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Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Zweites Vierteljahr.

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von deutscher Kultur und deutscher Freiheit

Heinrichs des Achten von England auch in anderen Dingen in den politischen
Zuständen des gleichzeitigen Deutschland kein Gegenbeispiel. Unter der Re¬
gierung der blutigen Marie und selbst noch unter Elisabeth und später ist die
Staatsraison häufig ausreichender Grund zur Beseitigung von politisch gefähr¬
lichen oder auch nur politisch erledigten Persönlichkeiten durch Hinrichtung.

Daß erst auf dem Umwege über England das germanische Verfassungs¬
und Verwaltungsrecht, das der Ausdruck jenes erhöhten Persönlichkeitsgefühls
des Germanen auf dem staatlich-rechtlichen Gebiete ist. allgemein in der Kultur¬
welt vorbildlich wurde und dann eine ähnliche weltgeschichtliche Rolle gespielt
hat wie das römische Privatrecht, hatte seinen Grund darin, daß in England
die inneren Gegensätze der Bevölkerung zwischen Kelten, Sachsen und Normannen
und die dadurch hervorgerufenen steten Reibungen zu einer genauen Festlegung
der Befugnisse und Pflichten zwangen und dadurch die juristisch-politische
Kultur förderten, -- ähnlich wie in dem ebenfalls aus verschiedenen Stämmen
zusammengesetzten Rom; im Gegensatz zu innerlich gleichartigeren Gemeinwesen,
wo die Ähnlichkeit der Triebe und innere Harmonie der Bestandteile die
genauere juristische Grenzziehung vielfach zu ersetzen in der Lage ist.

Die entscheidenden Schlachten aber jenes jahrtausendelangen und noch
keineswegs zu Ende gekämpften Kampfes um das Recht des Individuums und
die freie Entwicklung der Persönlichkeit wurden naturgemäß im germanischen
Mutterlande, in Deutschland, geschlagen.

(Schluß folgt)




von deutscher Kultur und deutscher Freiheit

Heinrichs des Achten von England auch in anderen Dingen in den politischen
Zuständen des gleichzeitigen Deutschland kein Gegenbeispiel. Unter der Re¬
gierung der blutigen Marie und selbst noch unter Elisabeth und später ist die
Staatsraison häufig ausreichender Grund zur Beseitigung von politisch gefähr¬
lichen oder auch nur politisch erledigten Persönlichkeiten durch Hinrichtung.

Daß erst auf dem Umwege über England das germanische Verfassungs¬
und Verwaltungsrecht, das der Ausdruck jenes erhöhten Persönlichkeitsgefühls
des Germanen auf dem staatlich-rechtlichen Gebiete ist. allgemein in der Kultur¬
welt vorbildlich wurde und dann eine ähnliche weltgeschichtliche Rolle gespielt
hat wie das römische Privatrecht, hatte seinen Grund darin, daß in England
die inneren Gegensätze der Bevölkerung zwischen Kelten, Sachsen und Normannen
und die dadurch hervorgerufenen steten Reibungen zu einer genauen Festlegung
der Befugnisse und Pflichten zwangen und dadurch die juristisch-politische
Kultur förderten, — ähnlich wie in dem ebenfalls aus verschiedenen Stämmen
zusammengesetzten Rom; im Gegensatz zu innerlich gleichartigeren Gemeinwesen,
wo die Ähnlichkeit der Triebe und innere Harmonie der Bestandteile die
genauere juristische Grenzziehung vielfach zu ersetzen in der Lage ist.

Die entscheidenden Schlachten aber jenes jahrtausendelangen und noch
keineswegs zu Ende gekämpften Kampfes um das Recht des Individuums und
die freie Entwicklung der Persönlichkeit wurden naturgemäß im germanischen
Mutterlande, in Deutschland, geschlagen.

(Schluß folgt)




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[0256] von deutscher Kultur und deutscher Freiheit Heinrichs des Achten von England auch in anderen Dingen in den politischen Zuständen des gleichzeitigen Deutschland kein Gegenbeispiel. Unter der Re¬ gierung der blutigen Marie und selbst noch unter Elisabeth und später ist die Staatsraison häufig ausreichender Grund zur Beseitigung von politisch gefähr¬ lichen oder auch nur politisch erledigten Persönlichkeiten durch Hinrichtung. Daß erst auf dem Umwege über England das germanische Verfassungs¬ und Verwaltungsrecht, das der Ausdruck jenes erhöhten Persönlichkeitsgefühls des Germanen auf dem staatlich-rechtlichen Gebiete ist. allgemein in der Kultur¬ welt vorbildlich wurde und dann eine ähnliche weltgeschichtliche Rolle gespielt hat wie das römische Privatrecht, hatte seinen Grund darin, daß in England die inneren Gegensätze der Bevölkerung zwischen Kelten, Sachsen und Normannen und die dadurch hervorgerufenen steten Reibungen zu einer genauen Festlegung der Befugnisse und Pflichten zwangen und dadurch die juristisch-politische Kultur förderten, — ähnlich wie in dem ebenfalls aus verschiedenen Stämmen zusammengesetzten Rom; im Gegensatz zu innerlich gleichartigeren Gemeinwesen, wo die Ähnlichkeit der Triebe und innere Harmonie der Bestandteile die genauere juristische Grenzziehung vielfach zu ersetzen in der Lage ist. Die entscheidenden Schlachten aber jenes jahrtausendelangen und noch keineswegs zu Ende gekämpften Kampfes um das Recht des Individuums und die freie Entwicklung der Persönlichkeit wurden naturgemäß im germanischen Mutterlande, in Deutschland, geschlagen. (Schluß folgt)

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_323538/256>, abgerufen am 22.07.2024.