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Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Erstes Vierteljahr.

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Die Ausgleichung der Familienlasten

ommensteuersatz bemessen würde, wenn beispielsweise in Bayern die Einkommen¬
steuer genau denselben Betrag bringen sollte als nach dem heute hier geltenden
Steuerrecht. Würden die Beihilfen zu den von mir gefordertek Sätzen gewahrt,
so müßte für Einkommen jeder Höhe gleichmäßig ein Steuersatz von 2.82 Prozent
oder sagen wir von rund 3 Prozent desjenigen Betrages erhoben werden, der
sich ergibt, wenn von dem Einkommen die zur Deckung der Familienbeihilfen
erforderliche Anlage und bei jedem Ewkommenbezieher der Betrag des not¬
dürftigen Lebensunterhalts abgezogen wird.

Nun die Beispielberechnung. Bei einem Einkommen von 4000 Mark
betrüge (an einem Orte mit einem Taglohnsatz von 3 Mark) die Deckungs--
24
abgäbe (4000 -- 200 X 3) X ^ ---- 816 Mark und danach die Einkommen-
Z
Steuer (3400 -- 816) X ^ ^- rund 78 Mark. Hier ist es nun tatsächlich
ohne Einfluß, ob es sich um einen Ehelosen, ein kinderloses Ehepaar oder
eine kinderreiche Familie handelt; denn der Unterschied der Familienlast wird
eben durch die Wirkung der Beihilfen ausgeglichen, die ihrerseits natürlich von
der Steuerlast frei zu bleiben hätten. So erhielte bei der angenommenen
Einkommenhöhe von 4000 Mark das kinderlose Ehepaar eine Haushaltungs-
beihilfe von 600 Mark und ein Familienvater mit Frau und fünf Kindern von
5, 7, 10, 11, 14 Jahren (von denen keines eine höhere Schule besucht) zu
jenen 600 Mark hier als Gesamtbetrag der Kinderbeihilfen weitere 712 Mark.
Die Steuerlast von 78 Mark würde also ruhen auf folgendem "berichtigten
Einkommen": beim Ehelosen auf 4000 -- 8163184 Mark, bei dem kinder¬
losen Ehepaar auf 4000 -- 816 4- 600 3784 Mark, bei jener kinderreichen
Familie auf 4000 -- 816 4- 600 4- 712 4496 Mark.

Diese Zahlenreihe für eine Anzahl verschiedenster Einkommenstufen berechnet
zeigt die Tabelle auf Seite 309.

Diese Zahlen zeigen, daß es hier weder geboten noch gerecht wäre, die
Steuer nach wachsenden Sätzen zu gestalten. Eine solche Regelung ist uns
freilich heute so geläufig, daß wir sie für eine selbstverständliche Eigentümlichkeit
der Besteuerung halten möchten. So wächst z. B. bei der bayerischen Ein¬
kommensteuer der Satz von 0,17 bis zu 5 Prozent. Aber diese Reglung ist
gleichwohl weiter nichts als ein Notbehelf und nur solange berechtigt, als das
Gesetz keinen anderen Weg findet, der Leistungsfähigkeit volle Rechnung zu
tragen. Dieser andere Weg aber ist mit dem Aufbau der Steuer auf einer
allgemeinen Beihtlfenordnung und damit auf dem leistungsfähigen Einkommen-
teil von selbst gegeben. Man sieht aus den mitgeteilten Zahlenbeispielen, wie
fühlbar die höheren Einkommen zu einem gerechten Ausgleich der Familien¬
lasten außerhalb der Steuer herangezogen werden. Nach unten aber bleibt --
und mit Recht -- nur der wirklich notdürftige Lebensunterhalt steuerfrei, auch
hier wieder für den Unverheirateten wie für den kinderreichen Familienvater in


Die Ausgleichung der Familienlasten

ommensteuersatz bemessen würde, wenn beispielsweise in Bayern die Einkommen¬
steuer genau denselben Betrag bringen sollte als nach dem heute hier geltenden
Steuerrecht. Würden die Beihilfen zu den von mir gefordertek Sätzen gewahrt,
so müßte für Einkommen jeder Höhe gleichmäßig ein Steuersatz von 2.82 Prozent
oder sagen wir von rund 3 Prozent desjenigen Betrages erhoben werden, der
sich ergibt, wenn von dem Einkommen die zur Deckung der Familienbeihilfen
erforderliche Anlage und bei jedem Ewkommenbezieher der Betrag des not¬
dürftigen Lebensunterhalts abgezogen wird.

Nun die Beispielberechnung. Bei einem Einkommen von 4000 Mark
betrüge (an einem Orte mit einem Taglohnsatz von 3 Mark) die Deckungs--
24
abgäbe (4000 — 200 X 3) X ^ ---- 816 Mark und danach die Einkommen-
Z
Steuer (3400 — 816) X ^ ^- rund 78 Mark. Hier ist es nun tatsächlich
ohne Einfluß, ob es sich um einen Ehelosen, ein kinderloses Ehepaar oder
eine kinderreiche Familie handelt; denn der Unterschied der Familienlast wird
eben durch die Wirkung der Beihilfen ausgeglichen, die ihrerseits natürlich von
der Steuerlast frei zu bleiben hätten. So erhielte bei der angenommenen
Einkommenhöhe von 4000 Mark das kinderlose Ehepaar eine Haushaltungs-
beihilfe von 600 Mark und ein Familienvater mit Frau und fünf Kindern von
5, 7, 10, 11, 14 Jahren (von denen keines eine höhere Schule besucht) zu
jenen 600 Mark hier als Gesamtbetrag der Kinderbeihilfen weitere 712 Mark.
Die Steuerlast von 78 Mark würde also ruhen auf folgendem „berichtigten
Einkommen": beim Ehelosen auf 4000 — 8163184 Mark, bei dem kinder¬
losen Ehepaar auf 4000 — 816 4- 600 3784 Mark, bei jener kinderreichen
Familie auf 4000 — 816 4- 600 4- 712 4496 Mark.

Diese Zahlenreihe für eine Anzahl verschiedenster Einkommenstufen berechnet
zeigt die Tabelle auf Seite 309.

Diese Zahlen zeigen, daß es hier weder geboten noch gerecht wäre, die
Steuer nach wachsenden Sätzen zu gestalten. Eine solche Regelung ist uns
freilich heute so geläufig, daß wir sie für eine selbstverständliche Eigentümlichkeit
der Besteuerung halten möchten. So wächst z. B. bei der bayerischen Ein¬
kommensteuer der Satz von 0,17 bis zu 5 Prozent. Aber diese Reglung ist
gleichwohl weiter nichts als ein Notbehelf und nur solange berechtigt, als das
Gesetz keinen anderen Weg findet, der Leistungsfähigkeit volle Rechnung zu
tragen. Dieser andere Weg aber ist mit dem Aufbau der Steuer auf einer
allgemeinen Beihtlfenordnung und damit auf dem leistungsfähigen Einkommen-
teil von selbst gegeben. Man sieht aus den mitgeteilten Zahlenbeispielen, wie
fühlbar die höheren Einkommen zu einem gerechten Ausgleich der Familien¬
lasten außerhalb der Steuer herangezogen werden. Nach unten aber bleibt —
und mit Recht — nur der wirklich notdürftige Lebensunterhalt steuerfrei, auch
hier wieder für den Unverheirateten wie für den kinderreichen Familienvater in


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[0320] Die Ausgleichung der Familienlasten ommensteuersatz bemessen würde, wenn beispielsweise in Bayern die Einkommen¬ steuer genau denselben Betrag bringen sollte als nach dem heute hier geltenden Steuerrecht. Würden die Beihilfen zu den von mir gefordertek Sätzen gewahrt, so müßte für Einkommen jeder Höhe gleichmäßig ein Steuersatz von 2.82 Prozent oder sagen wir von rund 3 Prozent desjenigen Betrages erhoben werden, der sich ergibt, wenn von dem Einkommen die zur Deckung der Familienbeihilfen erforderliche Anlage und bei jedem Ewkommenbezieher der Betrag des not¬ dürftigen Lebensunterhalts abgezogen wird. Nun die Beispielberechnung. Bei einem Einkommen von 4000 Mark betrüge (an einem Orte mit einem Taglohnsatz von 3 Mark) die Deckungs-- 24 abgäbe (4000 — 200 X 3) X ^ ---- 816 Mark und danach die Einkommen- Z Steuer (3400 — 816) X ^ ^- rund 78 Mark. Hier ist es nun tatsächlich ohne Einfluß, ob es sich um einen Ehelosen, ein kinderloses Ehepaar oder eine kinderreiche Familie handelt; denn der Unterschied der Familienlast wird eben durch die Wirkung der Beihilfen ausgeglichen, die ihrerseits natürlich von der Steuerlast frei zu bleiben hätten. So erhielte bei der angenommenen Einkommenhöhe von 4000 Mark das kinderlose Ehepaar eine Haushaltungs- beihilfe von 600 Mark und ein Familienvater mit Frau und fünf Kindern von 5, 7, 10, 11, 14 Jahren (von denen keines eine höhere Schule besucht) zu jenen 600 Mark hier als Gesamtbetrag der Kinderbeihilfen weitere 712 Mark. Die Steuerlast von 78 Mark würde also ruhen auf folgendem „berichtigten Einkommen": beim Ehelosen auf 4000 — 8163184 Mark, bei dem kinder¬ losen Ehepaar auf 4000 — 816 4- 600 3784 Mark, bei jener kinderreichen Familie auf 4000 — 816 4- 600 4- 712 4496 Mark. Diese Zahlenreihe für eine Anzahl verschiedenster Einkommenstufen berechnet zeigt die Tabelle auf Seite 309. Diese Zahlen zeigen, daß es hier weder geboten noch gerecht wäre, die Steuer nach wachsenden Sätzen zu gestalten. Eine solche Regelung ist uns freilich heute so geläufig, daß wir sie für eine selbstverständliche Eigentümlichkeit der Besteuerung halten möchten. So wächst z. B. bei der bayerischen Ein¬ kommensteuer der Satz von 0,17 bis zu 5 Prozent. Aber diese Reglung ist gleichwohl weiter nichts als ein Notbehelf und nur solange berechtigt, als das Gesetz keinen anderen Weg findet, der Leistungsfähigkeit volle Rechnung zu tragen. Dieser andere Weg aber ist mit dem Aufbau der Steuer auf einer allgemeinen Beihtlfenordnung und damit auf dem leistungsfähigen Einkommen- teil von selbst gegeben. Man sieht aus den mitgeteilten Zahlenbeispielen, wie fühlbar die höheren Einkommen zu einem gerechten Ausgleich der Familien¬ lasten außerhalb der Steuer herangezogen werden. Nach unten aber bleibt — und mit Recht — nur der wirklich notdürftige Lebensunterhalt steuerfrei, auch hier wieder für den Unverheirateten wie für den kinderreichen Familienvater in

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341903_329665/320>, abgerufen am 15.01.2025.