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Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Drittes Vierteljahr.

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An die deutsche Jugend!

An die deutsche Jugend!

[Beginn Spaltensatz]

Neben allem Grausigen, das uns den
Krieg als Vernichter ungezählter Kulturwerke
fühlen läßt, taucht in der Flugschrift von
Eugen Kühnemann "An die deutsche Jugend"
im Weltkriegsjahr 1914, (Leipzig 1914, K.
F. Köhler. 40 Pf,, die Hälfte des Reinertrages
ist für die vom Kriege unmittelbar betroffenen
Grenzgebiete bestimmt) ein Zeugnis dafür auf,
daß die Todessaat neues Leben verspricht. Die
Seiten durchzittert die Ergriffenheit tiefsten Mit¬
erlebens, verbunden mit der Kultur des fein¬
sinnigen philosophisch-literarischen Historikers,
der bei dem schon unendlich variierten Thema
"Krieg" alle Gemeinplätze vermeidet. Mit
einem jauchzenden Glückwunsch an die, die
"mit dem Tun des Helden ihr Leben beginnen
dürfen", hebt die Schrift an, auf das ganze
Volk weitet sich der Blick, jenes Volk, das
die harte Zeit jetzt zusammengeschmiedet hat,
alle sozialen Gegensätze überbrückend und vor
innerlicher Verflachung bewahrend. Denn
"Deutschland, das ein Tempel gewesen, schien
ganz ein Markt geworden. . . . Ein einziger
Tag hat all die wüsten Nebel weggeblasen. ...
Die Tage von 1813 sind wiedergekommen.
Aber damals erhob sich das Volk aus namen¬
losen Mißhandlungen. Und neuen namenlosen
Mißhandlungen wollte es entgehen. Es ist
etwas Größeres, wenn ein vom Glück ver¬
wöhntes Volk die gleiche herzliche Kraft der
Aufopferung und des Dienstes erweist". Und
wie jubelnde Erlösung klingt eine neue Freude
hinein: "Wir haben unseren Kaiser wiedert...
Einst trat er in die nüchterne ungläubige
Gegenwart mit der höchsten Spannung des
kaiserlichen Willens. Er wollte uns nicht
allein zu neuen Zielen der Macht und des
Gedeihens führen. Er wollte die deutsche
Seele in allen Gebieten ihres Leben leiten
und bilden, der Heldenführer und Lehrer
seines Volkes wie Karl der Große. Wissen¬
schaft, Kunst, Philosophie, Religion horchten

[Spaltenumbruch]

Verwundort auf den Klang der herrischen
Worte. . . . Der edle kaiserliche Wille zerbrach
an der Verwirrung und Vielfältigkeit dieser
neuen Lage des Geistes, die keinen Vormund
duldet, und Bitterkeit war zwischen dem
Kaiser und großen Teilen seines Volkes. . . .
Nun findet er sich, als was er sich geträumt:
als den Führer des ganzen Deutschlands und
seiner Seele. Wie hat sie uns gefehlt diese
Liebe I. > . Führe uns, Kaiser! In neuer
Liebe mit dir geeint, wird dein ganzes Volk
ein kaiserliches Volk." Und es ist ein ge¬
rechter, heiliger Krieg, ein Kampf um das
Schicksal der abendlichen Kulturwelt. Aber
eS soll kein Raubkrieg sein: "Geht ihr als
Kämpfer unseres Geistes, wie ihr die Kämpfer
unseres Schwertes seid! Der Sinn des
Krieges liegt in dem Frieden, zu dem er
führt." Noch weiter schaut des Verfassers
Auge; er entläßt die Jugend nicht, ohne der
Zukunstsaufgabe zu gedenken, die jetzt im
Kämpfen und Siegen noch beiseite geschoben
wird; es ist die Aufgabe, die Lehren der
großen Tage zu behalten. Es gilt das
deutsche Wesen zum Siege zu führen in einem
neuen geistigen Aufschwung, der die bitteren
Lehren der Zeit nach 1870 durch eine neue
Wirklichkeit besiegt, eine Wirklichkeit, an der
dann mitzuarbeiten aller, auch der Dcchcim-
gebliebenen, letzte, höchste Siegesaufgabe ist.

Wir haben in dem Büchlein eine Frucht
deS Krieges, die man in Tausende und aber
Tausende von Händen wünschen möchte. In der
Schule muß sich -- im Deutschen oder in der
Geschichte -- eine Stunde finden, den Herzen
unserer sekundärer und Primaner diese im
besten Sinne vaterländische Schrift nahezu¬
bringen, im Tornister unserer jungen Helden
und auf dem Lesetisch des Lazaretts wünschte
man sie zu finden -- die Geschichte wird sie
bewahren als ein Zeugnis aus eherner Zeit.

Vscar Aleizger gen. Hochab [Ende Spaltensatz]


Allen Manuskripten ist Porto hinzuzufügen, da andernfalls bei Ablehnung eine Rücksendung
nicht verbürgt werden kann.




Nachdruck sämtlicher Aufsätze "iir mit ausdrückliche Erlaubnis des Verlauf "estattct.
Bercmtwortlich: der Herausgeber George Cleinow in Berlin-schö"eberg. -- Mmiullriptsendnngen und Brief"
werden erbeten unter der Adresse:
An den Herausgeber der Grcuzl'oder in Berlin-Friede""", Hcdwiastr. 1".
Femsprecher der Schristleiwug: Amt Uhland MM, des Verlags- Amt Lützow Will.
Verlag: Verlag der Grenzbote" G. in, b. H, in Berlin SV 11.
Druck: .Der R-ichsiot"" B. in. b. H. in Berlin 8V 11, D-ssau-r Straße SK/37.
An die deutsche Jugend!

An die deutsche Jugend!

[Beginn Spaltensatz]

Neben allem Grausigen, das uns den
Krieg als Vernichter ungezählter Kulturwerke
fühlen läßt, taucht in der Flugschrift von
Eugen Kühnemann „An die deutsche Jugend"
im Weltkriegsjahr 1914, (Leipzig 1914, K.
F. Köhler. 40 Pf,, die Hälfte des Reinertrages
ist für die vom Kriege unmittelbar betroffenen
Grenzgebiete bestimmt) ein Zeugnis dafür auf,
daß die Todessaat neues Leben verspricht. Die
Seiten durchzittert die Ergriffenheit tiefsten Mit¬
erlebens, verbunden mit der Kultur des fein¬
sinnigen philosophisch-literarischen Historikers,
der bei dem schon unendlich variierten Thema
„Krieg" alle Gemeinplätze vermeidet. Mit
einem jauchzenden Glückwunsch an die, die
„mit dem Tun des Helden ihr Leben beginnen
dürfen", hebt die Schrift an, auf das ganze
Volk weitet sich der Blick, jenes Volk, das
die harte Zeit jetzt zusammengeschmiedet hat,
alle sozialen Gegensätze überbrückend und vor
innerlicher Verflachung bewahrend. Denn
„Deutschland, das ein Tempel gewesen, schien
ganz ein Markt geworden. . . . Ein einziger
Tag hat all die wüsten Nebel weggeblasen. ...
Die Tage von 1813 sind wiedergekommen.
Aber damals erhob sich das Volk aus namen¬
losen Mißhandlungen. Und neuen namenlosen
Mißhandlungen wollte es entgehen. Es ist
etwas Größeres, wenn ein vom Glück ver¬
wöhntes Volk die gleiche herzliche Kraft der
Aufopferung und des Dienstes erweist". Und
wie jubelnde Erlösung klingt eine neue Freude
hinein: „Wir haben unseren Kaiser wiedert...
Einst trat er in die nüchterne ungläubige
Gegenwart mit der höchsten Spannung des
kaiserlichen Willens. Er wollte uns nicht
allein zu neuen Zielen der Macht und des
Gedeihens führen. Er wollte die deutsche
Seele in allen Gebieten ihres Leben leiten
und bilden, der Heldenführer und Lehrer
seines Volkes wie Karl der Große. Wissen¬
schaft, Kunst, Philosophie, Religion horchten

[Spaltenumbruch]

Verwundort auf den Klang der herrischen
Worte. . . . Der edle kaiserliche Wille zerbrach
an der Verwirrung und Vielfältigkeit dieser
neuen Lage des Geistes, die keinen Vormund
duldet, und Bitterkeit war zwischen dem
Kaiser und großen Teilen seines Volkes. . . .
Nun findet er sich, als was er sich geträumt:
als den Führer des ganzen Deutschlands und
seiner Seele. Wie hat sie uns gefehlt diese
Liebe I. > . Führe uns, Kaiser! In neuer
Liebe mit dir geeint, wird dein ganzes Volk
ein kaiserliches Volk." Und es ist ein ge¬
rechter, heiliger Krieg, ein Kampf um das
Schicksal der abendlichen Kulturwelt. Aber
eS soll kein Raubkrieg sein: „Geht ihr als
Kämpfer unseres Geistes, wie ihr die Kämpfer
unseres Schwertes seid! Der Sinn des
Krieges liegt in dem Frieden, zu dem er
führt." Noch weiter schaut des Verfassers
Auge; er entläßt die Jugend nicht, ohne der
Zukunstsaufgabe zu gedenken, die jetzt im
Kämpfen und Siegen noch beiseite geschoben
wird; es ist die Aufgabe, die Lehren der
großen Tage zu behalten. Es gilt das
deutsche Wesen zum Siege zu führen in einem
neuen geistigen Aufschwung, der die bitteren
Lehren der Zeit nach 1870 durch eine neue
Wirklichkeit besiegt, eine Wirklichkeit, an der
dann mitzuarbeiten aller, auch der Dcchcim-
gebliebenen, letzte, höchste Siegesaufgabe ist.

Wir haben in dem Büchlein eine Frucht
deS Krieges, die man in Tausende und aber
Tausende von Händen wünschen möchte. In der
Schule muß sich — im Deutschen oder in der
Geschichte — eine Stunde finden, den Herzen
unserer sekundärer und Primaner diese im
besten Sinne vaterländische Schrift nahezu¬
bringen, im Tornister unserer jungen Helden
und auf dem Lesetisch des Lazaretts wünschte
man sie zu finden — die Geschichte wird sie
bewahren als ein Zeugnis aus eherner Zeit.

Vscar Aleizger gen. Hochab [Ende Spaltensatz]


Allen Manuskripten ist Porto hinzuzufügen, da andernfalls bei Ablehnung eine Rücksendung
nicht verbürgt werden kann.




Nachdruck sämtlicher Aufsätze »iir mit ausdrückliche Erlaubnis des Verlauf „estattct.
Bercmtwortlich: der Herausgeber George Cleinow in Berlin-schö»eberg. — Mmiullriptsendnngen und Brief«
werden erbeten unter der Adresse:
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Femsprecher der Schristleiwug: Amt Uhland MM, des Verlags- Amt Lützow Will.
Verlag: Verlag der Grenzbote» G. in, b. H, in Berlin SV 11.
Druck: .Der R-ichsiot«" B. in. b. H. in Berlin 8V 11, D-ssau-r Straße SK/37.
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[0488] An die deutsche Jugend! An die deutsche Jugend! Neben allem Grausigen, das uns den Krieg als Vernichter ungezählter Kulturwerke fühlen läßt, taucht in der Flugschrift von Eugen Kühnemann „An die deutsche Jugend" im Weltkriegsjahr 1914, (Leipzig 1914, K. F. Köhler. 40 Pf,, die Hälfte des Reinertrages ist für die vom Kriege unmittelbar betroffenen Grenzgebiete bestimmt) ein Zeugnis dafür auf, daß die Todessaat neues Leben verspricht. Die Seiten durchzittert die Ergriffenheit tiefsten Mit¬ erlebens, verbunden mit der Kultur des fein¬ sinnigen philosophisch-literarischen Historikers, der bei dem schon unendlich variierten Thema „Krieg" alle Gemeinplätze vermeidet. Mit einem jauchzenden Glückwunsch an die, die „mit dem Tun des Helden ihr Leben beginnen dürfen", hebt die Schrift an, auf das ganze Volk weitet sich der Blick, jenes Volk, das die harte Zeit jetzt zusammengeschmiedet hat, alle sozialen Gegensätze überbrückend und vor innerlicher Verflachung bewahrend. Denn „Deutschland, das ein Tempel gewesen, schien ganz ein Markt geworden. . . . Ein einziger Tag hat all die wüsten Nebel weggeblasen. ... Die Tage von 1813 sind wiedergekommen. Aber damals erhob sich das Volk aus namen¬ losen Mißhandlungen. Und neuen namenlosen Mißhandlungen wollte es entgehen. Es ist etwas Größeres, wenn ein vom Glück ver¬ wöhntes Volk die gleiche herzliche Kraft der Aufopferung und des Dienstes erweist". Und wie jubelnde Erlösung klingt eine neue Freude hinein: „Wir haben unseren Kaiser wiedert... Einst trat er in die nüchterne ungläubige Gegenwart mit der höchsten Spannung des kaiserlichen Willens. Er wollte uns nicht allein zu neuen Zielen der Macht und des Gedeihens führen. Er wollte die deutsche Seele in allen Gebieten ihres Leben leiten und bilden, der Heldenführer und Lehrer seines Volkes wie Karl der Große. Wissen¬ schaft, Kunst, Philosophie, Religion horchten Verwundort auf den Klang der herrischen Worte. . . . Der edle kaiserliche Wille zerbrach an der Verwirrung und Vielfältigkeit dieser neuen Lage des Geistes, die keinen Vormund duldet, und Bitterkeit war zwischen dem Kaiser und großen Teilen seines Volkes. . . . Nun findet er sich, als was er sich geträumt: als den Führer des ganzen Deutschlands und seiner Seele. Wie hat sie uns gefehlt diese Liebe I. > . Führe uns, Kaiser! In neuer Liebe mit dir geeint, wird dein ganzes Volk ein kaiserliches Volk." Und es ist ein ge¬ rechter, heiliger Krieg, ein Kampf um das Schicksal der abendlichen Kulturwelt. Aber eS soll kein Raubkrieg sein: „Geht ihr als Kämpfer unseres Geistes, wie ihr die Kämpfer unseres Schwertes seid! Der Sinn des Krieges liegt in dem Frieden, zu dem er führt." Noch weiter schaut des Verfassers Auge; er entläßt die Jugend nicht, ohne der Zukunstsaufgabe zu gedenken, die jetzt im Kämpfen und Siegen noch beiseite geschoben wird; es ist die Aufgabe, die Lehren der großen Tage zu behalten. Es gilt das deutsche Wesen zum Siege zu führen in einem neuen geistigen Aufschwung, der die bitteren Lehren der Zeit nach 1870 durch eine neue Wirklichkeit besiegt, eine Wirklichkeit, an der dann mitzuarbeiten aller, auch der Dcchcim- gebliebenen, letzte, höchste Siegesaufgabe ist. Wir haben in dem Büchlein eine Frucht deS Krieges, die man in Tausende und aber Tausende von Händen wünschen möchte. In der Schule muß sich — im Deutschen oder in der Geschichte — eine Stunde finden, den Herzen unserer sekundärer und Primaner diese im besten Sinne vaterländische Schrift nahezu¬ bringen, im Tornister unserer jungen Helden und auf dem Lesetisch des Lazaretts wünschte man sie zu finden — die Geschichte wird sie bewahren als ein Zeugnis aus eherner Zeit. Vscar Aleizger gen. Hochab Allen Manuskripten ist Porto hinzuzufügen, da andernfalls bei Ablehnung eine Rücksendung nicht verbürgt werden kann. Nachdruck sämtlicher Aufsätze »iir mit ausdrückliche Erlaubnis des Verlauf „estattct. Bercmtwortlich: der Herausgeber George Cleinow in Berlin-schö»eberg. — Mmiullriptsendnngen und Brief« werden erbeten unter der Adresse: An den Herausgeber der Grcuzl'oder in Berlin-Friede»»», Hcdwiastr. 1». Femsprecher der Schristleiwug: Amt Uhland MM, des Verlags- Amt Lützow Will. Verlag: Verlag der Grenzbote» G. in, b. H, in Berlin SV 11. Druck: .Der R-ichsiot«" B. in. b. H. in Berlin 8V 11, D-ssau-r Straße SK/37.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341899_328733/488>, abgerufen am 27.07.2024.