Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Erstes Vierteljahr.König Nikola von Montenegro und seine Politik töricht gewesene serbische Regierung ihrem Heere zumutet -- so zeigt dies Nikola wurde am 7. Oktober 1841 zu Njeguschi geboren und folgte nach Gleich im ersten Jahre seiner Regierung sah er sich in schwierige politische Dieser Krieg bildete Nikolas Lehrjahre. Er erkannte, daß Montenegro Zunächst sah sich also der Fürst nach Bundesgenossen um. Fürst Michail König Nikola von Montenegro und seine Politik töricht gewesene serbische Regierung ihrem Heere zumutet — so zeigt dies Nikola wurde am 7. Oktober 1841 zu Njeguschi geboren und folgte nach Gleich im ersten Jahre seiner Regierung sah er sich in schwierige politische Dieser Krieg bildete Nikolas Lehrjahre. Er erkannte, daß Montenegro Zunächst sah sich also der Fürst nach Bundesgenossen um. Fürst Michail <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0193" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/329861"/> <fw type="header" place="top"> König Nikola von Montenegro und seine Politik</fw><lb/> <p xml:id="ID_596" prev="#ID_595"> töricht gewesene serbische Regierung ihrem Heere zumutet — so zeigt dies<lb/> deutlich, daß er jede Hoffnung aufgegeben hat, der Vierverband werde siegen.<lb/> Wenn er trotzdem nachträglich die Flucht ergriff und von Frankreich aus<lb/> glauben machen will, daß Montenegro sich nicht unterworfen habe, sondern den<lb/> Kampf weiterführen werde, so erklärt sich dies aus seinem Charakter, der es<lb/> stets liebte, zwei Eisen im Feuer zu haben. Daß man dabei leicht zwischen<lb/> zwei Stühlen auf dem Boden zu sitzen kommen kann, scheint dem alten Macchiavelli<lb/> nicht klar geworden zu sein. Seine Schlauheit ist nämlich mehr eine Bauern¬<lb/> schlauheit. Diese Bemerkung führt naturgemäß zur Untersuchung der bisherigen<lb/> Politik des Königs.</p><lb/> <p xml:id="ID_597"> Nikola wurde am 7. Oktober 1841 zu Njeguschi geboren und folgte nach<lb/> Ermordung seines Vorgängers und Oheims Danilo als Fürst in der Regierung.<lb/> Bis dahin war er teils in Trieft bei meiner Muhme Marianna, teils in Paris<lb/> erzogen worden. Als er am 14. August 1860 zum Fürsten ausgerufen wurde,<lb/> war seine Ausbildung noch lange nicht vollendet.</p><lb/> <p xml:id="ID_598"> Gleich im ersten Jahre seiner Regierung sah er sich in schwierige politische<lb/> Verhältnisse versetzt, weil 1861 in der Herzegowina der Aufstand des Luka<lb/> Vukalovitsch ausbrach, den die Montenegriner nach Kräften unterstützten, obgleich<lb/> der Fürst unter dem Drucke Österreichs amtlich Neutralität angeordnet hatte.<lb/> Weil aber die Pforte sich nicht täuschen ließ, kam es 1862 zum Krieg mit<lb/> Montenegro, wobei der Fürst dem von drei Seiten mit fast 100 000 Mann<lb/> anrückenden Omer Pascha nur 17 000 Mann mit zehn Geschützen entgegenstellen<lb/> konnte. Durch fünf Monate leisteten die Montenegriner Widerstand, wobei sie<lb/> in acht Feldschlachten und sechzig Gefechten siegreich blieben, namentlich bei<lb/> Zagaratsch, wo 50 000 Türken von nur 12 000 Montenegrinern eine ver¬<lb/> nichtende Niederlage erlitten, und bei Kokoti. Endlich, nachdem die Türken<lb/> schon 40 000 Mann eingebüßt hatten, gelang es Omer Pascha vom Skutarisee<lb/> her bis Rijeka zu dringen, worauf das erschöpfte Montenegro den ungünstigen<lb/> Frieden von Cetinje abschloß, dessen harte Bestimmungen aber nie zur Aus¬<lb/> führung gelangten.</p><lb/> <p xml:id="ID_599"> Dieser Krieg bildete Nikolas Lehrjahre. Er erkannte, daß Montenegro<lb/> allein und obendrein ohne genügende Vorbereitung unmöglich die türkischen<lb/> Serben befreien könne. Denn deren Befreiung hatte sich der junge Fürst von<lb/> vornherein in den Kopf gesetzt. Er sagte mir nämlich 1875 wörtlich: „Ich<lb/> sage dir, alle Serben muß und werde ich noch vom Türkenjoch befreien und<lb/> wenn darüber mein Schädel in Trümmer gehen sollte!"</p><lb/> <p xml:id="ID_600"> Zunächst sah sich also der Fürst nach Bundesgenossen um. Fürst Michail<lb/> von Serbien fand sich sofort bereit, aber man bedürfte auch einer Gro߬<lb/> macht. Die Nächstliegende wäre Österreich gewesen, besonders weil Nikolas Vor»<lb/> Sänger sich mehr auf Österreich und Frankreich als auf Rußland gestützt hatte.<lb/> Aber Napoleon und Alexander der Zweite verstanden sich zu jährlichen Hilfs-<lb/> Feldern und das gab vorläufig den Ausschlag.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0193]
König Nikola von Montenegro und seine Politik
töricht gewesene serbische Regierung ihrem Heere zumutet — so zeigt dies
deutlich, daß er jede Hoffnung aufgegeben hat, der Vierverband werde siegen.
Wenn er trotzdem nachträglich die Flucht ergriff und von Frankreich aus
glauben machen will, daß Montenegro sich nicht unterworfen habe, sondern den
Kampf weiterführen werde, so erklärt sich dies aus seinem Charakter, der es
stets liebte, zwei Eisen im Feuer zu haben. Daß man dabei leicht zwischen
zwei Stühlen auf dem Boden zu sitzen kommen kann, scheint dem alten Macchiavelli
nicht klar geworden zu sein. Seine Schlauheit ist nämlich mehr eine Bauern¬
schlauheit. Diese Bemerkung führt naturgemäß zur Untersuchung der bisherigen
Politik des Königs.
Nikola wurde am 7. Oktober 1841 zu Njeguschi geboren und folgte nach
Ermordung seines Vorgängers und Oheims Danilo als Fürst in der Regierung.
Bis dahin war er teils in Trieft bei meiner Muhme Marianna, teils in Paris
erzogen worden. Als er am 14. August 1860 zum Fürsten ausgerufen wurde,
war seine Ausbildung noch lange nicht vollendet.
Gleich im ersten Jahre seiner Regierung sah er sich in schwierige politische
Verhältnisse versetzt, weil 1861 in der Herzegowina der Aufstand des Luka
Vukalovitsch ausbrach, den die Montenegriner nach Kräften unterstützten, obgleich
der Fürst unter dem Drucke Österreichs amtlich Neutralität angeordnet hatte.
Weil aber die Pforte sich nicht täuschen ließ, kam es 1862 zum Krieg mit
Montenegro, wobei der Fürst dem von drei Seiten mit fast 100 000 Mann
anrückenden Omer Pascha nur 17 000 Mann mit zehn Geschützen entgegenstellen
konnte. Durch fünf Monate leisteten die Montenegriner Widerstand, wobei sie
in acht Feldschlachten und sechzig Gefechten siegreich blieben, namentlich bei
Zagaratsch, wo 50 000 Türken von nur 12 000 Montenegrinern eine ver¬
nichtende Niederlage erlitten, und bei Kokoti. Endlich, nachdem die Türken
schon 40 000 Mann eingebüßt hatten, gelang es Omer Pascha vom Skutarisee
her bis Rijeka zu dringen, worauf das erschöpfte Montenegro den ungünstigen
Frieden von Cetinje abschloß, dessen harte Bestimmungen aber nie zur Aus¬
führung gelangten.
Dieser Krieg bildete Nikolas Lehrjahre. Er erkannte, daß Montenegro
allein und obendrein ohne genügende Vorbereitung unmöglich die türkischen
Serben befreien könne. Denn deren Befreiung hatte sich der junge Fürst von
vornherein in den Kopf gesetzt. Er sagte mir nämlich 1875 wörtlich: „Ich
sage dir, alle Serben muß und werde ich noch vom Türkenjoch befreien und
wenn darüber mein Schädel in Trümmer gehen sollte!"
Zunächst sah sich also der Fürst nach Bundesgenossen um. Fürst Michail
von Serbien fand sich sofort bereit, aber man bedürfte auch einer Gro߬
macht. Die Nächstliegende wäre Österreich gewesen, besonders weil Nikolas Vor»
Sänger sich mehr auf Österreich und Frankreich als auf Rußland gestützt hatte.
Aber Napoleon und Alexander der Zweite verstanden sich zu jährlichen Hilfs-
Feldern und das gab vorläufig den Ausschlag.
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