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Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Drittes Vierteljahr.

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Die Dominien des Pazifik und die britische Reichsverteidigung

Neuseeland dagegen, in dem bis dahin der britische Imperialismus eine
stärkere Stütze als im Commonwealth fand, hielt 1908 an dem Flottenbeitrag
für das Mutterland weiter fest und erhöhte diesen sogar auf 2 Millionen Mark.

Der Versuch der englischen Regierung, bei der Neichsoerteidigungskonferenz
1909 von den Kolonien mit Selbstverwaltung eine größere finanzielle Unter?
Mtzung für den Ausbau der Flotte zu erlangen, scheiterte, Sie schlug daher
einen anderen Weg ein und suchte die im Pazifischen Ozean gelegenen Dominien
zu bewegen "Flotteneinheiten" aufzustellen, die unter englischem Kommando
stehen sollten. England wollte für Ostindien eine solche Flotteneinheit (ein
Panzerkreuzer, drei kleine Kreuzer, sowie Torpedo- und Unterseeboote) selbst
aufstellen, während Kanada, Neuseeland und der Commonwealth je eine solche
ins Leben rufen sollten.

Kanada lehnte eine derartige Beteiligung an einer Neichsflotte ab und
beschloß ein kleines Geschwader, das lediglich den Bedürfnissen der Kolonie
dienen sollte, zu bauen. Neuseeland dagegen kam in seiner bisherigen Bereit¬
willigkeit dem Mutterlande erneut entgegen und verpflichtete sich einen Panzer¬
kreuzer für die Reichsflotte zur Verfügung zu stellen.

Der Commonwealth dagegen hielt an den bisherigen Selbständigkeits¬
bestrebungen fest. Er erklärte sich zwar bereit, eine Flotteneinheit aufzustellen,
doch soll diese, wie schon erwähnt, unter seinem Kommando und nicht unter
dem der englischen Admiralität stehen.

Im Jahre 1910 befaßte sich der Senat mit der Regelung der Frage der
Kommandoverhältnisse der neu zu schaffenden Flotte. An ihrer Spitze soll der
Naval Board stehen, dessen Mitglieder der Generalgouvemeur beruft und der
auch den Marinekommandanten und die Offiziere der Flotte ernennt. Im
allgemeinen sollen die britischen Dienstvorschriften und die Instruktionen der
Reichsadmiralität auch für die australische Marine Anwendung finden.

Was jedoch die australische Marine im Kriegsfalle anbelangt, blieben die
imperialistischen Wünsche unerfüllt, denn die Regierung des Commonwealth
weigerte sich, bindende Versprechungen in dieser Hinsicht zu geben.

Inzwischen hat sich nun die australische Flotte kräftig entwickelt. Die
Regierung scheint an dem beabsichtigten Programm, bis 1913 acht Panzer¬
kreuzer, zehn geschützte Kreuzer, achtzehn Zerstörer und zwölf Unterseeboots her¬
zustellen, festzuhalten.

Im Jahre 1913 waren der Schlachtkreuzer Australien und der kleine
Kreuzer Sydney und einige Unterseeboote fertiggestellt und der kleine Kreuzer
Brisbane, sowie die Zerstörer Swan, Derweile und Torrens auf der australischen
Werft zu Sydney auf Stapel gelegt worden. Der Verteidigungsminister hat
bei dieser Gelegenheit öffentlich ausgesprochen, daß man alle australischen
Schiffe selbst bemannen und unter eigenem Oberbefehl behalten würde.

In Cockburn Sourd bei Fremantle ist ferner ein Flottenstützpunkt errichtet
worden, der eine Werft und ein Schwimmdock größter Abmessung erhalten soll.


Die Dominien des Pazifik und die britische Reichsverteidigung

Neuseeland dagegen, in dem bis dahin der britische Imperialismus eine
stärkere Stütze als im Commonwealth fand, hielt 1908 an dem Flottenbeitrag
für das Mutterland weiter fest und erhöhte diesen sogar auf 2 Millionen Mark.

Der Versuch der englischen Regierung, bei der Neichsoerteidigungskonferenz
1909 von den Kolonien mit Selbstverwaltung eine größere finanzielle Unter?
Mtzung für den Ausbau der Flotte zu erlangen, scheiterte, Sie schlug daher
einen anderen Weg ein und suchte die im Pazifischen Ozean gelegenen Dominien
zu bewegen „Flotteneinheiten" aufzustellen, die unter englischem Kommando
stehen sollten. England wollte für Ostindien eine solche Flotteneinheit (ein
Panzerkreuzer, drei kleine Kreuzer, sowie Torpedo- und Unterseeboote) selbst
aufstellen, während Kanada, Neuseeland und der Commonwealth je eine solche
ins Leben rufen sollten.

Kanada lehnte eine derartige Beteiligung an einer Neichsflotte ab und
beschloß ein kleines Geschwader, das lediglich den Bedürfnissen der Kolonie
dienen sollte, zu bauen. Neuseeland dagegen kam in seiner bisherigen Bereit¬
willigkeit dem Mutterlande erneut entgegen und verpflichtete sich einen Panzer¬
kreuzer für die Reichsflotte zur Verfügung zu stellen.

Der Commonwealth dagegen hielt an den bisherigen Selbständigkeits¬
bestrebungen fest. Er erklärte sich zwar bereit, eine Flotteneinheit aufzustellen,
doch soll diese, wie schon erwähnt, unter seinem Kommando und nicht unter
dem der englischen Admiralität stehen.

Im Jahre 1910 befaßte sich der Senat mit der Regelung der Frage der
Kommandoverhältnisse der neu zu schaffenden Flotte. An ihrer Spitze soll der
Naval Board stehen, dessen Mitglieder der Generalgouvemeur beruft und der
auch den Marinekommandanten und die Offiziere der Flotte ernennt. Im
allgemeinen sollen die britischen Dienstvorschriften und die Instruktionen der
Reichsadmiralität auch für die australische Marine Anwendung finden.

Was jedoch die australische Marine im Kriegsfalle anbelangt, blieben die
imperialistischen Wünsche unerfüllt, denn die Regierung des Commonwealth
weigerte sich, bindende Versprechungen in dieser Hinsicht zu geben.

Inzwischen hat sich nun die australische Flotte kräftig entwickelt. Die
Regierung scheint an dem beabsichtigten Programm, bis 1913 acht Panzer¬
kreuzer, zehn geschützte Kreuzer, achtzehn Zerstörer und zwölf Unterseeboots her¬
zustellen, festzuhalten.

Im Jahre 1913 waren der Schlachtkreuzer Australien und der kleine
Kreuzer Sydney und einige Unterseeboote fertiggestellt und der kleine Kreuzer
Brisbane, sowie die Zerstörer Swan, Derweile und Torrens auf der australischen
Werft zu Sydney auf Stapel gelegt worden. Der Verteidigungsminister hat
bei dieser Gelegenheit öffentlich ausgesprochen, daß man alle australischen
Schiffe selbst bemannen und unter eigenem Oberbefehl behalten würde.

In Cockburn Sourd bei Fremantle ist ferner ein Flottenstützpunkt errichtet
worden, der eine Werft und ein Schwimmdock größter Abmessung erhalten soll.


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[0214] Die Dominien des Pazifik und die britische Reichsverteidigung Neuseeland dagegen, in dem bis dahin der britische Imperialismus eine stärkere Stütze als im Commonwealth fand, hielt 1908 an dem Flottenbeitrag für das Mutterland weiter fest und erhöhte diesen sogar auf 2 Millionen Mark. Der Versuch der englischen Regierung, bei der Neichsoerteidigungskonferenz 1909 von den Kolonien mit Selbstverwaltung eine größere finanzielle Unter? Mtzung für den Ausbau der Flotte zu erlangen, scheiterte, Sie schlug daher einen anderen Weg ein und suchte die im Pazifischen Ozean gelegenen Dominien zu bewegen „Flotteneinheiten" aufzustellen, die unter englischem Kommando stehen sollten. England wollte für Ostindien eine solche Flotteneinheit (ein Panzerkreuzer, drei kleine Kreuzer, sowie Torpedo- und Unterseeboote) selbst aufstellen, während Kanada, Neuseeland und der Commonwealth je eine solche ins Leben rufen sollten. Kanada lehnte eine derartige Beteiligung an einer Neichsflotte ab und beschloß ein kleines Geschwader, das lediglich den Bedürfnissen der Kolonie dienen sollte, zu bauen. Neuseeland dagegen kam in seiner bisherigen Bereit¬ willigkeit dem Mutterlande erneut entgegen und verpflichtete sich einen Panzer¬ kreuzer für die Reichsflotte zur Verfügung zu stellen. Der Commonwealth dagegen hielt an den bisherigen Selbständigkeits¬ bestrebungen fest. Er erklärte sich zwar bereit, eine Flotteneinheit aufzustellen, doch soll diese, wie schon erwähnt, unter seinem Kommando und nicht unter dem der englischen Admiralität stehen. Im Jahre 1910 befaßte sich der Senat mit der Regelung der Frage der Kommandoverhältnisse der neu zu schaffenden Flotte. An ihrer Spitze soll der Naval Board stehen, dessen Mitglieder der Generalgouvemeur beruft und der auch den Marinekommandanten und die Offiziere der Flotte ernennt. Im allgemeinen sollen die britischen Dienstvorschriften und die Instruktionen der Reichsadmiralität auch für die australische Marine Anwendung finden. Was jedoch die australische Marine im Kriegsfalle anbelangt, blieben die imperialistischen Wünsche unerfüllt, denn die Regierung des Commonwealth weigerte sich, bindende Versprechungen in dieser Hinsicht zu geben. Inzwischen hat sich nun die australische Flotte kräftig entwickelt. Die Regierung scheint an dem beabsichtigten Programm, bis 1913 acht Panzer¬ kreuzer, zehn geschützte Kreuzer, achtzehn Zerstörer und zwölf Unterseeboots her¬ zustellen, festzuhalten. Im Jahre 1913 waren der Schlachtkreuzer Australien und der kleine Kreuzer Sydney und einige Unterseeboote fertiggestellt und der kleine Kreuzer Brisbane, sowie die Zerstörer Swan, Derweile und Torrens auf der australischen Werft zu Sydney auf Stapel gelegt worden. Der Verteidigungsminister hat bei dieser Gelegenheit öffentlich ausgesprochen, daß man alle australischen Schiffe selbst bemannen und unter eigenem Oberbefehl behalten würde. In Cockburn Sourd bei Fremantle ist ferner ein Flottenstützpunkt errichtet worden, der eine Werft und ein Schwimmdock größter Abmessung erhalten soll.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341899_328733/214>, abgerufen am 01.09.2024.