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Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Erstes Vierteljahr.

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slawische Ortsnamen im Brandenburgischen

So z. B. Ehrenfeld bei Köln am Rhein; erst sagte man das Ehrenfeld, eine
Redeweise, die die Bewohner mit zunehmender Größe des Orts als beleidigend
empfanden, indem sie durchaus nur in Ehrenfeld (ohne das) wohnen wollten.
Ähnlich Grüne in Westfalen, sonst die Grüne oder auf der Grüne genannt.
Was bedeutete nun der Berlin? Man hat hier von einem Pranger gesprochen,
der sich an der Stelle des heutigen Berliner Rathauses befunden und dem
Ort seinen Namen gegeben habe. Hiernach soll der Name Berlin vom Worte
werdet herkommen, das Bratspieß oder Bratenwerder heißt und mit wertetj.
drehen, in Zusammenhang steht. Dies Wort, also etwa in der Form wertelina,
habe dann ein Drehhänschen oder einen Pranger bedeutet; auch sei das
italienische Wort berlina, Pranger hiervon abzuleiten. Aber wo in aller Welt
hat man denn einen Pranger jemals anderswo errichtet als im Mittelpunkte
des Verkehrs? Dieser Pranger aber hätte weit draußen an der Landstraße
gelegen. Man wird also den Namen lieber so deuten, daß er sich der Örtlich¬
keit anpaßt. Da ist nun zu beachten, daß Köln am Wasser lag, und daß
demgemäß die gegenüberliegende Örtlichkeit wohl einen Namen gehabt haben
dürfte, der damit zusammenstimmte. Am Wasser nun aber wachsen Weiden,
die bredina oder werba genannt werden. Von bredina (Stamm bred) kommen
Namen wie Breddin und Bredow, von der Form werba: Werben, Werbig,
Werbellinsee, Fehrbellin und Land Bellin. Dabei wäre dann Fehrbellin nicht
etwa die Fähre nach Bellin, sondern Bellin nur die übrig gebliebene zweite
Hälfte eines Wortes werbelina, Weidenlaub. Ebenso wird aber auch B?rliu
aus werbelina verkürzt sein. Dann wäre die ursprüngliche Bedeutung des
Namens etwa die: im Weidicht.

Die einwandernden Deutschen nun, die als Eroberer namentlich auch auf
ihre Sicherheit und auf die Beherrschung der Land- und Wasserstraßen bedacht
sein mußten, fanden gerade diese Stelle für eine Ansiedelung sehr geeignet.
Denn einmal lief eine alte Straße von Teltow nach dem Barnim hier durch,
und zweitens war gerade hier der sumpfige Teil des Flußtals besonders eng,
wie auch der Fluß selber infolge seiner Teilung in zwei Arme leicht zu sperren.
Letzteres wurde dann noch dadurch vervollständigt, daß man nach dem gegen¬
überliegenden Dorf Köln einen mit Mühlen besetzten Damm, und im anderen
Spreearm ein Wehr anlegte, etwa dort, wo sich jetzt die Gertraudtenbrücke be¬
findet, die übrigens, der Örtlichkeit entsprechend, früher Teltomer Brücke hieß.
Durch diese Gunst der Lage geschah es, daß die Stadt von vorneherein im
Besitz eines Umschlagrechtes war und eine Schifferstadt wurde. Man weihte
deshalb auch die neuerbaute Stadtkirche dem heiligen Nikolaus, dem Schutzpatron
d^r Schiffer. Diese Kirche nnn lag naturgemäß ganz in der Nähe des Marktplatzes.

Dieser wurde später, schon gegen das Jahr 1300, der Alte Markt ge¬
nannt, nachdem ein neuer Stadtteil nördlich der heutigen Königstraße mit der
Marienkirche und dem Neuen Markt hinzugekommen war. Die Benennung
Molkenmarkt für ihn ist erst viel später entstanden.


slawische Ortsnamen im Brandenburgischen

So z. B. Ehrenfeld bei Köln am Rhein; erst sagte man das Ehrenfeld, eine
Redeweise, die die Bewohner mit zunehmender Größe des Orts als beleidigend
empfanden, indem sie durchaus nur in Ehrenfeld (ohne das) wohnen wollten.
Ähnlich Grüne in Westfalen, sonst die Grüne oder auf der Grüne genannt.
Was bedeutete nun der Berlin? Man hat hier von einem Pranger gesprochen,
der sich an der Stelle des heutigen Berliner Rathauses befunden und dem
Ort seinen Namen gegeben habe. Hiernach soll der Name Berlin vom Worte
werdet herkommen, das Bratspieß oder Bratenwerder heißt und mit wertetj.
drehen, in Zusammenhang steht. Dies Wort, also etwa in der Form wertelina,
habe dann ein Drehhänschen oder einen Pranger bedeutet; auch sei das
italienische Wort berlina, Pranger hiervon abzuleiten. Aber wo in aller Welt
hat man denn einen Pranger jemals anderswo errichtet als im Mittelpunkte
des Verkehrs? Dieser Pranger aber hätte weit draußen an der Landstraße
gelegen. Man wird also den Namen lieber so deuten, daß er sich der Örtlich¬
keit anpaßt. Da ist nun zu beachten, daß Köln am Wasser lag, und daß
demgemäß die gegenüberliegende Örtlichkeit wohl einen Namen gehabt haben
dürfte, der damit zusammenstimmte. Am Wasser nun aber wachsen Weiden,
die bredina oder werba genannt werden. Von bredina (Stamm bred) kommen
Namen wie Breddin und Bredow, von der Form werba: Werben, Werbig,
Werbellinsee, Fehrbellin und Land Bellin. Dabei wäre dann Fehrbellin nicht
etwa die Fähre nach Bellin, sondern Bellin nur die übrig gebliebene zweite
Hälfte eines Wortes werbelina, Weidenlaub. Ebenso wird aber auch B?rliu
aus werbelina verkürzt sein. Dann wäre die ursprüngliche Bedeutung des
Namens etwa die: im Weidicht.

Die einwandernden Deutschen nun, die als Eroberer namentlich auch auf
ihre Sicherheit und auf die Beherrschung der Land- und Wasserstraßen bedacht
sein mußten, fanden gerade diese Stelle für eine Ansiedelung sehr geeignet.
Denn einmal lief eine alte Straße von Teltow nach dem Barnim hier durch,
und zweitens war gerade hier der sumpfige Teil des Flußtals besonders eng,
wie auch der Fluß selber infolge seiner Teilung in zwei Arme leicht zu sperren.
Letzteres wurde dann noch dadurch vervollständigt, daß man nach dem gegen¬
überliegenden Dorf Köln einen mit Mühlen besetzten Damm, und im anderen
Spreearm ein Wehr anlegte, etwa dort, wo sich jetzt die Gertraudtenbrücke be¬
findet, die übrigens, der Örtlichkeit entsprechend, früher Teltomer Brücke hieß.
Durch diese Gunst der Lage geschah es, daß die Stadt von vorneherein im
Besitz eines Umschlagrechtes war und eine Schifferstadt wurde. Man weihte
deshalb auch die neuerbaute Stadtkirche dem heiligen Nikolaus, dem Schutzpatron
d^r Schiffer. Diese Kirche nnn lag naturgemäß ganz in der Nähe des Marktplatzes.

Dieser wurde später, schon gegen das Jahr 1300, der Alte Markt ge¬
nannt, nachdem ein neuer Stadtteil nördlich der heutigen Königstraße mit der
Marienkirche und dem Neuen Markt hinzugekommen war. Die Benennung
Molkenmarkt für ihn ist erst viel später entstanden.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341903_329665/89>, abgerufen am 15.01.2025.