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Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Erstes Vierteljahr.

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Bismarck und die französische Ariegsführung t"?o/?i

den Mobilen um die Wette überall in der Gegend von Ferriöres plünderten und
Verwüstungen anrichteten, die Landhäuser kurz und klein schlugen und die Bauern
mit dem Säbel in der Hand zwangen, in die Wälder zu flüchten. Das Haupt¬
quartier des Königs in dem Schlosse Rothschilds in Ferneres, wo auch Bismarck
mit seinem Stäbe untergebracht war, hatte von diesen Zuständen insofern einigen
Vorteil, als der Haushofmeister Rothschilds, der zuerst recht widerhaarig war,
schließlich sehr damit zufrieden war, einen so guten Schutz vor den franevolsurs
zu haben, und bereitwilliger die inhaltsvollen Keller öffnete.

In den Taschen von Franktireurs waren Patronen gefunden, deren Geschoß
aus einer in viele kantige Stücke zerschnittenen und lose wieder zusammengefügten
Bleikugel bestand, ähnlich wie sie jetzt in den Taschen der Belgier gefunden sind.
Bismarck ließ ein solches Geschoß dem Auswärtigen Amte nach Berlin übersenden
und den Vertretern der fremden Mächte vorlegen. Verwundungen von deutschen
Patrouillen mit Schrot waren an mehreren Orten vorgekommen, und in mehreren
Fällen Bauern Gewehre, mit gehacktem Blei geladen, abgenommen. Lebhaft
werden wir an die heutigen, von der belgischen und französischen Negierung ge¬
billigten Franktireurgreuel erinnert, wenn Bismarck sich dagegen wenden mußte,
daß französische Behörden sogar ihren Mitbürgern Vorschriften gaben, in denen,
wie Bismarck wörtlich sagt:


"alle Kriegssitte christlicher Völker und jedes militärische Ehrgefühl verleugnet
wird. Während bei den übrigen europäischen Völkern der Soldat eine Ehre
darein setzt, sich als das, was er ist, als Feind dem Feinde kenntlich zu machen,
hat der Präfekt des Departements Code d'Or Zirkulare erlassen, in denen der
Meuchelmord durch Nichtuniformierte empfohlen und als Heldenmut ge¬
feiert wird."

Bismarck führt dieses Zirkular wörtlich an:
"


"Das Vaterland. heißt es darin, "verlangt von Euch nicht, daß Ihr Euch
in Massen versammelt und Euch dem Feinde öff n entgegenstellt; es erwartet von
Euch, daß drei oder vier entschlossene Männer jeden Morgen von ihren
Kommunen ausgehen und sich an einem durch die Natur selbst bezeichneten
Orte etablieren, wo sie ohne Gefahr auf die Preußen schießen können. Vor
allem müssen sie auf feindliche Reiter schießen, deren Pferde sie an den Hauptort
des Arrondissements abzuliefern haben. Ich werde ihnen eine Prämie erteilen
und ihre heldenmütige Tat in allen Departementalzeitungen und im Journal
officiel bekannt machen lassen."

In einer vernichtenden, auch heute wieder Wort für Wort zutreffenden
Beurteilung ergeht sich Bismarck gegen die Verwendung der Turkos:


"Die von ihnen an Verwundeten verübten Grausamkeiten und Bestiali¬
täten sind ihnen selbst nach dem Grade ihrer Zivilisation weniger anzurechnen
als einer europäischen Regierung, welche diese afrikanischen Horden mit
aller .Kenntnis ihrer Gewohnheiten auf einen europäischen Kriegsschauplatz
führt."

Wie heute von englischen Zeitungen die farbigen Rotten zu den schlimmsten
Grausamkeiten gegen die Deutschen angestachelt werden, so machte es damals die
französische Presse. Bismarck führt einen Artikel der Jndependcmce Algerienne
über die neugebildeten afrikanischen Soldtruppen an, der ohne Kommentar von


Bismarck und die französische Ariegsführung t«?o/?i

den Mobilen um die Wette überall in der Gegend von Ferriöres plünderten und
Verwüstungen anrichteten, die Landhäuser kurz und klein schlugen und die Bauern
mit dem Säbel in der Hand zwangen, in die Wälder zu flüchten. Das Haupt¬
quartier des Königs in dem Schlosse Rothschilds in Ferneres, wo auch Bismarck
mit seinem Stäbe untergebracht war, hatte von diesen Zuständen insofern einigen
Vorteil, als der Haushofmeister Rothschilds, der zuerst recht widerhaarig war,
schließlich sehr damit zufrieden war, einen so guten Schutz vor den franevolsurs
zu haben, und bereitwilliger die inhaltsvollen Keller öffnete.

In den Taschen von Franktireurs waren Patronen gefunden, deren Geschoß
aus einer in viele kantige Stücke zerschnittenen und lose wieder zusammengefügten
Bleikugel bestand, ähnlich wie sie jetzt in den Taschen der Belgier gefunden sind.
Bismarck ließ ein solches Geschoß dem Auswärtigen Amte nach Berlin übersenden
und den Vertretern der fremden Mächte vorlegen. Verwundungen von deutschen
Patrouillen mit Schrot waren an mehreren Orten vorgekommen, und in mehreren
Fällen Bauern Gewehre, mit gehacktem Blei geladen, abgenommen. Lebhaft
werden wir an die heutigen, von der belgischen und französischen Negierung ge¬
billigten Franktireurgreuel erinnert, wenn Bismarck sich dagegen wenden mußte,
daß französische Behörden sogar ihren Mitbürgern Vorschriften gaben, in denen,
wie Bismarck wörtlich sagt:


„alle Kriegssitte christlicher Völker und jedes militärische Ehrgefühl verleugnet
wird. Während bei den übrigen europäischen Völkern der Soldat eine Ehre
darein setzt, sich als das, was er ist, als Feind dem Feinde kenntlich zu machen,
hat der Präfekt des Departements Code d'Or Zirkulare erlassen, in denen der
Meuchelmord durch Nichtuniformierte empfohlen und als Heldenmut ge¬
feiert wird."

Bismarck führt dieses Zirkular wörtlich an:
"


„Das Vaterland. heißt es darin, „verlangt von Euch nicht, daß Ihr Euch
in Massen versammelt und Euch dem Feinde öff n entgegenstellt; es erwartet von
Euch, daß drei oder vier entschlossene Männer jeden Morgen von ihren
Kommunen ausgehen und sich an einem durch die Natur selbst bezeichneten
Orte etablieren, wo sie ohne Gefahr auf die Preußen schießen können. Vor
allem müssen sie auf feindliche Reiter schießen, deren Pferde sie an den Hauptort
des Arrondissements abzuliefern haben. Ich werde ihnen eine Prämie erteilen
und ihre heldenmütige Tat in allen Departementalzeitungen und im Journal
officiel bekannt machen lassen."

In einer vernichtenden, auch heute wieder Wort für Wort zutreffenden
Beurteilung ergeht sich Bismarck gegen die Verwendung der Turkos:


„Die von ihnen an Verwundeten verübten Grausamkeiten und Bestiali¬
täten sind ihnen selbst nach dem Grade ihrer Zivilisation weniger anzurechnen
als einer europäischen Regierung, welche diese afrikanischen Horden mit
aller .Kenntnis ihrer Gewohnheiten auf einen europäischen Kriegsschauplatz
führt."

Wie heute von englischen Zeitungen die farbigen Rotten zu den schlimmsten
Grausamkeiten gegen die Deutschen angestachelt werden, so machte es damals die
französische Presse. Bismarck führt einen Artikel der Jndependcmce Algerienne
über die neugebildeten afrikanischen Soldtruppen an, der ohne Kommentar von


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[0318] Bismarck und die französische Ariegsführung t«?o/?i den Mobilen um die Wette überall in der Gegend von Ferriöres plünderten und Verwüstungen anrichteten, die Landhäuser kurz und klein schlugen und die Bauern mit dem Säbel in der Hand zwangen, in die Wälder zu flüchten. Das Haupt¬ quartier des Königs in dem Schlosse Rothschilds in Ferneres, wo auch Bismarck mit seinem Stäbe untergebracht war, hatte von diesen Zuständen insofern einigen Vorteil, als der Haushofmeister Rothschilds, der zuerst recht widerhaarig war, schließlich sehr damit zufrieden war, einen so guten Schutz vor den franevolsurs zu haben, und bereitwilliger die inhaltsvollen Keller öffnete. In den Taschen von Franktireurs waren Patronen gefunden, deren Geschoß aus einer in viele kantige Stücke zerschnittenen und lose wieder zusammengefügten Bleikugel bestand, ähnlich wie sie jetzt in den Taschen der Belgier gefunden sind. Bismarck ließ ein solches Geschoß dem Auswärtigen Amte nach Berlin übersenden und den Vertretern der fremden Mächte vorlegen. Verwundungen von deutschen Patrouillen mit Schrot waren an mehreren Orten vorgekommen, und in mehreren Fällen Bauern Gewehre, mit gehacktem Blei geladen, abgenommen. Lebhaft werden wir an die heutigen, von der belgischen und französischen Negierung ge¬ billigten Franktireurgreuel erinnert, wenn Bismarck sich dagegen wenden mußte, daß französische Behörden sogar ihren Mitbürgern Vorschriften gaben, in denen, wie Bismarck wörtlich sagt: „alle Kriegssitte christlicher Völker und jedes militärische Ehrgefühl verleugnet wird. Während bei den übrigen europäischen Völkern der Soldat eine Ehre darein setzt, sich als das, was er ist, als Feind dem Feinde kenntlich zu machen, hat der Präfekt des Departements Code d'Or Zirkulare erlassen, in denen der Meuchelmord durch Nichtuniformierte empfohlen und als Heldenmut ge¬ feiert wird." Bismarck führt dieses Zirkular wörtlich an: " „Das Vaterland. heißt es darin, „verlangt von Euch nicht, daß Ihr Euch in Massen versammelt und Euch dem Feinde öff n entgegenstellt; es erwartet von Euch, daß drei oder vier entschlossene Männer jeden Morgen von ihren Kommunen ausgehen und sich an einem durch die Natur selbst bezeichneten Orte etablieren, wo sie ohne Gefahr auf die Preußen schießen können. Vor allem müssen sie auf feindliche Reiter schießen, deren Pferde sie an den Hauptort des Arrondissements abzuliefern haben. Ich werde ihnen eine Prämie erteilen und ihre heldenmütige Tat in allen Departementalzeitungen und im Journal officiel bekannt machen lassen." In einer vernichtenden, auch heute wieder Wort für Wort zutreffenden Beurteilung ergeht sich Bismarck gegen die Verwendung der Turkos: „Die von ihnen an Verwundeten verübten Grausamkeiten und Bestiali¬ täten sind ihnen selbst nach dem Grade ihrer Zivilisation weniger anzurechnen als einer europäischen Regierung, welche diese afrikanischen Horden mit aller .Kenntnis ihrer Gewohnheiten auf einen europäischen Kriegsschauplatz führt." Wie heute von englischen Zeitungen die farbigen Rotten zu den schlimmsten Grausamkeiten gegen die Deutschen angestachelt werden, so machte es damals die französische Presse. Bismarck führt einen Artikel der Jndependcmce Algerienne über die neugebildeten afrikanischen Soldtruppen an, der ohne Kommentar von

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_323097/318>, abgerufen am 20.10.2024.