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Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Drittes Vierteljahr.

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Skandinavien und der Arieg

gegen Rußlands mechanischen Druck gelegt werden. Dies kann nur dadurch
geschehen, daß die Länder, die bis zum Schwarzen Meere hinunter die Vorposten
des russischen Reiches gegen Europa bilden, losgerissen und zu eigenen, an einen
europäischen Staatenbund angeschlossenen Reichen gemacht werden. Wenn die
beinahe fünfzig Millionen nichtrussischer Einwohner Finnlands, der Ostseeprovinzen,
Polens und der Mraina vom Zarismus befreit sind, dann läßt sich der T 5' Sö
Europa gegen Asien, wozu das moskowitische Rußland eigentlich gehört, s^.erer.
Für eine solche Umgestaltung der Karte Europas muß sich Schweden in hohem
Grade interessieren, denn es liegt in seinem eigenen Interesse, daß Rußlands
Zentrum wieder von Petersburg nach Moskau zurückverlegt werde. Ein Zusammen¬
wirken Schwedens mit Deutschland beim Friedensschlüsse ist daher ein euro¬
päisches Kulturinteresse, und man darf hoffen, daß auch Norwegen und Dänemark
einsehen werden, daß Rußlands Zurückgehen in sein wirkliches Gebiet ein
skandinavisches Lebensinteresse fördert.

Gewiß wird einst der Tag kommen, da auch die auswärtige Politik, nachdem
sie alle ihre wirklich langen Lektionen gelernt hat, endlich die Wahrheit begriffen
hat, daß die Völker der Erde Glieder ein und desselben Leibes sind. Leider
ist oft die harte Schule des Krieges nötig gewesen, um das Lernen in Gang
zu bringen. In Schweden glauben wir an das Verständnis des deutschen
Geistes für verschiedenartige Kulturen, trotz der konservativen Politik Preußens
gegen seine Dänen und Polen, in welcher Politik wir eine Parteisache sehen,
nicht eine Reichsfordcrung innerhalb Deutschlands. Aus dem blutigen Getümmel,
das jetzt Europa in Erregung hält, kann nur Goethes Volk der Menschheit das
retten, was Gustav Adolfs Volk ihr im siebzehnten Jahrhundert gerettet hat:
den Geist der Humanität. Durch den Sieg Deutschlands wird Europa dereinst
leichter als bisher das ewige Gesetz verstehen, das die Geschichte anerkannt wissen
will und das Goethe mit jenen schönen Worten ausgedrückt hat:

Gottes ist der Orient,
Gottes ist der Occident,
Nord- und südliches Gelände
Ruht im Frieden seiner Hände.
Er, der einzige Gerechte,
Will für jedermann das Rechte.
Sei von seinen hundert Namen
Dieser hochgelobet! Amen.



Skandinavien und der Arieg

gegen Rußlands mechanischen Druck gelegt werden. Dies kann nur dadurch
geschehen, daß die Länder, die bis zum Schwarzen Meere hinunter die Vorposten
des russischen Reiches gegen Europa bilden, losgerissen und zu eigenen, an einen
europäischen Staatenbund angeschlossenen Reichen gemacht werden. Wenn die
beinahe fünfzig Millionen nichtrussischer Einwohner Finnlands, der Ostseeprovinzen,
Polens und der Mraina vom Zarismus befreit sind, dann läßt sich der T 5' Sö
Europa gegen Asien, wozu das moskowitische Rußland eigentlich gehört, s^.erer.
Für eine solche Umgestaltung der Karte Europas muß sich Schweden in hohem
Grade interessieren, denn es liegt in seinem eigenen Interesse, daß Rußlands
Zentrum wieder von Petersburg nach Moskau zurückverlegt werde. Ein Zusammen¬
wirken Schwedens mit Deutschland beim Friedensschlüsse ist daher ein euro¬
päisches Kulturinteresse, und man darf hoffen, daß auch Norwegen und Dänemark
einsehen werden, daß Rußlands Zurückgehen in sein wirkliches Gebiet ein
skandinavisches Lebensinteresse fördert.

Gewiß wird einst der Tag kommen, da auch die auswärtige Politik, nachdem
sie alle ihre wirklich langen Lektionen gelernt hat, endlich die Wahrheit begriffen
hat, daß die Völker der Erde Glieder ein und desselben Leibes sind. Leider
ist oft die harte Schule des Krieges nötig gewesen, um das Lernen in Gang
zu bringen. In Schweden glauben wir an das Verständnis des deutschen
Geistes für verschiedenartige Kulturen, trotz der konservativen Politik Preußens
gegen seine Dänen und Polen, in welcher Politik wir eine Parteisache sehen,
nicht eine Reichsfordcrung innerhalb Deutschlands. Aus dem blutigen Getümmel,
das jetzt Europa in Erregung hält, kann nur Goethes Volk der Menschheit das
retten, was Gustav Adolfs Volk ihr im siebzehnten Jahrhundert gerettet hat:
den Geist der Humanität. Durch den Sieg Deutschlands wird Europa dereinst
leichter als bisher das ewige Gesetz verstehen, das die Geschichte anerkannt wissen
will und das Goethe mit jenen schönen Worten ausgedrückt hat:

Gottes ist der Orient,
Gottes ist der Occident,
Nord- und südliches Gelände
Ruht im Frieden seiner Hände.
Er, der einzige Gerechte,
Will für jedermann das Rechte.
Sei von seinen hundert Namen
Dieser hochgelobet! Amen.



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[0310] Skandinavien und der Arieg gegen Rußlands mechanischen Druck gelegt werden. Dies kann nur dadurch geschehen, daß die Länder, die bis zum Schwarzen Meere hinunter die Vorposten des russischen Reiches gegen Europa bilden, losgerissen und zu eigenen, an einen europäischen Staatenbund angeschlossenen Reichen gemacht werden. Wenn die beinahe fünfzig Millionen nichtrussischer Einwohner Finnlands, der Ostseeprovinzen, Polens und der Mraina vom Zarismus befreit sind, dann läßt sich der T 5' Sö Europa gegen Asien, wozu das moskowitische Rußland eigentlich gehört, s^.erer. Für eine solche Umgestaltung der Karte Europas muß sich Schweden in hohem Grade interessieren, denn es liegt in seinem eigenen Interesse, daß Rußlands Zentrum wieder von Petersburg nach Moskau zurückverlegt werde. Ein Zusammen¬ wirken Schwedens mit Deutschland beim Friedensschlüsse ist daher ein euro¬ päisches Kulturinteresse, und man darf hoffen, daß auch Norwegen und Dänemark einsehen werden, daß Rußlands Zurückgehen in sein wirkliches Gebiet ein skandinavisches Lebensinteresse fördert. Gewiß wird einst der Tag kommen, da auch die auswärtige Politik, nachdem sie alle ihre wirklich langen Lektionen gelernt hat, endlich die Wahrheit begriffen hat, daß die Völker der Erde Glieder ein und desselben Leibes sind. Leider ist oft die harte Schule des Krieges nötig gewesen, um das Lernen in Gang zu bringen. In Schweden glauben wir an das Verständnis des deutschen Geistes für verschiedenartige Kulturen, trotz der konservativen Politik Preußens gegen seine Dänen und Polen, in welcher Politik wir eine Parteisache sehen, nicht eine Reichsfordcrung innerhalb Deutschlands. Aus dem blutigen Getümmel, das jetzt Europa in Erregung hält, kann nur Goethes Volk der Menschheit das retten, was Gustav Adolfs Volk ihr im siebzehnten Jahrhundert gerettet hat: den Geist der Humanität. Durch den Sieg Deutschlands wird Europa dereinst leichter als bisher das ewige Gesetz verstehen, das die Geschichte anerkannt wissen will und das Goethe mit jenen schönen Worten ausgedrückt hat: Gottes ist der Orient, Gottes ist der Occident, Nord- und südliches Gelände Ruht im Frieden seiner Hände. Er, der einzige Gerechte, Will für jedermann das Rechte. Sei von seinen hundert Namen Dieser hochgelobet! Amen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_323972/310>, abgerufen am 22.07.2024.