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Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Viertes Vierteljahr.

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Deutscher Nachrichtendienst
II. Südamerika:
Englische Rate
M.WortzahlDeutsche Rate
M.
Argentinien0,80200,30
Chile . .0,80200,80
Peru . .0,30200,30
III. Südafrika:
Südafrikanische Union0,5030
IV. Australien:

Der Anfang einer Neuorganisation des Nachrichtendienstes müßte also
damit gemacht werden, daß die Preßraten für Telegramme und Kabel in
Deutschland mindestens gleich billig angesetzt werden, wie die des konkurrieren¬
den Auslandes. Andernfalls wird der deutsche Nachrichtendienst, aus rein
finanziellen Gründen, sich gezwungen sehen, nach dem Kriege wieder mit
London und Paris zu arbeiten.

Die Nachrichtenzentrale muß sich aber auch klar machen, daß ein Nach¬
richtendienst, welcher Handel, Industrie, Börse, Politik und Neuigkeiten von
allgemeinem Interesse umfaßt, ebenso kostspielig wie schwer zu organisieren ist
und daher nicht nur große Kapitalien, sondern auch ganz besondere Fähig¬
keiten bei der Oberleitung erfordert. Man wird sich daher erst klar machen
müssen, ob es nicht angebracht wäre, zwei voneinander unabhängige und
doch sich indirekt ergänzende Abteilungen zu schaffen. Für das Wirtschafts¬
leben dürfte es praktisch sein, die Nachrichtenabteilung für Handel und Industrie
der Regierung selbst zu überlassen. Etwas ähnliches besteht ja heute bereits
in Verbindung mit dem Reichsamt des Innern, das die "Nachrichten sür
Handel und Industrie" herausgibt. Daß diese amtliche Stelle in ihrer
heutigen Aufmachung und Leistungsfähigkeit den berechtigten Forderungen des
Handels und der Industrie schon längst nicht mehr gerecht wird, beweisen die
Klagen der daran am meisten interessierten Kreise nur zu deutlich. Besonders
die Konsulatsberichte sind nicht immer ganz einwandfrei, was ja weiter nicht
verwunderlich ist, denn die Konsulen find weder Universalmenschen, noch ver¬
fügen sie alle über die für eine genaue Berichterstattung notwendige wirtschaft¬
lich technische und kaufmännische Vorbildung. Schon aus diesem Grunde
würde es zweifellos viel zweckmäßiger sein, statt das vielseitige und aus¬
gedehnte Arbeitsfeld dieser Nachrichtenerstattung den Konsulaten zu überlassen,
Handelskammern an den Hauptplätzen des Auslandes zu schaffen, die außer
dieser Berichterstattung noch in sehr vielen anderen Hinsichten dem deutschen
Handel schätzenswerte Dienste leisten könnten. Die in Deutschland bestehenden
Handelskammern könnten dann zugleich als Weiterverbreiter der gesammelten
Berichte dienen.' Jedenfalls würde dadurch für Handel und Industrie ein
Nachrichtendienst geschaffen werden können, der nicht nur den heute bestehenden
oder durch Privatinitiative ins Leben zu rufenden an Zuverlässigkeit und
Schnelligkeit weit überträfe, sondern auch sach- und fachlich bedeutend leistungs¬
fähiger wäre.

Der Nachrichtendienst für Politik, Börse und Neuigkeiten von allgemeinem
Interesse bedarf einer ganz anderen Organisation, für die teilweise erst
besonders günstige Vorbedingungen geschaffen werden müssen. Vor allen
Dingen muß eine Zentrale geschaffen werden, welche die grundlegenden


Deutscher Nachrichtendienst
II. Südamerika:
Englische Rate
M.WortzahlDeutsche Rate
M.
Argentinien0,80200,30
Chile . .0,80200,80
Peru . .0,30200,30
III. Südafrika:
Südafrikanische Union0,5030
IV. Australien:

Der Anfang einer Neuorganisation des Nachrichtendienstes müßte also
damit gemacht werden, daß die Preßraten für Telegramme und Kabel in
Deutschland mindestens gleich billig angesetzt werden, wie die des konkurrieren¬
den Auslandes. Andernfalls wird der deutsche Nachrichtendienst, aus rein
finanziellen Gründen, sich gezwungen sehen, nach dem Kriege wieder mit
London und Paris zu arbeiten.

Die Nachrichtenzentrale muß sich aber auch klar machen, daß ein Nach¬
richtendienst, welcher Handel, Industrie, Börse, Politik und Neuigkeiten von
allgemeinem Interesse umfaßt, ebenso kostspielig wie schwer zu organisieren ist
und daher nicht nur große Kapitalien, sondern auch ganz besondere Fähig¬
keiten bei der Oberleitung erfordert. Man wird sich daher erst klar machen
müssen, ob es nicht angebracht wäre, zwei voneinander unabhängige und
doch sich indirekt ergänzende Abteilungen zu schaffen. Für das Wirtschafts¬
leben dürfte es praktisch sein, die Nachrichtenabteilung für Handel und Industrie
der Regierung selbst zu überlassen. Etwas ähnliches besteht ja heute bereits
in Verbindung mit dem Reichsamt des Innern, das die „Nachrichten sür
Handel und Industrie" herausgibt. Daß diese amtliche Stelle in ihrer
heutigen Aufmachung und Leistungsfähigkeit den berechtigten Forderungen des
Handels und der Industrie schon längst nicht mehr gerecht wird, beweisen die
Klagen der daran am meisten interessierten Kreise nur zu deutlich. Besonders
die Konsulatsberichte sind nicht immer ganz einwandfrei, was ja weiter nicht
verwunderlich ist, denn die Konsulen find weder Universalmenschen, noch ver¬
fügen sie alle über die für eine genaue Berichterstattung notwendige wirtschaft¬
lich technische und kaufmännische Vorbildung. Schon aus diesem Grunde
würde es zweifellos viel zweckmäßiger sein, statt das vielseitige und aus¬
gedehnte Arbeitsfeld dieser Nachrichtenerstattung den Konsulaten zu überlassen,
Handelskammern an den Hauptplätzen des Auslandes zu schaffen, die außer
dieser Berichterstattung noch in sehr vielen anderen Hinsichten dem deutschen
Handel schätzenswerte Dienste leisten könnten. Die in Deutschland bestehenden
Handelskammern könnten dann zugleich als Weiterverbreiter der gesammelten
Berichte dienen.' Jedenfalls würde dadurch für Handel und Industrie ein
Nachrichtendienst geschaffen werden können, der nicht nur den heute bestehenden
oder durch Privatinitiative ins Leben zu rufenden an Zuverlässigkeit und
Schnelligkeit weit überträfe, sondern auch sach- und fachlich bedeutend leistungs¬
fähiger wäre.

Der Nachrichtendienst für Politik, Börse und Neuigkeiten von allgemeinem
Interesse bedarf einer ganz anderen Organisation, für die teilweise erst
besonders günstige Vorbedingungen geschaffen werden müssen. Vor allen
Dingen muß eine Zentrale geschaffen werden, welche die grundlegenden


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_324408/92>, abgerufen am 22.07.2024.