Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Erstes Vierteljahr.slawische Ortsnamen im Brandenburgischen die Hauptsache ist. Erweichte Konsonanten werden wir, wo es die Aussprache Was nun zunächst den alten Namen Brandenburg anbetrifft, so wird dieser Die heutige Hauptstadt Brandenburgs, Berlin, hat dagegen ganz unbe¬ slawische Ortsnamen im Brandenburgischen die Hauptsache ist. Erweichte Konsonanten werden wir, wo es die Aussprache Was nun zunächst den alten Namen Brandenburg anbetrifft, so wird dieser Die heutige Hauptstadt Brandenburgs, Berlin, hat dagegen ganz unbe¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0088" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/329754"/> <fw type="header" place="top"> slawische Ortsnamen im Brandenburgischen</fw><lb/> <p xml:id="ID_216" prev="#ID_215"> die Hauptsache ist. Erweichte Konsonanten werden wir, wo es die Aussprache<lb/> erfordert, außer vor e und s, durch hintergesetztes j andeuten. Den weichen<lb/> s-Laut werden wir mit s, den harten mit ß wiedergeben, den z-Laut, um<lb/> Mißverständnisse zu vermeiden, durch ez. Die über ihre Aussprache stets<lb/> Zweifel lassenden Buchstaben y und v werden wir vermeiden. Damit wir den<lb/> deutschen Leser nicht durch ungewohnte und unverständliche Buchstaben ver¬<lb/> wirren, werden wir aber außer den russischen auch die im folgenden erwähnten<lb/> tschechischen und sorbischen Namen der deutschen Aussprache gemäß umschreiben,<lb/> also sämtliche Haken und Striche durchaus verbannen.</p><lb/> <p xml:id="ID_217"> Was nun zunächst den alten Namen Brandenburg anbetrifft, so wird dieser<lb/> gewöhnlich von einem slawischen Worte Brennabor oder Brennäburg abgeleitet.<lb/> Es ist fraglich, ob dies zutrifft, da eben Brandenburg ein auch sonst in Deutsch-<lb/> land nicht ungewöhnlicher Ortsname ist und eine Ansiedlung auf einer durch<lb/> Ausbrennen des Waldes erzeugten Lichtung bedeutet. slawisch würde branj<lb/> Kampf und bor Fichtenwald bedeuten; also ein Wald, um dessen Besitz gekämpft<lb/> wird. Im Tschechischen heißt, nebenbei bemerkt, brambori Kartoffeln, angeblich,<lb/> weil man sie zuerst über Brandenburg hat kennen lernen. Einen damit überein¬<lb/> stimmenden Sinn haben Neitwein (bei Küstrin) und Ratibor (in Oberschlesien);<lb/> hier bedeutet ratj oder rjet Kampf, bor wieder Fichtenwald und wina Ursache<lb/> (oder woina Krieg).</p><lb/> <p xml:id="ID_218" next="#ID_219"> Die heutige Hauptstadt Brandenburgs, Berlin, hat dagegen ganz unbe¬<lb/> stritten einen slawischen Namen; jedoch ist man über seine Herleitung noch<lb/> nicht ganz einig. Nach der Örtlichkeit lag hier zunächst auf der Sprecinsel ein<lb/> slawisches Fischerdorf auf einem aus Wasser und Sumpf sich erhebenden<lb/> Hügel, das den Namen Köln führte. Dieser Hügel kann freilich nicht sehr<lb/> hoch gewesen sein; denn es ist heute nichts mehr davon zu sehen; immerhin<lb/> muß aber doch innerhalb des sonst sumpfigen Spreebettes wenigstens soviel<lb/> Sand zu Tage getreten sein, um die Entstehung einer Insel und die Errichtung<lb/> eines Fischerdorfes auf ihr zu ermöglichen. Köln (älteste deutsche Form Kolne)<lb/> bezeichnet einen solchen Hügel; das Wort erscheint in den verschiedensten<lb/> Formen: Golm (an einem Berge) bei Potsdam; Gollnow (auf einem niedrigen<lb/> Hügel) in Pommern; Kölln in Westpreußen; Kolin, Kulm und China in<lb/> Böhmen. Chota in Polen (russisch cholm, lateinisch enlum). Mit Köln am<lb/> Rhein (damalige Form Köller) hat dies Köln nur eine zufällige Nameus-<lb/> gleichheit gemein. Es ist namentlich der ganzen Örtlichkeit nach ausgeschlossen,<lb/> daß etwa Rheinländer aus Köln den Ort gegründet und Ziach ihrer Heimat<lb/> benannt hätten. Gegenüber jenem Fischerdorf wurde dann eine städtische,<lb/> deutsche Ansiedlung errichtet, die man nach irgend einem slawischen Örtlichkeits-<lb/> namen Berlin nannte, und zwar in der ältesten überlieferten Form to dem<lb/> Berlin. Ortsnamen mit dem Artikel bezeichnen nun im Deutschen eine An¬<lb/> siedlung, die ihren Namen erst vor kurzem einem Flurnamen meles.it hat;<lb/> später, wenn die Flur hinter dem Ort verschwindet, fällt dann der Artikel weg.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0088]
slawische Ortsnamen im Brandenburgischen
die Hauptsache ist. Erweichte Konsonanten werden wir, wo es die Aussprache
erfordert, außer vor e und s, durch hintergesetztes j andeuten. Den weichen
s-Laut werden wir mit s, den harten mit ß wiedergeben, den z-Laut, um
Mißverständnisse zu vermeiden, durch ez. Die über ihre Aussprache stets
Zweifel lassenden Buchstaben y und v werden wir vermeiden. Damit wir den
deutschen Leser nicht durch ungewohnte und unverständliche Buchstaben ver¬
wirren, werden wir aber außer den russischen auch die im folgenden erwähnten
tschechischen und sorbischen Namen der deutschen Aussprache gemäß umschreiben,
also sämtliche Haken und Striche durchaus verbannen.
Was nun zunächst den alten Namen Brandenburg anbetrifft, so wird dieser
gewöhnlich von einem slawischen Worte Brennabor oder Brennäburg abgeleitet.
Es ist fraglich, ob dies zutrifft, da eben Brandenburg ein auch sonst in Deutsch-
land nicht ungewöhnlicher Ortsname ist und eine Ansiedlung auf einer durch
Ausbrennen des Waldes erzeugten Lichtung bedeutet. slawisch würde branj
Kampf und bor Fichtenwald bedeuten; also ein Wald, um dessen Besitz gekämpft
wird. Im Tschechischen heißt, nebenbei bemerkt, brambori Kartoffeln, angeblich,
weil man sie zuerst über Brandenburg hat kennen lernen. Einen damit überein¬
stimmenden Sinn haben Neitwein (bei Küstrin) und Ratibor (in Oberschlesien);
hier bedeutet ratj oder rjet Kampf, bor wieder Fichtenwald und wina Ursache
(oder woina Krieg).
Die heutige Hauptstadt Brandenburgs, Berlin, hat dagegen ganz unbe¬
stritten einen slawischen Namen; jedoch ist man über seine Herleitung noch
nicht ganz einig. Nach der Örtlichkeit lag hier zunächst auf der Sprecinsel ein
slawisches Fischerdorf auf einem aus Wasser und Sumpf sich erhebenden
Hügel, das den Namen Köln führte. Dieser Hügel kann freilich nicht sehr
hoch gewesen sein; denn es ist heute nichts mehr davon zu sehen; immerhin
muß aber doch innerhalb des sonst sumpfigen Spreebettes wenigstens soviel
Sand zu Tage getreten sein, um die Entstehung einer Insel und die Errichtung
eines Fischerdorfes auf ihr zu ermöglichen. Köln (älteste deutsche Form Kolne)
bezeichnet einen solchen Hügel; das Wort erscheint in den verschiedensten
Formen: Golm (an einem Berge) bei Potsdam; Gollnow (auf einem niedrigen
Hügel) in Pommern; Kölln in Westpreußen; Kolin, Kulm und China in
Böhmen. Chota in Polen (russisch cholm, lateinisch enlum). Mit Köln am
Rhein (damalige Form Köller) hat dies Köln nur eine zufällige Nameus-
gleichheit gemein. Es ist namentlich der ganzen Örtlichkeit nach ausgeschlossen,
daß etwa Rheinländer aus Köln den Ort gegründet und Ziach ihrer Heimat
benannt hätten. Gegenüber jenem Fischerdorf wurde dann eine städtische,
deutsche Ansiedlung errichtet, die man nach irgend einem slawischen Örtlichkeits-
namen Berlin nannte, und zwar in der ältesten überlieferten Form to dem
Berlin. Ortsnamen mit dem Artikel bezeichnen nun im Deutschen eine An¬
siedlung, die ihren Namen erst vor kurzem einem Flurnamen meles.it hat;
später, wenn die Flur hinter dem Ort verschwindet, fällt dann der Artikel weg.
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