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Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Drittes Vierteljahr.

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Die Kriegsscimmlung der "Deutschen ZZiicherei"

Obwohl da jede Sammelftelle von diesen oder jenen erfreulichen Eingängen zu
berichten weiß, ist doch das bisher Zusammengetragene und das vermutlich
überhaupt noch Vorhandene gering im Vergleich zu dem, was, wie wir aus
abgeleiteten Quellen wissen, vorhanden gewesen sein muß. So haben sich denn
alsbald nach Ausbruch dieses gewaltigen Krieges verschiedene große Bibliotheken
an die Sammlung aller literarischen Erzeugnisse gemacht. Auch die "Deutsche
Bücherei" hat, obwohl ihr gesammter innerer Aufbau -- vom äußeren hier
ganz abgesehen -- noch allerlei Mängel und große Lücken aufweist, einen
Aufruf zur Sammlung aller literarischen Erzeugnisse, die irgendwie mit dem
gegenwärtigen Kriege in Beziehung zu bringen sind, erlassen. Nun ist allerdings
die "Deutsche Bücherei" in mancher Hinsicht den Königlichen Bibliotheken von
Berlin und München gegenüber im Rückstände: der Erfolg der für die Kriegs¬
sammlung eingeleiteten Propaganda hat indessen gezeigt, daß der Gedanke der
"Deutschen Bücherei" Verständnis und Anerkennung gefunden hat. Es ist aus
Grund der bisherigen Eingänge bei der Kriegsliteraturstelle anzunehmen, daß,
wenn die Sammlung auch nicht restlos vollständig, so doch so reichhaltig und
vielseitig wird, daß wir in ihr einen glänzenden literarisch ° kulturellen Nieder¬
schlag der großen Zeit haben werden, ja mehr noch, daß wir den
Gründungsgedanken der "Deutschen Bücherei": ein Archiv des gesamten
deutschen Schrifttums zu bilden, hier auf einem kleinen Gebiet schon nahezu
verwirklicht sehen.

In eine Kriegsliteratursammlung gehört schlechthin alles, was seit einigen
Monaten von deutschen und ausländischen Druckern produziert wird. Es ist
einerlei, ob es sich um eine Nummer der Gummizeitung oder um ein Andachts¬
buch, um einen Beitrag zur Nervenlehre oder um ein Handbuch des Völker¬
rechts handelt. Die Beziehungen zum Kriege liegen überall zu nahe und
sind schnell angeknüpft. Politische Tageszeitungen, Extrablätter, illustrierte
Witzblätter und Ansichtskarten sind ebenfalls den kriegerischen Ereignissen
gewidmet. Alle diese Dinge schließt die "Deutsche Bücherei" zwar nicht
aus ihrer Kriegssammlung aus, obwohl die erwähnten Erscheinungen nicht
immer in das Sammelgebiet der "Deutschen Bücherei" fallen, aber sie werden
auch nicht direkt erbeten. Unter den heute über fünftausend Nummern zählenden
Eingängen der Kriegssammlung bilden sie nur einen verschwindend geringen
Bruchteil. Es ist nicht leicht auf dem geringen hier zur Verfügung stehenden
Raum eine Übersicht über die vielseitige und reichhaltige Sammlung zu geben:
sind die Lieder auf die dicke Berta oder die Hindenburgbiographien wichtiger
zu erwähnen? sind politische Erörterungen und moralischen Vorhaltungen
England gegenüber oder poetische Ergüsse -- handschriftlich! -- von höherer
Bedeutung? Ganz starkes Interesse verdienen immer und überall die literarischen
und typographischen Leistungen unserer Feldgrauen in Feindesland, mag es sich
nun um amtliche Bekanntmachungen, um den Nachrichtendienst oder um die
Herausgabe von Zeitungen handeln.


Die Kriegsscimmlung der „Deutschen ZZiicherei"

Obwohl da jede Sammelftelle von diesen oder jenen erfreulichen Eingängen zu
berichten weiß, ist doch das bisher Zusammengetragene und das vermutlich
überhaupt noch Vorhandene gering im Vergleich zu dem, was, wie wir aus
abgeleiteten Quellen wissen, vorhanden gewesen sein muß. So haben sich denn
alsbald nach Ausbruch dieses gewaltigen Krieges verschiedene große Bibliotheken
an die Sammlung aller literarischen Erzeugnisse gemacht. Auch die „Deutsche
Bücherei" hat, obwohl ihr gesammter innerer Aufbau — vom äußeren hier
ganz abgesehen — noch allerlei Mängel und große Lücken aufweist, einen
Aufruf zur Sammlung aller literarischen Erzeugnisse, die irgendwie mit dem
gegenwärtigen Kriege in Beziehung zu bringen sind, erlassen. Nun ist allerdings
die „Deutsche Bücherei" in mancher Hinsicht den Königlichen Bibliotheken von
Berlin und München gegenüber im Rückstände: der Erfolg der für die Kriegs¬
sammlung eingeleiteten Propaganda hat indessen gezeigt, daß der Gedanke der
„Deutschen Bücherei" Verständnis und Anerkennung gefunden hat. Es ist aus
Grund der bisherigen Eingänge bei der Kriegsliteraturstelle anzunehmen, daß,
wenn die Sammlung auch nicht restlos vollständig, so doch so reichhaltig und
vielseitig wird, daß wir in ihr einen glänzenden literarisch ° kulturellen Nieder¬
schlag der großen Zeit haben werden, ja mehr noch, daß wir den
Gründungsgedanken der „Deutschen Bücherei": ein Archiv des gesamten
deutschen Schrifttums zu bilden, hier auf einem kleinen Gebiet schon nahezu
verwirklicht sehen.

In eine Kriegsliteratursammlung gehört schlechthin alles, was seit einigen
Monaten von deutschen und ausländischen Druckern produziert wird. Es ist
einerlei, ob es sich um eine Nummer der Gummizeitung oder um ein Andachts¬
buch, um einen Beitrag zur Nervenlehre oder um ein Handbuch des Völker¬
rechts handelt. Die Beziehungen zum Kriege liegen überall zu nahe und
sind schnell angeknüpft. Politische Tageszeitungen, Extrablätter, illustrierte
Witzblätter und Ansichtskarten sind ebenfalls den kriegerischen Ereignissen
gewidmet. Alle diese Dinge schließt die „Deutsche Bücherei" zwar nicht
aus ihrer Kriegssammlung aus, obwohl die erwähnten Erscheinungen nicht
immer in das Sammelgebiet der „Deutschen Bücherei" fallen, aber sie werden
auch nicht direkt erbeten. Unter den heute über fünftausend Nummern zählenden
Eingängen der Kriegssammlung bilden sie nur einen verschwindend geringen
Bruchteil. Es ist nicht leicht auf dem geringen hier zur Verfügung stehenden
Raum eine Übersicht über die vielseitige und reichhaltige Sammlung zu geben:
sind die Lieder auf die dicke Berta oder die Hindenburgbiographien wichtiger
zu erwähnen? sind politische Erörterungen und moralischen Vorhaltungen
England gegenüber oder poetische Ergüsse — handschriftlich! — von höherer
Bedeutung? Ganz starkes Interesse verdienen immer und überall die literarischen
und typographischen Leistungen unserer Feldgrauen in Feindesland, mag es sich
nun um amtliche Bekanntmachungen, um den Nachrichtendienst oder um die
Herausgabe von Zeitungen handeln.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_323972/39>, abgerufen am 01.07.2024.