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Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Drittes Vierteljahr.

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Wie unsere vorfahren Besitz ergriffen

Kleinborssum, Jarssum, Widdelswehr, Up- und Wolthusen." Im Herbst 1737
wurde auf ebenso umständliche Weise, wie es in dem Protokoll darüber heißt:
"durch den Schulheißm von Grenzhausen im Namen des Grafen zu Wied,
Kunkel und Jsenburg vom Hofhause durch Aufgießen und Wieder-brennend¬
machen des Herdfeuers, von der Mühle durch Ab- und Wiederzulassung des
Wassers, von den Wiesen durch Heraushackung eines Stückes Waffen, von den
Waldungen durch Aushauung eines Spahns von einer Eiche und Häntung eines
Stückes Erde, von der Jagdgerechtigkeit mit zwey jagenden Hunden und
Schützen, von den Fischwässern durch Fangung einiger Krebs die possession
ergriffen."

Auch als ein halbes Jahrhundert später (im Jahre 1773) das jetzige
Großherzogtum Oldenburg aus der landesherrlichen Gewalt des Königs von
Dänemark entlassen wurde, war ähnliches der Fall. Damals wurden dem
Fürstbischof von Lübeck als Vertreter des Besitznachfolgers auf dem Schlosse zu
Oldenburg ein Stück Rasen und ein Paar junge Eichen nebst den Schlüsseln
der Stadt auf silbernen Tellern zum Zeichen der Besitzübertragung gereicht.
Und abermals hundert Jahre später! Als im Jahre 1895, nach dem Tode
des Fürsten Waldemar zur Lippe, der Erbstreit um die Thronfolge zwischen
der jetzt regierenden Biesterfelder und der Schauenburger Linie entbrannte, kam
ein Vertreter der letzteren aus schnellstem Wege, mit Extrazug, an und nahm
durch seine Gegenwärtigkeit tatsächlichen Besitz von Land und Schloß, bis die
gerichtliche Erledigung -- anders entschied.




Wie unsere vorfahren Besitz ergriffen

Kleinborssum, Jarssum, Widdelswehr, Up- und Wolthusen." Im Herbst 1737
wurde auf ebenso umständliche Weise, wie es in dem Protokoll darüber heißt:
„durch den Schulheißm von Grenzhausen im Namen des Grafen zu Wied,
Kunkel und Jsenburg vom Hofhause durch Aufgießen und Wieder-brennend¬
machen des Herdfeuers, von der Mühle durch Ab- und Wiederzulassung des
Wassers, von den Wiesen durch Heraushackung eines Stückes Waffen, von den
Waldungen durch Aushauung eines Spahns von einer Eiche und Häntung eines
Stückes Erde, von der Jagdgerechtigkeit mit zwey jagenden Hunden und
Schützen, von den Fischwässern durch Fangung einiger Krebs die possession
ergriffen."

Auch als ein halbes Jahrhundert später (im Jahre 1773) das jetzige
Großherzogtum Oldenburg aus der landesherrlichen Gewalt des Königs von
Dänemark entlassen wurde, war ähnliches der Fall. Damals wurden dem
Fürstbischof von Lübeck als Vertreter des Besitznachfolgers auf dem Schlosse zu
Oldenburg ein Stück Rasen und ein Paar junge Eichen nebst den Schlüsseln
der Stadt auf silbernen Tellern zum Zeichen der Besitzübertragung gereicht.
Und abermals hundert Jahre später! Als im Jahre 1895, nach dem Tode
des Fürsten Waldemar zur Lippe, der Erbstreit um die Thronfolge zwischen
der jetzt regierenden Biesterfelder und der Schauenburger Linie entbrannte, kam
ein Vertreter der letzteren aus schnellstem Wege, mit Extrazug, an und nahm
durch seine Gegenwärtigkeit tatsächlichen Besitz von Land und Schloß, bis die
gerichtliche Erledigung — anders entschied.




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[0097] Wie unsere vorfahren Besitz ergriffen Kleinborssum, Jarssum, Widdelswehr, Up- und Wolthusen." Im Herbst 1737 wurde auf ebenso umständliche Weise, wie es in dem Protokoll darüber heißt: „durch den Schulheißm von Grenzhausen im Namen des Grafen zu Wied, Kunkel und Jsenburg vom Hofhause durch Aufgießen und Wieder-brennend¬ machen des Herdfeuers, von der Mühle durch Ab- und Wiederzulassung des Wassers, von den Wiesen durch Heraushackung eines Stückes Waffen, von den Waldungen durch Aushauung eines Spahns von einer Eiche und Häntung eines Stückes Erde, von der Jagdgerechtigkeit mit zwey jagenden Hunden und Schützen, von den Fischwässern durch Fangung einiger Krebs die possession ergriffen." Auch als ein halbes Jahrhundert später (im Jahre 1773) das jetzige Großherzogtum Oldenburg aus der landesherrlichen Gewalt des Königs von Dänemark entlassen wurde, war ähnliches der Fall. Damals wurden dem Fürstbischof von Lübeck als Vertreter des Besitznachfolgers auf dem Schlosse zu Oldenburg ein Stück Rasen und ein Paar junge Eichen nebst den Schlüsseln der Stadt auf silbernen Tellern zum Zeichen der Besitzübertragung gereicht. Und abermals hundert Jahre später! Als im Jahre 1895, nach dem Tode des Fürsten Waldemar zur Lippe, der Erbstreit um die Thronfolge zwischen der jetzt regierenden Biesterfelder und der Schauenburger Linie entbrannte, kam ein Vertreter der letzteren aus schnellstem Wege, mit Extrazug, an und nahm durch seine Gegenwärtigkeit tatsächlichen Besitz von Land und Schloß, bis die gerichtliche Erledigung — anders entschied.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_323972/97>, abgerufen am 01.07.2024.