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Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Drittes Vierteljahr.

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Die Ariegsscimmlung der "Deutschen Bücherei^

können. Doch ist nun schon auf die Kriegszeitung von Wloclawek der Land¬
sturm von Kalisch gefolgt, während hart an der Grenze auf deutschem Gebiet
die Kriegszeitung der Feste Boyen und der Stadt Lötzeu sowie die Wacht im
Osten von Soltau erscheinen. Die Gazeta Wojenna vermittelt im Austrage
der deutschen Regierung den Polen einwandfreie Nachrichten und das zwei¬
sprachige Amtsblatt sorgt für die Verwaltung des besetzten Polens. Wir haben
auch in Belgien für die verschiedenen Provinzen schon eigene Amtsblätter,
auch die einzelnen Verwaltungen geben Zeitungen heraus, z. B. die Post und
die Landwirtschaftsabteilung. Die Zivilverwaltung in Brüssel gibt die Deutsche
Soldatenpost für deutsche Soldaten und deutsche Einwohner Belgiens Heraus.
Diese Zeitungen unterscheiden sich, wie die französische für Belgien bestimmte
Ausgabe des Aachener Volksfreunds, kaum von normalen Tages- oder Wochen¬
zeitungen kleinen Maßstabes. Anders steht es mit der großen Anzahl der
Armeezeitungen, die entweder direkt in der Kampflinie oder nahe hinter ihr
gedruckt und geleitet werden. Wir haben mehrere Beispiele, wie sich aus einem
ganz trockenen und primitiven Nachrichtendienst ein fröhliches Zeitungswesen
entwickelt. So ist die schöne Feldzeitung der 5. Armee, die schon weit über
200 Nummern hat erscheinen lassen, aus den Funkspruchmeldungen von Nord¬
deich und Cöln nach dem A. H. Q. entstanden. Die Entwicklung erfolgt
ganz stufenweise. Neben die Berichte der obersten Heeresleiwng treten zunächst
die Bekanntmachungen der Armeeleitung, dann bei Korpszeitungen die Korps¬
befehle. Dazu kommen gegebenenfalls die österreichischen Tagesberichte und sonst
wesentliche kriegerische und politische Ereignisse. Schließlich finden sich Bekannt¬
machungen lokaler Art: Unterhaltung wird geboten, ein Faß Bier ist ange¬
kommen, ein Kino ist eröffnet. Dazwischen gedeiht dann üppig der übrige
Zeitungskram: Unterhaltung und Belehrung. Poesie und Prosa, Humor und
Ernst. Zuweilen ist das Unternehmen über den Nachrichtendienst nicht hinaus¬
gekommen, so die Nouvelles von Spa und die B. Z. am Mittag von Bapaume.
Große Zentren literarischer Betätigung und journalistischer Fruchtbarkeit haben
wir in Menin, Se. Quentin. Laon. Rethel und andren Orten. Häufig begnügt
man sich nicht mit der^'Herausgabe einer deutschen Zeitung, fondern man
versieht auch die Bewohner des besetzten Landes. So sorgt das Journal
de guerre meisterhaft für Unterhaltung und Aufklärung der Bürger und
Bauern von Laon. Die Gazette des Ardennes hat meines Wissens über¬
haupt keine deutsche Ausgabe. An der Spitze aller Erscheinungen steht
aber nicht der zuerst entstandene Landsturm von Vouziers. sondern die Liller
Knegszeitung.

Auch in Alle hat man ganz bescheiden, ohne literarische Ambitionen mit
der Veröffentlichung der letzten Kriegsnachrichten angefangen. Die ersten
Nummern zeigen deutlich, mit welchen technischen Schwierigkeiten man zu
kämpfen hatt'. Neben der Ausgabe in Zeitungsformat werden die letzten
Kriegsnachrichten auch in Form von farbigen Plataeer verbreitet. Der


Die Ariegsscimmlung der „Deutschen Bücherei^

können. Doch ist nun schon auf die Kriegszeitung von Wloclawek der Land¬
sturm von Kalisch gefolgt, während hart an der Grenze auf deutschem Gebiet
die Kriegszeitung der Feste Boyen und der Stadt Lötzeu sowie die Wacht im
Osten von Soltau erscheinen. Die Gazeta Wojenna vermittelt im Austrage
der deutschen Regierung den Polen einwandfreie Nachrichten und das zwei¬
sprachige Amtsblatt sorgt für die Verwaltung des besetzten Polens. Wir haben
auch in Belgien für die verschiedenen Provinzen schon eigene Amtsblätter,
auch die einzelnen Verwaltungen geben Zeitungen heraus, z. B. die Post und
die Landwirtschaftsabteilung. Die Zivilverwaltung in Brüssel gibt die Deutsche
Soldatenpost für deutsche Soldaten und deutsche Einwohner Belgiens Heraus.
Diese Zeitungen unterscheiden sich, wie die französische für Belgien bestimmte
Ausgabe des Aachener Volksfreunds, kaum von normalen Tages- oder Wochen¬
zeitungen kleinen Maßstabes. Anders steht es mit der großen Anzahl der
Armeezeitungen, die entweder direkt in der Kampflinie oder nahe hinter ihr
gedruckt und geleitet werden. Wir haben mehrere Beispiele, wie sich aus einem
ganz trockenen und primitiven Nachrichtendienst ein fröhliches Zeitungswesen
entwickelt. So ist die schöne Feldzeitung der 5. Armee, die schon weit über
200 Nummern hat erscheinen lassen, aus den Funkspruchmeldungen von Nord¬
deich und Cöln nach dem A. H. Q. entstanden. Die Entwicklung erfolgt
ganz stufenweise. Neben die Berichte der obersten Heeresleiwng treten zunächst
die Bekanntmachungen der Armeeleitung, dann bei Korpszeitungen die Korps¬
befehle. Dazu kommen gegebenenfalls die österreichischen Tagesberichte und sonst
wesentliche kriegerische und politische Ereignisse. Schließlich finden sich Bekannt¬
machungen lokaler Art: Unterhaltung wird geboten, ein Faß Bier ist ange¬
kommen, ein Kino ist eröffnet. Dazwischen gedeiht dann üppig der übrige
Zeitungskram: Unterhaltung und Belehrung. Poesie und Prosa, Humor und
Ernst. Zuweilen ist das Unternehmen über den Nachrichtendienst nicht hinaus¬
gekommen, so die Nouvelles von Spa und die B. Z. am Mittag von Bapaume.
Große Zentren literarischer Betätigung und journalistischer Fruchtbarkeit haben
wir in Menin, Se. Quentin. Laon. Rethel und andren Orten. Häufig begnügt
man sich nicht mit der^'Herausgabe einer deutschen Zeitung, fondern man
versieht auch die Bewohner des besetzten Landes. So sorgt das Journal
de guerre meisterhaft für Unterhaltung und Aufklärung der Bürger und
Bauern von Laon. Die Gazette des Ardennes hat meines Wissens über¬
haupt keine deutsche Ausgabe. An der Spitze aller Erscheinungen steht
aber nicht der zuerst entstandene Landsturm von Vouziers. sondern die Liller
Knegszeitung.

Auch in Alle hat man ganz bescheiden, ohne literarische Ambitionen mit
der Veröffentlichung der letzten Kriegsnachrichten angefangen. Die ersten
Nummern zeigen deutlich, mit welchen technischen Schwierigkeiten man zu
kämpfen hatt'. Neben der Ausgabe in Zeitungsformat werden die letzten
Kriegsnachrichten auch in Form von farbigen Plataeer verbreitet. Der


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[0041] Die Ariegsscimmlung der „Deutschen Bücherei^ können. Doch ist nun schon auf die Kriegszeitung von Wloclawek der Land¬ sturm von Kalisch gefolgt, während hart an der Grenze auf deutschem Gebiet die Kriegszeitung der Feste Boyen und der Stadt Lötzeu sowie die Wacht im Osten von Soltau erscheinen. Die Gazeta Wojenna vermittelt im Austrage der deutschen Regierung den Polen einwandfreie Nachrichten und das zwei¬ sprachige Amtsblatt sorgt für die Verwaltung des besetzten Polens. Wir haben auch in Belgien für die verschiedenen Provinzen schon eigene Amtsblätter, auch die einzelnen Verwaltungen geben Zeitungen heraus, z. B. die Post und die Landwirtschaftsabteilung. Die Zivilverwaltung in Brüssel gibt die Deutsche Soldatenpost für deutsche Soldaten und deutsche Einwohner Belgiens Heraus. Diese Zeitungen unterscheiden sich, wie die französische für Belgien bestimmte Ausgabe des Aachener Volksfreunds, kaum von normalen Tages- oder Wochen¬ zeitungen kleinen Maßstabes. Anders steht es mit der großen Anzahl der Armeezeitungen, die entweder direkt in der Kampflinie oder nahe hinter ihr gedruckt und geleitet werden. Wir haben mehrere Beispiele, wie sich aus einem ganz trockenen und primitiven Nachrichtendienst ein fröhliches Zeitungswesen entwickelt. So ist die schöne Feldzeitung der 5. Armee, die schon weit über 200 Nummern hat erscheinen lassen, aus den Funkspruchmeldungen von Nord¬ deich und Cöln nach dem A. H. Q. entstanden. Die Entwicklung erfolgt ganz stufenweise. Neben die Berichte der obersten Heeresleiwng treten zunächst die Bekanntmachungen der Armeeleitung, dann bei Korpszeitungen die Korps¬ befehle. Dazu kommen gegebenenfalls die österreichischen Tagesberichte und sonst wesentliche kriegerische und politische Ereignisse. Schließlich finden sich Bekannt¬ machungen lokaler Art: Unterhaltung wird geboten, ein Faß Bier ist ange¬ kommen, ein Kino ist eröffnet. Dazwischen gedeiht dann üppig der übrige Zeitungskram: Unterhaltung und Belehrung. Poesie und Prosa, Humor und Ernst. Zuweilen ist das Unternehmen über den Nachrichtendienst nicht hinaus¬ gekommen, so die Nouvelles von Spa und die B. Z. am Mittag von Bapaume. Große Zentren literarischer Betätigung und journalistischer Fruchtbarkeit haben wir in Menin, Se. Quentin. Laon. Rethel und andren Orten. Häufig begnügt man sich nicht mit der^'Herausgabe einer deutschen Zeitung, fondern man versieht auch die Bewohner des besetzten Landes. So sorgt das Journal de guerre meisterhaft für Unterhaltung und Aufklärung der Bürger und Bauern von Laon. Die Gazette des Ardennes hat meines Wissens über¬ haupt keine deutsche Ausgabe. An der Spitze aller Erscheinungen steht aber nicht der zuerst entstandene Landsturm von Vouziers. sondern die Liller Knegszeitung. Auch in Alle hat man ganz bescheiden, ohne literarische Ambitionen mit der Veröffentlichung der letzten Kriegsnachrichten angefangen. Die ersten Nummern zeigen deutlich, mit welchen technischen Schwierigkeiten man zu kämpfen hatt'. Neben der Ausgabe in Zeitungsformat werden die letzten Kriegsnachrichten auch in Form von farbigen Plataeer verbreitet. Der

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_323972/41>, abgerufen am 26.06.2024.