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Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Erstes Vierteljahr.

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Die amerikanische Grganisation in China

Staaten auf den pazifischen Osten und diejenige Chinas auf den amerikanischen
Westen. Der Bau des Panamakanals regte mächtig zur Beschäftigung mit den
Möglichkeiten an, die sich dem Ausbreitungsorange des amerikanischen Handels
jenseits des Stillen Ozeans boten. Die erste Abordnung von Geschäftsleuten,
welche im Auftrag der Vereinigten Handelskammern der amerikanischen Pacific-
küste vor ein paar Jahren nach China fuhr, hatte, obwohl sie freundliche Auf¬
nahme fand, nicht viel Positives mit nach Hause bringen können. Die Westküste
der Bereinigten Staaten ist selbst noch sehr wenig industrialisiert. Außer Bau¬
holz, Mehl, eingemachten Früchten und kleineren Artikeln vermochte sie den:
chinesischen Markte zunächst noch nicht viel zu bieten. Der kam als Absatzgebiet
in erster Reihe für die Jndustrieerzeugnisse in Betracht, die vorwiegend der
Osten der Staaten hervorbrachte. Besäßen aber New Aork und Pittsburg erst
einmal im Kanal eine direkte Verbindung mit dem Pacific, dann bot sich nicht
nur dem Verlangen der amerikanischen Fabrikanten nach ausländischen Märkten
das Reich der Mitte als ein fast unbegrenzt aufnahmefähiger Abnehmer dar,
die billige Arbeit aus Europa konnte auch leicht und ohne nennenswerte Kosten
"ach der Westküste Amerikas weitergeleitet werden und dort neue Industrie¬
zentren begründen helfen, denen dann China sozusagen vor der Türe lag.

Mit dieser billigen Arbeit aus Europa, das heißt aus Deutschland, wird
im Zusammenhang mit den Plänen für die Gewinnung des chinesischen Marktes
von den Strategen des amerikanischen Expansionsfeldzuges neuerdings geradezu
gerechnet. Auf einer Konferenz, die im vorigen November in Pittsburg statt¬
fand, meinte ein RegierungsVertreter ganz selbstverständlich: "Nach dem Kriege
findet die deutsche Exportindustrie alle Türen zugeschlagen. Ihre tüchtigsten
Arbeiter werden in Massen zu uns herüberkommen. Wir werden sie nach dem
Westen schaffen, und sie werden uns dort in neuen amerikanischen Industrie¬
zentren jene Artikel herstellen helfen, mit denen ihr Vaterland einst so erfolg¬
reich den Wettbewerb auf dem Chinamarkt aufgenommen hat".

Die "Lnarnber ok Lommsree ok tre Unitecl States ol Amerika", der
"National l^oreiZn Oracle Louneil", die "^rnencan >V8latin ^ssvLiation",
die neuerdings gegründeten Außeuhandelkomitees zahlreicher amerikanischer Han¬
delskammern, gewaltige großkapitalistische Unternehmungen wie die American
International Lorporation und die American Inäustrial Lorporation, die
Regierungsagenturen zur Förderung des Handels, die ihr Betätigungsfeld be¬
ständig erweitern und ausbauen, die Konsular- und Handelsattaches, die un¬
ermüdlich und wahrhaft erfinderisch neue Mittel und Wege entdecken, das
Lureau ok l^oreiZn ana vomsstie Larmneres, die Auskunftsbureaus der
größten Banken -- alles arbeitet, wie elektrisiert von dem neuen Antrieb zur
Gewinnung auswärtiger Märkte, nach einem großen einheitlichen Plane zu¬
sammen, um das ausgedehnteste Absatzgebiet mit den sorgsamst erwogenen
Methoden für die Ausnahme amerikanischer Fabrikate zu organisieren. Und
nicht nur die Leistungsfähigkeit des heutigen, die Leistungsfähigkeit des künftigen


Die amerikanische Grganisation in China

Staaten auf den pazifischen Osten und diejenige Chinas auf den amerikanischen
Westen. Der Bau des Panamakanals regte mächtig zur Beschäftigung mit den
Möglichkeiten an, die sich dem Ausbreitungsorange des amerikanischen Handels
jenseits des Stillen Ozeans boten. Die erste Abordnung von Geschäftsleuten,
welche im Auftrag der Vereinigten Handelskammern der amerikanischen Pacific-
küste vor ein paar Jahren nach China fuhr, hatte, obwohl sie freundliche Auf¬
nahme fand, nicht viel Positives mit nach Hause bringen können. Die Westküste
der Bereinigten Staaten ist selbst noch sehr wenig industrialisiert. Außer Bau¬
holz, Mehl, eingemachten Früchten und kleineren Artikeln vermochte sie den:
chinesischen Markte zunächst noch nicht viel zu bieten. Der kam als Absatzgebiet
in erster Reihe für die Jndustrieerzeugnisse in Betracht, die vorwiegend der
Osten der Staaten hervorbrachte. Besäßen aber New Aork und Pittsburg erst
einmal im Kanal eine direkte Verbindung mit dem Pacific, dann bot sich nicht
nur dem Verlangen der amerikanischen Fabrikanten nach ausländischen Märkten
das Reich der Mitte als ein fast unbegrenzt aufnahmefähiger Abnehmer dar,
die billige Arbeit aus Europa konnte auch leicht und ohne nennenswerte Kosten
»ach der Westküste Amerikas weitergeleitet werden und dort neue Industrie¬
zentren begründen helfen, denen dann China sozusagen vor der Türe lag.

Mit dieser billigen Arbeit aus Europa, das heißt aus Deutschland, wird
im Zusammenhang mit den Plänen für die Gewinnung des chinesischen Marktes
von den Strategen des amerikanischen Expansionsfeldzuges neuerdings geradezu
gerechnet. Auf einer Konferenz, die im vorigen November in Pittsburg statt¬
fand, meinte ein RegierungsVertreter ganz selbstverständlich: „Nach dem Kriege
findet die deutsche Exportindustrie alle Türen zugeschlagen. Ihre tüchtigsten
Arbeiter werden in Massen zu uns herüberkommen. Wir werden sie nach dem
Westen schaffen, und sie werden uns dort in neuen amerikanischen Industrie¬
zentren jene Artikel herstellen helfen, mit denen ihr Vaterland einst so erfolg¬
reich den Wettbewerb auf dem Chinamarkt aufgenommen hat".

Die „Lnarnber ok Lommsree ok tre Unitecl States ol Amerika", der
„National l^oreiZn Oracle Louneil", die „^rnencan >V8latin ^ssvLiation",
die neuerdings gegründeten Außeuhandelkomitees zahlreicher amerikanischer Han¬
delskammern, gewaltige großkapitalistische Unternehmungen wie die American
International Lorporation und die American Inäustrial Lorporation, die
Regierungsagenturen zur Förderung des Handels, die ihr Betätigungsfeld be¬
ständig erweitern und ausbauen, die Konsular- und Handelsattaches, die un¬
ermüdlich und wahrhaft erfinderisch neue Mittel und Wege entdecken, das
Lureau ok l^oreiZn ana vomsstie Larmneres, die Auskunftsbureaus der
größten Banken — alles arbeitet, wie elektrisiert von dem neuen Antrieb zur
Gewinnung auswärtiger Märkte, nach einem großen einheitlichen Plane zu¬
sammen, um das ausgedehnteste Absatzgebiet mit den sorgsamst erwogenen
Methoden für die Ausnahme amerikanischer Fabrikate zu organisieren. Und
nicht nur die Leistungsfähigkeit des heutigen, die Leistungsfähigkeit des künftigen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341903_329665/206>, abgerufen am 15.01.2025.