Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Viertes Vierteljahr.Krieg und Ernährung eine naive Betrachtungsweise sich wohl vorstellt, sondern wandelt die chemische Krieg und Ernährung eine naive Betrachtungsweise sich wohl vorstellt, sondern wandelt die chemische <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0339" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/324752"/> <fw type="header" place="top"> Krieg und Ernährung</fw><lb/> <p xml:id="ID_1224" prev="#ID_1223" next="#ID_1225"> eine naive Betrachtungsweise sich wohl vorstellt, sondern wandelt die chemische<lb/> Kraft der Steinkohlen in mechanische Kraft um, diese kann weiterhin in<lb/> Elektrizität, in Licht oder Wärme usw. übergeführt werden. Bei allen der¬<lb/> artigen Umwandlungen bleibt der Betrag der Kraft unverändert, aus einer<lb/> bestimmten Menge Steinkohlen, d. h. einer bestimmten Menge chemischer Kraft<lb/> kann auch immer nur eine bestimmte Menge der andern Kräfte erzeugt werden.<lb/> Dieselbe Gesetzmäßigkeit regelt die Vorgänge in der belebten Natur. Die<lb/> Lebensäußerungen, die wir an den lebenden Wesen wahrnehmen, sind Kraft¬<lb/> äußerungen. Mensch und Tier leisten mit ihren Muskeln mechanische Arbeit<lb/> und geben Wärme nach außen ab, die auch nur eine besondere Erscheinungs¬<lb/> form der Kraft ist. Damit sie imstande sind, diese Lebensäußerungen zu<lb/> vollbringen, muß ihnen die dazu erforderliche Kraft in irgend einer Form zu¬<lb/> geführt werden, und dies geschieht eben durch die Ernährung. In unsern<lb/> Nahrungsstoffen ist Kraft in Form chemischer Kraft enthalten, sie wird mit<lb/> ihnen dem Körper zugeführt und hier in diejenigen Kraftformen umgewandelt,<lb/> die den Lebensäußerungen zu Grunde liegen. Der Ernährungsvorgang, der<lb/> äußerlich als Stoffwechsel, nämlich in der Zufuhr von Nahrungsstoffen und<lb/> der Abgabe von Ausscheidungsstoffen, in Erscheinung tritt, ist in seiner innersten<lb/> Bedeutung ein Kraftwechsel; hierin liegt die Notwendigkeit der Nahrungszu¬<lb/> fuhr für die lebenden Wesen in klarster Weise begründet. Diese Auffassung<lb/> der Ernährungsvorgänge liefert uns zugleich auch die Grundlage für die<lb/> quantitative Beurteilung. Alle Kräfte können ohne Verlust in Wärme über¬<lb/> geführt und in dieser Form nach Wärmeeinheiten oder Kalorien gemessen<lb/> werden; als Calorie wird diejenige Wärmemenge bezeichnet, die 1 Wasser<lb/> um 1° C. erwärmt. Rubner verdanken wir die grundlegende Feststellung, daß<lb/> im Körper des Menschen wie der höheren Tiere 1 Z Eiweiß und ebenso 1 A<lb/> Kohlehydrat 4,1 Cat., 1 A Fett 9.3 Cat. liefert. Andererseits wissen wir,<lb/> daß der Kraftbedarf eines erwachsenen Menschen bei mittlerer Arbeitsleistung<lb/> für 24 Stunden auf 40 Cat. pro Körperkilogramm angesetzt werden kann,<lb/> das macht für ein Körpergewicht von 70 I<Z also einen Kraftbedarf von<lb/> 2800 Cat. Es ist ohne weiteres selbstverständlich, daß die erste Forderung,<lb/> die wir an eine ausreichende Ernährung eines Menschen stellen werden, die<lb/> sein muß, daß sie ihm soviel Kraft in den Nahrungsstoffen zuführt, als er für<lb/> die Bestreitung seiner Lebensäußerungen braucht, also für den Erwachsenen bei<lb/> Mittlerer Arbeitsleistung 2800 Cat. Auf Grund der eben angegebenen Werte<lb/> für den Kraftinhalt der verschiedenen Nahrungsstoffe kann man leicht zahlreiche<lb/> Diätschemata entwerfen, die dieser Anforderung genügen. So würden z. B.<lb/> liefern: 80 A Eiweiß 328 Cat., 300 Z Kohlehydrate 1230 Cat., 133 Z Fett<lb/> 1237 Cat., zusammen 2795 Cat. — oder: 80 Z Eiweiß 328 Cat.. 200 K<lb/> Kohlehydrate 820 Cat., 177 Z Feit 1646 Cat., zusammen 2794 Cat. —<lb/> oder: 100 Z Eiweiß 410 Cat.. 280 ^ Kohlehydrat 1148 Cat.. 133 x Fett<lb/> 1237 Cat., zusammen 2795 Cat. usw. Natürlich könnte man die Zahl</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0339]
Krieg und Ernährung
eine naive Betrachtungsweise sich wohl vorstellt, sondern wandelt die chemische
Kraft der Steinkohlen in mechanische Kraft um, diese kann weiterhin in
Elektrizität, in Licht oder Wärme usw. übergeführt werden. Bei allen der¬
artigen Umwandlungen bleibt der Betrag der Kraft unverändert, aus einer
bestimmten Menge Steinkohlen, d. h. einer bestimmten Menge chemischer Kraft
kann auch immer nur eine bestimmte Menge der andern Kräfte erzeugt werden.
Dieselbe Gesetzmäßigkeit regelt die Vorgänge in der belebten Natur. Die
Lebensäußerungen, die wir an den lebenden Wesen wahrnehmen, sind Kraft¬
äußerungen. Mensch und Tier leisten mit ihren Muskeln mechanische Arbeit
und geben Wärme nach außen ab, die auch nur eine besondere Erscheinungs¬
form der Kraft ist. Damit sie imstande sind, diese Lebensäußerungen zu
vollbringen, muß ihnen die dazu erforderliche Kraft in irgend einer Form zu¬
geführt werden, und dies geschieht eben durch die Ernährung. In unsern
Nahrungsstoffen ist Kraft in Form chemischer Kraft enthalten, sie wird mit
ihnen dem Körper zugeführt und hier in diejenigen Kraftformen umgewandelt,
die den Lebensäußerungen zu Grunde liegen. Der Ernährungsvorgang, der
äußerlich als Stoffwechsel, nämlich in der Zufuhr von Nahrungsstoffen und
der Abgabe von Ausscheidungsstoffen, in Erscheinung tritt, ist in seiner innersten
Bedeutung ein Kraftwechsel; hierin liegt die Notwendigkeit der Nahrungszu¬
fuhr für die lebenden Wesen in klarster Weise begründet. Diese Auffassung
der Ernährungsvorgänge liefert uns zugleich auch die Grundlage für die
quantitative Beurteilung. Alle Kräfte können ohne Verlust in Wärme über¬
geführt und in dieser Form nach Wärmeeinheiten oder Kalorien gemessen
werden; als Calorie wird diejenige Wärmemenge bezeichnet, die 1 Wasser
um 1° C. erwärmt. Rubner verdanken wir die grundlegende Feststellung, daß
im Körper des Menschen wie der höheren Tiere 1 Z Eiweiß und ebenso 1 A
Kohlehydrat 4,1 Cat., 1 A Fett 9.3 Cat. liefert. Andererseits wissen wir,
daß der Kraftbedarf eines erwachsenen Menschen bei mittlerer Arbeitsleistung
für 24 Stunden auf 40 Cat. pro Körperkilogramm angesetzt werden kann,
das macht für ein Körpergewicht von 70 I<Z also einen Kraftbedarf von
2800 Cat. Es ist ohne weiteres selbstverständlich, daß die erste Forderung,
die wir an eine ausreichende Ernährung eines Menschen stellen werden, die
sein muß, daß sie ihm soviel Kraft in den Nahrungsstoffen zuführt, als er für
die Bestreitung seiner Lebensäußerungen braucht, also für den Erwachsenen bei
Mittlerer Arbeitsleistung 2800 Cat. Auf Grund der eben angegebenen Werte
für den Kraftinhalt der verschiedenen Nahrungsstoffe kann man leicht zahlreiche
Diätschemata entwerfen, die dieser Anforderung genügen. So würden z. B.
liefern: 80 A Eiweiß 328 Cat., 300 Z Kohlehydrate 1230 Cat., 133 Z Fett
1237 Cat., zusammen 2795 Cat. — oder: 80 Z Eiweiß 328 Cat.. 200 K
Kohlehydrate 820 Cat., 177 Z Feit 1646 Cat., zusammen 2794 Cat. —
oder: 100 Z Eiweiß 410 Cat.. 280 ^ Kohlehydrat 1148 Cat.. 133 x Fett
1237 Cat., zusammen 2795 Cat. usw. Natürlich könnte man die Zahl
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