Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Drittes Vierteljahr.Krieg und Sozialpolitik Aber nicht nur für die Hinterbliebenen gefallener Krieger ist gesorgt, Auch für die Kranken ist an demselben Tage gesetzlich im erweiterten Ferner ruht, wenn die Satzung einer Krankenkasse eine Wartezeit für Nach Z 314 Absatz 1 der Neichsversicherungsordnung erlischt kraft Gesetz Krieg und Sozialpolitik Aber nicht nur für die Hinterbliebenen gefallener Krieger ist gesorgt, Auch für die Kranken ist an demselben Tage gesetzlich im erweiterten Ferner ruht, wenn die Satzung einer Krankenkasse eine Wartezeit für Nach Z 314 Absatz 1 der Neichsversicherungsordnung erlischt kraft Gesetz <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0283" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/329017"/> <fw type="header" place="top"> Krieg und Sozialpolitik</fw><lb/> <p xml:id="ID_983"> Aber nicht nur für die Hinterbliebenen gefallener Krieger ist gesorgt,<lb/> sondern auch die Arbeitsgelegenheit ist versucht, trotz des Krieges in geordneten<lb/> Bahnen zu halten. Deswegen ist durch das Gesetz von demselben Tage der<lb/> Reichskanzler ermächtigt, allgemein oder für bestimmte Bezirke oder für bestimmte<lb/> Anlagen Ausnahmen von den Beschränkungen der Gewerbeordnung und der<lb/> auf Grund derselben erlassenen Bundesratsverordnungen zu erlassen; soweit der<lb/> Reichskanzler Bestimmungen nicht erläßt, kann auch die höhere Verwaltungs¬<lb/> behörde für einzelne Betriebe auf Antrag Ausnahmen gewähren.</p><lb/> <p xml:id="ID_984"> Auch für die Kranken ist an demselben Tage gesetzlich im erweiterten<lb/> Umfang gesorgt: dem regelmäßigen Aufenthalt im Inland im Sinne des Z 313<lb/> Absatz 1 der Reichsversicherungsordnung ist ein Aufenthalt im Ausland gleich¬<lb/> gestellt, der durch Einberufung des Mitgliedes zu Kriegs», Sarnath- oder<lb/> ähnlichen Diensten verursacht ist. Nach der obigen Bestimmung der Reichs¬<lb/> versicherungsordnung kann nämlich ein Mitglied, das auf Grund der Reichs¬<lb/> versicherungsordnung oder bei einer knappschaftlichen Krankenkasse in den vor¬<lb/> angegangenen zwölf Monaten mindestens sechsundzwanzig Wochen oder un¬<lb/> mittelbar vorher mindestens sechs Wochen versichert war, beim Ausscheiden ans<lb/> der Versicherungspflichtigen Beschäftigung nur dann in seiner Klasse oder Lohn¬<lb/> stufe Mitglied bleiben, solange es sich regelmäßig im Inlande aufhält. Wenn<lb/> nun auch sinngemäße Auslegung dieser Bestimmung Abwesenheit im Auslande<lb/> infolge Kriegs-, Sarnath- oder ähnlicher Dienste für das Deutsche Reich dem<lb/> Aufenthalt im Inlande gleichstellen würde, so ist es doch besser, daß dieses<lb/> durch das neue Gesetz besonderen Ausdruck gefunden hat, wodurch jeder klein¬<lb/> lichen und sinnwidrigen Auslegung von vornherein die Spitze abgebrochen ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_985"> Ferner ruht, wenn die Satzung einer Krankenkasse eine Wartezeit für<lb/> Leistungen bestimmt, der Fristenlauf für alleVersicherten, die während des gegenwär¬<lb/> tigen Krieges Kriegs-, Sarnath- oder ähnliche Dienste leisten. Ist die Wartezeit be¬<lb/> reits erfüllt, braucht eine neue Wartezeit nicht zurückgelegt zu werden und die Zeit,<lb/> für welche die Beiträge weiter gezahlt werden, ist auf die Wartezeit anzurechnen.</p><lb/> <p xml:id="ID_986"> Nach Z 314 Absatz 1 der Neichsversicherungsordnung erlischt kraft Gesetz<lb/> ohne weiteres die Mitgliedschaft der Versicherungsberechtigten, die zweimal nach¬<lb/> einander am Zahltage die Beitrüge nicht entrichten und seit dem ersten dieser<lb/> Tage mindestens vier Wochen verstrichen find. Wenn diese Bestimmung während<lb/> des Krieges in Kraft geblieben wäre, würden viele Versicherungsberechtigte, die<lb/> jetzt ihr Blut für das Vaterland vergießen, um ihre Ansprüche an die Kranken¬<lb/> kassen kommen und ihnen ungeheure Schäden erwachsen. Diesem Übelstande ist<lb/> durch H 3 des Gesetzes betreffend Erhaltung von Anwartschaften aus der Kranken¬<lb/> versicherung vom 4. August 1914 abgeholfen. Hiernach haben Versicherungs¬<lb/> berechtigte, deren Mitgliedschaft nach Z 314 Absatz 1 der Reichsversicherungs¬<lb/> ordnung erloschen ist, das Recht, binnen sechs Wochen nach ihrer Rückkehr in<lb/> die Heimat in die Krankenversicherung wieder einzutreten, wenn sie während<lb/> des gegenwärtigen Krieges Kriegs-, Sarnath- oder ähnliche Dienste geleistet haben.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0283]
Krieg und Sozialpolitik
Aber nicht nur für die Hinterbliebenen gefallener Krieger ist gesorgt,
sondern auch die Arbeitsgelegenheit ist versucht, trotz des Krieges in geordneten
Bahnen zu halten. Deswegen ist durch das Gesetz von demselben Tage der
Reichskanzler ermächtigt, allgemein oder für bestimmte Bezirke oder für bestimmte
Anlagen Ausnahmen von den Beschränkungen der Gewerbeordnung und der
auf Grund derselben erlassenen Bundesratsverordnungen zu erlassen; soweit der
Reichskanzler Bestimmungen nicht erläßt, kann auch die höhere Verwaltungs¬
behörde für einzelne Betriebe auf Antrag Ausnahmen gewähren.
Auch für die Kranken ist an demselben Tage gesetzlich im erweiterten
Umfang gesorgt: dem regelmäßigen Aufenthalt im Inland im Sinne des Z 313
Absatz 1 der Reichsversicherungsordnung ist ein Aufenthalt im Ausland gleich¬
gestellt, der durch Einberufung des Mitgliedes zu Kriegs», Sarnath- oder
ähnlichen Diensten verursacht ist. Nach der obigen Bestimmung der Reichs¬
versicherungsordnung kann nämlich ein Mitglied, das auf Grund der Reichs¬
versicherungsordnung oder bei einer knappschaftlichen Krankenkasse in den vor¬
angegangenen zwölf Monaten mindestens sechsundzwanzig Wochen oder un¬
mittelbar vorher mindestens sechs Wochen versichert war, beim Ausscheiden ans
der Versicherungspflichtigen Beschäftigung nur dann in seiner Klasse oder Lohn¬
stufe Mitglied bleiben, solange es sich regelmäßig im Inlande aufhält. Wenn
nun auch sinngemäße Auslegung dieser Bestimmung Abwesenheit im Auslande
infolge Kriegs-, Sarnath- oder ähnlicher Dienste für das Deutsche Reich dem
Aufenthalt im Inlande gleichstellen würde, so ist es doch besser, daß dieses
durch das neue Gesetz besonderen Ausdruck gefunden hat, wodurch jeder klein¬
lichen und sinnwidrigen Auslegung von vornherein die Spitze abgebrochen ist.
Ferner ruht, wenn die Satzung einer Krankenkasse eine Wartezeit für
Leistungen bestimmt, der Fristenlauf für alleVersicherten, die während des gegenwär¬
tigen Krieges Kriegs-, Sarnath- oder ähnliche Dienste leisten. Ist die Wartezeit be¬
reits erfüllt, braucht eine neue Wartezeit nicht zurückgelegt zu werden und die Zeit,
für welche die Beiträge weiter gezahlt werden, ist auf die Wartezeit anzurechnen.
Nach Z 314 Absatz 1 der Neichsversicherungsordnung erlischt kraft Gesetz
ohne weiteres die Mitgliedschaft der Versicherungsberechtigten, die zweimal nach¬
einander am Zahltage die Beitrüge nicht entrichten und seit dem ersten dieser
Tage mindestens vier Wochen verstrichen find. Wenn diese Bestimmung während
des Krieges in Kraft geblieben wäre, würden viele Versicherungsberechtigte, die
jetzt ihr Blut für das Vaterland vergießen, um ihre Ansprüche an die Kranken¬
kassen kommen und ihnen ungeheure Schäden erwachsen. Diesem Übelstande ist
durch H 3 des Gesetzes betreffend Erhaltung von Anwartschaften aus der Kranken¬
versicherung vom 4. August 1914 abgeholfen. Hiernach haben Versicherungs¬
berechtigte, deren Mitgliedschaft nach Z 314 Absatz 1 der Reichsversicherungs¬
ordnung erloschen ist, das Recht, binnen sechs Wochen nach ihrer Rückkehr in
die Heimat in die Krankenversicherung wieder einzutreten, wenn sie während
des gegenwärtigen Krieges Kriegs-, Sarnath- oder ähnliche Dienste geleistet haben.
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