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Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Viertes Vierteljahr.

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Englands Geldwesen im Kriege

für Schatzkassenscheine beiseite gestellt. Mitte September betrug die Golddeckung
der Schatzkassenscheine 15 Prozent. Die Hauptanlage der durch die Schatz¬
kassenscheine gewonnenen Kapitalien besteht in Staatspapieren, den sogenannten
"Goldgeränderten", so daß die Kassenscheine im wesentlichen sich als eine Art
schwebender englischer Staatsschuld darstellen. Zur Veranschaulichung der
Deckungsverhältnisse geben wir im folgenden den ersten (vom 18. September)
der über die Kassenscheine bekannt gewordenen Ausweise des englischen Schatz¬
amtes und den Ausweis vom 2. Oktober wieder.

Englische Schatzkassenscheine
18. September 2. Oktober
Pfund Sterling Pfund Sterling
Im Umlauf befindliche Kassenscheine . .27 416 93123 408 605
Aktiva:
Schottische und Irische Banken . . .
Andere Banken.......1 514 200381 500
Postsparkasse.........2 250 0002 250 000
Trustee-Sparkassen.......1 350 0001 250 000
Kassenschein-Einlösungsfonds:
Goldmünzen und -Barren . . .3 500 0004 500 000
Regierungssicherheiten.....10 923 64610 923 546
Guthaben bei der Bank von England .7 879 1859 103 559
Pfund Sterling 27 416 93128 408 605

Die Bareinlösung der Schatzkassenscheiue ruht demnach völlig auf der
Fähigkeit der Bank von England, in Gold zu zahlen. Hätte man an Stelle
dieser Schatzkassenscheine eine gleiche Menge kleiner Banknoten durch die Bank
von England ausgeben lassen, so würde bei der Ban! am 30. September für
den dann vorhandenen Notenumlauf anstatt einer Metallüberdeckung von
17 942 000 Pfund Sterling nur eine solche von etwa 30 000 Pfund Sterling
vorhanden gewesen sein. Dann würden also die sehr großen Summen der
öffentlichen und privaten Guthaben bei der Bank, die das Rückgrat und den
festen Halt des gesamten englischen Bankzahlungsverkehrs bilden, ohne jede
metallische Deckung gewesen sein. Die gekünstelte Organisierung der Schatzkassen¬
scheinausgabe laust demnach auf eine geschickte Verschleierung der durchaus nicht
besonders glänzenden Finanzlage Englands hinaus. Durch das dabei angewandte
Verfahren wird ein Mehrfaches erreicht; der Regierung wird, wie gesagt, ein
Betrag von (einstweilen) 11 Millionen Pfund Sterling zur Verfügung gestellt,
das Gold im Verkehr wird durch kleine Geldzeichen in Papier ersetzt, kann also
der Bank von England zufließen, zugleich wird eine entsprechende Belastung des
Notenumlaufs der Bank vermieden, in gewissem Umfange wird sogar eine Ent¬
lastung desselben herbeigeführt.

Heute gibt also der Ausweis der Bank von England für sich allein nicht
mehr wie früher ein einigermaßen vollständiges Bild von den Verbindlichkeiten


Englands Geldwesen im Kriege

für Schatzkassenscheine beiseite gestellt. Mitte September betrug die Golddeckung
der Schatzkassenscheine 15 Prozent. Die Hauptanlage der durch die Schatz¬
kassenscheine gewonnenen Kapitalien besteht in Staatspapieren, den sogenannten
„Goldgeränderten", so daß die Kassenscheine im wesentlichen sich als eine Art
schwebender englischer Staatsschuld darstellen. Zur Veranschaulichung der
Deckungsverhältnisse geben wir im folgenden den ersten (vom 18. September)
der über die Kassenscheine bekannt gewordenen Ausweise des englischen Schatz¬
amtes und den Ausweis vom 2. Oktober wieder.

Englische Schatzkassenscheine
18. September 2. Oktober
Pfund Sterling Pfund Sterling
Im Umlauf befindliche Kassenscheine . .27 416 93123 408 605
Aktiva:
Schottische und Irische Banken . . .
Andere Banken.......1 514 200381 500
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Guthaben bei der Bank von England .7 879 1859 103 559
Pfund Sterling 27 416 93128 408 605

Die Bareinlösung der Schatzkassenscheiue ruht demnach völlig auf der
Fähigkeit der Bank von England, in Gold zu zahlen. Hätte man an Stelle
dieser Schatzkassenscheine eine gleiche Menge kleiner Banknoten durch die Bank
von England ausgeben lassen, so würde bei der Ban! am 30. September für
den dann vorhandenen Notenumlauf anstatt einer Metallüberdeckung von
17 942 000 Pfund Sterling nur eine solche von etwa 30 000 Pfund Sterling
vorhanden gewesen sein. Dann würden also die sehr großen Summen der
öffentlichen und privaten Guthaben bei der Bank, die das Rückgrat und den
festen Halt des gesamten englischen Bankzahlungsverkehrs bilden, ohne jede
metallische Deckung gewesen sein. Die gekünstelte Organisierung der Schatzkassen¬
scheinausgabe laust demnach auf eine geschickte Verschleierung der durchaus nicht
besonders glänzenden Finanzlage Englands hinaus. Durch das dabei angewandte
Verfahren wird ein Mehrfaches erreicht; der Regierung wird, wie gesagt, ein
Betrag von (einstweilen) 11 Millionen Pfund Sterling zur Verfügung gestellt,
das Gold im Verkehr wird durch kleine Geldzeichen in Papier ersetzt, kann also
der Bank von England zufließen, zugleich wird eine entsprechende Belastung des
Notenumlaufs der Bank vermieden, in gewissem Umfange wird sogar eine Ent¬
lastung desselben herbeigeführt.

Heute gibt also der Ausweis der Bank von England für sich allein nicht
mehr wie früher ein einigermaßen vollständiges Bild von den Verbindlichkeiten


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[0147] Englands Geldwesen im Kriege für Schatzkassenscheine beiseite gestellt. Mitte September betrug die Golddeckung der Schatzkassenscheine 15 Prozent. Die Hauptanlage der durch die Schatz¬ kassenscheine gewonnenen Kapitalien besteht in Staatspapieren, den sogenannten „Goldgeränderten", so daß die Kassenscheine im wesentlichen sich als eine Art schwebender englischer Staatsschuld darstellen. Zur Veranschaulichung der Deckungsverhältnisse geben wir im folgenden den ersten (vom 18. September) der über die Kassenscheine bekannt gewordenen Ausweise des englischen Schatz¬ amtes und den Ausweis vom 2. Oktober wieder. Englische Schatzkassenscheine 18. September 2. Oktober Pfund Sterling Pfund Sterling Im Umlauf befindliche Kassenscheine . .27 416 93123 408 605 Aktiva: Schottische und Irische Banken . . . Andere Banken.......1 514 200381 500 Postsparkasse.........2 250 0002 250 000 Trustee-Sparkassen.......1 350 0001 250 000 Kassenschein-Einlösungsfonds: Goldmünzen und -Barren . . .3 500 0004 500 000 Regierungssicherheiten.....10 923 64610 923 546 Guthaben bei der Bank von England .7 879 1859 103 559 Pfund Sterling 27 416 93128 408 605 Die Bareinlösung der Schatzkassenscheiue ruht demnach völlig auf der Fähigkeit der Bank von England, in Gold zu zahlen. Hätte man an Stelle dieser Schatzkassenscheine eine gleiche Menge kleiner Banknoten durch die Bank von England ausgeben lassen, so würde bei der Ban! am 30. September für den dann vorhandenen Notenumlauf anstatt einer Metallüberdeckung von 17 942 000 Pfund Sterling nur eine solche von etwa 30 000 Pfund Sterling vorhanden gewesen sein. Dann würden also die sehr großen Summen der öffentlichen und privaten Guthaben bei der Bank, die das Rückgrat und den festen Halt des gesamten englischen Bankzahlungsverkehrs bilden, ohne jede metallische Deckung gewesen sein. Die gekünstelte Organisierung der Schatzkassen¬ scheinausgabe laust demnach auf eine geschickte Verschleierung der durchaus nicht besonders glänzenden Finanzlage Englands hinaus. Durch das dabei angewandte Verfahren wird ein Mehrfaches erreicht; der Regierung wird, wie gesagt, ein Betrag von (einstweilen) 11 Millionen Pfund Sterling zur Verfügung gestellt, das Gold im Verkehr wird durch kleine Geldzeichen in Papier ersetzt, kann also der Bank von England zufließen, zugleich wird eine entsprechende Belastung des Notenumlaufs der Bank vermieden, in gewissem Umfange wird sogar eine Ent¬ lastung desselben herbeigeführt. Heute gibt also der Ausweis der Bank von England für sich allein nicht mehr wie früher ein einigermaßen vollständiges Bild von den Verbindlichkeiten

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341899_329227/147>, abgerufen am 02.07.2024.