Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Viertes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Der deutsche Staatsgedanke

Möglichkeiten eröffnet. Aber erhabener als die Perspektive über Lander und
Meere unseres Erdballs, dieses Staubkörnchens in der Sternenwelt über uns,
ist nach einem Worte des größten deutschen Denkers das Sittengesetz in uns.
Darum erscheint es uns als die sicherste Bürgschaft für die innere Notwendigkeit
und die äußere Durchsetzung des deutschen Staatsgedankens, daß er allererst
den kategorischen Imperativ des Königsberger Philosophen, diesen klassischen
Ausdruck deutscher sittlicher Lebensanschauung, auf das dem Bereiche der Ethik
bisher entrückte Feld der Politik anwendet. Der Ersatz der Herrschaft durch
Führung bedeutet die Anerkennung des für Völker wie für Personen geltenden
Rechtes, niemals bloß als Mittel, fondern jederzeit zugleich als Zweck gebraucht
zu werden, während anderseits der Anschluß derer an ein größeres Ganzes, die
selbst ein Ganzes nicht werden können, mit sittlichem Recht auch als allgemeines
Gesetz gewollt werden kann und muß. So schließt die Philosophie den Ring
und läßt uns die Einheit des deutschen Wesens erkennen. Das Volk, das den
Entdecker des ewigen Sittengesetzes geboren, ist auch berufen, den gewaltigsten
Schritt zur Verwirklichung des Ideals zu tun. In dem ehernen Gang der
deutschen Geschichte fühlen wir den noch gewaltigeren Rhythmus der übersinn¬
lichen Weltentwicklung, und dürfen über die Berichte von unseren Schlachten
das stolze Wort setzen: Qesta vel per Qermanos.




Der deutsche Staatsgedanke

Möglichkeiten eröffnet. Aber erhabener als die Perspektive über Lander und
Meere unseres Erdballs, dieses Staubkörnchens in der Sternenwelt über uns,
ist nach einem Worte des größten deutschen Denkers das Sittengesetz in uns.
Darum erscheint es uns als die sicherste Bürgschaft für die innere Notwendigkeit
und die äußere Durchsetzung des deutschen Staatsgedankens, daß er allererst
den kategorischen Imperativ des Königsberger Philosophen, diesen klassischen
Ausdruck deutscher sittlicher Lebensanschauung, auf das dem Bereiche der Ethik
bisher entrückte Feld der Politik anwendet. Der Ersatz der Herrschaft durch
Führung bedeutet die Anerkennung des für Völker wie für Personen geltenden
Rechtes, niemals bloß als Mittel, fondern jederzeit zugleich als Zweck gebraucht
zu werden, während anderseits der Anschluß derer an ein größeres Ganzes, die
selbst ein Ganzes nicht werden können, mit sittlichem Recht auch als allgemeines
Gesetz gewollt werden kann und muß. So schließt die Philosophie den Ring
und läßt uns die Einheit des deutschen Wesens erkennen. Das Volk, das den
Entdecker des ewigen Sittengesetzes geboren, ist auch berufen, den gewaltigsten
Schritt zur Verwirklichung des Ideals zu tun. In dem ehernen Gang der
deutschen Geschichte fühlen wir den noch gewaltigeren Rhythmus der übersinn¬
lichen Weltentwicklung, und dürfen über die Berichte von unseren Schlachten
das stolze Wort setzen: Qesta vel per Qermanos.




<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0403" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/329631"/>
          <fw type="header" place="top"> Der deutsche Staatsgedanke</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_1412" prev="#ID_1411"> Möglichkeiten eröffnet. Aber erhabener als die Perspektive über Lander und<lb/>
Meere unseres Erdballs, dieses Staubkörnchens in der Sternenwelt über uns,<lb/>
ist nach einem Worte des größten deutschen Denkers das Sittengesetz in uns.<lb/>
Darum erscheint es uns als die sicherste Bürgschaft für die innere Notwendigkeit<lb/>
und die äußere Durchsetzung des deutschen Staatsgedankens, daß er allererst<lb/>
den kategorischen Imperativ des Königsberger Philosophen, diesen klassischen<lb/>
Ausdruck deutscher sittlicher Lebensanschauung, auf das dem Bereiche der Ethik<lb/>
bisher entrückte Feld der Politik anwendet. Der Ersatz der Herrschaft durch<lb/>
Führung bedeutet die Anerkennung des für Völker wie für Personen geltenden<lb/>
Rechtes, niemals bloß als Mittel, fondern jederzeit zugleich als Zweck gebraucht<lb/>
zu werden, während anderseits der Anschluß derer an ein größeres Ganzes, die<lb/>
selbst ein Ganzes nicht werden können, mit sittlichem Recht auch als allgemeines<lb/>
Gesetz gewollt werden kann und muß. So schließt die Philosophie den Ring<lb/>
und läßt uns die Einheit des deutschen Wesens erkennen. Das Volk, das den<lb/>
Entdecker des ewigen Sittengesetzes geboren, ist auch berufen, den gewaltigsten<lb/>
Schritt zur Verwirklichung des Ideals zu tun. In dem ehernen Gang der<lb/>
deutschen Geschichte fühlen wir den noch gewaltigeren Rhythmus der übersinn¬<lb/>
lichen Weltentwicklung, und dürfen über die Berichte von unseren Schlachten<lb/>
das stolze Wort setzen: Qesta vel per Qermanos.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0403] Der deutsche Staatsgedanke Möglichkeiten eröffnet. Aber erhabener als die Perspektive über Lander und Meere unseres Erdballs, dieses Staubkörnchens in der Sternenwelt über uns, ist nach einem Worte des größten deutschen Denkers das Sittengesetz in uns. Darum erscheint es uns als die sicherste Bürgschaft für die innere Notwendigkeit und die äußere Durchsetzung des deutschen Staatsgedankens, daß er allererst den kategorischen Imperativ des Königsberger Philosophen, diesen klassischen Ausdruck deutscher sittlicher Lebensanschauung, auf das dem Bereiche der Ethik bisher entrückte Feld der Politik anwendet. Der Ersatz der Herrschaft durch Führung bedeutet die Anerkennung des für Völker wie für Personen geltenden Rechtes, niemals bloß als Mittel, fondern jederzeit zugleich als Zweck gebraucht zu werden, während anderseits der Anschluß derer an ein größeres Ganzes, die selbst ein Ganzes nicht werden können, mit sittlichem Recht auch als allgemeines Gesetz gewollt werden kann und muß. So schließt die Philosophie den Ring und läßt uns die Einheit des deutschen Wesens erkennen. Das Volk, das den Entdecker des ewigen Sittengesetzes geboren, ist auch berufen, den gewaltigsten Schritt zur Verwirklichung des Ideals zu tun. In dem ehernen Gang der deutschen Geschichte fühlen wir den noch gewaltigeren Rhythmus der übersinn¬ lichen Weltentwicklung, und dürfen über die Berichte von unseren Schlachten das stolze Wort setzen: Qesta vel per Qermanos.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341899_329227
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341899_329227/403
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341899_329227/403>, abgerufen am 02.07.2024.