Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Drittes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Rriegsliteratur

ausgedrückt, daß das Bündnis mit England eigentlich für Japan wertlos sei;
man hätte sich gar nicht darauf einlassen sollen, und man möge sich von dieser
lästigen Fessel so bald als möglich befreien. Auch John Bull traut seinem
gelben Freunde nicht mehr: sein Vorgehen in China stellt ihm das Gespenst
der gelben Gefahr in Australien, Kanada und Indien vor Augen. Mit Recht
steht der Verfasser in dem immer stärker werdenden japanischen Imperialismus
die ersten Anzeichen eines Kampfes zwischen den angelsächsischen Weltmächten
-- den U. S. A. und Großbritannien -- gegen das "England des Ostens",
der früher oder später unvermeidlich ist und durch die Beschäftigung Japans
in China vielleicht hinausgeschoben, aber nicht verhindert werden kann.

Im Anschluß an dieses Buch seien zwei Vorträge genannt, die, wenn
auch in bedeutend kürzerer Form, ungefähr dasselbe Thema behandeln wie
Hashagen. Sie sind in der Sammlung "Deutsche Vorträge Hamburgischer
Professoren" im Verlage von L. Friedrichsen u. Co. (Hamburg) erschienen.
Karl Florenz: "Deutschland und Japan" schildert uns in kurzen Worten das
Verhältnis zwischen unserem Vaterlande und der jungen Weltmacht, deren
Imperialismus darauf abzielt, die Europäer aus dem "Reiche der Mitte" zu
verdrängen und selbst an ihre Stelle zu treten. Der Verfasser sieht in der
Handlungsweise Japans nicht nur eine "Rache für Schimonoseki". sondern vor
allem auch eine Prestigefrage. Durch einen billigen "Sieg" über die Deutschen
-- der zweite Sieg über eine europäische Großmacht -- hoffte Japan, sein
Ansehen in Asien noch mehr zu heben und gleichzeitig dasjenige der Europäer
zu untergraben. Die Handlungsweise Japans Deutschland gegenüber "wird
den anderen Asiaten ein verhängnisvolles Vorbild sein, wie man mit den
europäischen Minderheiten verfährt, sobald diese einmal, vom Mutterlande
abgeschnitten, hilflos auf sich selber angewiesen sind"."

In Heft 3 derselben Sammlung: "Deutschland und England in Ostasien
zeigt Professor Otto Franke in kurzen Zügen die Entwicklung der deutsch¬
englischen Rivalität im Fernen Osten seit Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts.

Einen interessanten Überblick über "Deutschland und Ostasien" gibt auch
Dr. Fritz Wertheimer in der Sammlung "Der deutsche Krieg" (Deutsche
Verlags anstatt, Stuttgart) indem er darauf hinweist, daß England den Brand
in Ostasien entfacht hat, weil ihm die deutsche Konkurrenz auf dem chinesischen
Weltmarkte zu lästig wurde. Am Schluß macht dann der Verfasser mit Recht
auf die großen Gefahren aufmerksam, die Großbritannien sich selbst und ins¬
besondere seinen Kolonien und Dominions durch die Stärkung und Förderung
der japanischen "Großmannssucht" geschaffen hat, und daß schon jetzt infolge
des japanischen Vorgehens in China "durch Englands schöne Pläne ... ein
gewaltiger Strich gemacht worden" ist.

Ferner wären zwei kleine Schriften zu erwähnen, die es sich zur Aufgabe
gemacht haben, den Leser mit der Volkspsyche des Fernen Ostens vertraut zu
machen. Jeder, der das politische Leben eines Landes verstehen will, muß


Rriegsliteratur

ausgedrückt, daß das Bündnis mit England eigentlich für Japan wertlos sei;
man hätte sich gar nicht darauf einlassen sollen, und man möge sich von dieser
lästigen Fessel so bald als möglich befreien. Auch John Bull traut seinem
gelben Freunde nicht mehr: sein Vorgehen in China stellt ihm das Gespenst
der gelben Gefahr in Australien, Kanada und Indien vor Augen. Mit Recht
steht der Verfasser in dem immer stärker werdenden japanischen Imperialismus
die ersten Anzeichen eines Kampfes zwischen den angelsächsischen Weltmächten
— den U. S. A. und Großbritannien — gegen das „England des Ostens",
der früher oder später unvermeidlich ist und durch die Beschäftigung Japans
in China vielleicht hinausgeschoben, aber nicht verhindert werden kann.

Im Anschluß an dieses Buch seien zwei Vorträge genannt, die, wenn
auch in bedeutend kürzerer Form, ungefähr dasselbe Thema behandeln wie
Hashagen. Sie sind in der Sammlung „Deutsche Vorträge Hamburgischer
Professoren" im Verlage von L. Friedrichsen u. Co. (Hamburg) erschienen.
Karl Florenz: „Deutschland und Japan" schildert uns in kurzen Worten das
Verhältnis zwischen unserem Vaterlande und der jungen Weltmacht, deren
Imperialismus darauf abzielt, die Europäer aus dem „Reiche der Mitte" zu
verdrängen und selbst an ihre Stelle zu treten. Der Verfasser sieht in der
Handlungsweise Japans nicht nur eine „Rache für Schimonoseki". sondern vor
allem auch eine Prestigefrage. Durch einen billigen „Sieg" über die Deutschen
— der zweite Sieg über eine europäische Großmacht — hoffte Japan, sein
Ansehen in Asien noch mehr zu heben und gleichzeitig dasjenige der Europäer
zu untergraben. Die Handlungsweise Japans Deutschland gegenüber „wird
den anderen Asiaten ein verhängnisvolles Vorbild sein, wie man mit den
europäischen Minderheiten verfährt, sobald diese einmal, vom Mutterlande
abgeschnitten, hilflos auf sich selber angewiesen sind"."

In Heft 3 derselben Sammlung: „Deutschland und England in Ostasien
zeigt Professor Otto Franke in kurzen Zügen die Entwicklung der deutsch¬
englischen Rivalität im Fernen Osten seit Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts.

Einen interessanten Überblick über „Deutschland und Ostasien" gibt auch
Dr. Fritz Wertheimer in der Sammlung „Der deutsche Krieg" (Deutsche
Verlags anstatt, Stuttgart) indem er darauf hinweist, daß England den Brand
in Ostasien entfacht hat, weil ihm die deutsche Konkurrenz auf dem chinesischen
Weltmarkte zu lästig wurde. Am Schluß macht dann der Verfasser mit Recht
auf die großen Gefahren aufmerksam, die Großbritannien sich selbst und ins¬
besondere seinen Kolonien und Dominions durch die Stärkung und Förderung
der japanischen „Großmannssucht" geschaffen hat, und daß schon jetzt infolge
des japanischen Vorgehens in China „durch Englands schöne Pläne ... ein
gewaltiger Strich gemacht worden" ist.

Ferner wären zwei kleine Schriften zu erwähnen, die es sich zur Aufgabe
gemacht haben, den Leser mit der Volkspsyche des Fernen Ostens vertraut zu
machen. Jeder, der das politische Leben eines Landes verstehen will, muß


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0196" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/324169"/>
          <fw type="header" place="top"> Rriegsliteratur</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_592" prev="#ID_591"> ausgedrückt, daß das Bündnis mit England eigentlich für Japan wertlos sei;<lb/>
man hätte sich gar nicht darauf einlassen sollen, und man möge sich von dieser<lb/>
lästigen Fessel so bald als möglich befreien. Auch John Bull traut seinem<lb/>
gelben Freunde nicht mehr: sein Vorgehen in China stellt ihm das Gespenst<lb/>
der gelben Gefahr in Australien, Kanada und Indien vor Augen. Mit Recht<lb/>
steht der Verfasser in dem immer stärker werdenden japanischen Imperialismus<lb/>
die ersten Anzeichen eines Kampfes zwischen den angelsächsischen Weltmächten<lb/>
&#x2014; den U. S. A. und Großbritannien &#x2014; gegen das &#x201E;England des Ostens",<lb/>
der früher oder später unvermeidlich ist und durch die Beschäftigung Japans<lb/>
in China vielleicht hinausgeschoben, aber nicht verhindert werden kann.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_593"> Im Anschluß an dieses Buch seien zwei Vorträge genannt, die, wenn<lb/>
auch in bedeutend kürzerer Form, ungefähr dasselbe Thema behandeln wie<lb/>
Hashagen. Sie sind in der Sammlung &#x201E;Deutsche Vorträge Hamburgischer<lb/>
Professoren" im Verlage von L. Friedrichsen u. Co. (Hamburg) erschienen.<lb/>
Karl Florenz: &#x201E;Deutschland und Japan" schildert uns in kurzen Worten das<lb/>
Verhältnis zwischen unserem Vaterlande und der jungen Weltmacht, deren<lb/>
Imperialismus darauf abzielt, die Europäer aus dem &#x201E;Reiche der Mitte" zu<lb/>
verdrängen und selbst an ihre Stelle zu treten. Der Verfasser sieht in der<lb/>
Handlungsweise Japans nicht nur eine &#x201E;Rache für Schimonoseki". sondern vor<lb/>
allem auch eine Prestigefrage. Durch einen billigen &#x201E;Sieg" über die Deutschen<lb/>
&#x2014; der zweite Sieg über eine europäische Großmacht &#x2014; hoffte Japan, sein<lb/>
Ansehen in Asien noch mehr zu heben und gleichzeitig dasjenige der Europäer<lb/>
zu untergraben. Die Handlungsweise Japans Deutschland gegenüber &#x201E;wird<lb/>
den anderen Asiaten ein verhängnisvolles Vorbild sein, wie man mit den<lb/>
europäischen Minderheiten verfährt, sobald diese einmal, vom Mutterlande<lb/>
abgeschnitten, hilflos auf sich selber angewiesen sind"."</p><lb/>
          <p xml:id="ID_594"> In Heft 3 derselben Sammlung: &#x201E;Deutschland und England in Ostasien<lb/>
zeigt Professor Otto Franke in kurzen Zügen die Entwicklung der deutsch¬<lb/>
englischen Rivalität im Fernen Osten seit Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_595"> Einen interessanten Überblick über &#x201E;Deutschland und Ostasien" gibt auch<lb/>
Dr. Fritz Wertheimer in der Sammlung &#x201E;Der deutsche Krieg" (Deutsche<lb/>
Verlags anstatt, Stuttgart) indem er darauf hinweist, daß England den Brand<lb/>
in Ostasien entfacht hat, weil ihm die deutsche Konkurrenz auf dem chinesischen<lb/>
Weltmarkte zu lästig wurde. Am Schluß macht dann der Verfasser mit Recht<lb/>
auf die großen Gefahren aufmerksam, die Großbritannien sich selbst und ins¬<lb/>
besondere seinen Kolonien und Dominions durch die Stärkung und Förderung<lb/>
der japanischen &#x201E;Großmannssucht" geschaffen hat, und daß schon jetzt infolge<lb/>
des japanischen Vorgehens in China &#x201E;durch Englands schöne Pläne ... ein<lb/>
gewaltiger Strich gemacht worden" ist.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_596" next="#ID_597"> Ferner wären zwei kleine Schriften zu erwähnen, die es sich zur Aufgabe<lb/>
gemacht haben, den Leser mit der Volkspsyche des Fernen Ostens vertraut zu<lb/>
machen. Jeder, der das politische Leben eines Landes verstehen will, muß</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0196] Rriegsliteratur ausgedrückt, daß das Bündnis mit England eigentlich für Japan wertlos sei; man hätte sich gar nicht darauf einlassen sollen, und man möge sich von dieser lästigen Fessel so bald als möglich befreien. Auch John Bull traut seinem gelben Freunde nicht mehr: sein Vorgehen in China stellt ihm das Gespenst der gelben Gefahr in Australien, Kanada und Indien vor Augen. Mit Recht steht der Verfasser in dem immer stärker werdenden japanischen Imperialismus die ersten Anzeichen eines Kampfes zwischen den angelsächsischen Weltmächten — den U. S. A. und Großbritannien — gegen das „England des Ostens", der früher oder später unvermeidlich ist und durch die Beschäftigung Japans in China vielleicht hinausgeschoben, aber nicht verhindert werden kann. Im Anschluß an dieses Buch seien zwei Vorträge genannt, die, wenn auch in bedeutend kürzerer Form, ungefähr dasselbe Thema behandeln wie Hashagen. Sie sind in der Sammlung „Deutsche Vorträge Hamburgischer Professoren" im Verlage von L. Friedrichsen u. Co. (Hamburg) erschienen. Karl Florenz: „Deutschland und Japan" schildert uns in kurzen Worten das Verhältnis zwischen unserem Vaterlande und der jungen Weltmacht, deren Imperialismus darauf abzielt, die Europäer aus dem „Reiche der Mitte" zu verdrängen und selbst an ihre Stelle zu treten. Der Verfasser sieht in der Handlungsweise Japans nicht nur eine „Rache für Schimonoseki". sondern vor allem auch eine Prestigefrage. Durch einen billigen „Sieg" über die Deutschen — der zweite Sieg über eine europäische Großmacht — hoffte Japan, sein Ansehen in Asien noch mehr zu heben und gleichzeitig dasjenige der Europäer zu untergraben. Die Handlungsweise Japans Deutschland gegenüber „wird den anderen Asiaten ein verhängnisvolles Vorbild sein, wie man mit den europäischen Minderheiten verfährt, sobald diese einmal, vom Mutterlande abgeschnitten, hilflos auf sich selber angewiesen sind"." In Heft 3 derselben Sammlung: „Deutschland und England in Ostasien zeigt Professor Otto Franke in kurzen Zügen die Entwicklung der deutsch¬ englischen Rivalität im Fernen Osten seit Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts. Einen interessanten Überblick über „Deutschland und Ostasien" gibt auch Dr. Fritz Wertheimer in der Sammlung „Der deutsche Krieg" (Deutsche Verlags anstatt, Stuttgart) indem er darauf hinweist, daß England den Brand in Ostasien entfacht hat, weil ihm die deutsche Konkurrenz auf dem chinesischen Weltmarkte zu lästig wurde. Am Schluß macht dann der Verfasser mit Recht auf die großen Gefahren aufmerksam, die Großbritannien sich selbst und ins¬ besondere seinen Kolonien und Dominions durch die Stärkung und Förderung der japanischen „Großmannssucht" geschaffen hat, und daß schon jetzt infolge des japanischen Vorgehens in China „durch Englands schöne Pläne ... ein gewaltiger Strich gemacht worden" ist. Ferner wären zwei kleine Schriften zu erwähnen, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, den Leser mit der Volkspsyche des Fernen Ostens vertraut zu machen. Jeder, der das politische Leben eines Landes verstehen will, muß

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_323972
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_323972/196
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_323972/196>, abgerufen am 22.07.2024.