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Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Viertes Vierteljahr.

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Aufgaben der Elektrotechnik im Kriege

sie während dieser Zeit auf keinen festen Widerstand, sei es ein Schiffskörper,
eine Felsenkuppe oder die Küste, so taucht sie unverrichteter Dinge in die Nacht
der Gewässer unter.

Im Minenkriege zu Lande werden die Minen durch tragbare elektrische
Minenzünder zur Explosion gebracht. Im Bergbau werden diese Apparate schon
seit vielen Jahren mit Erfolg bei Sprengungen verwendet. Zur Herstellung
der der Aufnahme der Explosivkörper dienenden Gruben und zum Vortrieb der
Stollen im harten Gestein dienen elektrisch angetriebene Bohrmaschinen. Da die
Leistung derselben unvergleichlich größer ist, als die der Bohrmeißel und Hand¬
bohrmaschinen, ist die wichtige Rolle dieser Vorrichtungen im Minenkriege, wobei
es ganz besonders auf ein schnelles Handeln ankommt, ohne weiteres einleuchtend.

Sehr vielseitig ist die Verwendung der Elektrizität im Schützengrabenkriege.
Sie trägt viel dazu bei. den Aufenthalt der Soldaten in ihren Unterstäuben
erträglich zu machen. Diese werden elektrisch beleuchtet und belüftet. Elektrisch
angetriebene Pumpen dienen zur Beseitigung des eindringenden Regenwassers
und durchsickernden Grundwassers. Der Strom für diese Zwecke wird entweder
von den in der Nähe befindlichen städtischen und Überlandzentralen oder von
kleinen stationären oder fahrbaren Stromerzeugungsanlagen geliefert, welche in
der Hauptsache aus einer Lokomobile oder einem Explosionsmotor, einem Strom¬
erzeuger nebst Schaltapparaien bestehen. Aus der gleichen Quelle werden viel'
fach die bereits erwähnten Drahtverhaue vor den Schützengräben unter Spannung
gesetzt. Diese elektrischen Drahtverhaue haben sich als Abwehrmittel ausgezeichnet
bewährt. Ihre moralische Wirkung gegen die mitunter aus ungebildeten Völker¬
schaften zusammengesetzten feindlichen Kolonnen ist besonders groß. Es wurde
beobachtet, daß, als die ersten Angreifer bei der Berührung der Drähte tot
zusammenbrachen, die Nachfolgenden von panischen Schrecken ergriffen schleunigst
das Weite suchten, da sie mit dem Wesen der Elektrizität nicht vertraut, glaubten,
der Teufel hätte seine Hand in dem Spiel. Auf die Anlage und Wirkungs¬
weise der elektrischen Drahtverhaue soll hier nicht näher eingegangen werden.

Doch wenn auch die Elektrizität viel dazu beitrüge, den Feind unschädlich
zu machen, so besitzt sie andererseits auch zahlreiche Mittel, die geschlagenen
Wunden wieder zu heilen. Die von den Sanitätsmannschaften auf den nächt¬
lichen Schlachtfeldern beim Scheine elektrischer Laternen gesammelten Verwundeten
werden durch fahrbare Röntgen-Einrichtungen untersucht, um mit Sicherheit den
Sitz des in den Körper eingedrungenen Geschosses und Sprengstückes festzu¬
stellen; oder, wenn es ihr Zustand erlaubt, nach den weiter im Etappenraum
liegenden Lazaretten geschafft, wo umfangreiche Einrichtungen der gesamten
Elektromedizin vorhanden sind und viel dazu beitragen, die Leiden der Tapferen
zu lindern, ihnen die Gesundheit und die Befähigung zur Ausübung ihres
bürgerlichen Berufes wiederzugeben.

Eine wichtige Rolle fiel in diesem Kriege der Elektrochemie zu. Abgeschnitten
von der Einfuhr überseeischen Salpeters war man gezwungen, die schon vor


Aufgaben der Elektrotechnik im Kriege

sie während dieser Zeit auf keinen festen Widerstand, sei es ein Schiffskörper,
eine Felsenkuppe oder die Küste, so taucht sie unverrichteter Dinge in die Nacht
der Gewässer unter.

Im Minenkriege zu Lande werden die Minen durch tragbare elektrische
Minenzünder zur Explosion gebracht. Im Bergbau werden diese Apparate schon
seit vielen Jahren mit Erfolg bei Sprengungen verwendet. Zur Herstellung
der der Aufnahme der Explosivkörper dienenden Gruben und zum Vortrieb der
Stollen im harten Gestein dienen elektrisch angetriebene Bohrmaschinen. Da die
Leistung derselben unvergleichlich größer ist, als die der Bohrmeißel und Hand¬
bohrmaschinen, ist die wichtige Rolle dieser Vorrichtungen im Minenkriege, wobei
es ganz besonders auf ein schnelles Handeln ankommt, ohne weiteres einleuchtend.

Sehr vielseitig ist die Verwendung der Elektrizität im Schützengrabenkriege.
Sie trägt viel dazu bei. den Aufenthalt der Soldaten in ihren Unterstäuben
erträglich zu machen. Diese werden elektrisch beleuchtet und belüftet. Elektrisch
angetriebene Pumpen dienen zur Beseitigung des eindringenden Regenwassers
und durchsickernden Grundwassers. Der Strom für diese Zwecke wird entweder
von den in der Nähe befindlichen städtischen und Überlandzentralen oder von
kleinen stationären oder fahrbaren Stromerzeugungsanlagen geliefert, welche in
der Hauptsache aus einer Lokomobile oder einem Explosionsmotor, einem Strom¬
erzeuger nebst Schaltapparaien bestehen. Aus der gleichen Quelle werden viel'
fach die bereits erwähnten Drahtverhaue vor den Schützengräben unter Spannung
gesetzt. Diese elektrischen Drahtverhaue haben sich als Abwehrmittel ausgezeichnet
bewährt. Ihre moralische Wirkung gegen die mitunter aus ungebildeten Völker¬
schaften zusammengesetzten feindlichen Kolonnen ist besonders groß. Es wurde
beobachtet, daß, als die ersten Angreifer bei der Berührung der Drähte tot
zusammenbrachen, die Nachfolgenden von panischen Schrecken ergriffen schleunigst
das Weite suchten, da sie mit dem Wesen der Elektrizität nicht vertraut, glaubten,
der Teufel hätte seine Hand in dem Spiel. Auf die Anlage und Wirkungs¬
weise der elektrischen Drahtverhaue soll hier nicht näher eingegangen werden.

Doch wenn auch die Elektrizität viel dazu beitrüge, den Feind unschädlich
zu machen, so besitzt sie andererseits auch zahlreiche Mittel, die geschlagenen
Wunden wieder zu heilen. Die von den Sanitätsmannschaften auf den nächt¬
lichen Schlachtfeldern beim Scheine elektrischer Laternen gesammelten Verwundeten
werden durch fahrbare Röntgen-Einrichtungen untersucht, um mit Sicherheit den
Sitz des in den Körper eingedrungenen Geschosses und Sprengstückes festzu¬
stellen; oder, wenn es ihr Zustand erlaubt, nach den weiter im Etappenraum
liegenden Lazaretten geschafft, wo umfangreiche Einrichtungen der gesamten
Elektromedizin vorhanden sind und viel dazu beitragen, die Leiden der Tapferen
zu lindern, ihnen die Gesundheit und die Befähigung zur Ausübung ihres
bürgerlichen Berufes wiederzugeben.

Eine wichtige Rolle fiel in diesem Kriege der Elektrochemie zu. Abgeschnitten
von der Einfuhr überseeischen Salpeters war man gezwungen, die schon vor


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[0249] Aufgaben der Elektrotechnik im Kriege sie während dieser Zeit auf keinen festen Widerstand, sei es ein Schiffskörper, eine Felsenkuppe oder die Küste, so taucht sie unverrichteter Dinge in die Nacht der Gewässer unter. Im Minenkriege zu Lande werden die Minen durch tragbare elektrische Minenzünder zur Explosion gebracht. Im Bergbau werden diese Apparate schon seit vielen Jahren mit Erfolg bei Sprengungen verwendet. Zur Herstellung der der Aufnahme der Explosivkörper dienenden Gruben und zum Vortrieb der Stollen im harten Gestein dienen elektrisch angetriebene Bohrmaschinen. Da die Leistung derselben unvergleichlich größer ist, als die der Bohrmeißel und Hand¬ bohrmaschinen, ist die wichtige Rolle dieser Vorrichtungen im Minenkriege, wobei es ganz besonders auf ein schnelles Handeln ankommt, ohne weiteres einleuchtend. Sehr vielseitig ist die Verwendung der Elektrizität im Schützengrabenkriege. Sie trägt viel dazu bei. den Aufenthalt der Soldaten in ihren Unterstäuben erträglich zu machen. Diese werden elektrisch beleuchtet und belüftet. Elektrisch angetriebene Pumpen dienen zur Beseitigung des eindringenden Regenwassers und durchsickernden Grundwassers. Der Strom für diese Zwecke wird entweder von den in der Nähe befindlichen städtischen und Überlandzentralen oder von kleinen stationären oder fahrbaren Stromerzeugungsanlagen geliefert, welche in der Hauptsache aus einer Lokomobile oder einem Explosionsmotor, einem Strom¬ erzeuger nebst Schaltapparaien bestehen. Aus der gleichen Quelle werden viel' fach die bereits erwähnten Drahtverhaue vor den Schützengräben unter Spannung gesetzt. Diese elektrischen Drahtverhaue haben sich als Abwehrmittel ausgezeichnet bewährt. Ihre moralische Wirkung gegen die mitunter aus ungebildeten Völker¬ schaften zusammengesetzten feindlichen Kolonnen ist besonders groß. Es wurde beobachtet, daß, als die ersten Angreifer bei der Berührung der Drähte tot zusammenbrachen, die Nachfolgenden von panischen Schrecken ergriffen schleunigst das Weite suchten, da sie mit dem Wesen der Elektrizität nicht vertraut, glaubten, der Teufel hätte seine Hand in dem Spiel. Auf die Anlage und Wirkungs¬ weise der elektrischen Drahtverhaue soll hier nicht näher eingegangen werden. Doch wenn auch die Elektrizität viel dazu beitrüge, den Feind unschädlich zu machen, so besitzt sie andererseits auch zahlreiche Mittel, die geschlagenen Wunden wieder zu heilen. Die von den Sanitätsmannschaften auf den nächt¬ lichen Schlachtfeldern beim Scheine elektrischer Laternen gesammelten Verwundeten werden durch fahrbare Röntgen-Einrichtungen untersucht, um mit Sicherheit den Sitz des in den Körper eingedrungenen Geschosses und Sprengstückes festzu¬ stellen; oder, wenn es ihr Zustand erlaubt, nach den weiter im Etappenraum liegenden Lazaretten geschafft, wo umfangreiche Einrichtungen der gesamten Elektromedizin vorhanden sind und viel dazu beitragen, die Leiden der Tapferen zu lindern, ihnen die Gesundheit und die Befähigung zur Ausübung ihres bürgerlichen Berufes wiederzugeben. Eine wichtige Rolle fiel in diesem Kriege der Elektrochemie zu. Abgeschnitten von der Einfuhr überseeischen Salpeters war man gezwungen, die schon vor

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_324408/249>, abgerufen am 22.07.2024.