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Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Zweites Vierteljahr.

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Die psiugstwallfcchrt zur Springprozesfion reich Lchtcrucich

als ein Wallfahrer auf der Heimfahrt uns darauf aufmerksam machte, daß sich
der Sprung durch die Kirche schon deshalb lohne, weil man da sehe, welche
ungeheuren Mengen von Geld, in Papier und Metall, von den zahllosen Pilgern
auf dem Altare niedergelegt würden. Schon aus diesem Grunde hätten wir
die Prozession mitmachen sollen, die religiöse Frage spiele dabei gar keine Rolle.
Heil dieser Überzeugungstreue! Dieser "Fromme" sagte uns auch, daß eine
Pilgergruppe einen Sarg mit nach Echternach bringe, da einer der Pilger bei
der Prozession sein Leben lassen müsse. Nun wollte es der Zufall, daß in der
Tat in diesem Jahre dieser Glaube der Pilger seine Erfüllung fand, denn am
gleichen Nachmittag starb noch während der Willibrordprozession in der Basilika
infolge Schlaganfalles ein hochangesehener Deputierter klerikaler Richtung seines
Kantons. Es stimmte also das, was uns der "fromme" Pilger sagte. Er
gehört sicher nicht zu der Art von Willibrordverehrern, die, wie der Echternacher
Anzeiger schreibt, "wehmütig gestimmt werden durch das Überhandnehmen der
Touristen, der spöttischen Gaffer, mit denen die frommen Waller, Springer,
Beter und Sänger nicht den gleichen Schritt halten". "Gerade dieses Element
der frömmeren Pilger sollte, wie die einstigen Heiligtumsfahrer, mehr gefördert
und aufgemuntert, der altehrwürdige Charakter der Buße und Sühne, die
Votivandacht, hervorgehoben und nicht von dem Schlinggewächs der weltlichen
Belustigungen bis zum Ersticken überwuchert werden", so heißt es da weiter.
O Echternach! Echt -- hernach! (Ein Sprichwort heißt: die Echternacher
kommen hinten nach!)

Der Tag von Echternach wird uns unvergeßlich bleiben. Wir zogen von
bannen das Moseltal abwärts durch Vulkaneifel gen Gerolstein, erfreuten uns
an den Wundern der Natur und ihrem ewigen Werden und Vergehen, welches
uns das mächtige Walten des Schöpfers so eindringlich offenbarte; wir stiegen
im Geiste hinab in die Zeiten vergangener Millionen von Jahren, deren Ver¬
steinerungsfunde dazu beitrugen, die wahren von den falschen Propheten unter¬
scheiden zu lernen.




Die psiugstwallfcchrt zur Springprozesfion reich Lchtcrucich

als ein Wallfahrer auf der Heimfahrt uns darauf aufmerksam machte, daß sich
der Sprung durch die Kirche schon deshalb lohne, weil man da sehe, welche
ungeheuren Mengen von Geld, in Papier und Metall, von den zahllosen Pilgern
auf dem Altare niedergelegt würden. Schon aus diesem Grunde hätten wir
die Prozession mitmachen sollen, die religiöse Frage spiele dabei gar keine Rolle.
Heil dieser Überzeugungstreue! Dieser „Fromme" sagte uns auch, daß eine
Pilgergruppe einen Sarg mit nach Echternach bringe, da einer der Pilger bei
der Prozession sein Leben lassen müsse. Nun wollte es der Zufall, daß in der
Tat in diesem Jahre dieser Glaube der Pilger seine Erfüllung fand, denn am
gleichen Nachmittag starb noch während der Willibrordprozession in der Basilika
infolge Schlaganfalles ein hochangesehener Deputierter klerikaler Richtung seines
Kantons. Es stimmte also das, was uns der „fromme" Pilger sagte. Er
gehört sicher nicht zu der Art von Willibrordverehrern, die, wie der Echternacher
Anzeiger schreibt, „wehmütig gestimmt werden durch das Überhandnehmen der
Touristen, der spöttischen Gaffer, mit denen die frommen Waller, Springer,
Beter und Sänger nicht den gleichen Schritt halten". „Gerade dieses Element
der frömmeren Pilger sollte, wie die einstigen Heiligtumsfahrer, mehr gefördert
und aufgemuntert, der altehrwürdige Charakter der Buße und Sühne, die
Votivandacht, hervorgehoben und nicht von dem Schlinggewächs der weltlichen
Belustigungen bis zum Ersticken überwuchert werden", so heißt es da weiter.
O Echternach! Echt — hernach! (Ein Sprichwort heißt: die Echternacher
kommen hinten nach!)

Der Tag von Echternach wird uns unvergeßlich bleiben. Wir zogen von
bannen das Moseltal abwärts durch Vulkaneifel gen Gerolstein, erfreuten uns
an den Wundern der Natur und ihrem ewigen Werden und Vergehen, welches
uns das mächtige Walten des Schöpfers so eindringlich offenbarte; wir stiegen
im Geiste hinab in die Zeiten vergangener Millionen von Jahren, deren Ver¬
steinerungsfunde dazu beitrugen, die wahren von den falschen Propheten unter¬
scheiden zu lernen.




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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341899_328099/618>, abgerufen am 24.07.2024.