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Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Drittes Vierteljahr.

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Zur Geschichte der Entwicklung der Arbeitgoberorganisationen

dem Sitz in Mailand. Die Regelung des Verhältnisses zwischen Arbeiter
und Unternehmer ist aber auch hier erst nach dem Jahre 1901 in die
Satzungen aufgenommen worden. Bedeutende Unternehmerorganisationen, die
damals entstanden, bilden die Papierindustrie, die Lederindustrie, die Gerberei
usw. Der typische Arbeitgeberverband ist der "Verband der Industriellen
von Menzo." (1903 gegründet). Diese Organisation ist durch den Zusammen¬
schluß der Verbände der Hutfabrikanten und der Webereien, welchen sich
später noch die Unternehmer der Holz- und Metallindustrie angliederten,
entstanden. Im Jahre 1905 umfaßte diese Vereinigung 60 Firmen mit
10000 Arbeitern. Im Jahre 1902 wurde der "Verband der Eigentümer
der graphischen Betriebe" mit dem Sitz in Turin gegründet; im Jahre 1904
entstand die "Organisation der Unternehmer in der Metallindustrie in der
Provinz Ligurien", welche die eisenverarbeitenden Betriebe und die Schiffs¬
werften umfaßte und 1905 20 Betriebe mit 13473 Arbeitern vereinigte.
Früher schon, im Jahre 1898, war der "Verband der Metallindustriellen"
von Mailand entstanden. Erwähnenswert ist ferner noch der "Verband der
Eisenkonstruktionswerkstätten und Kupferschmiedereien" in Mailand, welcher
1903 gegründet wurde und 60 Betriebe mit 1377 Arbeitern umfaßte. Ent¬
sprechend dem Vorgehen der Arbeitervereinigungen mehren sich in neuester
Zeit, neben einer großen Zahl von Neugründungen, auch die Bestrebungen,
die lokalen und territorialen Verbände zu zentralisieren. Diese Bestrebungen
haben im Jahre 1906 für die Baumwollindustrie zu einer Zusammenfassung
in der "Unione inäustriali cowniers" geführt, welche die Industriellen
aller Branchen der Baumwollindustrie (Spinnereien, Walkereien, Bleichereien,
Färbereien) vereinigen will und ihren Sitz in Mailand hat. Auch in der
Metallindustrie haben derartige Zusammenschlüsse stattgefunden, so die "I^eM
man8tnÄli" in Turin. Im Jahre 1907 machte sich in Mailand eine Bewegung
bemerkbar, die darauf ausging, alle Arbeitgebervereinigungen Italiens zu
zentralisieren; es sind derselben im Laufe des Jahres 1907 bereits 27 Verbände
mit rund 6000 Unternehmern, welche etwa 400000 Arbeiter beschäftigen,
beigetreten.

Wie in der Industrie, so haben sich auch die landwirtschaftlichen Arbeit¬
geber zu "^ssvLiaiiions aZnarig" vereinigt, wie z. B. die landwirtschaftlichen
Arbeitgeber in den Bezirken von Pavia in der ,,^.880Lia?lone <ZeZIi aZn-
coltori pÄVL8i" mit 300 Betrieben, von Vercelli (1901 gegründet) mit
380 Betrieben usw. Im Jahre 1909 sollen in Italien in der Industrie und
Landwirtschaft zusammen etwa 400 Arbeitgeberorganisationen mit 65000 Mit¬
gliedern gezählt worden sein.

Auch der Frage der Streikversicherung ist man in Italien näher getreten.
So haben in letzter Zeit zwei berufliche Zentralverbände, und zwar die
"I"L<ZerÄ?!vue nationale 5ra i Lostiutton e6ni?i" in Mailand und die
"^ecieiaxions "Zelle associa^ioni fra ^ki in<Zu8trau (Zelle arti Zrafiede",


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Zur Geschichte der Entwicklung der Arbeitgoberorganisationen

dem Sitz in Mailand. Die Regelung des Verhältnisses zwischen Arbeiter
und Unternehmer ist aber auch hier erst nach dem Jahre 1901 in die
Satzungen aufgenommen worden. Bedeutende Unternehmerorganisationen, die
damals entstanden, bilden die Papierindustrie, die Lederindustrie, die Gerberei
usw. Der typische Arbeitgeberverband ist der „Verband der Industriellen
von Menzo." (1903 gegründet). Diese Organisation ist durch den Zusammen¬
schluß der Verbände der Hutfabrikanten und der Webereien, welchen sich
später noch die Unternehmer der Holz- und Metallindustrie angliederten,
entstanden. Im Jahre 1905 umfaßte diese Vereinigung 60 Firmen mit
10000 Arbeitern. Im Jahre 1902 wurde der „Verband der Eigentümer
der graphischen Betriebe" mit dem Sitz in Turin gegründet; im Jahre 1904
entstand die „Organisation der Unternehmer in der Metallindustrie in der
Provinz Ligurien", welche die eisenverarbeitenden Betriebe und die Schiffs¬
werften umfaßte und 1905 20 Betriebe mit 13473 Arbeitern vereinigte.
Früher schon, im Jahre 1898, war der „Verband der Metallindustriellen"
von Mailand entstanden. Erwähnenswert ist ferner noch der „Verband der
Eisenkonstruktionswerkstätten und Kupferschmiedereien" in Mailand, welcher
1903 gegründet wurde und 60 Betriebe mit 1377 Arbeitern umfaßte. Ent¬
sprechend dem Vorgehen der Arbeitervereinigungen mehren sich in neuester
Zeit, neben einer großen Zahl von Neugründungen, auch die Bestrebungen,
die lokalen und territorialen Verbände zu zentralisieren. Diese Bestrebungen
haben im Jahre 1906 für die Baumwollindustrie zu einer Zusammenfassung
in der „Unione inäustriali cowniers" geführt, welche die Industriellen
aller Branchen der Baumwollindustrie (Spinnereien, Walkereien, Bleichereien,
Färbereien) vereinigen will und ihren Sitz in Mailand hat. Auch in der
Metallindustrie haben derartige Zusammenschlüsse stattgefunden, so die „I^eM
man8tnÄli" in Turin. Im Jahre 1907 machte sich in Mailand eine Bewegung
bemerkbar, die darauf ausging, alle Arbeitgebervereinigungen Italiens zu
zentralisieren; es sind derselben im Laufe des Jahres 1907 bereits 27 Verbände
mit rund 6000 Unternehmern, welche etwa 400000 Arbeiter beschäftigen,
beigetreten.

Wie in der Industrie, so haben sich auch die landwirtschaftlichen Arbeit¬
geber zu „^ssvLiaiiions aZnarig" vereinigt, wie z. B. die landwirtschaftlichen
Arbeitgeber in den Bezirken von Pavia in der ,,^.880Lia?lone <ZeZIi aZn-
coltori pÄVL8i" mit 300 Betrieben, von Vercelli (1901 gegründet) mit
380 Betrieben usw. Im Jahre 1909 sollen in Italien in der Industrie und
Landwirtschaft zusammen etwa 400 Arbeitgeberorganisationen mit 65000 Mit¬
gliedern gezählt worden sein.

Auch der Frage der Streikversicherung ist man in Italien näher getreten.
So haben in letzter Zeit zwei berufliche Zentralverbände, und zwar die
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[0175] Zur Geschichte der Entwicklung der Arbeitgoberorganisationen dem Sitz in Mailand. Die Regelung des Verhältnisses zwischen Arbeiter und Unternehmer ist aber auch hier erst nach dem Jahre 1901 in die Satzungen aufgenommen worden. Bedeutende Unternehmerorganisationen, die damals entstanden, bilden die Papierindustrie, die Lederindustrie, die Gerberei usw. Der typische Arbeitgeberverband ist der „Verband der Industriellen von Menzo." (1903 gegründet). Diese Organisation ist durch den Zusammen¬ schluß der Verbände der Hutfabrikanten und der Webereien, welchen sich später noch die Unternehmer der Holz- und Metallindustrie angliederten, entstanden. Im Jahre 1905 umfaßte diese Vereinigung 60 Firmen mit 10000 Arbeitern. Im Jahre 1902 wurde der „Verband der Eigentümer der graphischen Betriebe" mit dem Sitz in Turin gegründet; im Jahre 1904 entstand die „Organisation der Unternehmer in der Metallindustrie in der Provinz Ligurien", welche die eisenverarbeitenden Betriebe und die Schiffs¬ werften umfaßte und 1905 20 Betriebe mit 13473 Arbeitern vereinigte. Früher schon, im Jahre 1898, war der „Verband der Metallindustriellen" von Mailand entstanden. Erwähnenswert ist ferner noch der „Verband der Eisenkonstruktionswerkstätten und Kupferschmiedereien" in Mailand, welcher 1903 gegründet wurde und 60 Betriebe mit 1377 Arbeitern umfaßte. Ent¬ sprechend dem Vorgehen der Arbeitervereinigungen mehren sich in neuester Zeit, neben einer großen Zahl von Neugründungen, auch die Bestrebungen, die lokalen und territorialen Verbände zu zentralisieren. Diese Bestrebungen haben im Jahre 1906 für die Baumwollindustrie zu einer Zusammenfassung in der „Unione inäustriali cowniers" geführt, welche die Industriellen aller Branchen der Baumwollindustrie (Spinnereien, Walkereien, Bleichereien, Färbereien) vereinigen will und ihren Sitz in Mailand hat. Auch in der Metallindustrie haben derartige Zusammenschlüsse stattgefunden, so die „I^eM man8tnÄli" in Turin. Im Jahre 1907 machte sich in Mailand eine Bewegung bemerkbar, die darauf ausging, alle Arbeitgebervereinigungen Italiens zu zentralisieren; es sind derselben im Laufe des Jahres 1907 bereits 27 Verbände mit rund 6000 Unternehmern, welche etwa 400000 Arbeiter beschäftigen, beigetreten. Wie in der Industrie, so haben sich auch die landwirtschaftlichen Arbeit¬ geber zu „^ssvLiaiiions aZnarig" vereinigt, wie z. B. die landwirtschaftlichen Arbeitgeber in den Bezirken von Pavia in der ,,^.880Lia?lone <ZeZIi aZn- coltori pÄVL8i" mit 300 Betrieben, von Vercelli (1901 gegründet) mit 380 Betrieben usw. Im Jahre 1909 sollen in Italien in der Industrie und Landwirtschaft zusammen etwa 400 Arbeitgeberorganisationen mit 65000 Mit¬ gliedern gezählt worden sein. Auch der Frage der Streikversicherung ist man in Italien näher getreten. So haben in letzter Zeit zwei berufliche Zentralverbände, und zwar die „I"L<ZerÄ?!vue nationale 5ra i Lostiutton e6ni?i" in Mailand und die „^ecieiaxions «Zelle associa^ioni fra ^ki in<Zu8trau (Zelle arti Zrafiede", 11*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341899_328733/175>, abgerufen am 01.09.2024.