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Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Drittes Vierteljahr.

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Die Jndcnfrcige nach dem Rriegc

Volkes. Man wolle diese Bemerkungen nicht als Tadel verstehen. Ehre dem
Volke, das seine Fehler erkennt und doppelt Ehre, wenn es in dieser ver
worrenen Zeit ein. anderes Gebet kennt als das berühmte "Gott strafe es!"
Mir lag nur daran zu zeigen, daß wir der Frage der seelischen Rassenmerkmale
ans ganz anderen Wegen nachgehen können, als sie die Polemik des Tages und
eine dem Tagesstreit dienstbare Wissenschaft bisher gegangen ist.

Von den Eigenschaften, welche in der Regel dem jüdischen Volke zugeschrieben
werden, gehören vielleicht ein stärkerer Erwerbstrieb und ein besserer Durch¬
schnitt der Berstandesbegabung (eine Folge der schärferen Auslese in der Zer¬
streuung, schwerlich eine altjüdische Eigenschaft) möglichenfalls auch ein gewisser
Mangel an fruchtbarer Phantasie unter diese Gruppe. Nicht hierher gehört
dagegen die einseitig kritische Geistesrichtung unserer Juden, denn wir bemerken,
daß die talmudgläubigen Juden den drückendsten Ballast an Vorschriften und
Überlieferungen durch die Jahrtausende mit sich geschleppt und ihn beständig
vermehrt haben, während bei den Völkern, unter denen sie lebten, in der gleichen
Zeit Überlieferungen aufbauende und Überlieferungen zerstörende Perioden mehr¬
mals gewechselt haben. Diese durchaus nur anerzogene kritische Richtung hat
den Juden wohl den volkstümlichen Vorwurf mangelnder Bescheidenheit ein¬
getragen. Umgekehrt darf man auch die Eigenschaften der östlichen Juden nicht
ohne weiteres unter das biologische Erbe setzen, zum Beispiel nicht aus dem
musterhaften Familienleben dieser Gruppe auf einen besonders starken angeborenen
Ernst in geschlechtlichen Dingen schließen. So bleibt uns der jüdische Rassen¬
charakter in der Hauptsache ein unbekanntes Land, und was wir an möglichen
Nasseneigenschaften herausfinden, trägt zur Erklärung der modernen Judenfrage
wenig bei. Ich möchte glauben, daß ein Volk von unseren Eigenschaften unter
den gleichen Bedingungen ganz ähnliche Probleme erzeugt hätte.

Wir kommen also zu dem Ergebnis, daß die Zusammendrängung der Juden
in wenigen, besonders ungesättigten Berufsschichten die Ursache der Spannungen
ist, welche sie in unserem Volkskörper hervorrufen. Man kann alle diese Dinge
umso leidenschaftsloser erörtern, als einsichtige Juden nicht nur die gleichen Fragen
stellen, sondern sie bisweilen auch in ähnlichem Sinne beantworten. In den
sür Juden geschriebenen Zeitschriften finden wir wenigstens von Zeit zu Zeit
Zusammenstellungen über die berufliche Gliederung der Juden, in denen jeder
Fortschritt zu gleichmäßigerer Verteilung mit Genugtuung verzeichnet wird.
Eine Lösung ist freilich auf diesem Wege nicht zu erwarten, denn um die Juden
gleichmäßig unter die Bevölkerung zu verteilen, müßten wir sie in den unteren,
gesättigten Volksschichten festbinden, das heißt wir müßten sie deklassieren. Wir
müßten ihnen sogar Land geben, nach dem sie kein Verlangen tragen, und das
wir unseren Volksgenossen nicht nehmen wollen.

Aber die westeuropäische Judenfrage geht einer allmählichen Lösung auf
einem anderen Wege entgegen. Das jüdische Proletariat ist verschwunden;


Grenzboten III 1916 26
Die Jndcnfrcige nach dem Rriegc

Volkes. Man wolle diese Bemerkungen nicht als Tadel verstehen. Ehre dem
Volke, das seine Fehler erkennt und doppelt Ehre, wenn es in dieser ver
worrenen Zeit ein. anderes Gebet kennt als das berühmte „Gott strafe es!"
Mir lag nur daran zu zeigen, daß wir der Frage der seelischen Rassenmerkmale
ans ganz anderen Wegen nachgehen können, als sie die Polemik des Tages und
eine dem Tagesstreit dienstbare Wissenschaft bisher gegangen ist.

Von den Eigenschaften, welche in der Regel dem jüdischen Volke zugeschrieben
werden, gehören vielleicht ein stärkerer Erwerbstrieb und ein besserer Durch¬
schnitt der Berstandesbegabung (eine Folge der schärferen Auslese in der Zer¬
streuung, schwerlich eine altjüdische Eigenschaft) möglichenfalls auch ein gewisser
Mangel an fruchtbarer Phantasie unter diese Gruppe. Nicht hierher gehört
dagegen die einseitig kritische Geistesrichtung unserer Juden, denn wir bemerken,
daß die talmudgläubigen Juden den drückendsten Ballast an Vorschriften und
Überlieferungen durch die Jahrtausende mit sich geschleppt und ihn beständig
vermehrt haben, während bei den Völkern, unter denen sie lebten, in der gleichen
Zeit Überlieferungen aufbauende und Überlieferungen zerstörende Perioden mehr¬
mals gewechselt haben. Diese durchaus nur anerzogene kritische Richtung hat
den Juden wohl den volkstümlichen Vorwurf mangelnder Bescheidenheit ein¬
getragen. Umgekehrt darf man auch die Eigenschaften der östlichen Juden nicht
ohne weiteres unter das biologische Erbe setzen, zum Beispiel nicht aus dem
musterhaften Familienleben dieser Gruppe auf einen besonders starken angeborenen
Ernst in geschlechtlichen Dingen schließen. So bleibt uns der jüdische Rassen¬
charakter in der Hauptsache ein unbekanntes Land, und was wir an möglichen
Nasseneigenschaften herausfinden, trägt zur Erklärung der modernen Judenfrage
wenig bei. Ich möchte glauben, daß ein Volk von unseren Eigenschaften unter
den gleichen Bedingungen ganz ähnliche Probleme erzeugt hätte.

Wir kommen also zu dem Ergebnis, daß die Zusammendrängung der Juden
in wenigen, besonders ungesättigten Berufsschichten die Ursache der Spannungen
ist, welche sie in unserem Volkskörper hervorrufen. Man kann alle diese Dinge
umso leidenschaftsloser erörtern, als einsichtige Juden nicht nur die gleichen Fragen
stellen, sondern sie bisweilen auch in ähnlichem Sinne beantworten. In den
sür Juden geschriebenen Zeitschriften finden wir wenigstens von Zeit zu Zeit
Zusammenstellungen über die berufliche Gliederung der Juden, in denen jeder
Fortschritt zu gleichmäßigerer Verteilung mit Genugtuung verzeichnet wird.
Eine Lösung ist freilich auf diesem Wege nicht zu erwarten, denn um die Juden
gleichmäßig unter die Bevölkerung zu verteilen, müßten wir sie in den unteren,
gesättigten Volksschichten festbinden, das heißt wir müßten sie deklassieren. Wir
müßten ihnen sogar Land geben, nach dem sie kein Verlangen tragen, und das
wir unseren Volksgenossen nicht nehmen wollen.

Aber die westeuropäische Judenfrage geht einer allmählichen Lösung auf
einem anderen Wege entgegen. Das jüdische Proletariat ist verschwunden;


Grenzboten III 1916 26
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[0415] Die Jndcnfrcige nach dem Rriegc Volkes. Man wolle diese Bemerkungen nicht als Tadel verstehen. Ehre dem Volke, das seine Fehler erkennt und doppelt Ehre, wenn es in dieser ver worrenen Zeit ein. anderes Gebet kennt als das berühmte „Gott strafe es!" Mir lag nur daran zu zeigen, daß wir der Frage der seelischen Rassenmerkmale ans ganz anderen Wegen nachgehen können, als sie die Polemik des Tages und eine dem Tagesstreit dienstbare Wissenschaft bisher gegangen ist. Von den Eigenschaften, welche in der Regel dem jüdischen Volke zugeschrieben werden, gehören vielleicht ein stärkerer Erwerbstrieb und ein besserer Durch¬ schnitt der Berstandesbegabung (eine Folge der schärferen Auslese in der Zer¬ streuung, schwerlich eine altjüdische Eigenschaft) möglichenfalls auch ein gewisser Mangel an fruchtbarer Phantasie unter diese Gruppe. Nicht hierher gehört dagegen die einseitig kritische Geistesrichtung unserer Juden, denn wir bemerken, daß die talmudgläubigen Juden den drückendsten Ballast an Vorschriften und Überlieferungen durch die Jahrtausende mit sich geschleppt und ihn beständig vermehrt haben, während bei den Völkern, unter denen sie lebten, in der gleichen Zeit Überlieferungen aufbauende und Überlieferungen zerstörende Perioden mehr¬ mals gewechselt haben. Diese durchaus nur anerzogene kritische Richtung hat den Juden wohl den volkstümlichen Vorwurf mangelnder Bescheidenheit ein¬ getragen. Umgekehrt darf man auch die Eigenschaften der östlichen Juden nicht ohne weiteres unter das biologische Erbe setzen, zum Beispiel nicht aus dem musterhaften Familienleben dieser Gruppe auf einen besonders starken angeborenen Ernst in geschlechtlichen Dingen schließen. So bleibt uns der jüdische Rassen¬ charakter in der Hauptsache ein unbekanntes Land, und was wir an möglichen Nasseneigenschaften herausfinden, trägt zur Erklärung der modernen Judenfrage wenig bei. Ich möchte glauben, daß ein Volk von unseren Eigenschaften unter den gleichen Bedingungen ganz ähnliche Probleme erzeugt hätte. Wir kommen also zu dem Ergebnis, daß die Zusammendrängung der Juden in wenigen, besonders ungesättigten Berufsschichten die Ursache der Spannungen ist, welche sie in unserem Volkskörper hervorrufen. Man kann alle diese Dinge umso leidenschaftsloser erörtern, als einsichtige Juden nicht nur die gleichen Fragen stellen, sondern sie bisweilen auch in ähnlichem Sinne beantworten. In den sür Juden geschriebenen Zeitschriften finden wir wenigstens von Zeit zu Zeit Zusammenstellungen über die berufliche Gliederung der Juden, in denen jeder Fortschritt zu gleichmäßigerer Verteilung mit Genugtuung verzeichnet wird. Eine Lösung ist freilich auf diesem Wege nicht zu erwarten, denn um die Juden gleichmäßig unter die Bevölkerung zu verteilen, müßten wir sie in den unteren, gesättigten Volksschichten festbinden, das heißt wir müßten sie deklassieren. Wir müßten ihnen sogar Land geben, nach dem sie kein Verlangen tragen, und das wir unseren Volksgenossen nicht nehmen wollen. Aber die westeuropäische Judenfrage geht einer allmählichen Lösung auf einem anderen Wege entgegen. Das jüdische Proletariat ist verschwunden; Grenzboten III 1916 26

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_323972/415>, abgerufen am 23.07.2024.