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Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Drittes Vierteljahr.

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Der große Rrieg

gessen jedoch hinzuzufügen: und wenn sie nicht im Begriff gestanden hätten,
den Kontinent von der wirtschaftlichen Oberhoheit Englands zu befreien. Der
Gegensatz, in dem sich die gesamte festländisch-europäische Entwicklung zu der
Großbritanniens befindet, das ist der Erreger des Zwiespalts, durch den es zum
Kriege kommen mußte. Der europäisch-englische Gegensatz beruht nicht auf dem
deutschen Flottenbau I Er liegt tiefer. Dieser Gegensatz, dem einst das Frankreich
des Korsen zum Opfer gebracht werden mußte, lastet besonders schwer aus dem
Deutschtum, schon seit die ersten Remscheider Stahlivaren den englischen Stahl
auf dem Weltmarkte zu bedrängen begannen. Der Überlegenheit der britischen
Diplomatie in der Skrupellosigkeit der Mittel über die unsrige in Verbindung
mit der Habgier französischer und russischer Staatsmänner und Publizisten ist
es gelungen, auch unseren Nachbarn in Ost und West den Blick für den
Wesenskern des deutsch-britischen Gegensatzes zu verschleiern und ihnen dadurch die
Erkenntnis unmöglich zu machen, auf welcher Seite ihre wahren Interessen liegen.

Den Briten fiel es um so leichter ihre Absicht durchzuführen, als tatsächlich
der Deutsche allmählich Konkurrent aller Nationen des Erdballs geworden ist,
als der Deutsche überall, wo er hinkommt, mit seinen Leistungen auffällt und die
anderen überflügelt. Sozialpolitik, Schulwesen, Hygiene, Maschinenbau, Aus¬
nutzung der Elektrizität! Im Heerwesen sind fast alle Völker bei uns in die
Schule gegangen; in der Beherrschung der Luft gebührt uns die erste Stelle;
Post, Eisenbahn und Großschiffahrt stehen unerreicht in der Welt! Selbst
wo dem Deutschen so moderne Mittel zur Einführung fehlen, wie die Be¬
herrschung des Überseekabels, setzten wir uns durch. Trotz aller Lügen von
Reuter und Havas im Auslande kam der deutsche Kaufmann auf der ganzen
Welt voran. -- langsam zwar aber beständig! Als ich vor einigen Wochen
von Trieft kommend in die Reede von Durazzo einfuhr, auf der sich zum
Schutz des Fürsten von Albanien und noch mehr wohl zur gegenseitigen Beauf¬
sichtigung der Mächte Kriegsschiffe aller Länder zusammengefunden hatten, fiel
uns Reisenden schon aus der Ferne ein Kriegsschiff durch sein schönes Aus¬
sehen, eine eigene Sauberkeit und vornehme Ruhe auf. Niemand, es waren
Engländer, Franzosen und Holländer und viele Kroaten an Bord, wußte zu
sagen, welcher Nationalität es sei, aber es wurde auf England, Italien, Japan
geraten. Es war dann psychologisch ein ganz interessanter Moment, die Gesichter
aller dieser Fremden zu beobachten, als die deutsche Flagge erkannt wurde. Natürlich
. . . es war das AuMrungsschiff "Breslau", das jetzt mit der "Goeben"
zusammen das Mittelmeer von seinen Taten erfüllt. Muß denn der Deutsche
überall der erste sein?! -- Vor einem Jahr etwa äußerte sich ein höherer
Beamter des russischen Finanzministeriums, der jährlich mehrmals Berlin auf
der Fahrt nach Paris berührte, um dort die Zinsen für Anleihen in Gold ab¬
zuliefern, einer Person gegenüber, die russische Werte in größerer Menge besitzt,
um deren Besorgnisse wegen Rußlands Rüstungen zu zerstreuen: "wir und
Frankreich werden binnen kurzem Deutschland finanziell ganz eingeschnürt haben;


Der große Rrieg

gessen jedoch hinzuzufügen: und wenn sie nicht im Begriff gestanden hätten,
den Kontinent von der wirtschaftlichen Oberhoheit Englands zu befreien. Der
Gegensatz, in dem sich die gesamte festländisch-europäische Entwicklung zu der
Großbritanniens befindet, das ist der Erreger des Zwiespalts, durch den es zum
Kriege kommen mußte. Der europäisch-englische Gegensatz beruht nicht auf dem
deutschen Flottenbau I Er liegt tiefer. Dieser Gegensatz, dem einst das Frankreich
des Korsen zum Opfer gebracht werden mußte, lastet besonders schwer aus dem
Deutschtum, schon seit die ersten Remscheider Stahlivaren den englischen Stahl
auf dem Weltmarkte zu bedrängen begannen. Der Überlegenheit der britischen
Diplomatie in der Skrupellosigkeit der Mittel über die unsrige in Verbindung
mit der Habgier französischer und russischer Staatsmänner und Publizisten ist
es gelungen, auch unseren Nachbarn in Ost und West den Blick für den
Wesenskern des deutsch-britischen Gegensatzes zu verschleiern und ihnen dadurch die
Erkenntnis unmöglich zu machen, auf welcher Seite ihre wahren Interessen liegen.

Den Briten fiel es um so leichter ihre Absicht durchzuführen, als tatsächlich
der Deutsche allmählich Konkurrent aller Nationen des Erdballs geworden ist,
als der Deutsche überall, wo er hinkommt, mit seinen Leistungen auffällt und die
anderen überflügelt. Sozialpolitik, Schulwesen, Hygiene, Maschinenbau, Aus¬
nutzung der Elektrizität! Im Heerwesen sind fast alle Völker bei uns in die
Schule gegangen; in der Beherrschung der Luft gebührt uns die erste Stelle;
Post, Eisenbahn und Großschiffahrt stehen unerreicht in der Welt! Selbst
wo dem Deutschen so moderne Mittel zur Einführung fehlen, wie die Be¬
herrschung des Überseekabels, setzten wir uns durch. Trotz aller Lügen von
Reuter und Havas im Auslande kam der deutsche Kaufmann auf der ganzen
Welt voran. — langsam zwar aber beständig! Als ich vor einigen Wochen
von Trieft kommend in die Reede von Durazzo einfuhr, auf der sich zum
Schutz des Fürsten von Albanien und noch mehr wohl zur gegenseitigen Beauf¬
sichtigung der Mächte Kriegsschiffe aller Länder zusammengefunden hatten, fiel
uns Reisenden schon aus der Ferne ein Kriegsschiff durch sein schönes Aus¬
sehen, eine eigene Sauberkeit und vornehme Ruhe auf. Niemand, es waren
Engländer, Franzosen und Holländer und viele Kroaten an Bord, wußte zu
sagen, welcher Nationalität es sei, aber es wurde auf England, Italien, Japan
geraten. Es war dann psychologisch ein ganz interessanter Moment, die Gesichter
aller dieser Fremden zu beobachten, als die deutsche Flagge erkannt wurde. Natürlich
. . . es war das AuMrungsschiff „Breslau", das jetzt mit der „Goeben"
zusammen das Mittelmeer von seinen Taten erfüllt. Muß denn der Deutsche
überall der erste sein?! — Vor einem Jahr etwa äußerte sich ein höherer
Beamter des russischen Finanzministeriums, der jährlich mehrmals Berlin auf
der Fahrt nach Paris berührte, um dort die Zinsen für Anleihen in Gold ab¬
zuliefern, einer Person gegenüber, die russische Werte in größerer Menge besitzt,
um deren Besorgnisse wegen Rußlands Rüstungen zu zerstreuen: „wir und
Frankreich werden binnen kurzem Deutschland finanziell ganz eingeschnürt haben;


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341899_328733/305>, abgerufen am 22.12.2024.