
werden wohl die meisten bisherigen Beamten, um die sehr schwierigen und um¬<lb/>
fangreichen Arbeiten zur Anbahnung gleicher Gesetzgebung zu erledigen, mit<lb/>
übernommen werden müssen &#x2014; jährlich gegen 100 000 Mark gespart werden.<lb/>
Man wird aber sicher auch weitergehen und die Landratsämter und Gerichte<lb/>
praktischer einteilen können. Die Verlegung des Sitzes der Regierung unter¬<lb/>
steht nur der Entschließung des Fürsten, da das Grundgesetz den Regierungssitz<lb/>
nicht festgelegt hat. Bei Beratung des Staatsgrundgesetzes im Ausschusse wird<lb/>
zu berücksichtigen sein, daß der allgemeine Wunsch der Bevölkerung dahin zu<lb/>
gehen scheint, ganze Arbeit zu leisten und nicht auf halbem Wege stehen zu<lb/>
bleiben und außer den beiden Sonderlandtagen einen durch ihre Zusammen¬<lb/>
legung gebildeten gemeinschaftlichen Landtag für die alsdann staatsrechtlich<lb/>
selbständig bleibenden zwei Fürstentümer einzusetzen, wie es die Herzogtümer<lb/>
Coburg und Gotha mit dem Staatsgrundgesetz vom 3. Mai 1852 eingerichtet<lb/>
haben. Zu einer völligen Verschmelzung, die doch das allein Ersterbenswerte<lb/>
ist, würde es dann wohl nie kommen, und der Verwaltungs-Apparat von<lb/>
drei Landtagen ist kostspieliger als der jetzige und zudem ein äußerst schwerfälliger.<lb/>
Der Negierungsantrag auf Wahl des Ausschusses geht zwar dahin, daß gegebenen¬<lb/>
falls nur eine teilweise Vereinigung der Ministerien vorerst beschlossen werden<lb/>
möchte (s. den Eingang). Die Rede des Staatsministers vom 2. März<lb/>
1916 führte aber bereits aus, daß das bisherige gemeinsame Aus¬<lb/>
arbeiten der Gesetzesvorlagen durch die Ministerien einen Erfolg nicht zeitigen<lb/>
könnte, da die Landtage keine gemeinsame Arbeit geleistet haben. So würde<lb/>
es sicher weitergehen und man hätte durch Bildung einer neuen Verwaltungs¬<lb/>
behörde nur die Kosten erhöht. Will man nur ein Ministerium und einen<lb/>
Landtag für das vereinigte Fürstentum Schwarzburg bilden, so wird man sich<lb/>
bei der Überlegung, wie der neue Landtag zusammengesetzt werden soll, zu¬<lb/>
nächst entscheiden müssen, ob man lebenslängliche Abgeordnete, die der Fürst<lb/>
ernennt, mit im Landtage haben möchte, wie es in Sondershausen (s. oben)<lb/>
bisher der Fall ist. Da man in den kleinen Thüringischen Staaten ein Zwei¬<lb/>
kammersystem wie in Preußen und den Mittelstaaten schon im Hinblick auf<lb/>
die hohen Kosten nicht gut wird durchführen können, so erschien bisher die<lb/>
Lösung, wie sie in Sondershausen gefunden worden war, als eine ideale, die<lb/>
sich auch unbestrittenermaßen über ein halbes Jahrhundert hindurch gut be¬<lb/>
währt hat. Diese Einrichtung aufzugeben, liegt deshalb kein Grund vor, wen«<lb/>
nicht in der Notwendigkeit des gegenseitigen Nachgebens, durch welches die Mit-</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0248] Die Vereinigung der Schwarzburgische» Fürstentümer Durch die Verschmelzung würde eine bedeutende Arbeitsersparnis (Wegfall der doppelten Ausführung von Reichsgesetzen und Verordnungen, der doppelten Anweisungen an den Bundesratsbevollmächtigten usw. s. oben) und eine nicht unbedeutende Ersparnis an Verwaltungskosten erzielt werden. Zu sparen, wo es angeht, ist jetzt geradezu die höchste vaterländische Pflicht und wird nach dem Kriege zu einer Notwendigkeit. Und hier kann gespart werden. Allein durch den Wegfall eines Ministeriums kann im Laufe der Zeit — zunächst werden wohl die meisten bisherigen Beamten, um die sehr schwierigen und um¬ fangreichen Arbeiten zur Anbahnung gleicher Gesetzgebung zu erledigen, mit übernommen werden müssen — jährlich gegen 100 000 Mark gespart werden. Man wird aber sicher auch weitergehen und die Landratsämter und Gerichte praktischer einteilen können. Die Verlegung des Sitzes der Regierung unter¬ steht nur der Entschließung des Fürsten, da das Grundgesetz den Regierungssitz nicht festgelegt hat. Bei Beratung des Staatsgrundgesetzes im Ausschusse wird zu berücksichtigen sein, daß der allgemeine Wunsch der Bevölkerung dahin zu gehen scheint, ganze Arbeit zu leisten und nicht auf halbem Wege stehen zu bleiben und außer den beiden Sonderlandtagen einen durch ihre Zusammen¬ legung gebildeten gemeinschaftlichen Landtag für die alsdann staatsrechtlich selbständig bleibenden zwei Fürstentümer einzusetzen, wie es die Herzogtümer Coburg und Gotha mit dem Staatsgrundgesetz vom 3. Mai 1852 eingerichtet haben. Zu einer völligen Verschmelzung, die doch das allein Ersterbenswerte ist, würde es dann wohl nie kommen, und der Verwaltungs-Apparat von drei Landtagen ist kostspieliger als der jetzige und zudem ein äußerst schwerfälliger. Der Negierungsantrag auf Wahl des Ausschusses geht zwar dahin, daß gegebenen¬ falls nur eine teilweise Vereinigung der Ministerien vorerst beschlossen werden möchte (s. den Eingang). Die Rede des Staatsministers vom 2. März 1916 führte aber bereits aus, daß das bisherige gemeinsame Aus¬ arbeiten der Gesetzesvorlagen durch die Ministerien einen Erfolg nicht zeitigen könnte, da die Landtage keine gemeinsame Arbeit geleistet haben. So würde es sicher weitergehen und man hätte durch Bildung einer neuen Verwaltungs¬ behörde nur die Kosten erhöht. Will man nur ein Ministerium und einen Landtag für das vereinigte Fürstentum Schwarzburg bilden, so wird man sich bei der Überlegung, wie der neue Landtag zusammengesetzt werden soll, zu¬ nächst entscheiden müssen, ob man lebenslängliche Abgeordnete, die der Fürst ernennt, mit im Landtage haben möchte, wie es in Sondershausen (s. oben) bisher der Fall ist. Da man in den kleinen Thüringischen Staaten ein Zwei¬ kammersystem wie in Preußen und den Mittelstaaten schon im Hinblick auf die hohen Kosten nicht gut wird durchführen können, so erschien bisher die Lösung, wie sie in Sondershausen gefunden worden war, als eine ideale, die sich auch unbestrittenermaßen über ein halbes Jahrhundert hindurch gut be¬ währt hat. Diese Einrichtung aufzugeben, liegt deshalb kein Grund vor, wen« nicht in der Notwendigkeit des gegenseitigen Nachgebens, durch welches die Mit-

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341903_330101
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341903_330101/248
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341903_330101/248>, abgerufen am 22.12.2024.