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Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Drittes Vierteljahr.

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Der Weltkrieg und die preise von Roste und Lisen in den europäischen Staaten

Nicht unbeträchtlich sind auch die neutralen Staaten in Mitleidenschaft
gezogen worden. Auch hier spricht sich der Einfluß des Krieges in der Preis¬
bewegung von Kohle und Eisen scharf aus. Nicht zuletzt gilt dies von den
drei nordischen Königreichen, Dänemark, Schweden und Norwegen. So kündigte
nach Mitteilungen aus Kopenhagen vom Ende April 1915 die Vereinigung,
dänischer Kohlenimporteure neue außerordentlich starke Preissteigerungen der
Kohlen an, da die englische Regierung, wenn auch nicht offiziell, so doch tat¬
sächlich den Kohlenexport aus England verhindere. In den unter der dänischen
Herrschaft stehenden Reykjavik (Island) kosteten nach Kopenhagener Meldungen
von Mitte Mai 1915 160 Kilogramm schottische Kohlen schon 8 Kronen. Der
Kohlenmangel in Dänemark wird auch durch eine Veröffentlichung der dänischen
Regierung, welche möglichst weitgehende Benutzung von Torf und Holz als
Brennmaterial empfiehlt, bestätigt. In Normegen übernahm infolge der
Schwierigkeit der Kohlenzufuhr der Staat die Garantie für den Transport der
Kohlen. Zu den Schwierigkeiten, die England den nordischen Staaten in punkto
der Kohlenzufuhr bereitet, kommt dann noch die fortwährende Erhöhung der
Frachtraten durch die durch den Unterseebootkrieg bedingte Steigerung der Ver¬
sicherungsprämien. So stehen zurzeit die Frachtsätze ab Amerika nur sehr wenig
höher als diejenigen ab England. Diese Verhältnisse spiegeln sich natürlich in
der Preisbewegung von Eisen und Metall. In der zu Anfang Mai 1915 in
Stockholm abgehaltenen Versammlung der schwedischen Eisenwerksbesitzer wurde
betont, daß die Verkaufspreise entsprechend den gestiegenen Erzeugungskosten
erhöht werden mußten.

Auch die anderen neutralen Staaten haben je nach ihrer wirtschaftlichen
Beschaffenheit mehr oder weniger durch den Krieg zu leiden. Nach den vor¬
liegenden Berichten verursachte der Mangel an Kohle, Eisen und Metall in
Holland eine große Preissteigerung dieser Produkte. Belgischen Mitteilungen
zufolge mußten verschiedene große Firmen der niederländischen Metallindustrie
wegen Materialmangel und besonders wegen Fehlens von Zink ihren Betrieb
einstellen. Auch in Rumänien macht sich der Mangel an Kohlen im Hochgang
der Preise bemerkbar. Ein Bericht vom Mai 1915 besagt, daß infolge des
Kohlenmangels die Maschinen aus dem Auslande bezogen werden mußten. Nicht
besser lauten die Meldungen über die diesbezüglichen Verhältnisse in Spanien.
Nach einem Berichte der Frankfurter Zeitung vom Ende März 1915 ist die
spanische Regierung in London vorstellig geworden, um die Ausfuhrerlaubnis
für Zinn aus England zu erwirken, da die Hochöfen von Bilbao infolge
des Mangels an Zinn für die Blechfabrikation in Gefahr sind, ihren
Betrieb einstellen zu müssen, wodurch Tausende von Arbeitern beschäftigungs¬
los wurden.

Betrachten wir nunmehr die Preisoerhältnisse bei den Zentralmächten. Die
Richtpreise des Rheinisch-Westfälischen Kohlensnndikats stiegen nach nachstehender
Aufstellung:


Der Weltkrieg und die preise von Roste und Lisen in den europäischen Staaten

Nicht unbeträchtlich sind auch die neutralen Staaten in Mitleidenschaft
gezogen worden. Auch hier spricht sich der Einfluß des Krieges in der Preis¬
bewegung von Kohle und Eisen scharf aus. Nicht zuletzt gilt dies von den
drei nordischen Königreichen, Dänemark, Schweden und Norwegen. So kündigte
nach Mitteilungen aus Kopenhagen vom Ende April 1915 die Vereinigung,
dänischer Kohlenimporteure neue außerordentlich starke Preissteigerungen der
Kohlen an, da die englische Regierung, wenn auch nicht offiziell, so doch tat¬
sächlich den Kohlenexport aus England verhindere. In den unter der dänischen
Herrschaft stehenden Reykjavik (Island) kosteten nach Kopenhagener Meldungen
von Mitte Mai 1915 160 Kilogramm schottische Kohlen schon 8 Kronen. Der
Kohlenmangel in Dänemark wird auch durch eine Veröffentlichung der dänischen
Regierung, welche möglichst weitgehende Benutzung von Torf und Holz als
Brennmaterial empfiehlt, bestätigt. In Normegen übernahm infolge der
Schwierigkeit der Kohlenzufuhr der Staat die Garantie für den Transport der
Kohlen. Zu den Schwierigkeiten, die England den nordischen Staaten in punkto
der Kohlenzufuhr bereitet, kommt dann noch die fortwährende Erhöhung der
Frachtraten durch die durch den Unterseebootkrieg bedingte Steigerung der Ver¬
sicherungsprämien. So stehen zurzeit die Frachtsätze ab Amerika nur sehr wenig
höher als diejenigen ab England. Diese Verhältnisse spiegeln sich natürlich in
der Preisbewegung von Eisen und Metall. In der zu Anfang Mai 1915 in
Stockholm abgehaltenen Versammlung der schwedischen Eisenwerksbesitzer wurde
betont, daß die Verkaufspreise entsprechend den gestiegenen Erzeugungskosten
erhöht werden mußten.

Auch die anderen neutralen Staaten haben je nach ihrer wirtschaftlichen
Beschaffenheit mehr oder weniger durch den Krieg zu leiden. Nach den vor¬
liegenden Berichten verursachte der Mangel an Kohle, Eisen und Metall in
Holland eine große Preissteigerung dieser Produkte. Belgischen Mitteilungen
zufolge mußten verschiedene große Firmen der niederländischen Metallindustrie
wegen Materialmangel und besonders wegen Fehlens von Zink ihren Betrieb
einstellen. Auch in Rumänien macht sich der Mangel an Kohlen im Hochgang
der Preise bemerkbar. Ein Bericht vom Mai 1915 besagt, daß infolge des
Kohlenmangels die Maschinen aus dem Auslande bezogen werden mußten. Nicht
besser lauten die Meldungen über die diesbezüglichen Verhältnisse in Spanien.
Nach einem Berichte der Frankfurter Zeitung vom Ende März 1915 ist die
spanische Regierung in London vorstellig geworden, um die Ausfuhrerlaubnis
für Zinn aus England zu erwirken, da die Hochöfen von Bilbao infolge
des Mangels an Zinn für die Blechfabrikation in Gefahr sind, ihren
Betrieb einstellen zu müssen, wodurch Tausende von Arbeitern beschäftigungs¬
los wurden.

Betrachten wir nunmehr die Preisoerhältnisse bei den Zentralmächten. Die
Richtpreise des Rheinisch-Westfälischen Kohlensnndikats stiegen nach nachstehender
Aufstellung:


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[0386] Der Weltkrieg und die preise von Roste und Lisen in den europäischen Staaten Nicht unbeträchtlich sind auch die neutralen Staaten in Mitleidenschaft gezogen worden. Auch hier spricht sich der Einfluß des Krieges in der Preis¬ bewegung von Kohle und Eisen scharf aus. Nicht zuletzt gilt dies von den drei nordischen Königreichen, Dänemark, Schweden und Norwegen. So kündigte nach Mitteilungen aus Kopenhagen vom Ende April 1915 die Vereinigung, dänischer Kohlenimporteure neue außerordentlich starke Preissteigerungen der Kohlen an, da die englische Regierung, wenn auch nicht offiziell, so doch tat¬ sächlich den Kohlenexport aus England verhindere. In den unter der dänischen Herrschaft stehenden Reykjavik (Island) kosteten nach Kopenhagener Meldungen von Mitte Mai 1915 160 Kilogramm schottische Kohlen schon 8 Kronen. Der Kohlenmangel in Dänemark wird auch durch eine Veröffentlichung der dänischen Regierung, welche möglichst weitgehende Benutzung von Torf und Holz als Brennmaterial empfiehlt, bestätigt. In Normegen übernahm infolge der Schwierigkeit der Kohlenzufuhr der Staat die Garantie für den Transport der Kohlen. Zu den Schwierigkeiten, die England den nordischen Staaten in punkto der Kohlenzufuhr bereitet, kommt dann noch die fortwährende Erhöhung der Frachtraten durch die durch den Unterseebootkrieg bedingte Steigerung der Ver¬ sicherungsprämien. So stehen zurzeit die Frachtsätze ab Amerika nur sehr wenig höher als diejenigen ab England. Diese Verhältnisse spiegeln sich natürlich in der Preisbewegung von Eisen und Metall. In der zu Anfang Mai 1915 in Stockholm abgehaltenen Versammlung der schwedischen Eisenwerksbesitzer wurde betont, daß die Verkaufspreise entsprechend den gestiegenen Erzeugungskosten erhöht werden mußten. Auch die anderen neutralen Staaten haben je nach ihrer wirtschaftlichen Beschaffenheit mehr oder weniger durch den Krieg zu leiden. Nach den vor¬ liegenden Berichten verursachte der Mangel an Kohle, Eisen und Metall in Holland eine große Preissteigerung dieser Produkte. Belgischen Mitteilungen zufolge mußten verschiedene große Firmen der niederländischen Metallindustrie wegen Materialmangel und besonders wegen Fehlens von Zink ihren Betrieb einstellen. Auch in Rumänien macht sich der Mangel an Kohlen im Hochgang der Preise bemerkbar. Ein Bericht vom Mai 1915 besagt, daß infolge des Kohlenmangels die Maschinen aus dem Auslande bezogen werden mußten. Nicht besser lauten die Meldungen über die diesbezüglichen Verhältnisse in Spanien. Nach einem Berichte der Frankfurter Zeitung vom Ende März 1915 ist die spanische Regierung in London vorstellig geworden, um die Ausfuhrerlaubnis für Zinn aus England zu erwirken, da die Hochöfen von Bilbao infolge des Mangels an Zinn für die Blechfabrikation in Gefahr sind, ihren Betrieb einstellen zu müssen, wodurch Tausende von Arbeitern beschäftigungs¬ los wurden. Betrachten wir nunmehr die Preisoerhältnisse bei den Zentralmächten. Die Richtpreise des Rheinisch-Westfälischen Kohlensnndikats stiegen nach nachstehender Aufstellung:

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_323972/386>, abgerufen am 01.07.2024.