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Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Viertes Vierteljahr.

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britischen Interessenkreis befangenen Staaten, dann eine Umgestaltung der
Aesitzgruppiermtgcn an den Rändern und im Innern der Weltmeere.

Diese Umgruppierungsmöglichkeiten bestimmt zu bezeichnen, ist heute wohl
kaum schon möglich, solange die Erörterung ver Kriegsziele verboten ist. Aber
sie läßt sich erkennen, wenn bei einem Gang um die Erde klar wird, wo überall
und wie sehr in den Weltmeeren der britische Einfluß der überlegene und der
vorherrschende ist. Er tritt am deuilichsten hervor, wenn man sich von dem
Gedanken der Unendlichkeit der Ozeane befreit und einsteht, daß die angeblich
offenen Weltmeere in der Tat nichts anderes als Gruppen von Binnenseen sind.
Aus dem Charakter der Ozeane als Systeme kettenartig ineinander verschlungener
Binnenmeere erhellt dann aber auch, unter Benutzung einiger Schlußfolgerungen,
wie die von mir gewünschte Umgruppierung zur Herstellung eines Gleichgewichtes
der Seemächte möglich ist. Denn das Wesentliche und Wichtige ist, daß diese
das Erdenrund umschließende Seenkette den Weg bezeichnet, der die Hauptstraße
der Weltschiffahrt ist. Der Schiffsverkehr bevorzugt notgedrungen die Linie, auf
der sich bewohnte und bewohnbare Gebiete am dichtesten zusammendrängen.

Nimmt man den Nordseebereich als den geographischen und wirtschafts-
poliüschen Mittelpunkt in der großen Masse der Erdfeste, -- was er tatsächlich
ist -- so findet man, daß dieses Weltzentrum an den Rand des Atlantischen
Ozeans gerückt ist. Der Binnenseecharakter der Nordsee ist ja unbezweifelt.
Nur der Ärmelkanal und der Ausgang bei den Shetlandsinseln stellen die Ver¬
bindung mit dem Weltmeere her. Der dritte Ausweg zwischen Jütland und
Norwegen führt in ein schlauchartiges Anhängsel der Nordsee, in die Ostsee.
Solche seitliche Ausstrahlungen von Binnenseen finden wir auf unserer Fahrt
um die Erde noch mehr als Abfuhrwege und Zubringer aus und nach dem
Festlandsinueru. Sie zeigen meist eine reiche Gliederung auf. Die Ostsee bildet
vom Skagerak und Kottegat an mit Hilfe der dänischen, der Oland-, Gotland-,
Ösel-, sowie der Alcmds-Jnselgruppen und -Inselreihen einen Bestand von
zusammenhängenden Seebecken, die ihrerseits in den verschiedenen Meerbusen
wieder Seitenanhängsel haben. Die Nordsee selbst entbehrt der feineren Gliederung
am meisten. Die friesischen Inseln und Helgoland liegen den Küsten zu nahe,
um die Rolle des Zerlegers spielen zu können. Um so stärkere Bedeutung
bekommt die große Quergruppe der britischen Inselwelt als Beherrscher der
beiden Ausgcwge in das Weltmeer.

Der Äüantifche Ozean löst sich zunächst in zwei große Systeme auf, ein
nördliches und ein südliches. Die Scheidelinie zieht sich etwa vom Kap Verde
über die gleichnamigen Inseln nach Pernambuco. Das nördlich dieser Schranke
liegende System gliedert sich wiederum, und zwar befindet sich ein nördlicher
Binnensee zwischen der Linie, die von den britischen Inseln über die Faröer,
Island, Süd-Grönland nach den Neufuudlandsinseln geht, und der, die von
der Pyrenäenhalbwsel über die Azoren nach Neu-Fundland läuft. Ein östliches
Binnenmeer wird von der pyrenäischen Halbinsel und Nordwestafrika, den


britischen Interessenkreis befangenen Staaten, dann eine Umgestaltung der
Aesitzgruppiermtgcn an den Rändern und im Innern der Weltmeere.

Diese Umgruppierungsmöglichkeiten bestimmt zu bezeichnen, ist heute wohl
kaum schon möglich, solange die Erörterung ver Kriegsziele verboten ist. Aber
sie läßt sich erkennen, wenn bei einem Gang um die Erde klar wird, wo überall
und wie sehr in den Weltmeeren der britische Einfluß der überlegene und der
vorherrschende ist. Er tritt am deuilichsten hervor, wenn man sich von dem
Gedanken der Unendlichkeit der Ozeane befreit und einsteht, daß die angeblich
offenen Weltmeere in der Tat nichts anderes als Gruppen von Binnenseen sind.
Aus dem Charakter der Ozeane als Systeme kettenartig ineinander verschlungener
Binnenmeere erhellt dann aber auch, unter Benutzung einiger Schlußfolgerungen,
wie die von mir gewünschte Umgruppierung zur Herstellung eines Gleichgewichtes
der Seemächte möglich ist. Denn das Wesentliche und Wichtige ist, daß diese
das Erdenrund umschließende Seenkette den Weg bezeichnet, der die Hauptstraße
der Weltschiffahrt ist. Der Schiffsverkehr bevorzugt notgedrungen die Linie, auf
der sich bewohnte und bewohnbare Gebiete am dichtesten zusammendrängen.

Nimmt man den Nordseebereich als den geographischen und wirtschafts-
poliüschen Mittelpunkt in der großen Masse der Erdfeste, — was er tatsächlich
ist — so findet man, daß dieses Weltzentrum an den Rand des Atlantischen
Ozeans gerückt ist. Der Binnenseecharakter der Nordsee ist ja unbezweifelt.
Nur der Ärmelkanal und der Ausgang bei den Shetlandsinseln stellen die Ver¬
bindung mit dem Weltmeere her. Der dritte Ausweg zwischen Jütland und
Norwegen führt in ein schlauchartiges Anhängsel der Nordsee, in die Ostsee.
Solche seitliche Ausstrahlungen von Binnenseen finden wir auf unserer Fahrt
um die Erde noch mehr als Abfuhrwege und Zubringer aus und nach dem
Festlandsinueru. Sie zeigen meist eine reiche Gliederung auf. Die Ostsee bildet
vom Skagerak und Kottegat an mit Hilfe der dänischen, der Oland-, Gotland-,
Ösel-, sowie der Alcmds-Jnselgruppen und -Inselreihen einen Bestand von
zusammenhängenden Seebecken, die ihrerseits in den verschiedenen Meerbusen
wieder Seitenanhängsel haben. Die Nordsee selbst entbehrt der feineren Gliederung
am meisten. Die friesischen Inseln und Helgoland liegen den Küsten zu nahe,
um die Rolle des Zerlegers spielen zu können. Um so stärkere Bedeutung
bekommt die große Quergruppe der britischen Inselwelt als Beherrscher der
beiden Ausgcwge in das Weltmeer.

Der Äüantifche Ozean löst sich zunächst in zwei große Systeme auf, ein
nördliches und ein südliches. Die Scheidelinie zieht sich etwa vom Kap Verde
über die gleichnamigen Inseln nach Pernambuco. Das nördlich dieser Schranke
liegende System gliedert sich wiederum, und zwar befindet sich ein nördlicher
Binnensee zwischen der Linie, die von den britischen Inseln über die Faröer,
Island, Süd-Grönland nach den Neufuudlandsinseln geht, und der, die von
der Pyrenäenhalbwsel über die Azoren nach Neu-Fundland läuft. Ein östliches
Binnenmeer wird von der pyrenäischen Halbinsel und Nordwestafrika, den


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_324408/174>, abgerufen am 22.07.2024.