Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Zweites Vierteljahr.Die völkerrechtliche Stellung des Papstes Professor Dr. Lonrad Bornhak von te mittelalterliche Obergewalt des Papsttums über die gesamte In der neuen Völkerrechtsgemeinschaft war von einer päpstlichen Obergewalt Grenzboten II 1916 21
Die völkerrechtliche Stellung des Papstes Professor Dr. Lonrad Bornhak von te mittelalterliche Obergewalt des Papsttums über die gesamte In der neuen Völkerrechtsgemeinschaft war von einer päpstlichen Obergewalt Grenzboten II 1916 21
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[Abbildung]
Die völkerrechtliche Stellung des Papstes
Professor Dr. Lonrad Bornhak von
te mittelalterliche Obergewalt des Papsttums über die gesamte
> Christenheit ging mit dem Beginn der Neuzeit zu Ende. Noch
Keinmal hatte 1493 Papst Alexander der Sechste, der berüchtigte
Borgia, von der alten päpstlichen Machtfülle Gebrauch gemacht^
indem er die ganze Welt, soweit fie nicht schon unter christlicher
Herrschaft stand, nach einem Längengrade zwischen Spanien und Portugal teilte.
Daraufhin setzten sich dann beide Mächte über ihre wechselseitigen Ansprüche
in dem Vertrage von Tordesillas vom 7. Juni 1494 auseinander, der am
24. Januar 1506 von Papst Julius dem Zweiten bestätigt wurde. Doch die
aufstrebenden protestantischen Völker erkannten diese päpstliche Obergewalt nicht
mehr an. Gerade ihr Zusammenbruch gab die Grundlage, die bisherige christlich¬
abendländische Kulturgemeinschaft mit einem neuen Bande zu umschlingen. So
entstand das moderne Völkerrecht als das echte Kind der Reformation.
In der neuen Völkerrechtsgemeinschaft war von einer päpstlichen Obergewalt
nicht mehr die Rede. Aber der Papst war immerhin Beherrscher eines italienischen
Mittelstaates. In dieser Eigenschaft trat er als gleichberechtigtes Mitglied in
die Völkerrechtsgemeinschaft ein. Daß er daneben noch das Haupt einer über
alle staatlichen Grenzen hinausgehenden kirchlichen Gemeinschaft war, spielte
völkerrechtlich nur eine untergeordnete Rolle. Die katholischen Staaten gestanden
um deswillen dem Papste und seinem Vertreter einen Ehrenvorrang zu. Umgekehrt
unterhielten aus demselben Grunde einige protestantische Staaten, so England
seit der Revolution von 1688, mit dem Beherrscher des Kirchenstaates keinen
diplomatischen Verkehr oder lehnten wenigstens wie Preußen den Empfang
eines päpstlichen Abgesandten ab. Gewiß, als Gegenstand des völkerrechtlichen
Verkehrs spielten die Angelegenheiten des italienischen Mittelstaates eine geringe
Grenzboten II 1916 21
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