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Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Drittes Vierteljahr.

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selbst sah es grauenhaft aus. Alles ohne Unterschied hatten die Wandalen
vernichtet, soweit sie es nicht mitschleppen konnten, es war in der Tat kaum
ein Nagel in der Wand geblieben. Alles, was an Herrenkleidern zu finden
war, war gestohlen, viel Wäsche und Silberzeug geraubt, Kunstwerke zerstört.
Es war direkt gefährlich, über die Scherben und Trümmer hinwegzuschreiten.
Unversehrt sind nur die Negistraturfächer, die Gcldschränke und der Tresor,
sowie im Thronsaal die elektrischen Beleuchtungskörper."

Auch nach den Angaben anderer Augenzeugen sind die Angriffe auf die
Botschaft noch zweimal erneuert worden. Der erste Angriff muß etwa bis
^12 Uhr gedauert haben. Wenigstens entsinne sich der Beamte, der in der
Botschaft selbst unter dem Bett versteckt lag, daß etwa um die Zeit des zweiten
Angriffs eine in seiner Nähe befindliche Uhr Mitternacht geschlagen habe. Nach
seinen Angaben hat die letzte Attacke um ^2 Uhr begonnen. "Ich entsinne
mich etwa um 2 Uhr, als ich die Botschaft für endgültig geräumt hielt und
nochmals vor das Hotel Astoria hinaustrat, das Zerstörungswerk wieder in
vollem Gange gesehen zu haben. Ich hielt mich bei diesem Anblick nicht lange
auf, sondern fuhr sofort im Automobil mit noch zwei Herren nach der amerika¬
nischen Botschaft. Beim Wegfahren entsinne ich mich genau, ein Automobil
gesehen zu haben, das auf der Straße hielt, in dem sich unter anderen ein
General befand, der sich das Zerstörungswerk ansah. Schon im Anfange der
Ereignisse war links von dem Hotel Astoria am Eingange in die Morskaja ein
Offizier in einem Automobil zum Gegenstand von Demonstrationen seitens der
umstehenden Leute gemacht worden, für die er erfreut dankte.

Auf dem Wege nach der amerikanischen Botschaft sahen wir eine Abteilung
Kavallerie heranrücken. In der Botschaft sprachen wir mit Mr. Wilson. Er
war noch nicht persönlich im Ministerien des Äußern gewesen. Er motivierte
uns gegenüber seine persönliche Abwesenheit vom Tatorte damit, daß man
russischerseits "an meiäent," fürchte, wenn er selbst nach der angegriffenen Bot¬
schaft fahre."

Bis zu diesem Momente hatte Mr. Wilson selbst alles telephonisch erledigt.
Welchen Erfolg seine Bemühungen gehabt haben, charakterisiert die Tatsache,
daß Ssasonow, der auf die unerhörten Vorgänge in der Botschaft etwa um
1 Uhr nachts telephonisch aufmerksam gemacht wurde, geantwortet hat: ,,^n,
ce n'e8t nen, it8 ont eas8ö c>uelczue8 vitreV!" und behauptete, von der
Plünderung nichts zu wissen. Diese Antwort läßt sehr weitgehende Schlüsse
auf die Mitschuld der russischen Regierung zu. Bei der Organisation des
Sicherheitsdienstes in Petersburg, die sicherlich in diesen ersten Tagen nach der
Kriegserklärung so funktioniert hat, daß Ereignisse wie der Sturm auf die
deutsche Botschaft sofort die ganze Stufenleiter der verantwortlichen Personen
durchlaufen haben muß, erscheint es völlig unbegreiflich, daß der Minister der
Auswärtigen Angelegenheiten zweieinhalb Stunden nach dem ersten Angriff keine
näheren Nachrichten gehabt haben soll.


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selbst sah es grauenhaft aus. Alles ohne Unterschied hatten die Wandalen
vernichtet, soweit sie es nicht mitschleppen konnten, es war in der Tat kaum
ein Nagel in der Wand geblieben. Alles, was an Herrenkleidern zu finden
war, war gestohlen, viel Wäsche und Silberzeug geraubt, Kunstwerke zerstört.
Es war direkt gefährlich, über die Scherben und Trümmer hinwegzuschreiten.
Unversehrt sind nur die Negistraturfächer, die Gcldschränke und der Tresor,
sowie im Thronsaal die elektrischen Beleuchtungskörper."

Auch nach den Angaben anderer Augenzeugen sind die Angriffe auf die
Botschaft noch zweimal erneuert worden. Der erste Angriff muß etwa bis
^12 Uhr gedauert haben. Wenigstens entsinne sich der Beamte, der in der
Botschaft selbst unter dem Bett versteckt lag, daß etwa um die Zeit des zweiten
Angriffs eine in seiner Nähe befindliche Uhr Mitternacht geschlagen habe. Nach
seinen Angaben hat die letzte Attacke um ^2 Uhr begonnen. „Ich entsinne
mich etwa um 2 Uhr, als ich die Botschaft für endgültig geräumt hielt und
nochmals vor das Hotel Astoria hinaustrat, das Zerstörungswerk wieder in
vollem Gange gesehen zu haben. Ich hielt mich bei diesem Anblick nicht lange
auf, sondern fuhr sofort im Automobil mit noch zwei Herren nach der amerika¬
nischen Botschaft. Beim Wegfahren entsinne ich mich genau, ein Automobil
gesehen zu haben, das auf der Straße hielt, in dem sich unter anderen ein
General befand, der sich das Zerstörungswerk ansah. Schon im Anfange der
Ereignisse war links von dem Hotel Astoria am Eingange in die Morskaja ein
Offizier in einem Automobil zum Gegenstand von Demonstrationen seitens der
umstehenden Leute gemacht worden, für die er erfreut dankte.

Auf dem Wege nach der amerikanischen Botschaft sahen wir eine Abteilung
Kavallerie heranrücken. In der Botschaft sprachen wir mit Mr. Wilson. Er
war noch nicht persönlich im Ministerien des Äußern gewesen. Er motivierte
uns gegenüber seine persönliche Abwesenheit vom Tatorte damit, daß man
russischerseits „an meiäent," fürchte, wenn er selbst nach der angegriffenen Bot¬
schaft fahre."

Bis zu diesem Momente hatte Mr. Wilson selbst alles telephonisch erledigt.
Welchen Erfolg seine Bemühungen gehabt haben, charakterisiert die Tatsache,
daß Ssasonow, der auf die unerhörten Vorgänge in der Botschaft etwa um
1 Uhr nachts telephonisch aufmerksam gemacht wurde, geantwortet hat: ,,^n,
ce n'e8t nen, it8 ont eas8ö c>uelczue8 vitreV!" und behauptete, von der
Plünderung nichts zu wissen. Diese Antwort läßt sehr weitgehende Schlüsse
auf die Mitschuld der russischen Regierung zu. Bei der Organisation des
Sicherheitsdienstes in Petersburg, die sicherlich in diesen ersten Tagen nach der
Kriegserklärung so funktioniert hat, daß Ereignisse wie der Sturm auf die
deutsche Botschaft sofort die ganze Stufenleiter der verantwortlichen Personen
durchlaufen haben muß, erscheint es völlig unbegreiflich, daß der Minister der
Auswärtigen Angelegenheiten zweieinhalb Stunden nach dem ersten Angriff keine
näheren Nachrichten gehabt haben soll.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341899_328733/416>, abgerufen am 23.12.2024.