Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Drittes Vierteljahr.Der Weltkrieg Deutschland und England habe keinen Grund, Denn gerade Deutschland hat England ist auf allen Punkten der Erde interessiert. Es hat demgemäß Und dieses Ziel, die Welt in Flammen zu setzen, hat England seit Jahren Der Weltkrieg Deutschland und England habe keinen Grund, Denn gerade Deutschland hat England ist auf allen Punkten der Erde interessiert. Es hat demgemäß Und dieses Ziel, die Welt in Flammen zu setzen, hat England seit Jahren <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0272" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/329006"/> <fw type="header" place="top"> Der Weltkrieg</fw><lb/> <p xml:id="ID_958" prev="#ID_957"> Deutschland und England habe keinen Grund, Denn gerade Deutschland hat<lb/> der riesigen Vergrößerung des gewaltigen englischen Kolonialreiches mit einer<lb/> manchmal doch merkwürdigen Gelassenheit zugesehen. Gerade seit 1870 hat<lb/> England die für den Bestand seiner Herrschaft wichtigsten Erwerbungen wie<lb/> Ägypten, die Burenstaaten gemacht und den Bereich seines Einflusses in der<lb/> Welt ungeheuer gesteigert. Zwar ist auch Deutschland emporgestiegen, hat an<lb/> Macht, Ansehen und Einfluß gewonnen. Aber doch nicht in einem Maße, das<lb/> für die englische Weltherrschaft eine drohende Gefahr bedeutet. Auch die zu¬<lb/> nehmende Rivalität auf dem Gebiete des Handels oder die Entwicklung der<lb/> deutschen Flotte können Englands Verhalten erklären.<lb/> Gewiß haben alle diese Momente mitgewirkt.</p><lb/> <p xml:id="ID_959"> England ist auf allen Punkten der Erde interessiert. Es hat demgemäß<lb/> eine ungeahnte Fülle von Schwierigkeiten zu besiegen, die einzeln vielleicht<lb/> nichtssagend, in der Masse aber die größten Ansprüche stellen und durch Kom¬<lb/> plikationen unter Umständen von ernstester Bedeutung werden können. Nicht<lb/> zuletzt gehört dahin das wachsende Selbständigkeitsgelüste der Kolonien: Australien,<lb/> Kanada, Kapland. Dieser Schwierigkeiten will England, ehe sie den Be¬<lb/> stand seines Reiches ernstlich erschüttern, mit einen: Schlage Herr werden. Nach<lb/> altem Rezept läßt es den Krieg in Europa zu Lande durch seine Verbündeten<lb/> führen. Es wird sich diesmal nicht dabei beruhigen, es wird den Krieg zu<lb/> einem Weltbrand anfachen. In unablässiger Arbeit hat es sich bemüht, die<lb/> seinen Zwecken günstige Lage herbeizuführen und wird diese mit der in seinem<lb/> Wesen tief begründeten kalten Skrupellosigkeit ausnützen. Es hat in Europa<lb/> Zwietracht entflammt, es wird Japan gegen die Vereinigten Staaten von Nord¬<lb/> amerika Hetzen: allen irgendwie in Betracht kommenden Rivalen sind die Hände<lb/> gebunden, nun kann es selbst auf Beute ausgehen, denn aus diesem Grunde<lb/> beteiligt es sich aktiv mit seiner Flotte. Dieser ganze Krieg ist ein englischer<lb/> Beutezug größten Stiles. Dieses Übermaß von Machtgier, Gewinnsucht, Hinterlist<lb/> und Skrupellosigkeit ist keine neue Erscheinung in der politischen Laufbahn<lb/> Englands, seine Kriege gegen Napoleon den Ersten zeigen dasselbe Bild.</p><lb/> <p xml:id="ID_960"> Und dieses Ziel, die Welt in Flammen zu setzen, hat England seit Jahren<lb/> allerorten verfolgt. Nicht zuletzt auf dem Balkan und in Nußland. Und wie<lb/> die Dinge beweisen, mit nur zu gutem Erfolg. Österreich mußte endlich vorgehen<lb/> gegen Serbien. Damit war die Kriegslage geschaffen und Rußland in den<lb/> Handel hineingezogen. Und nun hat England freie Hand in Persien, in Ost¬<lb/> asien und in der Türkei. Das „verbündete" Rußland wird nach Englands<lb/> Rechnung unter allen Umständen so geschwächt aus dem schweren Ringen hervor¬<lb/> gehen, daß es zu allen inzwischen gesponnenen Ränken seine Zustimmung geben<lb/> muß. Kein anderes Schicksal ist dem anderen Teilnehmer am Spiel, Frankreich,<lb/> zugedacht. Nach Beendigung des Krieges wird es als Mittelmeermacht nicht<lb/> mehr in Frage kommen und in irgendeiner Form werden seine Kolonien unter<lb/> Englands Botmäßigkeit geraten.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0272]
Der Weltkrieg
Deutschland und England habe keinen Grund, Denn gerade Deutschland hat
der riesigen Vergrößerung des gewaltigen englischen Kolonialreiches mit einer
manchmal doch merkwürdigen Gelassenheit zugesehen. Gerade seit 1870 hat
England die für den Bestand seiner Herrschaft wichtigsten Erwerbungen wie
Ägypten, die Burenstaaten gemacht und den Bereich seines Einflusses in der
Welt ungeheuer gesteigert. Zwar ist auch Deutschland emporgestiegen, hat an
Macht, Ansehen und Einfluß gewonnen. Aber doch nicht in einem Maße, das
für die englische Weltherrschaft eine drohende Gefahr bedeutet. Auch die zu¬
nehmende Rivalität auf dem Gebiete des Handels oder die Entwicklung der
deutschen Flotte können Englands Verhalten erklären.
Gewiß haben alle diese Momente mitgewirkt.
England ist auf allen Punkten der Erde interessiert. Es hat demgemäß
eine ungeahnte Fülle von Schwierigkeiten zu besiegen, die einzeln vielleicht
nichtssagend, in der Masse aber die größten Ansprüche stellen und durch Kom¬
plikationen unter Umständen von ernstester Bedeutung werden können. Nicht
zuletzt gehört dahin das wachsende Selbständigkeitsgelüste der Kolonien: Australien,
Kanada, Kapland. Dieser Schwierigkeiten will England, ehe sie den Be¬
stand seines Reiches ernstlich erschüttern, mit einen: Schlage Herr werden. Nach
altem Rezept läßt es den Krieg in Europa zu Lande durch seine Verbündeten
führen. Es wird sich diesmal nicht dabei beruhigen, es wird den Krieg zu
einem Weltbrand anfachen. In unablässiger Arbeit hat es sich bemüht, die
seinen Zwecken günstige Lage herbeizuführen und wird diese mit der in seinem
Wesen tief begründeten kalten Skrupellosigkeit ausnützen. Es hat in Europa
Zwietracht entflammt, es wird Japan gegen die Vereinigten Staaten von Nord¬
amerika Hetzen: allen irgendwie in Betracht kommenden Rivalen sind die Hände
gebunden, nun kann es selbst auf Beute ausgehen, denn aus diesem Grunde
beteiligt es sich aktiv mit seiner Flotte. Dieser ganze Krieg ist ein englischer
Beutezug größten Stiles. Dieses Übermaß von Machtgier, Gewinnsucht, Hinterlist
und Skrupellosigkeit ist keine neue Erscheinung in der politischen Laufbahn
Englands, seine Kriege gegen Napoleon den Ersten zeigen dasselbe Bild.
Und dieses Ziel, die Welt in Flammen zu setzen, hat England seit Jahren
allerorten verfolgt. Nicht zuletzt auf dem Balkan und in Nußland. Und wie
die Dinge beweisen, mit nur zu gutem Erfolg. Österreich mußte endlich vorgehen
gegen Serbien. Damit war die Kriegslage geschaffen und Rußland in den
Handel hineingezogen. Und nun hat England freie Hand in Persien, in Ost¬
asien und in der Türkei. Das „verbündete" Rußland wird nach Englands
Rechnung unter allen Umständen so geschwächt aus dem schweren Ringen hervor¬
gehen, daß es zu allen inzwischen gesponnenen Ränken seine Zustimmung geben
muß. Kein anderes Schicksal ist dem anderen Teilnehmer am Spiel, Frankreich,
zugedacht. Nach Beendigung des Krieges wird es als Mittelmeermacht nicht
mehr in Frage kommen und in irgendeiner Form werden seine Kolonien unter
Englands Botmäßigkeit geraten.
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |